Das große Blutbild in der neurologischen Untersuchung: Ein umfassender Überblick

Neurologische Erkrankungen stellen aufgrund ihrer Vielfalt und Komplexität eine besondere Herausforderung an die medizinische Diagnostik. Um die vom Patienten geäußerten Beschwerden besser zu erfassen und einordnen zu können, werden in der Neurologie neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung häufig verschiedene technische und apparative Untersuchungen sowie Laboruntersuchungen durchgeführt. Eine wichtige Rolle spielt dabei das große Blutbild, welches in Kombination mit anderen diagnostischen Verfahren einen umfassenden Einblick in den Gesundheitszustand des Patienten ermöglicht.

Bedeutung technischer Untersuchungen in der Neurologie

Technische bzw. apparative Untersuchungen sind essenziell, um den Schweregrad einer neurologischen Störung zu bestimmen, das Fortschreiten einer Krankheit zu beurteilen und die zugrunde liegenden Ursachen zu identifizieren. Zu den häufigsten technischen Untersuchungen in der Neurologie gehören:

  • Angiografie: Darstellung der Blutgefäße im Gehirn zur Erkennung von Gefäßverschlüssen, krankhaften Veränderungen der Arterien oder Gefäßmissbildungen.
    • Intraarterielle Angiografie: Röntgenverfahren mit Kontrastmittelgabe in eine Arterie.
    • Magnetresonanz-Angiografie (MRA): Darstellung der Hirnarterien und -venen ohne Röntgenstrahlen und meist ohne Kontrastmittel.
    • CT-Angiografie: Darstellung der Blutgefäße im Gehirn mittels Computertomografie und Kontrastmittel.
  • Computertomografie (CT): Röntgendiagnostisches Verfahren zur Darstellung von Knochen und Weichteilstrukturen, insbesondere zur Erkennung von Veränderungen des Hirngewebes infolge von Durchblutungsstörungen, Blutungen oder Tumoren.
  • Elektroenzephalografie (EEG): Messung und Aufzeichnung der spontanen elektrischen Aktivität des Gehirns zur Diagnose von beispielsweise Epilepsie.
  • Elektromyogramm (EMG): Aufzeichnung der Aktivität einzelner Muskeln zur Feststellung von Schädigungen des Muskels selbst oder des ihn versorgenden Nervs.
  • Elektroneurografie (ENG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit zur Beurteilung der Funktion peripherer Nerven.
  • Evozierte Potentiale: Registrierung bioelektrischer Aktivitäten des Gehirns als Reaktion auf bestimmte Reize (visuell, akustisch, sensibel).
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Computergestütztes bildgebendes Verfahren, das auf dem Prinzip der Kernspinresonanz beruht und eine detaillierte Darstellung von Weichteilen, insbesondere des Gehirns, ermöglicht.
  • Doppler-Sonografie: Ultraschalluntersuchung der Arterien an Hals, Nacken und im Schädelinneren zur Beurteilung des Blutflusses und zur Diagnose von Gefäßerkrankungen.

Die Rolle des großen Blutbilds in der neurologischen Diagnostik

Das große Blutbild ist eine grundlegende Laboruntersuchung, die wichtige Informationen über den Zustand des Blutes und damit über den gesamten Körper liefert. Es umfasst die quantitative und qualitative Analyse der Blutzellen (rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen, Blutplättchen) sowie die Bestimmung verschiedener anderer Parameter wie Hämoglobin, Hämatokrit und Entzündungsmarker.

Allgemeine Bedeutung des Blutbilds

Das Blut als "flüssiges Organ" versorgt die Organe und das Gewebe mit Nährstoffen und Sauerstoff. Die Zusammensetzung des Blutes kann viel über den gesundheitlichen Zustand aussagen. Das Blut besteht aus Plasma und Zellen, wobei das Plasma den größten Anteil ausmacht und hauptsächlich aus Wasser besteht. Im Plasma sind verschiedene Stoffe gelöst, die für die Versorgung der Organe wichtig sind. Die Blutzellen machen bei Männern etwas mehr Prozent aus als bei Frauen.

Spezifische Anwendungen des Blutbilds in der Neurologie

In der Neurologie kann das große Blutbild wichtige Hinweise auf verschiedene Erkrankungen liefern:

