Unser Gehirn ist ein bemerkenswertes Organ, das Sinneswahrnehmungen verarbeitet, Bewegungen koordiniert, Verhaltensweisen steuert und komplexe Informationen speichert. Es ist ein echtes Energiebündel, das etwa 20 Prozent unserer täglichen Energie verbraucht, obwohl es nur rund 2 Prozent unseres Körpergewichts ausmacht. Daher ist es entscheidend, wie wir unser Gehirn pflegen, um seine optimale Funktion zu gewährleisten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick darüber, wie wir unser Gehirn durch verschiedene Strategien wie Ernährung, Bewegung, Gedächtnistraining, Schlaf und soziale Interaktion fit halten können.
Die Bedeutung des lebenslangen Lernens
Professor Dr. Volker Busch betont, dass lebenslanges Lernen eine der besten Stimulationen für unser Gehirn ist. Jedes Mal, wenn wir etwas Neues wagen, werden unsere Synapsen in ein Rauschen versetzt, was dazu führt, dass Nervenzellen wachsen, sich neu verbinden und elektrisch neu durchschlossen werden. Es ist zwar nicht notwendig, mit 60 Jahren noch Ballerina zu werden oder Chinesisch zu lernen, aber einfache Dinge wie ein Kurs an der Volkshochschule, Malen oder Handwerken können bereits einen positiven Effekt haben.
Praktische Empfehlungen zur Förderung der Gehirnleistung
Aufbauend auf philosophischen und theoretischen Überlegungen zu Lehre und Bildung sowie auf Forschungsarbeiten in Psychobiologie und kognitiver Neurowissenschaft präsentieren wir hier eine Reihe praktischer Empfehlungen:
1. Neuronale Plastizität durch NMDA-Rezeptoren fördern
Die Wirkung der NMDA-Rezeptoren im Gehirn sollte gefördert werden. Diese Moleküle spielen eine wichtige Rolle bei der neuronalen Plastizität und ermöglichen die Bildung von Gedächtnisinhalten, insbesondere im Hippocampus und der Hirnrinde.
2. Ausreichend Schlaf für Lernbereitschaft und Gedächtnis
Ausreichend Schlaf macht das Gehirn lernbereit, und der Schlaf nach dem Lernen stärkt die Herausbildung von Gedächtnisinhalten und das Erinnerungsvermögen. Die gleichen Neuronen, die zum Verarbeiten und Speichern der Lerninformation aktiviert werden, sind im Schlaf erneut aktiv. Schlaf erleichtert das Lernen, stärkt die Gedächtnisleistung und reorganisiert und strukturiert geistige Inhalte.
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3. Aerobic für die Gehirnleistung in allen Altersstufen
Aerobic kommt den Leistungen des Gehirns in allen Altersstufen zugute. Sport verbessert das Gedächtnis und erhöht Flexibilität und Schnelligkeit bei der Informationsverarbeitung. Bereits 30 Minuten Fahrradfahren oder Laufen genügen, um Reaktionszeit und Informationsverarbeitung im Gehirn zu verbessern. Körperliche Betätigung schüttet den Wachstumsfaktor BDNF aus, ein Gehirnprotein, welches die Plastizität der Neuronen erhöht, die Anzahl der täglich neu entstehenden Neuronen erhöht und deren Gefäßbildung und Blutzufuhr stärkt. Neue Bewegungen zu erlernen, trainiert und stimuliert das Gehirn besonders.
4. Emotionen und moderater Stress für besseres Lernen
In Situationen, bei denen Emotionen im Spiel sind, oder bei moderatem Stress kann die Aktivierung von Hirnstrukturen wie der Amygdala sowie die Freisetzung von Hormonen wie Adrenalin und Glucocorticoiden im Blut das Lernen und Erinnern erleichtern. Dies kann erreicht werden, indem man den Lernenden zunächst motivierende Informationen über den Lerngegenstand gibt.
5. Das Arbeitsgedächtnis trainieren
Das Arbeitsgedächtnis benutzen wir zum Nachdenken und Überlegen, für die Zukunftsplanung, und wenn wir Entscheidungen treffen. Fächer wie Philosophie oder Mathematik fördern diese Art Gedächtnis, das eng mit der fließenden Intelligenz verbunden ist. Die intensive Beanspruchung des Arbeitsgedächtnisses erhöht die Aktivität in Frontal- und Parietallappen des Gehirns und verbessert auch die neuronalen Verbindungen zwischen den beiden Hirnhälften.
