Frösche, als Amphibien, sind faszinierende Lebewesen, die sowohl im Wasser als auch an Land leben. Ihre Lebensweise und ihre Anpassungen an unterschiedliche Umgebungen werfen interessante Fragen über ihre Anatomie auf, insbesondere über die Struktur und Funktion ihres Gehirns. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie des Froschgehirns, seine Funktionen und wie es sich im Laufe der Evolution entwickelt hat.
Amphibien: Leben zwischen Wasser und Land
Frösche sind nicht die einzigen Tiere, die sowohl an Land als auch im Wasser leben. In der Biologie werden Landwirbeltiere, die sich im Wasser fortpflanzen, als Lurche oder Amphibien bezeichnet. Die Lurche sind eine Klasse der Wirbeltiere, zu der in Deutschland 21 unterschiedliche Arten gehören, die sich in Schwanzlurche, Froschlurche und Schleichenlurche unterteilen lassen. Zu den Schwanzlurchen gehören Molche und Salamander, deren Begriffe häufig miteinander verwechselt werden.
Froschlurche und Schwanzlurche haben viele Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich aber auch in einigen Dingen. Alle Lurche sind Wirbeltiere und haben ein Gehirn, einen Verdauungstrakt und ein Herz, das das Blut durch den Körper pumpt. Sie haben einen doppelten Blutkreislauf und atmen über die Lunge, wobei sie zusätzlich über die Haut Sauerstoff aufnehmen müssen, da die Lungenatmung allein nicht ausreicht. Die Haut der Lurche muss immer feucht sein, da sie keinen Verdunstungsschutz haben und Feuchtlufttiere sind, die auf eine hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen sind. Bestimmte Lebensphasen, wie die Kaulquappen bei Fröschen, verbringen sie ausschließlich im Wasser. Die Aktivität von Lurchen ist stark abhängig von der Außentemperatur, da sie wechselwarme Tiere sind, die ihre Körpertemperatur der Umgebungstemperatur anpassen. Sie ernähren sich von Insekten, Insektenlarven, anderen Kleintieren und Würmern.
Die Skelette sind ein offensichtlicher Unterschied zwischen Frosch- und Schwanzlurchen. Schwanzlurche haben einen Schwanz, während Froschlurche keinen Schwanz besitzen. Außerdem gibt es deutliche Unterschiede bei den hinteren Beinen und der Fortbewegung. Die Entwicklung der Lurche ist gekennzeichnet durch eine Metamorphose, also ein Gestaltwandel im Laufe des Lebens: Lurche legen zunächst Eier im Wasser, aus denen die Larven schlüpfen, die sich dann zu den adulten Lurchen entwickeln.
Der Froschschädel: Anpassung an die Jagd
Ein Blick auf den Froschschädel, insbesondere bei jagenden Baumfröschen wie Hemiphractus scutatus, zeigt deutliche Anpassungen an ihre Lebensweise. Der Schädel ist breit genug, um einen weiten Schlund zu ermöglichen, durch den auch größere Brocken problemlos rutschen können. Die fangzahnartigen Knochenauswüchse erlauben es dem Frosch, sich festzubeißen und die Beute nicht mehr entkommen zu lassen.
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Ein Forscherteam um Daniel Paluh vom Florida Museum of Natural History hat Schädel von 158 Froscharten aller lebenden Familien im Computertomografen gescannt, um kleine und kleinste Details von digitalen 3-D-Abbildern untersuchen zu können, die bei lebenden oder präparierten toten Exemplaren oft nur schlecht zu sehen sind.
Das Gehirn der Amphibien: Einfach, aber effizient
Unter den Wirbeltieren besitzen Amphibien anatomisch gesehen die einfachsten Gehirne. Die Zahl der Nervenzellen ist sehr gering: Während das menschliche Gehirn schätzungsweise 500 Milliarden Neuronen aufweist und selbst das von Katzen etwa 3 Milliarden, enthalten die Gehirne von Fröschen nur rund fünf Millionen und die von Salamandern nur rund eine Million.
Obwohl sich die Zahl der Nervenzellen zwischen den beiden Wirbeltierklassen um Dimensionen unterscheidet, konnte die Forschung in den letzten Jahren etwas Verblüffendes beweisen: Das Amphibiengehirn ähnelt im Grundaufbau und in vielen Details dem Säugergehirn. Wenn ein Salamander oder Frosch eine Beute identifiziert, lokalisiert und nach ihr schnappt, verarbeitet sein kleines, einfaches Gehirn die visuelle Information im Prinzip in gleicher Weise wie das einer Katze oder eines Primaten, also auch wie das des Menschen.
