Einleitung
Harald Schmidt, eine bekannte Persönlichkeit im deutschen Fernsehen, hat sich in den letzten Jahren auch als Experte im Bereich Gesundheit und Digitalisierung einen Namen gemacht. Seine Arbeit als Professor an der Universität Maastricht und seine Forschung im Bereich der Systemmedizin haben zu revolutionären Erkenntnissen geführt, die unser Verständnis von Krankheiten und deren Ursachen grundlegend verändern könnten. Dieser Artikel beleuchtet einige dieser Erkenntnisse, insbesondere im Hinblick auf Schlaganfälle und andere weit verbreitete Erkrankungen.
Harald Schmidts Forschung: Ein Paradigmenwechsel in der Medizin
Schmidt hat sich intensiv mit dem Netzwerk menschlicher Erkrankungen auseinandergesetzt. Dieses Netzwerk basiert auf der Analyse von Risikogenen verschiedener Krankheiten. Wenn zwei Krankheiten gemeinsame Risikogene aufweisen, werden sie im Netzwerk miteinander verbunden. Das Ergebnis ist ein komplexes Gebilde, in dem alle Krankheiten auf die eine oder andere Weise miteinander verbunden sind.
Das Verblüffende an diesem Netzwerk ist, dass sich bestimmte Krankheiten stark zusammenballen, weil sie viele gemeinsame Risikogene haben. Andere Krankheiten sind weiter voneinander entfernt, bilden aber dennoch eigene Gruppen. Interessanterweise sind diese Gruppen nicht nach Fachgebieten (z. B. Kardiologie, Neurologie) geordnet, sondern kunterbunt gemischt. Das bedeutet, dass Krankheiten, die derzeit von verschiedenen Fachärzten behandelt werden, möglicherweise zusammengehören und eine gemeinsame Ursache haben.
Schmidt betont, dass wir ohne diese Erkenntnis nie zu den wahren Ursachen von Krankheiten vordringen werden. Er kritisiert die traditionelle organbasierte Medizin, die Krankheiten isoliert betrachtet und die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Organen und Systemen vernachlässigt.
Vom Symptom zur Ursache: Ein neuer Ansatz in der Diagnostik und Therapie
Schmidt plädiert für einen neuen Ansatz in der Medizin, der sich auf die Ursachen von Krankheiten konzentriert und nicht nur auf die Symptome. Er argumentiert, dass viele Krankheiten, die wir derzeit als eigenständige Entitäten betrachten, in Wirklichkeit nur verschiedene Manifestationen derselben Grunderkrankung sind.
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Ein Beispiel hierfür ist Bluthochdruck. Schmidt weist darauf hin, dass bei 95 % aller Patienten mit Bluthochdruck die Ursache unbekannt ist (primäre Hypertonie). Er vermutet, dass es möglicherweise verschiedene Ursachen für Bluthochdruck gibt, von denen einige harmlos sind, während andere mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden sind.
Schmidt fordert eine präzisere Diagnostik, die es ermöglicht, die spezifische Ursache des Bluthochdrucks bei jedem Patienten zu identifizieren und gezielt zu behandeln. Er ist davon überzeugt, dass dieser Ansatz effektiver ist als die herkömmliche Behandlung, die sich auf die Senkung des Blutdrucks konzentriert, ohne die Ursache zu beheben.
Klinische Studien: Der Beweis für den neuen Ansatz
Schmidt und sein Team führen derzeit klinische Studien durch, um die Wirksamkeit ihres neuen Ansatzes zu beweisen. Sie konzentrieren sich auf Patienten, bei denen sich der Blutdruck nicht mit herkömmlichen Mitteln senken lässt (resistente Hypertonie). Erste Ergebnisse sind vielversprechend und zeigen, dass sich der Blutdruck mit einem rationalen, kausalen Ansatz tatsächlich senken lässt.
Darüber hinaus führen Schmidt und sein Team Studien zu Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Alzheimer-Erkrankung durch. In all diesen Studien wird der Fokus auf die Identifizierung und Behandlung der zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen gelegt.
Schlaganfall: Neue Erkenntnisse und Therapieansätze
Ein besonderer Schwerpunkt von Schmidts Forschung liegt auf dem Schlaganfall. Er und sein Team haben entdeckt, dass ein Enzym namens NOX4 eine entscheidende Rolle beim Absterben von Nervenzellen nach einem Schlaganfall spielt. NOX4 produziert Wasserstoffperoxid, eine aggressive Sauerstoffverbindung, die zu Zellschäden führen kann.
