Die faszinierende Welt der Heuschrecken: Anatomie und mehr

Dieser Artikel soll in die Thematik Heuschrecken und in die Heuschreckenarten Deutschlands einführen und Lust machen, sich mit unserer Artengalerie Heuschrecken, die Bilder und Artenportraits von allen Heuschrecken Deutschlands enthält, auseinanderzusetzen. Heuschrecken sind eine Ordnung der Insekten (Insecta). Sie umfassen mehr als 26.000 Arten und kommen weltweit in allen terrestrischen Lebensräumen, mit wenigen Arten auch im Süßwasser vor.

Vielfalt und Einteilung der Heuschrecken

Die Heuschrecken teilen sich in zwei scharf geschiedene und meist leicht unterscheidbare Gruppen, die Langfühlerschrecken (Ensifera) und Kurzfühlerschrecken (Caelifera). Der Ausdruck „Heuschrecke“ geht auf althochdeutsch „skrik“ für Springen zurück, auch die Namensform selbst (als „hewiskrek“) ist bereits althochdeutsch. Das Sprungvermögen als auffallendste Eigenschaft steht auch bei anderen Namensformen (wie Springschrecken, Grashüpfer, Heuhüpfer) Pate. In der Umgangssprache werden mit dem Terminus Heuschrecke vor allem Vertreter der Kurzfühlerschrecken bezeichnet.

Anatomie und Körperbau der Heuschrecken

Insekten gehören zu den Arthropoden - zu den "Gliederfüßern" also - und zeichnen sich als solche durch gegliederte Extremitäten und die Körpersegmentierung aus.Die Insekten sind in die drei Körperabschnitte Kopf, Brust und Hinterleib gegliedert. Sie besitzen am Kopf 1 Paar Fühler, 1 Paar leistungsfähige Augen und Mundwerkzeuge. An der Brust befinden sich 3 Paar gegliederte Beine sowie meist 2 Paar Flügel. Im Hinterleib liegen die inneren Organe.

Das Außenskelett

Das Geheimnis ihres evolutionären Erfolges ist ihre geradezu geniale Anpassungsfähigkeit - kaum eine ökologische Nische, die sie nicht für sich erobert hätten. Die Vielfalt ihrer teils bizarren Gestalt verdanken sie ihrem Außenskelett - der Cuticula. Sie besteht aus Chitin sowie dem Protein Sklerotin und hat bemerkenswerte Eigenschaften: Leicht und dennoch fest, strapazierfähig und äußerst formbar, schützt sie nach außen wie eine Ritterrüstung, während sie nach innen Muskeln und Gewebe stützt.

Kopf und Sinnesorgane

Am Kopf befinden sich ein Paar zusammengesetzte Augen (Netzauge, Komplexauge oder Facettenauge), Mundwerkzeuge und ein Paar Fühler. Die zusammengesetzten Augen bestehen aus keilförmigen Einzelaugen, durch die in ihrer Gesamtheit ein Bild entsteht. Sie werden Komplexaugen genannt. Sie sind besonders leistungsfähig bei der Wiedergabe von Bewegungen. Eine Stubenfliege hat z. B. ungefähr 4 000 und eine Libelle 3 000 Einzelaugen. Die Fühler sind wie die Augen Sinnesorgane. Sie heißen auch Antennen. Die Mundwerkzeuge entsprechen der Ernährungsweise der Insekten.

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Atmung und Blutkreislauf

Insekten atmen durch Tracheen. Die Öffnungen der Tracheen liegen im Hinterleib. Vor dem Abflug werden die Flügel gleichmäßig bewegt. Durch dieses „Pumpen“ werden die Tracheen mit Luft gefüllt und damit alle Teile des Körpers mit Sauerstoff versorgt. In den Flügeln sind die Tracheen als „Adern“ sichtbar. Insekten haben als Blutgefäßsystem nur ein Rückengefäß. Ansonsten umspült das Blut ohne Gefäße die inneren Organe. Insekten besitzen also ein offenes Blutgefäßsystem.

