Garnelen sind faszinierende Lebewesen mit einer komplexen Anatomie. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Einblick in den inneren und äußeren Aufbau dieser Krebstiere, von ihrem Nervensystem bis hin zu ihren Sinnesorganen.
Einführung
Garnelen gehören zum Unterstamm der Krebstiere innerhalb des Stammes der Gliederfüßer. Weltweit existieren mindestens 32.000 verschiedene Krebsarten, darunter Flusskrebse, Hummer, Krabben, Garnelen, Flohkrebse und Asseln. Obwohl ihre Lebensweisen variieren, weisen sie einen ähnlichen Grundkörperbau auf.
Der Körperbau der Krebstiere
Krebstiere besitzen ein Exoskelett, eine robuste Außenhülle aus Chitin und Kalk. Da dieses Außenskelett nicht mitwachsen kann, häuten sich die Krebstiere ein- bis zweimal jährlich, um ihre alte Hülle abzuwerfen und durch eine neue zu ersetzen.
Der Körper der Krebstiere gliedert sich in Kopf, Brust und Hinterleib, wobei Kopf und Brust oft zu einem Kopfbruststück verwachsen sind. Am Kopfbruststück befinden sich zwei Paar Fühler, Stielaugen und fünf Paar Laufbeine, von denen das vorderste Paar mit Scheren ausgestattet ist. Der Hinterleib besteht aus mehreren Segmenten mit kleinen Schwimmbeinen.
Äußere Anatomie der Garnele
Die äußere Anatomie der Garnele lässt sich grob in Cephalothorax (Kopf-Brust-Stück) und Pleon (Hinterleib) unterteilen. Dazwischen befindet sich die Sollbruchstelle für die Häutung.
Lesen Sie auch: Neurobiologie der Quallen enthüllt
Cephalothorax (Kopf-Brust-Stück)
Der Cephalothorax umfasst:
- Augen: Die Facettenaugen sitzen auf beweglichen Stielen und ermöglichen eine gute Rundumsicht. Einige Arten können Farben sehen, andere nur zwischen Hell und Dunkel unterscheiden.
- Antennen: Drei Paar umgewandelte Spaltbeine dienen als Fühler: die kürzeren Antennula und die langen Antennen. An der Basis der Antennula befindet sich die Statocyste, ein Gleichgewichtsorgan.
- Rostrum: Eine Verlängerung des Kopfpanzers zwischen den Antennen, deren Form und Bezahnung bei der Artbestimmung eine Rolle spielt. Die Rostrumformel gibt die Anzahl der Zähnchen auf dem Rostrum an.
- Mundwerkzeuge: Maxillen, Mandibeln und Kieferfüße dienen der Nahrungsaufnahme. Die Maxillen besitzen den Scaphognathit, der den Atemwasserstrom erzeugt.
- Scherenbeine und Schreitbeine: Fünf Schreitbeinpaare, von denen zwei mit Scheren versehen sind. Die Scheren dienen dem Abschaben von Biofilmen und Algenbelägen.
- Kiemen: An der Basis der Kieferfüße und Schreitbeine befinden sich die Kiemen unter dem Carapax.
- Carapax: Der Kopf-Brust-Panzer schützt die inneren Organe und die Kiemen.
Pleon (Hinterleib)
Der Hinterleib besteht aus sechs Segmenten, die durch elastische Membranen verbunden sind. Jedes Segment trägt ein Paar Schwimmbeine, die zum Schwimmen und zur Brutpflege dienen. Männliche Garnelen besitzen an den ersten beiden Schwimmbeinpaaren artspezifisch geformte Geschlechtsanhängsel.
Schwanzfächer
Das letzte Körpersegment, das Telson, trägt die Uropoden, die zusammen mit dem Telson den Schwanzfächer bilden. Dieser dient zur Flucht durch schnelles Rückwärtsschwimmen. Im Telson befindet sich auch die Afteröffnung.
Innere Anatomie der Garnele
Die innere Anatomie der Garnele umfasst das Nervensystem, das Kreislaufsystem, die Atmungsorgane, den Verdauungstrakt und die Fortpflanzungsorgane. Die meisten inneren Organe befinden sich im Cephalothorax.
Nervensystem
Das Nervensystem steuert Organe, Muskulatur, Mundwerkzeuge, Antennen und Beine sowie die Hormonproduktion und Sinneswahrnehmungen. Das "Gehirn" besteht aus einem Nervenknoten, dem Zerebralganglion, welches aus drei verschmolzenen Nervenknoten besteht. Dieses Ganglion ist der Beginn einer Kette von Nervenknoten, dem Strickleiternervensystem, das sich bis zum Hinterende der Garnele erstreckt. Pro Segment gibt es ein Ganglienpaar.
