Wie Halluzinationen im Gehirn entstehen: Ursachen und Mechanismen

Halluzinationen sind Wahrnehmungsstörungen, die sich auf alle fünf Sinne beziehen können. Sie äußern sich durch das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder Fühlen von Dingen, die in der Realität nicht vorhanden sind. Halluzinationen können beängstigend sein, aber auch im normalen Alltag vorkommen, zum Beispiel im Halbschlaf. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen und Entstehungsmechanismen von Halluzinationen im Gehirn.

Was sind Halluzinationen?

Halluzinationen sind Sinnestäuschungen, bei denen Betroffene einen realen Sinneseindruck empfinden, ohne dass ein äußerer Reiz vorhanden ist. Wer halluziniert, nimmt etwas wahr, was nicht da ist, und glaubt fest daran, dass es echt ist. Dies unterscheidet Halluzinationen von Illusionen, bei denen das Auge etwas tatsächlich registriert, es aber falsch interpretiert wird.

Es gibt verschiedene Arten von Halluzinationen, die alle Sinne betreffen können:

  • Akustische oder auditive Halluzinationen: Das Hören von Geräuschen, Stimmen oder Musik ohne äußere Schallquelle. Dies ist die häufigste Form von Halluzinationen.
  • Optische oder visuelle Halluzinationen: Das Sehen von Dingen, Personen oder Lichtern, die nicht real sind.
  • Geruchs- und Geschmackshalluzinationen: Das Riechen oder Schmecken von Dingen, die nicht vorhanden sind.
  • Taktile oder haptische Halluzinationen: Das Fühlen von Berührungen, Kribbeln oder Schmerzen auf der Haut ohne äußere Ursache.
  • Leibhalluzinationen: Das Empfinden von Veränderungen im eigenen Körper, wie z.B. das Gefühl, dass Organe sich bewegen oder der Körper von äußeren Einflüssen beherrscht wird.
  • Bewegungshalluzinationen: Das Gefühl, dass der Körper von außen bewegt wird.
  • Vestibuläre Halluzinationen: Das Gefühl zu schweben oder zu fallen.
  • Hypnagoge und hypnopompe Halluzinationen: Sinnestäuschungen, die beim Einschlafen (hypnagoge) oder Aufwachen (hypnopompe) auftreten.

Ursachen von Halluzinationen

Halluzinationen können vielfältige Ursachen haben, die in vier Hauptgruppen eingeteilt werden können:

1. Körperliche Ursachen

  • Gehirnerkrankungen: Erkrankungen, die das Gehirn oder das zentrale Nervensystem betreffen, können Halluzinationen verursachen. Dazu gehören Schlaganfälle, Gehirnentzündungen (Enzephalitis), Schädel-Hirn-Traumata, Epilepsie, Demenz (z.B. Alzheimer-Krankheit, vaskuläre Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz) und die Huntington-Krankheit.
  • Infektionskrankheiten: Bestimmte Infektionen, wie Syphilis oder AIDS, können im Verlauf der Erkrankung das Gehirn beeinträchtigen und Halluzinationen auslösen.
  • Organversagen: Das Versagen lebenswichtiger Organe wie Leber oder Niere kann zu Stoffwechselstörungen führen, die sich auf das Gehirn auswirken und Halluzinationen verursachen.
  • Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen: Einige Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen können die Sinnesverarbeitung im Gehirn beeinflussen und Halluzinationen hervorrufen.
  • Fieber: Hohes Fieber kann zu Verwirrtheit und Trugbildern führen.
  • Mangelerscheinungen: Flüssigkeits- oder Vitaminmangel können Halluzinationen verursachen.

2. Psychische Ursachen

  • Psychische Erkrankungen: Halluzinationen sind ein häufiges Symptom bei psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie, anderen Psychosen, Depressionen (insbesondere bei depressiven Psychosen), Angststörungen und Borderline-Persönlichkeitsstörung.
  • Belastungen und Stress: Trauerphasen oder Entzugserscheinungen infolge einer Sucht können Halluzinationen auslösen.

