Die Parkinson-Krankheit, eine fortschreitende neurologische Erkrankung, betrifft Millionen Menschen weltweit. Bislang konzentrierte sich die Behandlung auf die Linderung der Symptome, da ursächliche Therapien noch in der Entwicklung sind. Ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung des Parkinson-Managements liegt in der Früherkennung durch Biomarker. Diese messbaren biologischen Indikatoren können den Krankheitsprozess frühzeitig aufzeigen und somit den Weg für präventive und personalisierte Behandlungen ebnen.
Die Bedeutung der Biomarker-Forschung
Die Biomarker-Forschung spielt eine entscheidende Rolle bei der Früherkennung von Parkinson. Aktuell basiert die Diagnose hauptsächlich auf der Beobachtung typischer Symptome und neurologischen Untersuchungen. Die Identifizierung spezifischer Proteine, insbesondere fehlgefaltetes alpha-Synuclein, im Nervenwasser oder Blut könnte einen Durchbruch bedeuten. Dies würde ermöglichen, die Krankheit Jahre vor dem Auftreten erster klinischer Symptome zu diagnostizieren.
Professorin Brit Mollenhauer, dritte Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) e. V., betont die Bedeutung dieser Fortschritte: „Wir erleben eine spannende Zeit in der Parkinson-Forschung. Die aktuellen Fortschritte machen die Entwicklung krankheitsmodifizierender Therapien in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten realistisch.“
Alpha-Synuclein als Schlüsselbiomarker
Ein Meilenstein in der Biomarker-Forschung war die Entwicklung des Seed Amplification Assay (SAA). Mithilfe dieses Tests konnte fehlgefaltetes alpha-Synuclein in vivo im Nervenwasser von Menschen mit Parkinson mit hoher Genauigkeit nachgewiesen werden. Eine Studie aus dem Jahr 2018 und eine weitere im Mai 2023, an denen auch Professorin Mollenhauer beteiligt war, zeigten, dass der SAA-Test mit einer Treffsicherheit von 97 Prozent zwischen Parkinson-Erkrankten und Gesunden unterscheiden kann.
Personen mit klaren Risikofaktoren, wie einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung, können im SAA-Test bis zu zehn Jahre vor dem Auftreten motorischer Parkinson-Symptome positiv sein. Da neuronales alpha-Synuclein bis vor kurzem nur post mortem gemessen werden konnte, arbeitet die Wissenschaft intensiv daran, die Analyse so weiterzuentwickeln, dass sie auch im Blut oder in der Haut gelingt.
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Der Weg zum Bluttest
Ein praktikabler Bluttest wäre ein großer Fortschritt für die klinische Anwendung. Professorin Mollenhauer erklärt: „Wir brauchen ein Verfahren, das praktikabel ist für die klinische Anwendung. Risikopatientinnen und -patienten großflächig zur Liquorpunktion einzuladen, ist unrealistisch. Mit einem Bluttest könnte Parkinson ohne großen Aufwand dagegen schon in der Hausarztpraxis festgestellt werden, um dann frühzeitig mit einer Therapie zu beginnen.“
Gemeinsam mit ihrem Team der Universitätsmedizin Göttingen hat sie in einem internationalen Kooperationsprojekt mit KI-Unterstützung einen Bluttest entwickelt, der die Parkinson-Erkrankung bei Risikopatientinnen und -patienten anhand von acht Proteinen bis zu sieben Jahre vor dem Auftreten motorischer Symptome vorhersagen kann. Diese Biomarker korrelieren mit Entzündungsprozessen und Proteinabbau-Mechanismen, die der Erkrankung zugrunde liegen.
Weitere Biomarker und bildgebende Verfahren
Neben molekularen Biomarkern könnten neue bildgebende Verfahren unter Einsatz von Biomarkern alpha-Synuclein-Aggregationen im Gehirn visualisieren und damit sogar noch größere Zeitfenster vor der klinischen Manifestation eröffnen, um neurodegenerative Prozesse frühzeitig zu stoppen.
In der Therapieentwicklung dienen Biomarker als objektive Messgröße für klinische Studien und erlauben eine Stratifizierung von Patientengruppen nach genetischen Profilen. Dies schafft die Grundlage für maßgeschneiderte Behandlungen. Professorin Mollenhauer betont: „Durch Identifikation von Biomarkern ist es möglich, zwischen den beteiligten Stoffwechselwegen und zugrundeliegenden Pathologien zu unterscheiden. So können nicht nur neue Wirkstofftargets sondern auch gezielt Betroffene identifiziert werden, die individuell besonders von einem bestimmten Therapieansatz profitieren.“
Personalisierte Therapieansätze
Auch bei Patientinnen und Patienten mit nicht genetisch bedingter Parkinson-Krankheit wird an Biomarkern geforscht. So könnte ein besseres Verständnis der Rolle des Immunsystems bei Parkinson zu personalisierten Therapieansätzen führen, die auf die spezifischen Immunprofile der Betroffenen zugeschnitten sind. Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms wurden als potenzielle mikrobielle Biomarker für Parkinson identifiziert und bieten Ansatzpunkte für personalisierte Diagnostik und Therapien.
