Eine Demenzerkrankung stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Der Alltag verändert sich, Gespräche werden schwieriger und vertraute Abläufe funktionieren nicht mehr wie gewohnt. Dieser Artikel bietet Ihnen vielfältige Tipps und Anregungen, wie Sie den Alltag mit Demenz erleichtern und die Lebensqualität von Betroffenen verbessern können.
Frühzeitige Eigeninitiative und Aktivität
In der frühen Phase einer Demenz ist es wichtig, Aktivitäten zu finden, die Freude bereiten und durch die Krankheit wenig oder gar nicht eingeschränkt werden. Dabei kann man an früheren Lieblingsbeschäftigungen anknüpfen oder neue Hobbys ausprobieren.
Beispiele für Aktivitäten in der frühen Phase:
- Malen und künstlerisches Gestalten
- Theaterspielen
- Internetnutzung (besonders bei frontotemporaler Demenz)
Christian Zimmermann, selbst an Alzheimer erkrankt, betont, dass die Diagnose ihm eine gewisse Freiheit gegeben hat, Dinge zu wagen, die er früher nicht getan hätte.
Gemeinsame Aktivitäten im fortgeschrittenen Stadium
Wenn die Krankheit fortschreitet, nimmt die Fähigkeit zur Selbstbeschäftigung ab. Pflegende suchen dann oft dringend nach Beschäftigungsangeboten, die schwierige Verhaltensweisen positiv beeinflussen, die Stimmung verbessern und Lebensfreude wecken.
Geeignete Beschäftigungsangebote:
- Körperliche Aktivitäten wie Spaziergänge oder Gymnastik (besonders bei Unruhe und depressiven Verstimmungen)
- Häusliche Aktivitäten wie gemeinsames Backen oder Hausputz
- Museumsbesuche
- Musik (gemeinsames Singen oder Bewegungsspiele mit Musik sind effektiver als musikalische Dauerberieselung)
- Tanzen (Tanzcafés oder Tanzkurse für Demenzkranke und ihre Angehörigen)
Es ist wichtig, dass Menschen mit Demenz das Gefühl haben, etwas Sinnvolles zu tun. Einfache Tätigkeiten im Haushalt oder Garten sind oft geeigneter als reine Beschäftigungsangebote und Spiele.
Lesen Sie auch: Demenz und Wohnen zu Hause
Beispiele für sinnvolle Tätigkeiten:
- Servietten falten
- Handtücher zusammenlegen
- Gemüse oder Obst putzen und schneiden
- Blumen einpflanzen oder gießen
- Handarbeiten
Dabei kommt es mehr auf das Tun als auf das Ergebnis an. Lob und Anerkennung sind sehr wichtig. Eine Angehörige erzählte, dass sie ihrer Mutter regelmäßig alte Strickpullover im Secondhand-Laden besorgt, die diese dann "aufribbeln" kann, was die Mutter sehr befriedigend findet.
Anregung der Sinne in der letzten Phase
In der letzten Phase der Demenz, wenn die Kranken körperlich wenig mobil sind, muss Aktivierung von außen erfolgen. Hier geht es vor allem um die Anregung der Sinne und Sinneswahrnehmungen, wie sie zum Beispiel durch die Basale Stimulation erfolgt.
Wichtige Aspekte der Sinnesanregung:
- Berührung: Stellt Nähe her und ermöglicht das Spüren des eigenen Körpers und seiner Grenzen.
- Geruchssinn: Stimulation durch intensive, angenehme Gerüche wie frisch gebackenes Brot, Kaffee, Blumen, Zitrusfrüchte oder Kräuter.
- Hören: Sprache, Musik und Rhythmen wahrnehmen, auch wenn keine sichtbare Reaktion erfolgt.
Diese Art der Anregung hilft, den Kranken ein Gefühl von Sicherheit und Kontakt mit der Außenwelt zu ermöglichen.
Beschäftigungsideen von A bis Z
Die folgenden Beschäftigungsideen sind als Anregungen gedacht. Probieren Sie aus, was den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Kranken entspricht, welche Aktivität zu seiner Lebensgeschichte passt und was ihm Spaß macht.