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  • Entzündungen: Erhöhte Werte von Entzündungsmarkern wie C-reaktives Protein (CRP) können auf entzündliche Prozesse im Körper hinweisen, die auch das Nervensystem betreffen können.
  • Infektionen: Veränderungen der Anzahl und Zusammensetzung der weißen Blutkörperchen können auf bakterielle oder virale Infektionen hindeuten, die neurologische Symptome verursachen können.
  • Autoimmunerkrankungen: Bestimmte Autoantikörper im Blut können auf Autoimmunerkrankungen hinweisen, die das Nervensystem angreifen, wie z.B. Multiple Sklerose oder Autoimmunneuropathien.
  • Stoffwechselerkrankungen: Abnorme Blutwerte können auf Stoffwechselerkrankungen hinweisen, die neurologische Symptome verursachen können, wie z.B. Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen.
  • Intoxikationen: Das Blutbild kann Hinweise auf Vergiftungen mit bestimmten Substanzen liefern, die das Nervensystem schädigen können.
  • Tumoren: Einige Tumoren exprimieren Antigene, die auch in Nervenzellen vorkommen. Die Immunantwort gegen diese Tumorantigene kann zur Autoimmunreaktion gegen Neuronen mit Ausbildung paraneoplastischer Syndrome führen. Diese durch Bildung neuronaler Autoantikörper gekennzeichneten Krankheitsbilder sind eng mit bestimmten Karzinomen wie Mammakarzinom oder kleinzelligem Bronchialkarzinom assoziiert.

Neue Entwicklungen in der Blutbilddiagnostik

Neueste Studien zeigen, dass mit einem Bluttest sogar Hirnerkrankungen frühzeitig erkennbar sind. Neurofilamente, die bei der Degeneration von Hirnzellen freigesetzt werden, sind als Biomarker in den Fokus der Medizin gerückt. Mit einer Analyse des Blutes und dem Fokus auf den Biomarkern können die Mediziner diese Erkrankungen Jahre vor dem Ausbruch erster Symptome erkennen.

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Bluttests zur Diagnose von Morbus Parkinson und Multipler Sklerose:

  • Morbus Parkinson: Ein Bluttest auf 8 Proteine, die in Bezug auf Morbus Parkinson protektive oder schädigende Eigenschaften haben, hat in ersten Studien eine hohe diagnostische Treffsicherheit gezeigt. Dieser Test könnte in der Lage sein, Morbus Parkinson im Frühstadium zuverlässig zu diagnostizieren und sogar Veränderungen im Proteomprofil bis zu 7 Jahre vor Krankheitsausbruch zu erkennen.
  • Multiple Sklerose: Forscher haben herausgefunden, dass Patienten, die mit einem MS-Schub in die Klinik kommen, vermehrt einen Autoantikörper gegen ein Protein namens alpha-Fodrin im Blut haben. Ein Labortest zum Nachweis von alpha-Fodrin im Blut könnte in Zukunft die Diagnose von MS-Schüben erleichtern.

Neuromuskuläre Erkrankungen und ihre Diagnostik

Neuromuskuläre Erkrankungen betreffen den Muskel und seine Nerven und stellen aufgrund ihrer Seltenheit und Komplexität eine besondere Herausforderung an die Diagnostik und Behandlung dar.

Was sind Neuromuskuläre Erkrankungen?

Unter dem Begriff der Neuromuskulären Erkrankungen werden alle Erkrankungen des Muskels (Myopathien), seiner Nervenfasern und Neuronen (Motoneuronen) sowie Störungen der Signalübertragung zusammengefasst. Muskelerkrankungen sind zumeist genetisch bedingt. Neuromuskuläre Erkrankungen können aber auch durch Stoffwechselerkrankungen, Autoimmunstörungen, Infektionen, Giftstoffe, Minderdurchblutungen (Ischämien) oder Traumata bedingt sein.

Diagnostische Verfahren bei Neuromuskulären Erkrankungen

Die Diagnose Neuromuskulärer Erkrankungen ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Ursachen und Krankheitsbilder eine Herausforderung und erfolgt auf der Grundlage verschiedener Untersuchungen:

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  • Basisuntersuchung (Anamnese): Erhebung der Krankengeschichte, einschließlich Manifestationsalter, Lokalisation und Verlauf der Muskelschwäche sowie Begleitbeschwerden und familiäre Vorgeschichte.
  • Neurologische Untersuchung: Bewertung des neurologischen Status der zentralen und peripheren Nervenbahnen.
  • Labordiagnostik: Bestimmung verschiedener Muskelparameter im Blut, insbesondere die Konzentration des Muskelenzyms Creatinkinase (CR-Wert). Daneben werden weitere Blutwerte wie das C-reaktive Protein (CRP), die Elektrolyte und der basale TSH-Wert bestimmt.
  • Elektrophysiologie: Durchführung elektrophysiologischer Untersuchungen wie Elektromyographie (EMG) und Neurographie (ENG) zur Prüfung der Funktion von Muskulatur und Nervensystem.
  • Bildgebende Verfahren: Bildgebende Verfahren wie MRT und Ultraschall erlauben Rückschlüsse auf Veränderungen an der Muskulatur.
  • Muskelbiopsie: Entnahme von Muskelgewebe zur histologischen Untersuchung.
  • Molekulargenetische Untersuchungen: Feststellung der zugrundeliegenden Genmutation bei genetisch bedingten Muskelerkrankungen.

