Demenz betrifft viele Menschen in Deutschland, insbesondere ältere Menschen. Etwa jede*r fünfte über Achtzigjährige ist betroffen, aber auch jüngere Menschen können erkranken. Ein Großteil der Betroffenen wird zu Hause von Angehörigen betreut. Es ist daher wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen willkommen und eingebunden fühlen. Dieser Artikel bietet Materialien und Ideen für die Gestaltung von Gottesdiensten, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind und ihre Teilhabe fördern.
Demenz verstehen: Eine Grundlage für Inklusion
Die Diagnose "Demenz" verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Familien grundlegend. Oft dominiert die Vorstellung, dass die Betroffenen nichts mehr von ihrer Umwelt wahrnehmen. Diese Vorstellung ist jedoch falsch. Menschen mit Demenz behalten die Fähigkeit, Gefühle wie Freude, Angst und Schmerz zu empfinden. Es ist wichtig, dies zu erkennen und ihnen mit Wissen, Verständnis, Mitgefühl und Unterstützung zu begegnen.
Sensible Sprache und wertschätzende Haltung
Eine stärkeorientierte Kommunikation in Bild und Schrift fördert die Akzeptanz und Unterstützung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in der Gesellschaft. Worte und Bilder prägen unser Denken und Fühlen. Es ist wichtig, eine verständnisvolle und wertschätzende Haltung zu vermitteln.
Gottesdienste für Menschen mit Demenz: Ansätze und Ideen
Der Gottesdienst ist für ältere Menschen oft ein wichtiges Ritual, das sie trotz Demenz erreichen kann. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Gottesdienste so zu gestalten, dass sie für Menschen mit Demenz zugänglich und ansprechend sind.
Welt-Alzheimertag als Anlass
Jedes Jahr um den 21. September, dem Welt-Alzheimertag, finden an vielen Orten Gottesdienste statt, die die Situation rund um die Demenz besonders in den Blick nehmen. Dieser Tag bietet eine Gelegenheit, das Thema Demenz in der Gemeinde anzusprechen und auf die Bedürfnisse von Betroffenen und ihren Angehörigen aufmerksam zu machen. Eine ökumenische Arbeitsgruppe regt Kirchengemeinden und Einrichtungen dazu an, selbst einen Gottesdienst anlässlich des Welt-Alzheimertages zu gestalten.
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Elemente demenzsensibler Gottesdienste
- Einfache Sprache: Verwenden Sie kurze, einfache Sätze und vermeiden Sie komplizierte Formulierungen. Eine erwachsenengemäße Sprache ist wichtig, vermeiden Sie aber eine Art Kindersprache.
- Vertraute Texte: Greifen Sie auf altbekannte Bibeltexte und Gebete zurück. An dieser Stelle sollte man sich sogar hin und wieder den aktuellen liturgischen Vorgaben durch die neue Bibelübersetzung widersetzen und zum Beispiel für bekannte Psalmen („Der Herr ist mein Hirte …“) auf die vorhergehende Einheitsübersetzung zurückgreifen - oder in Einzelfällen sogar auf noch ältere Versionen.
- Wiederholungen: Wiederholen Sie wichtige Aussagen und Elemente, um das Verständnis zu erleichtern. Bauen Sie gleichbleibende Wiederholungselemente wie Litaneien ein, die in ihrer Einfachheit und ihrem gleichbleibenden Rhythmus eine meditative Ruhe erzeugen und trotzdem alle aktiv einbinden.
- Sinneserfahrungen: Integrieren Sie Sinneserfahrungen wie Berührungen, Düfte, Bilder und Musik. Kleine Gegenstände, die in die Hand genommen und befühlt werden können, wohlriechende Blumen, die verteilt werden, große Symbole, die gezeigt werden und von allen auch gut erkannt werden - oder auch Bilder, die gut sichtbar an eine Wand gebeamt werden.
- Bekannte Lieder: Wählen Sie altbekannte Kirchenlieder aus, die viele Menschen kennen und gerne mitsingen. Am besten beschränkt man sich zudem auf die erste oder die ersten beiden Strophen, die vielen noch geläufig sind.