Nervensystem und "Gehirn"

Insekten besitzen ein Strickleiternervensystem. Dieses befindet sich auf der Bauchseite des Insekts. Die Entwicklung der Lebewesen vom Niederen zum Höheren ist auch durch die Weiterentwicklung der Nervensysteme gekennzeichnet. Der Regenwurm besitzt ein Strickleiternervensystem, das in jedem Segment zwei Knoten mit einer Querverbindung hat. Bei den Insekten liegt eine Verschmelzung der Nervenknoten im Kopf vor (einfaches Gehirn). Durch diese Konzentration an Nervenzellen wird eine höhere Leistungsfähigkeit erreicht. Während Wirbeltiere, ebenso wie der Mensch, ein Gehirn und Rückenmark besitzen, haben Insekten ein dezentraleres 'Strickleiternervensystem'. Jedem Körpersegment sind mehrere Schaltzentralen (Ganglienpaare) zugeordnet, die in Längsrichtung durch Verstrebungen (Konnektive) miteinander verbunden sind. Neurone - die eigentlichen Nervenzellen - fungieren als Nachrichtenübermittler und -verrechner: Sie empfangen, registrieren und vergleichen Informationen und geben Befehle weiter. Im Wesentlichen bestehen sie aus dem Zellkörper (Soma) mit seinen Fortsätzen (Dendriten) und einem langen Axon, das die empfangenen Signale vom Zellkörper weg an andere Nerven- oder Muskelzellen weiterleitet.

Ernährung und Lebensweise

Insekten benötigen wie alle anderen Lebewesen Energie für ihre Lebensfunktionen. Dafür müssen sie sich ernähren. Mithilfe ihrer Mundwerkzeuge nehmen sie ihre Nahrung, z. B. Blütenstaub (Pollen), Nektar und Pflanzenteile, auf. Die Nahrung wird im Darm verdaut. Unverdaute Stoffe verlassen den Körper durch den After. Aus den mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffen werden in den Zellen verschiedene körpereigene, organische Stoffe, z. B. Kohlenhydrate, Fette, aufgebaut. Sie werden für den Zellaufbau benötigt und dienen als Energiequelle.

Heuschrecken sind meist wenig spezialisiert bei der Auswahl ihrer Kost. Überwiegend bevorzugen sie allerdings Vegetarisches. Dabei können sie mit ihren starken Mandibeln (Oberkiefer) sowohl Löcher in Blätter fressen oder aber Halme oder Blätter von der Seite anknabbern. Immer wird vor dem Verzehr die potenzielle Nahrung mit Hilfe der Kiefertaster und Lippentaster überprüft. Dornschrecken ernähren sich gerne von Moosen und Flechten. Fast rein carnivor sind die beiden Eichenschreckenarten, die bevorzugt Blattläuse überwältigen. Aber auch bei diesen beiden Arten konnte ich schon den Verzehr von Beeren im Garten beobachten. Die Heupferde gelten als kräftige Räuber, die Insekten und andere Heuschrecken zum Fressen gern haben. Eine ausschließlich räuberische Art, die aber in Deutschland nicht vorkommt, ist Saga pedo, die Große Sägeschrecke. Sie ist in der Lage, selbst große Insekten wie die Gottesanbeterin oder den Warzenbeißer zu überwältigen.

Fortpflanzung und Entwicklung

Insekten sind getrenntgeschlechtlich, d. h., es gibt bei ihnen Männchen und Weibchen. Diese unterscheiden sich oft in der Größe und auch in der Färbung. Männchen und Weibchen paaren sich. Im Innern des Weibchens werden die Eier befruchtet (innere Befruchtung). Sie legen zahlreiche befruchtete Eier ab. Es gibt zwei verschiedene Entwicklungsarten. Bei vielen Insektenarten schlüpfen aus den Eiern Larven, die völlig anders aussehen und gebaut sind als die ausgewachsenen Insekten. Sie haben keine Flügel, fressen andere Nahrung, z. B. Blätter, und bewegen sich oftmals kriechend vorwärts. Sie wachsen und müssen sich dabei mehrere Male häuten. Die letzte Larvenhaut erstarrt, wird fest. In der Puppe entwickelt sich das voll ausgebildete Insekt, das die Puppenhaut verlässt. Die Entwicklung vom Ei über ein Larven- und Puppenstadium zum ausgewachsenen Insekt wird vollkommene Verwandlung (vollkommene Metamorphose) genannt. Bei einigen Insekten wird während der Entwicklung kein Puppenstadium ausgebildet. Die aus den befruchteten Eiern schlüpfenden Larven sehen den ausgewachsenen Insekten schon sehr ähnlich. Sie wachsen unter mehrfachen Häutungen und entwickeln sich dabei zum voll ausgebildeten Insekt. Diese Entwicklung vom Ei über mehrere Larvenstadien zum ausgewachsenen Insekt wird unvollkommene Verwandlung (unvollkommene Metamorphose) genannt.