6. Lernautonomie fördern
Die Lernenden sollten motiviert und ihre Aufmerksamkeit fokussiert werden, indem man sie zu einer Art Sherlock Holmes macht, der in jeglicher Informationsquelle die mögliche Antwort auf offene Fragen sucht. Dies fördert die Lernautonomie.
7. Regelmäßige Überprüfung des Gelernten
Die Erinnerung dient zum einen der Überprüfung des Gelernten und außerdem brauchen wir sie zum Weiterlernen. Das Abfragen von kürzlich gelernten Informationen hilft dem Langzeitgedächtnis, da es die neuronalen Netze des Erinnerns in die darauf folgenden Lernmöglichkeiten einbezieht.
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8. Mündliche Prüfungen und Vorträge
Vorträge oder mündliche Prüfungen regen zu einer Lerntechnik an, die mehr auf dem Verstehen des Stoffs beruht als auf simplem Auswendiglernen.
9. Mehrsprachigkeit fördert geistige Flexibilität
Menschen, die sich in der Kindheit mehrere Sprachen aneignen und sie im Laufe ihres Lebens sprechen, entwickeln eine höhere selektive Aufmerksamkeit sowie eine bessere Praxis, mentale Inhalte umzuwandeln. Die größere Umsetzungsfähigkeit und geistige Flexibilität zweisprachiger Menschen zeigt sich im Leben häufig.
10. Lesen als effektives Training für das Gehirn
Von allen intellektuellen Tätigkeiten, die die mentalen Fähigkeiten steigern, ist das Lesen die einfachste sowie mit Sicherheit die mit der besten Kosten-Nutzen-Bilanz. Lesen ist eine der besten Übungen, um das Gehirn in Form zu halten, weil das Lesen eine große Zahl mentaler Prozesse erfordert.
Ernährung für ein gesundes Gehirn
Die richtige Ernährung ist entscheidend dafür, ob wir uns konzentrieren, Neues aufnehmen und Informationen behalten können. Unser Gehirn ist auf eine stetige Versorgung mit Energie angewiesen, wobei Glukose als primärer Treibstoff dient. Es ist wichtig, komplexe Kohlenhydrate zu bevorzugen, die den Körper kontinuierlich mit Glukose versorgen, und schnell verfügbare Zuckerquellen zu vermeiden, die zu Müdigkeit und Leistungstiefs führen können.
Wichtige Nährstoffe für die Gehirnleistung:
- Antioxidantien: Vitamin C, Vitamin E sowie einige sekundäre Pflanzenstoffe schützen die Nervenzellen vor oxidativem Stress.
- Omega-3-Fettsäuren: Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren tragen zur normalen Gehirnfunktion und Signalübertragung bei.
- Ballaststoffe: Eine ballaststoffreiche Ernährung unterstützt die Vielfalt der Darmbakterien, was sich positiv auf Stimmung und Konzentration auswirken kann.
- B-Vitamine und Mineralien: Vor allem die B-Vitamine und Vitamin E sowie die Mineralien Magnesium, Kalzium und Zink sind wichtig für das Gehirn.
- Eiweiße: Proteine werden für die Kommunikation zwischen den Nervenzellen benötigt.
- Fette: Ungesättigte Fettsäuren sind für die Elastizität der Zellwände wichtig.
Lebensmittel für ein aktives Gedächtnis:
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Fisch, Olivenöl und Vollkornbrot wirkt sich günstig auf Gedächtnis und Konzentration aus. Ungesättigte Fettsäuren, wie sie in Fisch, Nüssen sowie in Lein-, Walnuss-, Raps- und Olivenöl enthalten sind, sollten ebenfalls bevorzugt verzehrt werden. Auch eine ausreichende Trinkmenge ist wichtig.
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Ayurvedische und traditionelle chinesische Medizin:
In der ayurvedischen Lehre gilt „sattvische Nahrung“ als besonders förderlich für geistige Klarheit. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) empfiehlt, das Qi - also die Lebensenergie - durch regelmäßige, warme Mahlzeiten zu stärken.
Bewegung für ein gesundes Gehirn
Regelmäßige körperliche Bewegung fördert die Durchblutung des Gehirns und damit die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Hirnzellen. Ideal sind mindestens drei- bis fünf Sporteinheiten pro Woche von wenigstens einer halben Stunde. Besonders zu empfehlen sind Aktivitäten, die körperliche Bewegung und Konzentration miteinander verbinden, zum Beispiel Tanzen oder Jonglieren. Auch Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking sind geeignet.
