Wespen, oft unterschätzt, verfügen über faszinierende kognitive Fähigkeiten, die in engem Zusammenhang mit ihrem Sozialverhalten und ihrer Lebensweise stehen. Obwohl ihr Gehirn im Vergleich zum menschlichen Gehirn winzig ist, zeigen Wespen bemerkenswerte Leistungen in Bereichen wie Gesichtserkennung und Navigation. Dieser Artikel beleuchtet den Aufbau und die Funktion des Wespengehirns und gibt Einblicke in die komplexen neuronalen Prozesse, die diesen Insekten zugrunde liegen.
Neuroplastizität im Wespengehirn
Das Gehirn einer Wespe ist zwar winzig - es macht nur etwa ein Millionstel des menschlichen Gehirns aus - aber es ist dennoch bemerkenswert plastisch. Studien haben gezeigt, dass bestimmte Bereiche des Wespengehirns an Größe zunehmen können, wenn die Tiere im Laufe ihres Lebens anspruchsvollere Aufgaben übernehmen.
Forscher der University of Washington und der University of Texas in Austin haben die Neuroplastizität des Gehirns von sozial lebenden Insekten untersucht, indem sie Arbeiterinnen der Wespenart Polybia aequatorialis beobachteten. Diese Wespen leben in Gemeinschaften von über 2000 Tieren und durchlaufen im Laufe ihres Lebens verschiedene Entwicklungsstadien, in denen sie unterschiedliche Aufgaben erfüllen.
Nach dem Schlüpfen verrichten die jungen Arbeiterinnen zunächst einfache Tätigkeiten im Inneren des Nestes. Später erweitern sie ihren Aktionsradius und erkunden die nähere Umgebung des Nestes. Schließlich entwickeln sie sich zu emsigen Fernfliegern, die auf der Suche nach Futter und Baumaterialien zum Wohle ihrer Nestgenossen weite Strecken zurücklegen.
Die Forscher stellten fest, dass das Gehirn der Wespen beim Übergang vom Innendienst zum Außendienst den größten Zuwachs an grauer Masse verzeichnete. Die Vielzahl der Umweltreize, denen die Wespen in dieser Phase ausgesetzt sind, scheint der Motor für die rasche Vergrößerung bestimmter Hirnbereiche zu sein.
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Gesichtserkennung bei Feldwespen
Eine besonders bemerkenswerte Fähigkeit einiger Wespenarten ist die Gesichtserkennung. Die Feldwespe (Polistes fuscatus) hat ein ähnliches System zur Gesichtserkennung entwickelt wie der Mensch. Diese Wespen reagieren auf Artgenossen nur dann freundlich, wenn sie deren Gesicht kennen. Sie haben die Fähigkeit entwickelt, Gesichtszüge zu unterscheiden.
Der Biologe Michael Sheehan trainierte zwölf Feldwespen, Bilder von Artgenossen zu unterscheiden. Die Wespen wurden auf eine Fläche gesetzt, die in zwei Bereiche unterteilt war. Wählten die Wespen den Bereich mit dem Bild eines bekannten Artgenossen, wurden sie belohnt. Die Feldwespen konnten ihre korrekt abgebildeten Verwandten am schnellsten und sichersten erkennen. Beim Vergleich von Raupen und veränderten Artgenossen benötigten die Insekten mehr Zeit und erzielten eine schlechtere Trefferquote. Auch Veränderungen an den bekannten Gesichtern, wie beispielsweise fehlende Fühler, verschlechterten das Ergebnis.
Sheehan vermutet daher, dass das Gehirn der Wespen das Gesicht einer bekannten Wespe als Ganzes speichert und nicht einzelne Merkmale. Er hält dies für entscheidend für das Sozialverhalten im Insektenstaat. Bei der Wespenart Polistes fuscatus gibt es mehrere Königinnen, die untereinander eine Rangfolge bilden, und auch das gemeine Volk bildet eine Rangfolge aus.
Die Bedeutung der Hierarchie in einem Wespenvolk für die Fähigkeit zur Gesichtserkennung demonstrierte Sheehan mit einem zweiten Experiment. Er wiederholte seine Versuche mit Feldwespen der Art Polistes metricus, die nur eine Königin haben und deren Staat insgesamt weniger hierarchisch aufgebaut ist. Das Ergebnis: Die einzelnen Tiere schnitten deutlich schlechter ab, was die Erkennung ihrer eigenen Staatsangehörigen betrifft. Bei der Unterscheidung von je zwei Raupen und optisch veränderten Artgenossen schnitten sie dagegen gleich gut ab wie Polistes fuscatus.
Sheehan schließt daraus, dass die beiden Arten unterschiedliche kognitive Fähigkeiten entwickelt haben, die zu ihrer jeweiligen Sozialstruktur passen. Da Staaten der Art Polistes metricus kaum Hierarchie aufweisen, ist es für die Tiere auch nicht wichtig, die Mitbürger auseinander zu halten.
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Sheehan ist überrascht, dass "Wespen und Menschen unabhängig voneinander ein sehr spezielles Gesichtserkennungssystem entwickelt haben. Und das, obwohl unsere Augen und unser Gehirn völlig verschieden aufgebaut sind." Als nächstes möchte der Biologe herausfinden, ob dabei die gleichen neuronalen Signale verwendet werden.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Gesichtserkennung bei Wespen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung und der Zusammenarbeit innerhalb des Nestes spielt.
Der Körperbau der Wespe und seine Funktion
Der Körperbau der Wespe ist perfekt an ihre Lebensweise angepasst. Ihr Exoskelett, das aus Chitin besteht, ist in Segmente unterteilt, die sich ineinander und auseinander schieben lassen. Dies ermöglicht es der Wespe, ihren Körper zu bewegen und zu atmen.
Die Segmente sind durch weiche, häutige Verbindungen miteinander verbunden, die wie Gummilippen überlappen. Diese Verbindungen ermöglichen es den Segmenten, sich gegeneinander zu bewegen, während der Körper gleichzeitig abgedichtet bleibt. Die Wespe atmet über ihren Hinterleib, indem sie die Segmente verschiebt und so den Innenraum vergrößert oder verkleinert.
Weitere Aspekte des Wespengehirns und seiner Funktion
Neben Neuroplastizität und Gesichtserkennung gibt es noch weitere interessante Aspekte des Wespengehirns und seiner Funktion:
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- Sensillen: Der Insektenkörper ist übersät mit Sensillen, chemotaktischen oder mechanosensorischen Sinnesorganen. Wie das kleine Gehirn und die Ganglienknoten all diese Informationen verarbeiten können, ist noch nicht vollständig geklärt.
- Reizverarbeitung: Die Reizverarbeitung bei Insekten oder Arthropoden wird oft nicht von einem zentralen Nervensystem verarbeitet. Ein Beispiel hierfür ist die Kakerlake, bei der die Schwingungssensoren am Hinterleib teilweise nicht über Ganglien oder zentrale Mustergeneratoren verknüpft sind, sondern direkt mit der Muskulatur der Laufbeine verschaltet sind.
- Oenozyten: Diese Zellen spielen eine Rolle beim Aufbau des Integuments und sind an der Immunantwort beteiligt.
- Granuläre Zellen: Diese Zellen sind an Aufbau, Abbau und Umbau von Basallamina beteiligt und erfüllen eine Opsonin-ähnliche Funktion.