Haftpflichtversicherung bei Demenz: Ein umfassender Ratgeber

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die Gedächtnis, Denkvermögen und Sprache beeinträchtigt. In Deutschland sind derzeit etwa 1,7 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, und die Zahl steigt. Mit der Erkrankung gehen auch Risiken einher, da Betroffene unabsichtlich Schäden verursachen können. Eine private Haftpflichtversicherung ist daher unerlässlich, um sich vor finanziellen Nachteilen zu schützen.

Demenz: Eine wachsende Herausforderung

Die Zahl älterer, demenzkranker Menschen nimmt stetig zu. Oftmals leben diese Menschen allein, und ihre Erkrankung wird erst bemerkt, wenn ein Vorfall eintritt. Ein klassisches Beispiel ist die vergessene Herdplatte, die zu einem Brand führt. In solchen Situationen stellt sich die Frage, welche Versicherungen greifen und wie sich Betroffene und ihre Angehörigen absichern können.

Die Bedeutung der privaten Haftpflichtversicherung

Die private Haftpflichtversicherung ist eine der wichtigsten Versicherungen überhaupt. Sie schützt vor finanziellen Folgen, wenn man anderen Personen oder deren Eigentum Schaden zufügt. Doch wie verhält es sich bei Menschen mit Demenz, die aufgrund ihrer Erkrankung möglicherweise nicht für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden können?

Deliktsfähigkeit und Demenz

Ein zentraler Begriff in diesem Zusammenhang ist die Deliktsfähigkeit. Sie bezeichnet die Fähigkeit einer Person, für einen selbst verursachten Schaden rechtlich verantwortlich gemacht zu werden. Gemäß § 827 BGB sind Menschen, die aufgrund einer krankhaften Störung ihrer Geistestätigkeit nicht in der Lage sind, das Unrecht ihrer Handlung zu erkennen, nicht deliktsfähig.

Das bedeutet: Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz haften Betroffene meist nicht selbst für verursachte Schäden. Eine normale Haftpflichtversicherung zahlt in solchen Fällen oft nicht. Kompliziert wird es, wenn die Erkrankung noch im Frühstadium ist oder "lichte Momente" auftreten, da die Deliktsfähigkeit im Einzelfall bejaht werden kann.

Lesen Sie auch: Leitfaden: Haftpflicht und Demenz

Die Deliktsunfähigkeitsklausel: Ein wichtiger Schutz

Viele Versicherer bieten eine spezielle Zusatzklausel an, die sogenannte Deliktsunfähigkeitsklausel. Diese Klausel stellt sicher, dass die Haftpflichtversicherung auch dann zahlt, wenn die versicherte Person zum Zeitpunkt des Schadens nicht deliktsfähig war. Dies ist besonders wichtig für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, um Konflikte und zusätzliche Belastungen zu vermeiden.

Muss die Demenz der Versicherung gemeldet werden?

Rein rechtlich besteht keine Pflicht, die Diagnose Demenz der Versicherung zu melden. Fachleute empfehlen jedoch, die Versicherung zu kontaktieren und zu klären, ob eine Deliktsunfähigkeitsklausel im Vertrag enthalten ist oder ergänzt werden kann. Eine schriftliche Bestätigung dieser Klausel kann spätere Diskussionen im Schadensfall verhindern.

Haftpflicht im Pflegeheim

Auch wenn ein Mensch mit Demenz in ein Pflegeheim zieht, sollte die private Haftpflichtversicherung nicht vorschnell gekündigt werden. Einige Heime bieten zwar Sammelversicherungen für ihre Bewohner an, diese sind jedoch oft nicht so umfassend wie ein eigener Vertrag. Es ist daher ratsam, genau zu prüfen, welche Schäden abgedeckt sind.

Die Rolle der Aufsichtspflicht

Angehörige von Demenzkranken sollten sich bewusst sein, dass sie selbst zum Ziel von Schadenersatzansprüchen werden können, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzen. Dies gilt insbesondere, wenn sie als amtliche Betreuer die volle Personensorge für den kranken Partner übernommen haben oder als Haushaltsvorstand auf vorhersehbare Gefahren nicht angemessen reagieren.

Tipps für den richtigen Versicherungsschutz

  1. Demenzklausel prüfen: Achten Sie darauf, dass Ihre private Haftpflichtversicherung eine Demenzklausel enthält, die auch deliktsunfähige Personen versichert.
  2. Unfallversicherung anpassen: Wählen Sie eine Unfallversicherung, die auch im hohen Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen wie Demenz greift.
  3. Frühzeitig informieren: Kümmern Sie sich rechtzeitig um den passenden Versicherungsschutz, um im Ernstfall finanzielle Belastungen zu vermeiden.

Missverständnisse und Fakten rund um die Haftpflichtversicherung bei Demenz

Es gibt viele Gerüchte darüber, was mit bestehenden Versicherungen im Falle einer Demenzerkrankung passiert. Hier sind einige der häufigsten Missverständnisse und die dazugehörigen Fakten:

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

  1. Gerücht: "Ich muss der Versicherung meine Demenzerkrankung melden."
    • Fakt: Eine generelle Meldepflicht besteht nicht, außer bei der privaten Unfallversicherung, wo Schwerpflegebedürftigkeit relevant sein kann.
  2. Gerücht: "Meine Prämien steigen bei einer Demenzerkrankung."
    • Fakt: Eine Prämienerhöhung aufgrund der Demenzerkrankung selbst ist nicht zulässig, es sei denn, es kommt zu einem Schadenfall, der eine Rückstufung im Schadenfreiheitsrabatt zur Folge hat (z.B. bei einem Autounfall).
  3. Gerücht: "Mir droht nach der Demenzerkrankung die Vertragskündigung."
    • Fakt: Ein Sonderkündigungsrecht aufgrund einer Demenzerkrankung besteht nicht. Eine Kündigung kann jedoch nach einem Schadensfall erfolgen.
  4. Gerücht: "Meine Privathaftpflicht-Versicherung zahlt nicht für Schäden von Demenz-Erkrankten."
    • Fakt: Dies kann der Fall sein, wenn der Demenz-Patient als "deliktunfähig" gilt. Neuere Policen mit Deliktsunfähigkeitsklausel leisten jedoch auch in solchen Fällen.
  5. Gerücht: "Richte ich mit meinem Auto einen Schaden an, bin ich nicht versichert."
    • Fakt: Das Verkehrsopfer hat gegenüber dem Halter des Fahrzeugs einen Schadenersatzanspruch, auch wenn der Fahrer aufgrund seiner Demenz deliktunfähig ist.

Beispiele aus dem Alltag

Um die Bedeutung der Haftpflichtversicherung bei Demenz zu verdeutlichen, hier einige Beispiele aus dem Alltag:

  • Personenschaden durch Unachtsamkeit: Ein älterer Herr übersieht eine Mountainbikerin und verursacht einen Unfall mitPersonenschaden.
  • Vermögensschaden wegen einer Krankheit: Eine neue Bewohnerin im Seniorenheim beschädigt versehentlich eine wertvolle Briefmarkensammlung.
  • Sachschaden durch ein mobiles Kochfeld: Ein Bewohner vergisst, ein mobiles Kochfeld auszuschalten, was zu einem Brand führt.

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

tags: #Haftpflichtversicherung #Demenz