Visuelle Verarbeitung im Froschgehirn
Seit Jahrzehnten erforschen Neurobiologen an verschiedenen Wirbeltiergruppen die Vorgänge im Zentralnervensystem, die zwischen der Erregung der Sinneszellen in den Augen und der motorischen Reaktion ablaufen. Viele dieser Forschungen wurden an Säugern durchgeführt, hauptsächlich an Katzen und Affen. Noch ist es nicht gelungen, diese Prozesse in allen aufeinanderfolgenden Schritten im Detail zu entschlüsseln. Bei Amphibien ist die Zahl der beteiligten neuronalen Netzwerke erheblich geringer und zum Teil bereits gut erforscht; Wahrnehmung und Verhalten liegen hier enger beieinander. Dennoch finden unerwarteterweise die Integration des Wahrgenommenen und die Verhaltensentscheidung auch bei Amphibien offenbar erst auf einer sehr späten neuronalen Verrechnungsebene statt, nachdem im Gehirn unter anderem Stimmungen und frühere Erfahrungen abgefragt wurden.
Säugetiere benutzen, wenn sie etwas sehen, lokalisieren, dessen Bedeutung erfassen und schließlich eine Reaktion durchführen, weitgehend dieselben Prinzipien wie Vögel, Reptilien oder Amphibien. Damit erweisen sich frühere Modelle der Verhaltensforschung als unzutreffend, wonach sogenannte "niedere" Wirbeltiere wie Amphibien Objekte als "Schlüsselreize" anhand grober Merkmale erkennen und mehr oder weniger reflexhaft reagieren.
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Forschung am Schleuderzungensalamander
Am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen werden unter anderem Schleuderzungensalamander erforscht. Diese Tiere verhalten sich etwa gegenüber Insekten längst nicht so starr, wie sie es nach den alten wissenschaftlichen Konzepten tun müßten. Sie scheinen beispielsweise genau zu wissen, welche Fliegen ihnen schmecken und wo es viele davon gibt, und auch, ob sie ein Tier mit der klebrigen Zungenspitze allein fangen können oder besser die Kiefer zu Hilfe nehmen. Sie lernen auch, bei genügend Tageslicht auf die Größe und die Gestalt eines Insekts zu achten, in fortgeschrittener Dämmerung auf die Bewegungsweise und im völligen Dunkel auf den Geruch - Salamander gehen häufig erst in der Dämmerung auf die Jagd.
Schleuderzungensalamander wurden als Studienobjekte auch wegen ihres faszinierenden Zungenschlags gewählt: Die Schleuderzunge fängt selbst flinke Insekten und reicht bei manchen Arten eine Körperlänge weit. Aufgrund einer Entwicklungsverlangsamung der heranwachsenden Tiere, "Pädomorphismus" genannt, haben Salamander besonders wenige, dafür aber ausnehmend große Nervenzellen. Das macht den Aufbau ihres nur etwa zehn Millimeter langen Gehirns gut überschaubar. Auch haben die großen Nervenzellen einen vergleichsweise geringen Bedarf an Sauerstoff und Nährstoffen, was bei neurophysiologischen Untersuchungen ein Vorteil ist.
Ob wir eine Kaffeetasse ergreifen oder ein Salamander ein Insekt schnappt: Nervensystem und Bewegungsapparat müssen in beiden Fällen eine Menge leisten, damit das Objekt wahrgenommen und lokalisiert, aber auch seine Bedeutung erkannt wird und daraufhin die richtigen Muskeln tätig werden. Ein Salamander etwa muß wissen, ob er ein Hindernis vor sich hat, ein gutes Versteck, einen Artgenossen, einen Feind oder ein ihm bekömmliches Insekt. Entsprechende Verarbeitungsbahnen können bei Amphibien viele Zwischenstufen in Anspruch nehmen oder in besonderen Situationen schnell und direkt, das heißt nur über wenige Verarbeitungsschritte, vom Auge über zwei Gehirnstationen bis zur Muskulatur verlaufen.
