Hans Beimer: Ein Abschied von der "Lindenstraße"

Wie muss es sich anfühlen, wenn plötzlich das eigene Alter Ego vor der Tür steht und sagt: „He, Hans, ich spiel nicht mehr mit“? Nach 33 Jahren. Hans, das ist Hans W. Geißendörfer, Erfinder und Produzent der „Lindenstraße“. Und ich: Das ist der Schauspieler Joachim H. Luger alias Hans Beimer, Vater, Kern und gute Seele der ARD-Serie.

Die Figur Hans Beimer

Joachim Hermann Luger spielte fast 33 Jahre lang in der WDR-Serie diesen Hans Beimer, so lang hat kaum eine andere Serienfigur überlebt. Luger war seit der ersten Folge im Dezember 1985 feste Größe in der „Lindenstraße“. Anno 1985 lebt der verbeamtete Sozialarbeiter Hans Beimer mit seinen Lieben im Haus Lindenstraße Nr. 3. Hans ist das klassische Oberhaupt der Familie, der Alleinverdiener, der sich nach Feierabend an den gedeckten Tisch setzt. Seine Frau Helga ist mit Leib und Seele Hausfrau und Mutter, die vor allem Nesthäkchen Klausi betüdelt und die Familientraditionen wie Hausmusik zu Weihnachten (Folge 1) aufrecht erhält. Alles könnte in geordneten Bahnen laufen, wären da nicht die beiden Teenager Marion und Benny, die ständig für Ärger sorgen und aus den bestehenden Konventionen auszubrechen drohen.

Hans Beimer (Joachim H. Luger) kämpft Zeit seines Lebens für seine Ideale und geht dabei nicht selten bis an den Rand seiner Kraft und Gesundheit. Er ist Vater und Großvater mit Leib und Seele. Keine leichte Aufgabe angesichts seiner Nachkommenschar: Aus seiner ersten Ehe mit Helga Beimer gehen drei Kinder hervor und gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Anna Ziegler zieht er fünf Kinder groß. Auf ganz besondere Weise fordert ihn das Leben seit dem Jahr 2013 heraus: Mit beinahe 70 Jahren wird Hans Vater des kleinen Emil und erfährt wenig später, dass er an Parkinson erkrankt ist. All die Sorgen auszuhalten, die die Familie, das Scheitern einer beruflichen Karriere und die oft unsichere finanzielle Lage mit sich bringen, erfordert viel Kraft. Die schöpft Hans aus der Verbundenheit mit seinen Kindern und aus der großen Liebe zu seiner Frau Anna. Auch seine erste Ehefrau Helga ist und bleibt ein Stützpfeiler seines Lebens.

Das Idealbild der Familie Beimer

Hans, Helga Beimer (Marie-Luise Marjan) und ihre drei Kinder verkörperten das Idealbild der heilen Familie. „Ein Paar, wie ich es mir erträumt hatte“, beschreibt es Geißendörfer rückblickend. „Zwar ein bisschen spießig, zugleich auch weltoffen; konservativ, aber auch wieder modern. Alles in allem ein gutbürgerliches Ehepaar, mit dem sich Millionen von Zuschauern anfreunden und identifizieren können.“ Mit harmonischer Hausmusik fing alles an: Familie Beimer (Moritz A. Sachs, Joachim H. Luger, Marie-Luise Marjan, Ina Bleiweiß und Christian Kahrmann, v.l.n.r.) im Advent 1985. Manche Szenen aus der Lindenstraße bleiben unvergessen. Dazu zählt unbedingt die vorweihnachtliche Hausmusik bei Familie Beimer. Mutter Helga und Tochter Marion an der Flöte, Vater Hans begleitet auf der Gitarre, Sohn Benny spielt Cello. Die Beimers waren in der ersten Seifenoper des Landes drei Jahre lang die deutsche Paradespießerfamilie - bis Vater Beimer seine Frau und die drei Kinder 1988 wegen der Nachbarin verließ.