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Auf dieser Grundlage haben die Forscher eine neue Therapiestrategie entwickelt, die darauf abzielt, die schädliche Wasserstoffperoxid-Bildung zu unterbinden. Im Mausversuch konnten sie zeigen, dass die Blockierung des NOX4-Enzyms das Gehirn vor Schäden schützt und wichtige Funktionen erhält.
Diese Entdeckung bietet eine vielversprechende Perspektive für die Behandlung von Schlaganfallpatienten. Schmidt und sein Team arbeiten derzeit an der Entwicklung von Medikamenten, die das NOX4-Enzym gezielt blockieren können.
Repurposing: Ein vielversprechender Ansatz
Ein weiterer vielversprechender Ansatz in der Schlaganfallforschung ist das Repurposing. Dabei werden bereits zugelassene Medikamente, die ursprünglich für andere Krankheiten entwickelt wurden, auf ihre Wirksamkeit bei Schlaganfall untersucht.
Die Systemmedizin geht davon aus, dass ein Medikament, das bei einer Erkrankung eines mechanistisch definierten Clusters von Erkrankungen/Symptomen wirkt, auch bei den anderen Mitgliedern des Clusters funktionieren sollte. Schmidt und sein Team haben in einem Schlaganfallmodell die Wirkung von zwei zugelassenen Arzneimitteln getestet, die bisher bei ganz anderen Erkrankungen innerhalb ihres Clusters eingesetzt wurden. Die Ergebnisse waren vielversprechend und zeigten, dass diese Medikamente das Gehirn nach einem Schlaganfall schützen können.
Die konzeptionelle Krise der Medizin und die Rolle der Systemmedizin
Schmidt sieht die Medizin in einer konzeptionellen Krise. Er kritisiert die traditionelle organbasierte Medizin und die Fokussierung auf Symptome anstatt auf Ursachen. Er ist davon überzeugt, dass die Systemmedizin eine Antwort auf diese Krise bieten kann.
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Die Systemmedizin beschreibt eine komplette Neudefinition dessen, was wir eine „Krankheit“ nennen und wie wir Medizin organisieren und Big Data nutzen. Sie betrachtet den Körper als ein komplexes System, in dem alle Teile miteinander verbunden sind. Sie zielt darauf ab, die zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen zu identifizieren und gezielt zu behandeln.
Die Rolle von Technologie und Künstlicher Intelligenz
Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data spielen eine entscheidende Rolle in der Systemmedizin. Sie ermöglichen es, große Datenmengen zu analysieren und Muster zu erkennen, die mit herkömmlichen Methoden nicht sichtbar wären.
Schmidt ist davon überzeugt, dass KI die Diagnostik revolutionieren wird. KI-Systeme können Ärzten helfen, die richtige Diagnose zu stellen und die optimale Therapie für jeden Patienten auszuwählen.
Die Zukunft der Medizin
Schmidt prophezeit das Ende der Medizin, wie wir sie kennen. Er ist davon überzeugt, dass sich die medizinische Ausbildung, die Krankenhausstrukturen und die Rolle der Pharmaindustrie grundlegend verändern werden.
Mediziner werden häufiger in interdisziplinären Teams arbeiten müssen, zu denen auch Bioinformatiker und Systemmediziner gehören. Die Pharmaindustrie wird sich von der Entwicklung neuer Medikamente hin zur Herstellung und Distribution bereits existierender Medikamente verändern.
Schmidt ist optimistisch, dass die Medizin der Zukunft in der Lage sein wird, Krankheiten zu heilen anstatt nur Symptome zu behandeln. Er ist davon überzeugt, dass die Systemmedizin der Schlüssel zu dieser Zukunft ist.
Kritik und Herausforderungen
Obwohl Schmidts Forschung vielversprechend ist, gibt es auch Kritik und Herausforderungen. Einige Experten warnen vor zu großen Erwartungen und weisen darauf hin, dass die klinischen Beweise für die Wirksamkeit der Systemmedizin noch ausstehen.
Darüber hinaus gibt es ethische Fragen im Zusammenhang mit der Verwendung von KI in der Medizin. Es ist wichtig sicherzustellen, dass KI-Systeme transparent, nachvollziehbar und fair sind.
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