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Paarung und Eiablage bei Heuschrecken

Wenn Heuschrecken Hochzeit feiern, sind die Spielregeln weitgehend festgelegt. Durch artspezifische Balzrituale, Gesänge oder andere Lautäußerungen, aber auch durch optische Erkennung, wird eine Fehlbegattung in der Regel vermieden. Trotzdem unterscheidet sich die Fortpflanzung der Langfühlerschrecken in einigen Punkten so auffällig von der der Kurzfühlerschrecken, dass eine gesonderte Betrachtung erforderlich ist.

Bei den Langfühlern ergreift das Weibchen meist die Initiative. Angelockt vom Gesang (sofern "gesungen" wird), klettert das Weibchen auf den Rücken des Männchens. Dieses presst seine Geschlechtsöffnung an die des Weibchens und übergibt eine mehr oder weniger große, gallertartige und Spermien enthaltende Masse, die am Weibchen kleben bleibt. Hier ist meist das Männchen der aktivere Part. Nach einer Balzphase, meist von einem Werbegesang begleitet, der sich vom Lockgesang unterscheidet, wird das paarungswillige Weibchen bestiegen. Beide Geschlechtsteile verhaken sich fest miteinander, sie passen zueinander wie Schlüssel und Schloss.

Weibchen der Ensifera (Langfühlerschrecken) haben bis auf die Maulwurfgrille einen auffälligen Ovipositor (Legeröhre). Da dieser tief in das Ablagesubstrat eingeführt werden muss, ist er meist spitz oder mit sägeartigen Zähnchen besetzt. Die Form und Länge der Legeröhre ist auch oft ein sehr gutes und sicheres Bestimmungsmerkmal. Viele Ensifera-Arten legen die Eier im Boden ab. Baumbewohner wie die Nadelholzsäbelschrecke legen gerne in Rindenspalten ab. Da den Kurzfühlerschrecken lange Legeröhren durchgängig fehlen, müssen die Weibchen hier allein mit der Länge ihres Hinterleibes die Eier möglichst tief im Boden versenken. Das Abdomen (Hinterleib) ist deshalb während der Schwangerschaft sehr dehnbar und kann eine ungewöhnliche Länge erreichen. Die Legeröhrenklappen sind sehr spreizbar und fungieren bei der Grabarbeit wie kleine Baggerschaufeln. Während die meisten Caelifera im Boden ablegen, bevorzugt die Kleine Goldschrecke eine Ablage ihres Eipaketes in der Vegetation.

Schlupf und Larvenstadien

Heuschrecken schlüpfen als Heuschreckenlarven aus Eiern. Während bei den Langfühlerschrecken pro Ablagepaket meist nur wenige Eier abgelegt werden, sind bei den Ablagepaketen der Kurzfühlerschrecken fast immer mehr Eier enthalten. So kann mit viel Glück der "Massenschlupf" kleiner Kurzfühlerschrecken beobachtet werden. Schlüpfen mehrere Larven gleichzeitig, kann dies durchaus zu einer etwas höheren Überlebenschance beitragen. Die Zeit zwischen Ablage und Schlupf ist in der Regel auf ein Halbjahr begrenzt. Widrige Umstände können aber auch durchaus bisweilen zu einer längeren (mehrjährigen) Diapause führen. Kurz nach dem Schlupf besitzen die Larven weder Geschlechtsorgane noch erkennbare Flügel. Nach kurzer Zeit sind die Flügel als kleine Schüppchen erkennbar. Vor der Imaginalhäutung sind bei manchen kurzflügeligen Arten die ja ebenfalls kurzflügeligen Larven auf den ersten Blick nicht mehr von den adulten Tieren zu unterscheiden.