- Rituale: Führen Sie vertraute Rituale wie das Kreuzzeichen, das gemeinsame Gebet und den Segen durch.
- Klarer Ablauf: Gestalten Sie den Gottesdienstablauf klar und übersichtlich.
- Kurze Dauer: Achten Sie auf eine angemessene Dauer des Gottesdienstes. Gottesdienste in Heimen sollten den Zeitrahmen von einer halben Stunde idealerweise nicht überschreiten. Gleiches gilt für jedes einzelne Element des Gottesdienstes.
- Einbeziehung der Teilnehmenden: Binden Sie die Teilnehmenden aktiv in den Gottesdienst ein, z.B. durch Vorlesen, Mitsingen oder Gebete. Wenn es sich um eine feste Gruppe handelt, die bereits im Austausch geübt ist, können die Teilnehmenden mit unterschiedlichen interaktiven Elementen gut eingebunden werden.
Praktische Hilfen und Materialien
Es gibt eine Vielzahl von Materialien und Hilfen für die Gestaltung von Gottesdiensten für Menschen mit Demenz.
- Gottesdienstentwürfe: Eine Arbeitsgruppe stellt Gottesdienstentwürfe inkl. 3. bis 5. Demenz kann jede und jeden treffen - als selbst betroffene Person und als An- und Zugehörige.
- Praxismaterialien: Diese Materialien liefern Ihnen alles Nötige, um Menschen mit Demenz auch ohne spezielle Ausbildung geistlich zu begleiten. Sie erfahren, was für Demenz-Gottesdienste wichtig ist, und erhalten 24 fertige Vorlagen, die Sie Schritt für Schritt und Wort für Wort umsetzen können.
- Musik-CDs: Musik-CDs mit Glockengeläut und bekannten Kirchenliedern unterstützen die Gestaltung der Gottesdienste.
- Liedtexte im Großdruck: Liedtexte im kopierbereiten Großdruck erleichtern das Mitsingen.
- Handreichungen: Bistum Osnabrück, Handreichung "Vergiss mich nicht - Verbunden bleiben". Ev.-Luth. Kirche in Bayern zur Begleitung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen, 2009, 54 S.
Konkrete Beispiele und Themen
Die Gottesdienste können sich an (Lebens-)Themen aus der Bibel und dem kirchlichen Jahreskreis orientieren. Mögliche Themen sind:
- Ostern: Die Osterbotschaft ruft ins Leben: „Der Herr ist auferstanden!“ Hoffnungsworte wie „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ (vgl. Lk 24,5-6) und „Friede sei mit euch“ (vgl. Joh 20,19) ermutigen zum Neuanfang - persönlich, gemeinschaftlich und gesellschaftlich.
- Vertrauen: Der Herr ist mein Hirte.
- Geborgenheit: Vertraute Klänge, feste Rituale und einfache, wiedererkennbare Texte sprechen tiefe Erinnerungsschichten an. Glockengeläut, bekannte Melodien und segensvolle Worte schaffen Geborgenheit und Gemeinschaft.
- Dankbarkeit: An deinem Tauftag danke ich Gott für dein Leben.
Weitere Ideen und Initiativen
Neben den Gottesdiensten gibt es weitere Möglichkeiten, Menschen mit Demenz in die Gemeinde zu integrieren.
- Besuchsdienste: Gerade zu den Betroffenen, die im Wohnumfeld der Kirchengemeinde leben, aber aus den örtlichen Netzwerken mehr und mehr herauszufallen drohen, können über die Besuchsdienste Brücken aus der Gemeinde in die privaten Haushalte geschlagen werden.
- Schulungen und Seminare: Seminare, Fachtage und weitere Veranstaltungen sollen informieren, sensibilisieren und zur Auseinandersetzung einladen.
- Netzwerke: Die Netzwerkstelle "Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz" unterstützt bundesweit lokale Demenznetzwerke in ihrem Engagement.
- Inklusive Projekte: Das ökumenische Projekt "dabei und mittendrin" ist in Trägerschaft der Alexianer Köln GmbH und des Katholischen Stadtdekanats Köln.
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