3. Substanzbedingte Ursachen

  • Alkohol und Drogen: Der Konsum von Alkohol und Drogen, insbesondere von halluzinogenen Substanzen wie LSD, Meskalin, "Magic Mushrooms", Cannabis, Amphetaminen und Ecstasy, kann Halluzinationen verursachen. Auch beim Entzug von Alkohol oder Drogen können Halluzinationen auftreten (Delirium tremens).
  • Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Halluzinationen auslösen. Dazu gehören bestimmte Antiepileptika, Parkinson-Medikamente, Antihistaminika und Medikamente zur Malaria-Prophylaxe.
  • Vergiftungen: Vergiftungen mit bestimmten Pflanzen (z.B. Tollkirsche, Stechapfel) oder anderen Substanzen können Halluzinationen verursachen.

4. Äußere Faktoren

  • Bewusstseinsveränderungen: Exzessive Meditation, der Übergang vom Schlaf in das Wachsein oder religiöse Riten können Bewusstseinsveränderungen hervorrufen, die mit Halluzinationen einhergehen.
  • Sensorische Deprivation: Soziale Isolation, Einzelhaft oder ein längerer Aufenthalt in reizarmer Umgebung können Halluzinationen als Reaktion auf fehlende äußere Reize auslösen.
  • Austrocknung (Exsikkose): Bei starkem Flüssigkeitsmangel kann es zu Erregungszuständen, Halluzinationen und Krämpfen kommen.
  • Unterkühlung (Hypothermie): Auch bei starker Unterkühlung sind Halluzinationen möglich.
  • Schlafentzug: Ausgeprägter Schlafmangel kann zu Sinnestäuschungen und Wahnvorstellungen führen.

Entstehungsmechanismen von Halluzinationen im Gehirn

Halluzinationen entstehen, wenn die normale Verarbeitung von Sinnesreizen im Gehirn gestört ist. Normalerweise nehmen wir äußere Reize mit unseren Sinnesorganen auf, die diese Informationen über Nervenimpulse an das Gehirn weiterleiten. Im Gehirn werden diese Informationen in verschiedenen Zentren verarbeitet und interpretiert, wobei Gefühle, Erfahrungen und Gedächtnisinhalte eine Rolle spielen.

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Bei einer Halluzination reagieren die Gehirnnerven jedoch nicht auf äußere Sinnesreize, sondern auf von innen kommende Störsignale. Dies kann verschiedene Ursachen haben:

  • Fehlregulation von Neurotransmittern: Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen ermöglichen. Eine Fehlregulation von Neurotransmittern wie Dopamin, Serotonin oder Glutamat kann die normale Signalübertragung im Gehirn stören und zu Halluzinationen führen. Dies wird insbesondere bei psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie und bei Drogenkonsum beobachtet.
  • Störung der Wahrnehmungsverarbeitung: Halluzinationen können entstehen, wenn die Verarbeitung von Sinnesreizen in den zuständigen Hirnarealen gestört ist. Dies kann beispielsweise durch Schädigungen im primären Sehzentrum (Hinterhauptslappen) oder in anderen Hirnbereichen, die an der visuellen Wahrnehmung beteiligt sind, verursacht werden.
  • Überaktive Erwartungshaltung: Das Gehirn interpretiert Sinnesreize und gleicht sie mit unseren Erwartungen und Vorerfahrungen ab. Bei einer Halluzination kann sich diese Verarbeitungskette verselbstständigen und ohne äußeren Reiz ablaufen. Dies kann dazu führen, dass Menschen das wahrnehmen, was sie erwarten, und nicht das, was ihre Sinne ihnen tatsächlich sagen.
  • Verminderte Aktivität des Kleinhirns: Das Kleinhirn spielt eine wichtige Rolle bei der Überprüfung von Erwartungen und der Korrektur von Fehlwahrnehmungen. Studien haben gezeigt, dass bei Menschen, die zu Halluzinationen neigen, das Kleinhirn weniger aktiv ist, was dazu führen kann, dass interne Erwartungen stärker bewertet werden als Sinnesreize von außen.
  • Störung des Hippocampus: Der Hippocampus ist an der Speicherung von Erinnerungen und dem Abgleich von Sinnesreizen mit Erinnerungen und Erfahrungen beteiligt. Eine Störung des Hippocampus kann die Überprüfung von Vorannahmen beeinträchtigen und zu Halluzinationen beitragen.
  • Dysfunktion des Assoziationskortex: Der Assoziationskortex im Stirnhirn steuert, was ins Bewusstsein strömen darf und was unterdrückt werden muss. Wenn diese Funktion gestört ist, können wirre Bilder, Gedanken und Erinnerungsfetzen ins Bewusstsein gelangen und Halluzinationen verursachen.