Der Verrechnungsweg im Gehirn
Das grobe Schema dieses Verrechnungsweges scheint einfach: Die Ganglienzellen in der Netzhaut (Retina) empfangen Signale von den Sehzellen; sie schicken im Sehnerv Fortsätze ("Axone") zum Mittelhirndach (Tectum opticum oder kurz Tectum), dessen Nervenzellen die Information abgreifen; und diese Neuronen des Tectums schicken ihrerseits lange Axone in das sogenannte verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata) und das vordere Rückenmark zu den prämotorischen und motorischen Zentren. Derartige Nervenzellen, die über Axone in andere Hirngebiete Signale senden, werden "Projektionsneuronen" genannt. Die tatsächliche Verarbeitung ist aber um vieles komplizierter.
Die Ganglienzellen der Netzhaut schicken Signale auch in andere Gehirngebiete, beispielsweise zum Thalamus, einer visuellen Station im Zwischenhirn. Zu diesen Zentren hat auch das Tectum Kontakt: Es erhält von dorther Nachrichten und sendet auch selbst welche dorthin. Außerdem hat es über sie indirekt auch Verbindung zum Endhirn. Auf diese Weise erfährt das Tectum, ob ein visueller Reiz als Gefahr einzustufen ist oder als Leckerbissen. Das Endhirn der Salamander umfaßt rund 50 Prozent der gesamten Hirnmasse; der Teil, welcher der Großhirnrinde der Säuger entspricht, ist allerdings vergleichsweise klein und ungefaltet.
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Die Projektionsneuronen einer Verarbeitungsstation werden in jeweils mehrere Typen oder Klassen eingeteilt, und zwar nach den Zielorten ihrer Fortsätze und der Art, wie sie bei bestimmten visuellen Eindrücken unterschiedlich ansprechen, das bedeutet unterschiedliche Aufgaben haben. Neben den Projektionsneuronen wirken auf den einzelnen Ebenen viele nur lokal tätige Nervenzellen mit. Im Tectum der Salamander machen solche "Zwischen"- oder "Interneuronen" rund 95 Prozent, also die Hauptmenge, der dortigen Nervenzellen aus. Beim Italienischen Schleuderzungensalamander (Hydromantes italicus) zählte man im Tectum 5000 Projektionsneuronen, hingegen 115000 Interneuronen.
Die Netzhaut und das Tectum Opticum
Die Ganglienzellklassen der Netzhaut und der Aufbau des Tectum opticum mit seinen Neuronentypen sind gründlich anatomisch und neurophysiologisch untersucht worden. Die Befunde machen deutlich, wie ein visueller Reiz in Merkmalskomponenten zerlegt, mit anderen Komponenten kombiniert, von Stufe zu Stufe weitergegeben und bewertet und schließlich in eine Verhaltensentscheidung überführt wird. Um herauszufinden, woher einzelne Nervenzellen Signale erhalten und wohin sie über ihre Axone Nachrichten senden, werden Zellen, deren Antworteigenschaften elektrophysiologisch gemessen werden, mit einem Farbstoff gefüllt. Sie verteilen ihn dann in ihren kürzeren Fortsätzen, den "Dendriten", mit denen Nervenzellen einlaufende Informationen von anderen Neuronen abgreifen, und in den meist langen "Axonen", mit denen die Signale weitergeschickt werden. Man kann Nervenzellen auch "von rückwärts", das heißt vom Axon her, anfärben, indem man den Farbstoff in ein bestimmtes Gehirngebiet einbringt. Auf diese Weise erfährt man, wo Zellkörper sitzen, die ihre Axone in dieses Gebiet schicken.