Der Ausstieg von Joachim H. Luger

Diese Millionen müssen am Sonntag Abschied nehmen. Luger war seit der ersten "Lindenstraße"-Folge Ende 1985 dabei und gehörte zu den prägenden Gesichtern der ARD-Serie." Er beendet auf eigenen Wunsch sein Engagement in der Serie. Hier wird er am 02. September 2018 ein letztes Mal zu sehen sein. In der Folge 1685 "Die Ruhe nach dem Sturm" (18:50 Uhr im Ersten) stirbt Hans Beimer. Wie, das bleibt bis zu diesem Tag ein Geheimnis. Damit geht eine Ära zu Ende, denn Joachim H. Luger gehört seit der ersten Folge zum Hauptcast der "Lindenstraße".

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Der 74-jährige Luger hatte seine Entscheidung damit begründet, dass er mehr Zeit für das Theaterspielen und seine Familie haben wolle. Mit ausschlaggebend für seinen Ausstieg sei aber auch die Parkinson-Erkrankung seiner Figur Hans gewesen: "Über Jahre diese Erkrankung zu spielen, ist nicht einfach. Manche Szenen aus der Lindenstraße bleiben unvergessen: Zu ihnen zählt unbedingt die vorweihnachtliche Hausmusik bei Familie Beimer. Mutter Helga und Tochter Marion an der Flöte, Vater Hans begleitet sie auf der Gitarre, Sohn Benni spielt Cello. Die Beimers waren drei Jahre lang die deutsche Parade-Spießerfamilie - bis Vater Beimer seine Frau und die drei Kinder 1988 für die Nachbarin verließ. Knapp 33 Jahre spielte Joachim Hermann Luger diesen Hans Beimer, der eigentlich Sozialpädagoge war, später aber auch mal Hotelconcierge und arbeitslos. Nun wollte der bald 75-jährige Schauspieler nochmal etwas Neues ausprobieren. Im Mai gab er seinen Ausstieg aus der Serie bekannt. In der Folge von Sonntagabend wird Hans Beimer bei einem Ausflug in den Wald sterben.

Luger, der in Bochum und Berlin lebt, geht "mit einem weinenden und einem lachenden Auge": "Der Schritt, mich nach über drei Jahrzehnten von meiner Figur Hans Beimer, von dem mir sehr vertrauten Ensemble und Team zu verabschieden, ist mir nicht leicht gefallen. Ich bin Hans W. Geißendörfer zutiefst dankbar, dass seine Wahl damals auf mich gefallen ist und er mir in all den Jahren die Treue gehalten hat. Im Oktober werde ich 75 Jahre alt und da möchte ich noch einmal Neues wagen, einfach freier in meinen Möglichkeiten und Entscheidungen sein, mehr Theater spielen oder vielleicht auch in andere Rollenfiguren schlüpfen. Und ich möchte gern mehr Zeit für meine Frau, meine Kinder und Enkelkinder haben. Wenn ich zu neuen Ufern aufbreche, dann meine ich damit auch, dass ich meiner Segel-Leidenschaft mehr nachgehen kann.

Fehlen werde er ihm schon, der Hans Beimer. „Er ist mir in all den Jahren ans Herz gewachsen“, sagt Luger. „Die ,Lindenstraße‘ war mein zweites Leben, das schüttelt man nicht so einfach ab“, sagte der 74-Jährige.Er habe ihm „viele schlaflose Nächte“ bereitet. Seit Ende 2016 habe er aber immer öfter gedacht, dass es langsam genug sei mit Hans Beimer. „Nach so vielen Jahren möchte ich noch mal was Neues machen, mehr Zeit haben für meine Familie und fürs Theaterspielen.“ Ein weiterer Punkt sei die Entwicklung seiner Rolle gewesen. Anfang 2015 bestimmten die Autoren, dass Beimer an Parkinson erkranken sollte. „Über Jahre diese Erkrankung zu spielen, ist nicht einfach. Auch weil das, was im Wesentlichen die Schauspielerei ausmacht, Mimik, Gestik und Sprache, dadurch eingeschränkt wird.“