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Die Rolle des großen Blutbilds
Ein großes Blutbild, auch bekannt als komplettes Blutbild, ist eine häufig durchgeführte Laboruntersuchung, die Informationen über die verschiedenen Zelltypen im Blut liefert. Dazu gehören rote Blutkörperchen (Erythrozyten), weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten). Obwohl ein großes Blutbild nicht direkt zur Diagnose von Parkinson eingesetzt wird, kann es dennoch wertvolle Hinweise liefern und andere mögliche Ursachen für ähnliche Symptome ausschließen.
Indirekte Hinweise und Ausschlussdiagnostik
Ein großes Blutbild kann indirekt auf bestimmte Aspekte im Zusammenhang mit Parkinson hinweisen:
- Entzündungsmarker: Erhöhte Werte von Entzündungsmarkern wie dem C-reaktiven Protein (CRP) oder der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) können auf Entzündungsprozesse im Körper hinweisen. Obwohl Parkinson primär als neurodegenerative Erkrankung gilt, gibt es zunehmend Hinweise auf eine Beteiligung von Entzündungsprozessen im Gehirn und möglicherweise auch im peripheren Gewebe.
- Ausschluss anderer Erkrankungen: Ein großes Blutbild kann dazu beitragen, andere Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome wie Parkinson verursachen können. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder Stoffwechselstörungen.
Es ist wichtig zu betonen, dass ein unauffälliges großes Blutbild Parkinson nicht ausschließt. Die Diagnose von Parkinson erfordert eine umfassende neurologische Untersuchung und die Beurteilung der typischen Symptome.
Neue Entwicklungen in der Blutdiagnostik
Die traditionelle Anwendung des großen Blutbilds in der Parkinson-Diagnostik beschränkt sich auf den Ausschluss anderer Ursachen. Die Forschung konzentriert sich jedoch zunehmend auf die Entwicklung spezifischerer Bluttests, die direkt mit den pathologischen Prozessen bei Parkinson in Verbindung stehen.
Wie bereits erwähnt, zielen diese neuen Tests darauf ab, spezifische Proteine wie alpha-Synuclein oder andere Biomarker im Blut nachzuweisen, die auf die Erkrankung hinweisen. Diese Fortschritte könnten die Rolle des Blutbilds in der Parkinson-Diagnostik in Zukunft erweitern.
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Die Zukunft des Parkinson-Managements
Professorin Mollenhauer fasst zusammen: „Wenn es gelingt, die Ergebnisse der Biomarker-Forschung für die klinischen Studien und weiter dann auch in der Routine zu validieren, wäre das ein entscheidender Schritt im Parkinson-Management von der rein symptomatischen hin zu einer präventiv-personalisierten Medizin.“
Schon heute lässt sich das Erkrankungsrisiko senken, durch körperliche Aktivität, die Vermeidung von langjährigen Umweltgiften, Schutz vor wiederholten Hirntraumata oder eine gesunde Darmflora, die mit einer entsprechenden Ernährung unterstützt wird.
Checkliste für Parkinson-Symptome
Anhand der genannten Haupt- und Nebensymptome der Parkinson-Krankheit lässt sich eine Checkliste erstellen. Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Selbsttest niemals den Besuch beim Arzt ersetzt. Die Diagnostik von Parkinson gehört in die Hände von Experten.
- Motorische Symptome:
- Bradykinese (Verlangsamung der Bewegungen)
- Muskelsteifheit (Rigor)
- Zittern (Tremor), insbesondere Ruhetremor
- Haltungsinstabilität
- Nicht-motorische Symptome:
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung
- Verlust des Geruchssinns (Hyposmie)
- Verstopfung
- Depressionen
- Kognitive Beeinträchtigungen
Differenzialdiagnose: Parkinsonoid
Der Begriff „Parkinsonoid“ bezieht sich auf einen Zustand oder eine Gruppe von Symptomen, die denen der Parkinson-Krankheit ähneln, aber durch andere Ursachen bedingt sind. Umso wichtiger ist es, dass Sie mit einem Facharzt sprechen, der unter anderem auf Parkinson-Erkrankungen spezialisiert ist.
Diagnostische Verfahren
Die Parkinson-Diagnostik kann verschiedene Untersuchungen und Tests umfassen:
- Anamnese und neurologische Untersuchung: Der Arzt wird detaillierte Fragen zur medizinischen Vorgeschichte und den Symptomen stellen und eine umfassende Untersuchung durchführen, um typische Parkinson-Symptome zu erkennen.
- L-Dopa-Test: Hierfür wird zunächst die Symptomschwere erfasst. Dann wird eine schnell wirksame Form von L-Dopa verabreicht und die Symptome werden erneut erfasst. Wenn sich die Symptome um mindestens 30 Prozent verbessert haben, deutet dies auf ein idiopathisches Parkinson-Syndrom hin.
- DAT-Scan: Die DAT-Scan Untersuchung, auch bekannt als Dopamintransporter-Scan, ist eine spezielle bildgebende Untersuchung, die in der Diagnose von Parkinson und anderen Bewegungsstörungen verwendet wird. Ein DAT-Scan wird typischerweise durchgeführt, um die Diagnose von Parkinson zu bestätigen.
- Ausschluss anderer Ursachen: Da es keine spezifischen Tests gibt, die einen direkten Nachweis für Parkinson geben können, schließt der Arzt andere mögliche Ursachen für die Symptome aus, wie zum Beispiel einen Schlaganfall, Medikamentennebenwirkungen oder andere neurodegenerative Erkrankungen.