Feinde und Abwehrstrategien

Die wenigsten tierischen Heuschreckenfeinde sind ausschließlich auf Heuschrecken spezialisiert. So sind Heuschrecken bei vielen Kleinsäugern, Vögeln, Reptilien und Amphibien eine willkommene Beute und stellen eine Art Nahrungsgrundlage dar. Innerhalb der Insekten sind unter den Hautflüglern einige Arten der Grabwespen auf Heuschreckenbeute spezialisiert. Auch Raubfliegen verschmähen Heuschreckenbeute nicht, kleine Grashüpferarten gehören durchaus zu ihrem Nahrungsspektrum. Nicht immer als Fressfeind, dafür aber extrem lästig erweisen sich auch Ameisen. Webspinnen haben es in einer Millionen Jahre währenden, genialen Koevolution "geschafft", den Insekten in die Lüfte zu folgen. Fliegen war ihnen selbst zwar nicht möglich, aber das Aufstellen von Netzen in den Flugschneisen der Insekten ist doch ein sehr raffinierter und effektiver Schachzug. Sehr häufig gehen z.B. Grashüpferarten und Ödlandschrecken in die Netze der Wespenspinne. Spinnen, die den abenteuerlichen Weg in die Luft nicht oder nur begrenzt mitgemacht haben, wie die Labyrinthspinne, müssen trotzdem nicht auf Heuschreckenbeute verzichten. Schließlich halten sich viele Schreckenarten konsequent am Boden auf, wie z.B. die Dornschrecken oder die buntflügeligen Ödlandschrecken. Häufig kann man Schrecken finden, die mit kleinen, roten "Knubbeln" besetzt sind. Dabei handelt es sich in der Regel um die Larven räuberischer Laufmilben, wie z.B. der Roten Samtmilbe. Im Larvenstadium saugen diese Spinnentiere gerne an Segmentnähten zwischen Flügelansätzen oder Hinterleibsringen der Heuschrecken. Kommt es dabei nicht zu einem Massenbefall, nimmt die Schrecke dabei erfahrungsgemäß keinen nennenswerten Schaden.

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Pilze stehen ja etwas ausserhalb der Kategorien "Tiere und Pflanzen" und sind in den meisten Fällen Parasiten, die sich von der Biomasse anderer Lebewesen oder deren Produkten ernähren. Einen besonders raffinierten und wohl auch etwas "grausigen" Weg, sich an Heuschrecken schadlos zu halten, haben einige Pilze entwickelt. Sie befallen meist in einer Phase warmen und feuchten Wetters Heuschrecken mit Hilfe ihrer Sporen, die dann in das Innere der Opfer eindringen. Dort wächst nun das Pilzmycel heran, bildet eine Vielzahl von Pilzhyphen aus und verstoffwechselt dabei das Heuschreckengewebe von innen her. Der Befall ist erst einmal äußerlich nicht zu erkennen. Ist das Innere der Schrecke jedoch weitgehend aufgebraucht, dann reifen neue Pilzsporen heran, brechen durch den Insektenpanzer nach außen und verlassen den toten Wirt auf dem Luftweg. Erst jetzt sieht man der Heuschrecke an, welches makabre Ende sie nehmen musste, da sie übersät ist von ausgetretenen Pilzsporen. Um einen optimalen Start für die notwendige Neuverbreitung seiner Sporen zu gewährleisten, programmiert der Pilz das "Gehirn" der Heuschrecke so um, dass sie sich nach dem Befall in höhere Vegetationsschichten begibt. Dieses erzwungene Klettern nach oben wird als "Wipfeln" bezeichnet. Bei Heuschrecken, die ohnehin oben in der Kraut- oder Grasschicht zu Hause sind, fällt dieses Wipfeln selten sofort auf. Bei Arten aber, die sich sonst fast nur am Boden aufhalten, wie die Dornschrecken oder die Italienische Schönschrecke, ist ein Fund in der oberen Vegetationszone immer "höchst verdächtig".

Gegen so viele Fressfeinde und Widersacher haben die Heuschrecken im Laufe ihrer Entwicklung eine Menge Abwehrmaßnahmen "erfunden". Eine gute Möglichkeit, nicht gefressen zu werden, liegt darin, erst mal gar nicht gesehen zu werden. Dornschrecken und andere Bodenbewohner wie die Ödlandschrecken sind deshalb durch ihre Camouflage - Färbung und Zeichnung - optimal dem Erdboden angepasst. Grüne Arten halten sich bevorzugt in der Vegetation auf. Genügt das noch nicht, um unsichtbar zu werden, hilft es oft, sich hinter einem Halm "dünne" zu machen, ein Verhalten ("Verbergen" genannt), welches Schwertschrecken perfektioniert haben. Sich größer zu machen, sperrig zu wirken, "unfressbar" zu erscheinen, ist eine weitere Strategie. Ein braunes Abwehrsekret, das Fressfeinden den Appetit verderben soll, wird bei einer Bedrohung häufig aus der Mundöffnung ausgeschieden. Da dieser Flüssigkeit ätzende Eigenschaften nachgesagt werden, wurde unsere größte Beissschrecke, Decticus verrucivorus in früheren Zeiten dazu "missbraucht", Warzen zu verätzen. Daher ihr deutscher Name "Warzenbeißer". Als letztes Mittel der Verteidigung stehen den großen Arten beeindruckende Oberkiefer zur Verfügung, mit denen sie schmerzhaft zubeißen können.

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