Barbara Buhl, Leiterin PG WDR-Fernsehfilm und Kino: "Joachim Luger hat mit seiner Figur Hans Beimer die langjährige Serie von Beginn an entscheidend geprägt. Über viele Jahre hinweg hat er das Auf und Ab eines mehrfachen Familienvaters durchlebt. Dabei hat Joachim Luger einen gleichermaßen eigenwilligen wie für eine breite Zuschauerschaft zugänglichen Charakter geschaffen. Dies über einen solch langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, ist alles andere als selbstverständlich. "Lindenstraße"-Star Joachim H. Luger wird 80. Für das neue Lebensjahr hat er einige Vorsätze gefasst. Auf der Straße wird er noch oft als "Hans Beimer" angesprochen - mehr als 30 Jahre lang spielte Joachim H. Luger eine der wichtigsten Rollen in der früheren ARD-Serie "Lindenstraße". "Aber als ich vor fünf Jahren dort ausgestiegen bin, war sie für mich auch abgeschlossen." Langeweile habe er seitdem nicht gehabt, betont Luger, der am 2. Oktober 80 Jahre alt wird, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Zum Beispiel mit Reisen, Wandern oder natürlich seiner "alten Leidenschaft", dem Segeln. Zusammen mit seinem Freund, dem Schauspieler Burghart Klaußner, sticht er mehrmals im Jahr in See. Früher war Luger auch oft Gleitschirmfliegen und ist viel Motorrad gefahren, mitunter zu abenteuerlichen Zielen. 04. In Hinblick auf sein Alter fühle er sich körperlich insgesamt sehr fit, sagt Luger. Auch seine Familie hält ihn ganz schön auf Trab: Erst vor wenigen Monaten wurde sein drittes Enkelkind geboren - der frisch verheiratete jüngere Sohn wohnt wie Luger in Bochum. Die beiden anderen Enkel in Bayern freuen sich ebenfalls, wenn der Opa zu Besuch kommt. Obwohl Luger schon seit mehr als 40 Jahren gemeinsam mit seiner Frau im Ruhrgebiet lebt, betrachtet er Berlin nach wie vor als seine alte Heimat. Deshalb ist er auch so oft wie möglich dort, er besitzt eine kleine Wohnung am Rande der Hauptstadt. Seit dem Start der in Köln gedrehten "Lindenstraße" 1985 hatte Luger den Hans gespielt, der mit Ehefrau Helga (Marie-Luise Marjan) und den drei Kindern die ursprünglich heile Familie Beimer bildete - die aber auseinanderbrach, als Hans seine Familie wegen einer jüngeren Frau verließ. Als die Macher den Hans 2015 an unheilbarem Parkinson erkranken ließen, verlor Luger jedoch den Spaß an seiner Rolle. "Es hat mich zunehmend belastet, immer nur einen kranken Mann zu spielen", schildert er. Und so zog er einen Schlussstrich: 2018 starb Hans den Serientod. Seine "wiedergewonnene Freiheit" nutzte Luger vor allem fürs Theater, an dem seit jeher sein Herz hängt. Schon als Junge träumte Luger, der in Thüringen geboren und in Berlin aufgewachsen ist, von der großen Bühne. Doch zunächst machte er eine Ausbildung zum Chemielaboranten und spielte nebenher in einer Laiengruppe. 28. Sein erstes Theater-Engagement bekam er, indem er beim Vorsprechen spontan ein "Küchenlied" darbot und der Intendant darüber Tränen lachte, wie Luger schmunzelnd erzählt. "Der große Bruch war dann Corona, als alle Theater schließen mussten. Ich spielte gerade an der Komödie in Frankfurt, und dann fiel plötzlich alles aus", erinnert er sich. Danach habe sich beim Theater nichts Passendes mehr ergeben. Aus einem bereits fixen Vertrag sei er im vergangenen Sommer kurzfristig ausgestiegen. "Ich hatte die Rolle schon gelernt, aber die Chemie mit dem Regisseur stimmte nicht", erzählt Luger. "Ich will mich nicht mehr stressen. Hans Beimer war das Gesicht der TV-Serie „Lindenstraße“. Fast 33 Jahre lang.