Auswirkungen auf Lunge und Herz

In vielen Fällen wirken sich Neuromuskuläre Erkrankungen auf Lunge und Herz aus. Bei Muskelerkrankungen werden daher in regelmäßigen Abständen kardiologische und respiratorische Untersuchungen durchgeführt, um frühzeitig eine Beteiligung von Lunge und Herz festzustellen und zu behandeln.

Weitere diagnostische Verfahren in der Neurologie

Neben dem großen Blutbild und den bereits erwähnten technischen Untersuchungen gibt es weitere diagnostische Verfahren, die in der Neurologie eingesetzt werden:

  • Liquoruntersuchung: Entnahme und Analyse von Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) zur Diagnose von Entzündungen, Infektionen oder Blutungen im zentralen Nervensystem.
  • Nervenbiopsie: Entnahme einer Gewebeprobe aus einem Nerv zur mikroskopischen Untersuchung bei Verdacht auf Nervenschädigungen.

Nervenschädigungen: Diagnostik und Ursachen

Auch wenn Symptome wie Schmerzen, Taubheitsgefühle, Störungen in den Bewegungsabläufen und ein verminderter Tastsinn bereits auf eine Nervenschädigung hinweisen können, gibt es zahlreiche sehr gute Verfahren zur sicheren Diagnosestellung. Experte für die Feststellung von Nervenschädigungen ist der Neurologe.

Diagnostische Verfahren bei Nervenschädigungen

  • Anamnese: Der Facharzt erkundigt sich nach der Krankengeschichte des Patienten. Während des Gesprächs werden zudem die Art und die Intensität der Schmerzen klassifiziert.
  • Neurologische Untersuchung: Der Arzt überprüft Reflexe, die Muskelkraft, die Koordination und die Sensibilität des Patienten.
  • Elektroneurografie (ENG): Bei einer Elektroneugrafie misst der Mediziner die Nervenleitgeschwindigkeit.
  • Elektromyographie (EMG): Bei einer Elektromyographie wird die elektrische Muskelaktivität bestimmt.
  • Bildgebende Verfahren: Bildgebende Verfahren wie MRT und CT können helfen, die Ursache der Nervenschädigung zu identifizieren.
  • Blutuntersuchung: Spezielle Messwerte und Parameter des Bluts können Hinweise auf die Ursache einer Nervenschädigung geben.
  • Liquoruntersuchung: Mithilfe der Liquoruntersuchung kann entschieden werden, ob Gehirn und Rückenmark von den Nervenschädigungen betroffen sind.
  • Nervenbiopsie: Bei einer Nervenbiopsie wird eine Gewebeprobe direkt aus einem Nerv entnommen.

Neurologische Erkrankungen: Ein Überblick

Neurologische Erkrankungen umfassen ein breites Spektrum von Erkrankungen des Nervensystems, die mit erheblichen Einschränkungen für die Betroffenen einhergehen können.

Häufige neurologische Erkrankungen

Zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen gehören:

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  • Schlaganfall
  • Multiple Sklerose
  • Morbus Parkinson
  • Demenz
  • Epilepsie
  • Migräne
  • Neuropathien
  • Muskelerkrankungen

Risikofaktoren für neurologische Erkrankungen

Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die das Auftreten neurologischer Erkrankungen begünstigen können:

  • Alter: Das Alter ist ein wichtiger Risikofaktor für viele neurologische Erkrankungen, insbesondere für Demenz und Morbus Parkinson.
  • Genetische Veranlagung: Einige neurologische Erkrankungen sind erblich bedingt.
  • Umweltfaktoren: Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung und bestimmte Chemikalien können das Risiko für neurologische Erkrankungen erhöhen.
  • Lebensstilfaktoren: Ein ungesunder Lebensstil mit Rauchen, Alkoholmissbrauch, Bewegungsmangel und ungesunder Ernährung kann das Risiko für neurologische Erkrankungen erhöhen.
  • Begleiterkrankungen: Bestimmte Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Depressionen können das Risiko für neurologische Erkrankungen erhöhen.

Prävention neurologischer Erkrankungen

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die man ergreifen kann, um das Risiko für neurologische Erkrankungen zu senken:

  • Gesunder Lebensstil: Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung, ausreichend Schlaf und dem Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum kann das Risiko für neurologische Erkrankungen senken.
  • Kontrolle von Risikofaktoren: Die Kontrolle von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht kann das Risiko für neurologische Erkrankungen senken.
  • Soziale Kontakte: Soziale Kontakte und geistige Aktivität können das Gehirn fit halten und das Risiko für Demenz senken.
  • Früherkennung und Behandlung von Depressionen: Die Früherkennung und Behandlung von Depressionen kann das Risiko für Demenz senken.
  • Vermeidung von Stress: Die Vermeidung von chronischem Stress kann das Risiko für neurologische Erkrankungen senken.

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