In der Netzhaut eines Salamanders werden - wie bei allen Wirbeltieren - Seheindrücke in Einzelkomponenten zerlegt, die den Grundeigenschaften des gesehenen Objekts entsprechen. Dies sind vor allem Größe, Kontrast zum Hintergrund, Geschwindigkeit, Richtung und Art einer Bewegung sowie allgemeine Helligkeitsschwankungen im Blickfeld, die von einem großen, sich bewegenden Objekt hervorgerufen werden. Diese Zerlegung leisten die "Retinaganglienzellen", deren Axone den Sehnerv bilden. Ihnen arbeiten kompliziert miteinander verschaltete lokale Nervenzellen in der Netzhaut zu, die zwischen den Sinneszellen und den Retinaganglienzellen liegen. Bei den Salamandern wurden bisher drei Klassen von retinalen Ganglienzellen nachgewiesen und es gibt Hinweise auf eine vierte. Diese Klassen sprechen bei einem visuellen Reiz verschieden an: Während auf bestimmte Merkmale wie Bewegung, Kontrast und Unterschiede in der Größe alle Klassen antworten und sich nur in ihren Antwortstärken unterscheiden, gibt es andere Merkmale wie Helligkeitsschwankungen und Bewegungsweise, auf die einige Klassen antworten, andere aber nicht. Dies wird getestet, indem dem Tier Attrappen vorgeführt werden: etwa grobe Schablonen von Insekten, Würmern, Raubfeinden und dergleichen, oder auch nur quadratische oder rechteckige verschieden große Pappstückchen, die in unterschiedlicher Weise bewegt werden - und die Reaktion der einzelnen Zellen gemessen wird.
So reagieren Zellen der Klasse 1 besonders gut etwa auf kleine krabbelnde oder fliegende Insekten, doch auf Geschwindigkeitsveränderungen und die Bewegungsweise von kleinen Objekten antworten vor allem Zellen der Klasse 2, während die der Klasse 3 auch Bewegungen größerer Objekte registrieren. Die Klasse 4 ist anscheinend zuständig, wenn etwa ein großer Freßfeind oder ein Hindernis auftaucht.
Die verschiedenen Klassen von Retinaganglienzellen weisen also teils getrennte und teils überlappende Antworteigenschaften auf. Frühere Forscher hatten angenommen, daß bei Amphibien schon in der Netzhaut festgestellt wird, ob das Objekt eine potentielle Beute oder ein Freßfeind ist. Da die Versuche dies widerlegen und die verschiedenen Zellklassen zudem ihre Informationen getrennt ins Gehirn weiterleiten, ist diese These unseres Erachtens falsch: Auch bei Amphibien werden Objekte noch nicht im Auge erkannt!
Der Sehnerv schickt Fasern in vier visuelle Zentren:
- zum bereits erwähnten Tectum, dem Hauptintegrationszentrum für visuelle Informationen;
- zum Thalamus, einem Teil des Zwischenhirns (er liegt sozusagen zwischen Mittel- und Endhirn);
- zum Praetectum, das zwischen Thalamus und Tectum liegt;
- und zum Tegmentum, einem Bereich im unteren Mittelhirn.
Die teilweise unterschiedlichen retinalen Eingänge in diese Gehirngebiete bilden eine der Grundlagen dafür, daß die Neuronen dieser vier Zentren unterschiedlich auf die einzelnen Merkmale visueller Objekte reagieren. Während etwa Tectum-Zellen auch bei kleinen, bewegten Objekten, also beispielsweise Insekten, gut ansprechen (allein sie empfangen Retinaganglienzellen der Klasse 1), sind die des Thalamus bei großen Objekten wie Raubfeinden und Hindernissen besonders aktiv. Die Zellen des Praetectums wiederum antworten am besten oder gar ausschließlich auf großflächige Verschiebungen im Gesichtsfeld, wie sie bei Kopfbewegungen des Salamanders entstehen.
Der Thalamus leitet im Gegensatz zum Tectum und Praetectum Signale unter anderem direkt zu Bereichen des Endhirns, und zwar vor allem zu solchen Endhirngebieten, die mit der Integration von Information aus verschiedenen Sinnessystemen, mit Lernen und Gedächtnis sowie mit Motivation und Verhaltensbewertung zu tun haben. Thalamus und Praetectum benachrichtigen wiederum das Tectum, wenn im Gesichtsfeld ein großes, bewegtes Objekt auftaucht. Sie unterdrücken damit Antworten des Tectums etwa auf Freßfeinde. Das Tegmentum ist an der Steuerung der Blickrichtung beteiligt; neben den Sinneseindrücken vom Auge laufen hier auch die vom Gleichgewichtssystem des Innenohrs ein.
Die Verrechnung im Tectum opticum ist besonders interessant. Dort treffen - und zwar in der außenliegenden, faserreichen "weißen Substanz" - sowohl Fasern von der Netzhaut und von den anderen visuellen Zentren ein als auch von anderen Sinnessystemen (Hörsystem, Gleichgewichtssystem, Körperempfindungssystem) aus dem verlängerten Mark und Rückenmark.