Joachim H. Luger begann 1985 als Vorzeigevater Hans Beimer mit seiner Lindenstraßen-Familie.

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SZ: Herr Luger, wenn man sich Hans Beimers Schicksal in der Lindenstraße ansieht, kommt einiges zusammen: Ehebruch, Suff, Tod von Angehörigen, Missbrauch, Arbeitslosigkeit und schlussendlich Parkinson. Erstaunlich, dass der Mann erst jetzt stirbt.Joachim H. Luger: Allerdings, da kommt ganz schön viel zusammen. Wenn ich das, was Hans Beimer in seinem Leben alles durchgemacht hat, selbst hätte erleben müssen, müsste ich eigentlich einmal die Woche beim Psychiater auf der Couch sitzen. Mindestens.Sie sind auf eigenen Wunsch nach knapp 33 Jahren ausgestiegen. Weil Sie noch mal etwas Neues im Leben ausprobieren wollen, weiter Theater spielen, segeln.Ja, das waren die Gründe. Da Hans Beimer ja ein sehr problembeladenes Leben hatte, habe ich immer versucht, einen Kontrapunkt dazu zu setzen, indem ich parallel zur Lindenstraße möglichst oft Boulevardtheater gespielt habe. Jetzt war ich an einem Punkt, an dem das nicht mehr reichte.Inwiefern?Hans Beimer leidet seit drei Jahren an Parkinson. Und wenn man einen Parkinson-Kranken dauerhaft spielt, werden alle Ausdrucksmöglichkeiten, die einen Schauspieler ausmachen, wie etwa Mimik, Gestik und Sprache doch deutlich reduziert. Und so reduziert zu spielen ist nicht nur eine große Herausforderung, sie schränkt einen Schauspieler eben auch sehr ein. Auf Dauer hat mich das ziemlich mitgenommen. Und es war ein weiterer Grund, um zu sagen, jetzt ist gut.Aber sterbend wollten Sie sich nicht aus der Serie verabschieden.Ich hatte den Produzenten Hans W. und Hana Geißendörfer tatsächlich einen anderen Ausstieg vorgeschlagen, ein leises Verschwinden. Unter Schauspielern gibt es den Aberglauben, wenn man vor der Kamera stirbt, passiert einem auch im richtigen Leben bald was. Manche Kollegen, die virtuell gestorben sind, haben das in der Realität selbst nicht lange überlebt.Und daran glauben Sie?Lassen Sie es mich so sagen: Ich bin nicht ganz frei davon.Haben Sie sich mit Ihrem Serientod letztendlich versöhnt?Anfangs habe ich gezögert. Aber wir haben meine letzte Folge dann ziemlich aufwendig gedreht, mit vielen Außenaufnahmen, die aus Kostengründen ungewöhnlich sind für die Lindenstraße. Das war schon aufregend. Außerdem wurde die Filmmusik zu dieser Folge vom Funkhausorchester des Westdeutschen Rundfunks zeitgleich zur Ausstrahlung eingespielt. Ein großes Ereignis, das ich mit meinen Kollegen und vielen Freunden genießen werde. Mit dieser Abschiedsfolge bin ich also vollends versöhnt.Heute sagt Luger: Wenn er all das wirklich erlebt hätte, müsste er regelmäßig zum Psychiater.

Hans Beimers Tod

Dann soll Hans Beimer den Serientod sterben. Wie das passiert, verraten Produktion und Schauspieler nicht. Aus diversen Quellen sickerte durch, dass es Hans Beimer nicht mehr zum Jakobspfad schafft, für den der Parkinson-Kranke seit Wochen trainiert hat. Bei einem heftigen Wald-Gewitter überschlagen sich die Ereignisse. Auch Beimers Ex-Frau Helga ist involviert Auch Beimers Ex-Frau Helga ist involviert. Wie sollte es auch anders sein, die beiden bilden seit über 30 Jahren das Herz dieser Serie.