Gedächtnistraining für geistige Fitness
Regelmäßiges Gedächtnistraining stärkt die geistige Fitness und fördert die Konzentration und Merkfähigkeit. Alles, was dem Gehirn neue Impulse bietet und es fordert, wirkt sich positiv auf das Gedächtnis aus. Also öfters mal etwas Neues ausprobieren oder alte Hobbies wieder aufleben lassen!
Schlaf für ein gesundes Gehirn
Mindestens 7 Stunden Schlaf pro Nacht werden für Erwachsene empfohlen. Während des Schlafs werden schädliche Eiweiß-Ablagerungen zwischen den Nervenzellen abgebaut. Eine sogenannte „Schlafhygiene“ kann dabei helfen, die Schlafqualität bei Schlafproblemen zu verbessern.
Soziale Kontakte für geistige Fitness
Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass Geselligkeit und private Kontakte mit besseren geistigen Leistungen im Alter einhergehen. Daher ist es empfehlenswert, zu Familie, Freunden oder Bekannten regelmäßig Kontakt zu halten.
Stressreduktion und Vermeidung von Risikofaktoren
Multitasking überfordert das Gehirn. Ruhe und Entspannung hingegen können sich positiv auf Gedächtnis und Konzentration auswirken. Es ist wichtig, Risikofaktoren zu vermeiden, die sich negativ auf Gedächtnis und Konzentration auswirken können, wie Hörverlust, Bluthochdruck, übermäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht, Depression, soziale Isolation, Bewegungsmangel, Luftverschmutzung und Diabetes.
Hirndoping: Chancen und Risiken
Viele Menschen greifen im Wettbewerb um gute Noten und Leistungen am Arbeitsplatz zu vermeintlich leistungssteigernden Substanzen. Methylphenidat, auch bekannt als Ritalin, gilt als Wundermittel, von dem sich gesunde Menschen eine gesteigerte Wachheit und Konzentration beim Lern- und Arbeitsmarathon erhoffen. Es ist wichtig, die ethischen, rechtlichen und sozialen Dimensionen neuer Entwicklungen öffentlich auszuleuchten und die Beteiligung junger Menschen an solchen Diskussionen zu fördern.
Wie Lern- und Erinnerungsprozesse funktionieren
Beim Lernen werden individuell und selektiv erworbene Informationen aus der Umwelt im Gedächtnis in abrufbarer Form gespeichert. Lernen basiert dabei auf einer spezifischen Verstärkung von bestimmten Synapsen, an denen die Signalübertragung durch biochemische und strukturelle Modifikationen erleichtert wird. Wie gut wir lernen und uns etwas merken können, ist dabei von Faktoren wie Aufmerksamkeit, Motivation und Belohnung abhängig.
Brainfood: Die optimale Ernährung für das Gehirn
Brainfood sind Lebensmittel und Speisen, die dem Gehirn die optimale Nährstoffkombination für eine reibungslose Funktion liefern sollen. Die bestmögliche Ernährung für das Gehirn ist bunt und abwechslungsreich mit viel Obst und Gemüse, hochwertigen pflanzlichen Ölen, Vollkorngetreide, Nüssen, Samen sowie hin und wieder Fleisch oder Fisch.
Ein Tag mit optimaler Brainfood-Kost enthält:
- Kohlenhydrate aus Vollkorngetreide
- Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie sie etwa in Nüssen, Leinöl, Rapsöl, Avocados oder Lachs enthalten sind
- Eiweiß aus mageren Milchprodukten, Eiern, Fisch und Meeresfrüchte, Hülsenfrüchten, Nüssen, hin und wieder auch Fleisch
- Buntes Gemüse und Obst dank Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen
- Mindestens 1,5 Liter Wasser oder ungesüßten Tee am Tag
Geistige Fitness: So trainieren Sie das Gehirn
Die Fähigkeit des Gehirns, seine Struktur und die Funktionen durch die Bildung von Zellen und Synapsen so zu verändern, dass es sich immer wieder auf Einflüsse von außen einstellen kann, beschreiben Mediziner als Neuroplastizität. Sie lässt sich auch im Alter noch gezielt fördern. Werden Synapsen nicht benutzt, baut der Körper sie ab oder schwächt sie. Andersherum bleiben Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn erhalten, wenn sie häufig beansprucht werden - oder das Gehirn baut sie sogar aus, wenn neue Verbindungen sinnvoll erscheinen.
Möglichkeiten, das Gehirn zu trainieren:
- Musik hören
- Fremdsprachen lernen
- Körper und Geist trainieren