Harald zur Hausen Forschung zu Multipler Sklerose: Eine Verbindung zwischen Ernährung und Krankheit?

Die Forschung des Nobelpreisträgers Harald zur Hausen hat in den letzten Jahren immer wieder für Aufsehen gesorgt, insbesondere seine Hypothesen über den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von bestimmten Lebensmitteln und der Entstehung von Krebs und Multipler Sklerose (MS). Dieser Artikel beleuchtet die zentralen Aspekte seiner Forschung, insbesondere im Hinblick auf MS, und ordnet sie in den aktuellen wissenschaftlichen Kontext ein.

Die Hypothese: BMMF und chronische Erkrankungen

Harald zur Hausen, bekannt für seine Entdeckung des Zusammenhangs zwischen humanen Papillomviren (HPV) und Gebärmutterhalskrebs, hat in den letzten Jahren seine Aufmerksamkeit auf den möglichen Einfluss von sogenannten "Bovine Milk and Meat Factors" (BMMF) auf die Entstehung verschiedener chronischer Erkrankungen gerichtet. BMMF sind ringförmige DNA-Moleküle, die in Rindfleisch und Milchprodukten gefunden wurden. Zur Hausen vermutet, dass diese Erreger, die keine klassischen Viren sind, durch den Konsum von Fleisch und Milchprodukten in den menschlichen Körper gelangen können und dort, oft erst Jahrzehnte später, zur Entstehung von Krankheiten wie Darm- und Brustkrebs beitragen könnten.

Der Zufallsfund: BMMF und Multiple Sklerose

Interessanterweise stieß zur Hausens Team eher zufällig auf einen möglichen Zusammenhang zwischen BMMF und Multipler Sklerose. Ursprünglich untersuchten sie den Zusammenhang zwischen Milchkonsum und dem Risiko für Darm- und Brustkrebs. Im Rahmen dieser Forschung wurden auch Proben von 13 MS-Patienten als Kontrollgruppe analysiert. Überraschenderweise fanden sich in zwei dieser Proben Agenzien, die denen ähnelten, die sie aus der Milch isoliert hatten.

Zur Hausens Modell zur Entstehung von MS

Basierend auf diesen Beobachtungen entwickelte zur Hausen ein Modell, das den Konsum von Milchprodukten in Kombination mit anderen Faktoren als möglichen Auslöser für MS postuliert. Dieses Modell beinhaltet folgende Komponenten:

  1. Infektion mit BMMF: Der Konsum von Kuhmilch oder Rindfleisch, insbesondere in den ersten Lebensjahren, führt zu einer Infektion mit BMMF.
  2. Vitamin D-Mangel: Ein Mangel an Vitamin D, der in der Bevölkerung weit verbreitet ist, könnte die Immunabwehr schwächen und die Vermehrung von BMMF fördern.
  3. Reaktivierung von Herpesviren: Herpesviren, mit denen fast alle Menschen infiziert sind, können unter bestimmten Umständen reaktiviert werden. Diese Reaktivierung könnte Entzündungsprozesse im Nervensystem verstärken.

Zur Hausen argumentiert, dass das Zusammenspiel dieser Faktoren zu chronischen Entzündungen im Gehirn führen kann, die letztendlich die Entstehung von MS begünstigen.

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Kritik und Einschränkungen der Forschung

Die Forschung von zur Hausen ist nicht unumstritten. Einige Kritikpunkte sind:

  • Korrelation vs. Kausalität: Kritiker bemängeln, dass zur Hausen Korrelationen zwischen dem Konsum von Milchprodukten und dem Auftreten von MS mit Kausalität verwechselt. Nur weil ein bestimmter Faktor (Milchkonsum) gleichzeitig mit einer anderen (MS) auftritt, bedeutet das nicht, dass die beiden einander bedingen. Es könnten auch andere, bisher unbekannte Faktoren eine Rolle spielen.
  • Geringe Stichprobengröße: Die ursprüngliche Entdeckung des Zusammenhangs zwischen BMMF und MS basierte auf einer sehr kleinen Stichprobe von nur 13 Patienten. Dies schränkt die Aussagekraft der Ergebnisse ein.
  • Fehlender Nachweis in Krebszellen: Bisher konnten BMMF nicht direkt in Krebszellen nachgewiesen werden. Dies erschwert den Nachweis eines direkten Zusammenhangs zwischen BMMF und Krebsentstehung.
  • Mangel an unabhängiger Bestätigung: Die Forschung zu BMMF wird hauptsächlich von der Arbeitsgruppe um Harald zur Hausen durchgeführt. Es gibt bisher keine unabhängige Bestätigung seiner Ergebnisse durch andere Forschungsgruppen.
  • Kein Tiermodell: Es gibt derzeit kein Tiermodell, in dem sich die von zur Hausen vorgeschlagene Indizienkette nachvollziehen lässt.

Die Bedeutung der Forschung von zur Hausen

Trotz der genannten Kritikpunkte ist die Forschung von Harald zur Hausen von großer Bedeutung. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf den möglichen Einfluss von Umweltfaktoren, insbesondere Ernährung, auf die Entstehung chronischer Erkrankungen wie MS. Seine Hypothesen regen zu weiteren Forschungsarbeiten an, die dazu beitragen könnten, die Ursachen von MS besser zu verstehen und neue Präventions- und Therapieansätze zu entwickeln.

Das Deutsche Zentrum Immuntherapie (DZI)

In diesem Zusammenhang ist auch das Deutsche Zentrum Immuntherapie (DZI) in Erlangen zu erwähnen, das 2018 von Harald zur Hausen eröffnet wurde. Ziel des DZI ist es, chronisch entzündliche Erkrankungen und Krebserkrankungen durch gezielte Immuntherapien erfolgreich zu behandeln. Das DZI konzentriert sich auf die Entwicklung neuer personalisierter Immuntherapien für chronische Entzündungserkrankungen, da viele Patienten nicht oder nur unzureichend auf bisherige Therapien ansprechen.

Prävention statt Therapie

Zur Hausen betont immer wieder, dass die Medizin sich stärker der Prävention als der Therapie widmen sollte. Er ist überzeugt, dass die Grundlagen für viele chronische Erkrankungen bereits in den ersten Lebensjahren gelegt werden. Daher empfiehlt er, Babys sechs Monate lang zu stillen und anschließend den Speiseplan vorsichtig zu erweitern.

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