Der angekündigte Abschied von „Vater Beimer“ brachte der ARD-Serie eine Top-Zuschauerzahl. Waren in diesem Jahr bislang im Schnitt nur knapp mehr als 2,1 Millionen Zuschauer dabei, so schalteten diesmal 2,84 Millionen die „Lindenstraße“ ein. Der Marktanteil lag bei 12 Prozent - so hoch wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr.

In der letzten Folge fanden sich Hans, Helga und Anna bei einem aufziehenden Gewitter in einer Hütte zusammen und fielen sich erleichtert in die Arme. Doch die idyllische Szene endete, als Vater Beimer mit Blick auf die untergehende Sonne verstarb. Gemeinsam läuft Hans Beimer mit Ex-Gattin Helga (Marie-Luise Marjan) im Wald. Plötzlich knickt Helga um, sie bittet ihn, dass er nach Hilfe sucht und sie zurücklässt - während ein Gewitter im Anmarsch ist. Doch er weigert sich und lässt sie nicht zurück. Er geht mit ihr durch den Wald und trifft auf seine zweite Ehefrau Anna (Irene Fischer), die ihn gesucht hatte. Sie gibt ihm seine Parkinson-Medikamente, die Lage scheint sich zu entspannen. Beimer schaut entspannt, sie richten ihren Blick auf den Sonnenuntergang. Ein besserer Satz hätte den Tod des „Lindenstraße“-Stars nicht ankündigen können: Helga und Anna blicken zurück, da ist Beimer längst in sich zusammengesackt. - mit Musik des Liveorchesters.

Wie geht es nun weiter? Der WDR verrät in einem Trailer für die nächste Folge „Gute Reise, Hans“ vom kommenden Sonntag: „Heute findet Hans‘ Beerdigung statt. Viele Menschen versammeln sich an seinem Grab - nur Anna ist nicht da.“Hans Beimers Frau sei „traumatisiert durch den plötzlichen Tod ihres geliebten Mannes“. Auch die Ankunft ihrer Kinder Sarah, Martin und Tom könne sie nicht dazu bewegen, sich aufzuraffen.

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Reaktionen auf den Tod von Hans Beimer

Groß die Empörung, als Hans seine Familie verließ, um sich mit Anna Ziegler ein neues Leben aufzubauen. „Das haben mir viele Zuschauer wirklich persönlich übel genommen“, so Luger. „Fremde Menschen haben mich beim Einkaufen als Ehebrecher beschimpft.“

Vielen „Lindenstraße“-Verächtern werden die Infos egal sein. In TV-Soaps kommen und gehen Leute. So einfach ist das aber nicht, mal abgesehen davon, dass es bedenklich ist, dass man an die Realität (und Qualität) der „Lindenstraße“ nur noch dann erinnert wird, wenn lieb gewonnene Figuren sterben, wie zuletzt Erich Schiller (Bill Mockridge) oder Hans Beimer. Getreu dem Montaigne-Zitat: Beim Abschied wird die Zuneigung zu den Sachen, die uns lieb sind, immer ein wenig wärmer. Ein merkwürdig-beruhigendes Gefühl von Kontinuität jedenfalls, wenn man sich das Video auf lindenstrasse.de anschaut: „Hans Beimer: Sein Leben in der Lindenstraße von 1985 bis 2018“. Dieser Abgang ist ein heftiger Einschnitt

Im Internet wurde der Tod der TV-Legende unzählige Male kommentiert - vielfach mit einem Augenzwinkern. „Hans Beimer stirbt und die ARD geht einfach zur Tagesordnung über! Keine Sondersendung! Gar nix!“, schreibt einer. „R.I.P. Hans Beimer!“ Andere waren ebenfalls traurig oder schwelgten in Erinnerungen: Ein anderer findet, dass es keinen schöneren Tod für Beimer geben könne, als zwischen seinen Frauen, die er geliebt habe. Der Tod von Beimer sorgte auch dafür, dass alte „Lindenstraße“-Fans nochmal einschalteten. „Nach gefühlten Jahrzehnten guck ich heute mal wieder #Lindenstrasse. Man muss Hans Beimer die letzte Ehre erweisen“, schrieb etwa Nutzerin Sabrina.