Diagnostik von Halluzinationen

Wenn Halluzinationen häufiger auftreten, sehr intensiv sind oder als bedrohlich empfunden werden, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die Diagnostik umfasst in der Regel:

  • Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten ausführlich zu seinen Symptomen, seiner Krankengeschichte und seinen Lebensumständen.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt führt eine allgemeine körperliche Untersuchung durch, um mögliche körperliche Ursachen für die Halluzinationen auszuschließen.
  • Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung kann helfen, Erkrankungen des Nervensystems als Ursache der Halluzinationen zu identifizieren.
  • Psychiatrische Untersuchung: Eine psychiatrische Untersuchung dient dazu, psychische Erkrankungen als Ursache der Halluzinationen zu erkennen.
  • Zusätzliche Untersuchungen: Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B. Blutuntersuchungen, EEG, MRT oder CT des Gehirns.

Behandlung von Halluzinationen

Die Behandlung von Halluzinationen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

  • Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die Halluzinationen durch eine körperliche oder psychische Erkrankung verursacht werden, steht die Behandlung dieser Erkrankung im Vordergrund.
  • Medikamentöse Therapie: Bei psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie können Neuroleptika eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern, einschließlich der Halluzinationen.
  • Psychotherapie: Eine Psychotherapie, insbesondere eine kognitive Verhaltenstherapie, kann Betroffenen helfen, mit ihren Halluzinationen umzugehen und Strategien zu entwickeln, um sie zu bewältigen.
  • Anpassung der Medikation: Wenn Medikamente die Halluzinationen verursachen, sollte in Absprache mit dem Arzt die Medikation angepasst oder das Medikament abgesetzt werden.
  • Vermeidung von Auslösern: Wenn bestimmte Faktoren wie Schlafmangel, Stress oder Drogenkonsum die Halluzinationen begünstigen, sollten diese vermieden werden.

Schlafbezogene Halluzinationen

Schlafbezogene Halluzinationen treten im Zusammenhang mit dem Schlaf auf, entweder beim Übergang zwischen Schlaf und Wachheit (hypnagoge Halluzinationen) oder zwischen den Schlafphasen. Sie können sehr realistisch und intensiv sein und Angst auslösen.

Hypnagoge Halluzinationen

Hypnagoge Halluzinationen treten beim Einschlafen auf. Sie sind relativ häufig und betreffen fast jeden Erwachsenen mindestens einmal im Leben. Sie können visuell, akustisch oder taktil sein und sich als realistische Träume oder Trugwahrnehmungen äußern.

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Hypnopompe Halluzinationen

Hypnopompe Halluzinationen treten beim Aufwachen auf. Sie sind seltener als hypnagoge Halluzinationen und können ebenfalls alle Sinne betreffen.

Ursachen und Behandlung von schlafbezogenen Halluzinationen

Schlafbezogene Halluzinationen können durch Stress, Schlafmangel, Alkoholkonsum, Drogenmissbrauch oder psychische Erkrankungen begünstigt werden. In vielen Fällen haben sie jedoch keinen Krankheitswert und sind harmlos.

Wenn schlafbezogene Halluzinationen wiederholt auftreten oder mit anderen Schlafstörungen einhergehen, sollte ein Schlafmediziner aufgesucht werden. Die Behandlung kann die Verbesserung der Schlafhygiene, die Reduktion von Stress und den Verzicht auf Alkohol und Drogen umfassen.

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