- Aromen und Düfte erschnuppern und raten
- Auto waschen, über Autos „fachsimpeln“
- Ballspiele
- Basteln
- Bügeln - vertraute, nützliche Tätigkeit
- „Büroarbeit“ (Blätter abheften, lochen …)
- Computer - z. B. biografisch orientierte Spiele
- Flohmarkt besuchen (alte Gegenstände finden)
- Fotoalbum gemeinsam anschauen und über die Bilder und ihre Geschichten sprechen
- Gartenarbeit (ggf. am Hochbeet)
- Gedichte (die früher in der Schule gelernt wurden)
- Gesellschaftsspiele (ggf. vereinfacht)
- Gespräche, Erinnerungen an früher
- Handarbeit (stricken, Wolle aufwickeln)
- Handpuppen (sie werden oft leichter angesprochen als „echte“ Menschen)
- Jahreszeiten thematisieren (mit Blumen, Getreidehalmen, Kastanien …)
- Kirchen, Gottesdienst besuchen
- Konzert besuchen
- Kochen und Backen
- Lachen, Humor
- Malen
- Massieren
- Musik: hören, singen, musizieren
- Nachrichten aus der Zeitung vorlesen und diskutieren (lokale Ereignisse, besondere Interessensgebiete)
- Obstsalat zubereiten
- Puzzeln
- Rad fahren, Tandem fahren
- Reisen, Ausflüge (z. B. mit dem Wohnmobil als „rollendes Zuhause“)
- Restaurant oder Café besuchen
- Rosenkranz beten, Religiöses
- Sinne anregen (Basale Stimulation)
- Spazieren gehen
- Sprichwörter raten/ergänzen
- Sport
- Tanzen
- Tiere ansehen, streicheln
- Urlaubssouvenirs betrachten
- Vorlesen (Zeitung, Märchen, …)
- Wandern
- Werkzeugkasten (aufräumen, sortieren)
- Zoo besuchen
Weitere Tipps für den Alltag mit Demenz
Alltag vereinfachen und strukturieren
- Wochenplan: Erstellen Sie einen übersichtlichen Wochenplan mit allen Terminen.
- Gewohnheiten: Etablieren Sie feste Plätze für Schlüssel, Portemonnaie und Brille.
- Alltagstätigkeiten: Vereinfachen Sie das Kochen durch einfache Rezepte.
- Aussortieren: Entfernen Sie überflüssige Gegenstände, die zu Stolperfallen werden könnten.
- Kleiderschrank: Sortieren Sie Kleidungsstücke aus, die nicht mehr passen oder getragen werden.
- Handy: Nutzen Sie spezielle Apps oder Seniorenhandys zur Vereinfachung der Bedienung.
- Technische Hilfsmittel: Nutzen Sie automatische Abschaltfunktionen am Herd oder Sensorsteuerungen für die Beleuchtung.
Sicherheit erhöhen
- Zweitschlüssel: Geben Sie einer Vertrauensperson einen Zweitschlüssel.
- Regelmäßiger Kontakt: Vereinbaren Sie regelmäßige Telefonate mit einer vertrauten Person.
- Hausnotrufsystem: Nutzen Sie ein Hausnotrufsystem für Notfälle.
Unterstützung suchen
- Pflegestützpunkt: Wenden Sie sich an einen Pflegestützpunkt oder die Pflegeberatung Ihrer Kranken- und Pflegekasse.
- Familie und Freunde: Bitten Sie Familienangehörige, Freundinnen und Freunde oder Nachbarinnen und Nachbarn um Unterstützung.
- Psychologische Unterstützung: Nehmen Sie psychologische Unterstützung in Anspruch, um die Herausforderungen der Demenz zu bewältigen.
Mobilität und Fortbewegung
- Öffentliche Verkehrsmittel: Machen Sie sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut.
- Fahrrad: Nutzen Sie das Fahrrad für kurze Strecken.
- Taxi: Nutzen Sie Taxis für bestimmte Wege.
- Schwerbehindertenausweis: Beantragen Sie einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen für kostenlose Mitnahme einer Begleitperson in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Rechtliche und finanzielle Aspekte
- Vorsorgevollmacht: Bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens, die Sie rechtlich vertritt, wenn Sie es selbst nicht mehr können.