Die "Lindenstraße" und ihr politischer Einfluss

Vielen „Lindenstraße“-Verächtern werden die Infos egal sein. In TV-Soaps kommen und gehen Leute. So einfach ist das aber nicht, mal abgesehen davon, dass es bedenklich ist, dass man an die Realität (und Qualität) der „Lindenstraße“ nur noch dann erinnert wird, wenn lieb gewonnene Figuren sterben, wie zuletzt Erich Schiller (Bill Mockridge) oder Hans Beimer. Getreu dem Montaigne-Zitat: Beim Abschied wird die Zuneigung zu den Sachen, die uns lieb sind, immer ein wenig wärmer. Ein merkwürdig-beruhigendes Gefühl von Kontinuität jedenfalls, wenn man sich das Video auf lindenstrasse.de anschaut: „Hans Beimer: Sein Leben in der Lindenstraße von 1985 bis 2018“. Dieser Abgang ist ein heftiger Einschnitt

Hans war immer der coolere Part des Ehepaars Beimer, eine Art Rebell, der dann schon nach drei Jahren - also vor mehr als 25 Jahren - seine Familie wegen Anna Ziegler verließ. War das damals nicht schon fast ein revolutionärer Akt?Allerdings, die Zuschauer waren ziemlich gespalten. Viele wollten, dass ich zurückgehe zu meiner "Taube", wie ich Helga Beimer immer genannt habe. Aber diese heilige Einigkeit war Mutter Beimer nicht gegönnt. Auf die Frage, warum ich denn nicht zurückgehe, habe ich immer erwidert: Soll ich etwa meine junge Frau Anna, mit der ich ja bald auch Kinder hatte, alleine lassen? Dann ist mir der Rest der Nation ja auch noch böse.

Die Lindenstraße war - zumindest in den Anfangsjahren - sehr politisch, zugleich aber auch der Inbegriff deutschen Kleinbürgertums.Früher waren die brisanten Themen - Ehebruch, Kindesmisshandlung, erster Kuss von Homosexuellen - tatsächlich das Alleinstellungsmerkmal der Lindenstraße. Als uns der CSU-Politiker Peter Gauweiler 1988 wegen Beleidigung verklagte, weil eine Serienfigur ihn als "Faschisten" bezeichnet hatte. Oder dass man 1989 dem damaligen Umweltminister Klaus Töpfer ein Atommeilermodell vors Haus gestellt hat, das zur gleichen Zeit in der Serie auftauchte. Das war revolutionär. Diese Art von Revolutionärem hat die Serie heute zwar nicht mehr, aber dafür thematisiert sie andere aktuelle gesellschaftlich relevante Themen wie Transgender, die Ankündigung des Baus einer Moschee in der Lindenstraße oder den illegalen Anbau und Verkauf von Hanf für Parkinsonkranke.Hatten Sie das Gefühl, mit Ihrem Engagement zur bundesdeutschen Aufklärung beigetragen zu haben?Auf jeden Fall. Wir hatten mit meinem Filmsohn die erste Figur mit Down-Syndrom in der Serie. Und sehr viel früher noch, als Helga und Hans Beimer noch zusammen waren, trat ein spastisch Gelähmter in der Serie auf. Auch bei gesellschaftlich heiklen Themen wie Demenz, Bipolarität, Aids - da hatte die Lindenstraße früh aufklärerische Wirkung. Ich fand das gut, dass diese Serie so gegen den Strich gebürstet war, gegen die allgemeine Gefühlsduselei. Das war spannend. Und das Publikum hat das ja anders als die Pressestimmen stets goutiert.

tags: #Hans #Beimer #Parkinson