Insgesamt lassen sich in dieser weißen Substanz des Tectums fünf Schichten unterscheiden, von denen die oberen drei die Eingänge von der Netzhaut enthalten, und zwar für jede Zellklasse in unterschiedlicher Weise. Auch die Dendritenbäume der Tectum-Interneuronen bilden jeweils verschiedenartige Kontakte mit den Fasern des Sehnervs. Gleiches gilt für die Kontaktmuster zwischen den Interneuronen des Tectums und den aus dem Tectum ziehenden Projektionsneuronen. Bei den Projektionsneuronen des Tectums wurden fünf anatomische Grundtypen gefunden, hier T1 bis T5 genannt (T steht für Tectum). Deren Zellkörper sitzen in verschiedenen Tiefen der innen liegenden "grauen" Substanz: die von T1 etwa perlschnurartig am oberen Rand.
An der Art der Verzweigung der Dendritenbäume läßt sich erkennen, von welchen Retinaganglienzellen die jeweiligen Tectum-Neuronen ihre Informationen erhalten. Die einzelnen Typen kombinieren demnach in unterschiedlicher Weise die verschiedenen Eingänge von der Netzhaut. So befaßt sich der Typ T1 vornehmlich mit Größen- und Gestalterkennung und wahrscheinlich auch mit der räumlichen Lokalisation von Objekten. Der Typ T2 hingegen verarbeitet vor allem Bewegungsgeschwindigkeiten und Bewegungsmuster, während sich T3-Zellen wiederum unter anderem mit Helligkeitsschwankungen befassen, wie sie im Gesichtsfeld auftreten, wenn ein größeres Objekt sich vor dem Tier bewegt.
Die verschiedenen Typen von tectalen Projektionsneuronen sind direkt - oder über Interneuronen indirekt - miteinander verbunden, wobei sie sich gegenseitig hemmen oder erregen (eventuell auch beides nacheinander). Zusätzlich erhalten einige von ihnen Eingänge von anderen Hirngebieten, wie Thalamus und Praetectum, ebenso wie von anderen Sinnessystemen. Entsprechend komplex sind ihre Antworteigenschaften. Als dies mit Attrappen getestet wurde, fand man dasselbe wie schon bei den Retinaganglienzellen: Die Antworteigenschaften der verschiedenen Typen von Tectum-Neuronen überlappen teils stark. Die Zellen antworten nämlich alle auf mehrere visuelle Merkmale gleichzeitig, wenn auch in unterschiedlicher Stärke. Manche Zellen beispielsweise reagieren besonders gut auf große, andere auf kleine Attrappen. Sie erfassen dabei aber, anders als die Ganglienzellen der Netzhaut, jeweils eine volle Größenordnung, etwa Objekte von einem Millimeter bis einem Zentimeter Durchmesser, oder solche von fünf Millimeter bis fünf Zentimeter. Dies bedeutet, daß einzelne Neuronen für eine genaue Bestimmung der Objektgröße ungeeignet sind.
Das Hören ohne Ohren: Das Beispiel des Gardiner-Seychellenfroschs
Ein besonders interessantes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit des Froschgehirns und seiner Sinnesorgane liefert der Gardiner-Seychellenfrosch (Sooglossae gardineri). Diese Frösche besitzen kein Mittelohr mit Trommelfell, was sie eigentlich taub machen müsste. Dennoch kommunizieren sie bei der Partnersuche durch Laute.
Französische Forscher haben dieses scheinbare Paradox gelöst, indem sie die Frösche Hörtests unterzogen und sie mit einem Computertomographen durchleuchtet haben. Die Untersuchungen zeigten, dass die Mundhöhle der Frösche genau die richtige Größe hat, um bei einer Frequenz von 5,738 Hz zu schwingen - dem Frequenzbereich also, in dem sich auch die Quaklaute ihrer Artgenossen bewegen. Zudem konnten die Forscher auf den Röntgenaufnahmen erkennen, dass Mundhöhle und Innenohr bei dieser Froschart nur durch wenige Gewebeschichten voneinander getrennt sind, die viel dünner sind als bei anderen Fröschen. Für Schallwellen dürften sie kaum ein Hindernis darstellen. Daraus schloss das Team, dass die Seychellenfrösche ihre Mundhöhle als Resonanzraum nutzen, um Töne aus dem Umfeld zu verstärken und über kleine Knochen ans Innenohr weiterzuleiten.