Lesen Sie auch: Prävention von stummen Schlaganfällen
Kreislaufsystem
Garnelen haben ein offenes Kreislaufsystem. Das längliche, röhrenförmige Herz pumpt sauerstoffreiches Blut (Hämolymphe) durch Arterien, die in Lakunen (Austrittsöffnungen) enden. Das Blut umströmt die Organe in der Körperhöhle (Hämocoel) und versorgt sie mit Sauerstoff und Nährstoffen. Es gibt keine Venen, die das Blut zum Herzen zurückbefördern. Stattdessen gelangt es durch seitliche Ventilklappen (Ostien) wieder in das Herz.
Atmung
Die Atmung erfolgt über 14 Kiemenpaare, die sich in der Kiemenhöhle unter dem Carapax befinden. Hier findet der Gasaustausch statt: CO2 diffundiert aus dem Blut ins Wasser, Sauerstoff wird aufgenommen. Der Scaphognathit erzeugt einen Atemwasserstrom, der Frischwasser zu den Kiemen befördert.
Verdauungstrakt
Der Verdauungstrakt beginnt mit der Mundöffnung und den Mundwerkzeugen. Es folgen eine kurze Speiseröhre und der Magen, der in zwei Kammern aufgeteilt ist: Der Kropf dient der Speicherung, der Kaumagen der Zerkleinerung der Nahrung. Die Verdauungsdrüse gibt Enzyme ab. Die Nahrung gelangt dann in den Mitteldarmkomplex, wo Nährstoffe entzogen werden. Unverdauliche Reste werden über den Enddarm ausgeschieden.
Ausscheidungsorgane
Die Grüne Drüse und die Antennendrüsen bilden den Harnausscheidungsapparat. Die Grüne Drüse entzieht dem Harn Ionen, um die Ionenkonzentration im Körper stabil zu halten. Der Darm verläuft entlang des Rückens und ist oft als Linie bis zum Schwanzfächer erkennbar.
Fortpflanzungsorgane
Bei männlichen Garnelen befinden sich die Hoden im Nackenbereich, bei weiblichen Garnelen die Eierstöcke. Der Eileiter führt zur Austrittsöffnung am Übergang von Kopfpanzer und Pleon. Nach der Häutung presst das Weibchen die Eier am Spermatophor des Männchens vorbei und befestigt sie an den Schwimmfüßen.
Lesen Sie auch: Insektenintelligenz am Beispiel von Käfern
Sinnesorgane der Garnele
- Augen: Ermöglichen eine gute Rundumsicht, manche Arten können Farben sehen.
- Geruchs- und Geschmackssinn: In den Antennen und im Mundbereich lokalisiert, dienen zur Prüfung der Wasserinhaltsstoffe und zur Wahrnehmung von Pheromonen.
- Berührungssinn: Mechanorezeptoren über den ganzen Panzer verteilt registrieren Strömungsrichtung und -stärke des Wassers.
- Gleichgewichtsorgan: Die Statocyste an der Basis der Antennula enthält einen Statolith, der der Garnele zur Orientierung im Raum dient.
- Gehör: Spezielle Mechanorezeptoren zwischen den Gliedern der Extremitäten nehmen Schallwellen wahr.
Ernährung und Anpassung
Garnelen haben verschiedene Ernährungsstrategien und entsprechende Anpassungen entwickelt:
- Weidegänger und Detritusfresser: Zwerggarnelen der Gattungen Caridina und Neocaridina nutzen pinzettenartige Scheren und Schreitbeine, um Algen und Detritus aufzunehmen.
- Räuber: Großarmgarnelen der Gattung Macrobrachium lauern ihrer Beute auf und ergreifen sie mit ihren verlängerten Scherenbeinen.
- Filtrierer: Fächergarnelen fangen Nahrungspartikel mit Borstenfächern an den Schreitbeinen aus dem Wasser.
Das Herz-Kreislauf-System von Fuxianhuia protensa
Fossilienfunde des garnelenähnlichen Meerestieres Fuxianhuia protensa, das vor etwa 520 Millionen Jahren lebte, zeigen ein komplexes Herz-Kreislauf-System. Dieses System besteht aus einem länglichen Herz und Blutgefäßen, die bis zu den Fühlern am Kopf reichen. Mehrere Arterien führen zum Gehirn, was darauf hindeutet, dass es sich um ein sehr aktives Tier handelte.