- Betreuungsverfügung: Legen Sie fest, wer (oder wer nicht) vom Gericht zu Ihrem rechtlichen Vertreter bestimmt werden soll.
- Pflegegrad: Beantragen Sie Leistungen der Pflegeversicherung bei Ihrer Pflegekasse.
Umgang mit herausforderndem Verhalten
Eine Demenzerkrankung kann die Persönlichkeit von Betroffenen verändern und herausforderndes Verhalten hervorrufen. Es ist wichtig, die Ursachen für dieses Verhalten zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.
Lesen Sie auch: Detaillierte Informationen zu Demenz
Ursachen für herausforderndes Verhalten:
- Überforderung
- Angst
- Wahnvorstellungen
- Halluzinationen
- Unbefriedigte Bedürfnisse
- Schmerzen
- Einsamkeit
Tipps für den Umgang mit herausforderndem Verhalten:
- Verständnis zeigen
- Nicht persönlich nehmen
- Nicht diskutieren
- Ablenkung suchen
- Reizüberflutung vermeiden
- Klare und einfache Kommunikation
- Emotionale Bedürfnisse erfüllen
- Sicherheit und Geborgenheit vermitteln
- Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Bedeutung von Musik
Musik kann eine positive Wirkung auf Menschen mit Demenz haben. Sie kann die Stimmung aufhellen, das Wohlbefinden steigern und Erinnerungen wecken.
Tipps zur Nutzung von Musik:
- Spielen Sie die Lieblingsmusik des Betroffenen aus seiner Jugendzeit.
- Singen Sie gemeinsam Lieder.
- Besuchen Sie Konzerte oder Musikveranstaltungen.
- Nutzen Sie Musiktherapie.
Tagesstruktur und Rituale
Menschen mit Demenz brauchen eine klare Tagesstruktur mit festen Tagesabläufen, Ritualen und einfachen Regeln. Dies schafft Orientierung und Sicherheit.
Tipps für eine klare Tagesstruktur:
- Feste Zeiten für Mahlzeiten, Aktivitäten und Ruhephasen
- Regelmäßige Spaziergänge oder Bewegungsübungen
- Vertraute Rituale wie gemeinsames Kaffeetrinken oder Vorlesen
- Vermeidung von unvorhergesehenen Ereignissen und Überraschungen
Unterstützung beim Essen und Trinken
Im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz kann es für die Betroffenen schwierig werden, selbstständig zu essen.
Tipps zur Unterstützung beim Essen:
- Zeigen, wie es geht
- Ermutigung zum Trinken
- Angenehme Atmosphäre schaffen
- Geeignetes Besteck und Geschirr verwenden
- Kleine Portionen anbieten
- Auf Kau- und Schluckbeschwerden achten
Bewegung und Sinnesarbeit
Regelmäßige Bewegung und Sinnesarbeit sind sehr wichtig für Menschen mit Demenz.
Tipps für Bewegung:
- Spaziergänge in der Natur
- Leichte Gymnastikübungen
- Tanzen
- Gartenarbeit
Tipps für Sinnesarbeit:
- Beruhigende oder vertraute Düfte verwenden
- Anregende Beleuchtung schaffen
- Verschiedene Stoffe und Materialien zum Anfassen anbieten
Rechtliche Aspekte
Bei einer Demenz stellen sich viele rechtliche und finanzielle Fragen, die für die Zukunft geregelt werden müssen.
Lesen Sie auch: Unterstützung für Angehörige von Demenzkranken
Wichtige rechtliche Aspekte:
- Vorsorgevollmacht
- Betreuungsverfügung
- Patientenverfügung
- Testament
Pflege zu Hause oder im Pflegeheim?
Die Entscheidung, ob die Pflege zu Hause oder in einem Pflegeheim erfolgen soll, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Vorteile der Pflege zu Hause:
- Vertraute Umgebung
- Individuelle Betreuung
- Nähe zu Angehörigen
Vorteile der Pflege im Pflegeheim:
- Professionelle Betreuung rund um die Uhr
- Entlastung der Angehörigen
- Soziale Kontakte