Parkinson, Darmprobleme: Ursachen, Symptome und Behandlungsansätze

Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die oft im Alter von 40 bis 50 Jahren diagnostiziert wird, aber auch früher auftreten kann. Bei Menschen mit Parkinson sterben einige der Gehirnzellen ab, die das chemische Dopamin bilden. Diese Zellen sind für die Steuerung von Körperbewegungen und Stimmung notwendig. Forschende gehen mittlerweile davon aus, dass Parkinson zumindest bei einem Teil der Menschen mit Veränderungen im Darm beginnt.

Ursachen von Darmproblemen bei Parkinson

Bei dieser Art von neurologischen Erkrankungen führen die Nachrichten zwischen dem Gehirn und Teilen des Verdauungssystems zu einer langsameren Passage von Nahrung, reduzierten Empfindungen im Rektum und Kontrolle des Anus, was zu Verstopfung und Kontinenzverlust führen kann.

Eine Erklärung könnte sein, dass Stoffe aus dem Darm ins Gehirn wandern und dort eine schädliche Wirkung entfalten können. Auch wenn vieles noch unklar ist, gilt der Austausch von Botenstoffen zwischen Darm und Gehirn als sicher. Sie können über das Blut oder Nervenbahnen aus dem Darm bis ins Gehirn wandern.

Bisher ist bekannt: Der Darm von Parkinsonpatienten ist verändert. Auch die Zusammensetzung des Mikrobioms, also der Gemeinschaft der Darmbakterien, ist bei Menschen mit Morbus Parkinson verändert, zeigen Studien. Normalerweise verwandeln die nützlichen Darmbewohner unser Essen in Nährstoffe, aber es gibt auch Darmbakterien, die krank machen können, wenn das Gleichgewicht gestört ist. Bei Menschen mit Parkinson überwiegen zum Beispiel oft Bakterien, die die Darmwand durchlässig machen.

Ursache für Verstopfung ist die verlängerte Darmpassagezeit, was wiederum auf die eingeschränkter Mobilität, langsame Bewegungsabläufe und Steifheit der Muskeln zurückzuführen ist. Wenn die Parkinson-Krankheit zu einer Beeinträchtigung der Kau- und Schluckfähigkeit führt, kann eine ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen, die den Stuhl weich halten, erschwert sein. Auch das Schlucken von Flüssigkeiten kann erschwert sein, was sich ebenfalls auf die Stuhlkonsistenz auswirkt. Medikamente, sowohl Medikamente gegen Parkinson als auch Antidepressiva, können die Verstopfung verschlimmern. Entzündungen, gestörte Darmflora, Infektionen, auch Medikamente wie Antibiotika, können Darmprobleme auslösen.

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Die Parkinson-Krankheit ist gekennzeichnet durch einen Verlust von Nervenzellen in Gehirnarealen, die für die Koordination der Motorik verantwortlich sind und die den Botenstoff Dopamin freisetzen. Im Gehirn von Parkinson-Erkrankten finden sich bestimmte Eiweißablagerungen im Inneren der Nervenzellen. Untersuchungen an Nervengewebe von Parkinson-Erkrankten haben gezeigt, dass die Lewy-Pathologie zu Beginn der Erkrankung zunächst im Riechkolben (Bulbus olfactorius) und im Nervensystem des Magen-Darm-Traktes (Enterisches Nervensystem = ENS) auftritt bevor die für die Koordination der Motorik bedeutsamen Gehirnareale im Mittelhirn betroffen sind. Passend dazu leidet die Mehrzahl der Parkinson-Patienten bereits Jahre vor der Störung der Motorik an Magen-Darm-Problemen.

Symptome von Darmproblemen bei Parkinson

Verstopfung ist das häufigste Darmproblem für Menschen mit Parkinson. Nicht-motorische Symptome, wie Probleme beim Schlucken, Sprechen sowie Blasen- und Darmentleerung. Zwei Blasenzustände werden häufig bei Menschen mit Parkinson berichtet: Dranginkontinenz und Nykturie.

Dranginkontinenz

Dranginkontinenz wird auch als überaktive Blase (OAB) bezeichnet. Jemand mit einer überaktiven Blase erlebt unerwünschte Blasenkontraktionen, die schwer zu kontrollieren sind. Sie können das Bedürfnis verspüren, sofort ohne Vorwarnung urinieren zu müssen, auch wenn die Blase nicht voll ist.

Nykturie

Nykturie ist die Notwendigkeit, mehrmals in der Nacht Wasser lassen zu müssen. Dies weckt Menschen auf oder führt zu Bettnässen.

Weitere Symptome

  • Völlegefühl
  • Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Mangelndes Geschmacksempfinden
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Schluckstörungen
  • Vermehrter Speichelfluss

Während des Krankheitsverlaufs von Parkinson verliert etwa jeder zweite Betroffene Körpergewicht. Gründe dafür können eine gestörte Energiebilanz sowie eine verminderte Nahrungsaufnahme sein. Das Zittern, die Daueranspannung der Muskulatur und die Anstrengung, eine begonnene Bewegung zu Ende zu führen, kosten viel Kraft.

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Behandlungsansätze für Darmprobleme bei Parkinson

Parkinson gilt als unheilbar. Morbus Parkinson ist eine bisher unheilbare Erkrankung, bei der Nervenzellen im Gehirn fortschreitend zugrunde gehen. Ein möglicher Behandlungsansatz ist, den Darm mit einer bestimmten Ernährung so früh wie möglich wieder ins Lot zu bringen und so das Darmmikrobiom gewissermaßen umzuprogrammieren. Aber nicht nur das, was man isst, ist wichtig. Auch der Zeitpunkt ist von Bedeutung, denn einige Parkinson-Medikamente dürfen nicht mit bestimmten Lebensmitteln zusammen eingenommen werden.

Diese Therapien zur Linderung von Parkinson-Symptomen umfassen körperliches Training und Krankengymnastik (Physiotherapie).

Medikamentöse Therapie

Das älteste medikamentöse Therapieprinzip ist es, Dopamin zuzuführen - also den Botenstoff, der bei Parkinson-Betroffenen nicht mehr in ausreichender Menge vom Körper produziert wird. Das Mittel Levodopa ist bereits seit den frühen 70er Jahren zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung zugelassen. Es verbessert die typischen Parkinson-Symptome wie das Zittern, die verlangsamten Bewegungen und die Steifheit der Muskeln.

Levodopa gilt als gut verträglich, doch wie jedes andere Medikament kann es zu Nebenwirkungen führen, häufig zu Übelkeit und Erbrechen, manchmal zu Schwindel. Nimmt man es über viele Jahre ein, kann das Medikament außerdem zu plötzlichen und unerwarteten Bewegungsstörungen führen, also unkontrollierte Bewegungen der Arme und Beine (sogenannte Dyskinesien) oder auch zu einem plötzlichen Einfrieren von Bewegungen. Ein weiteres Problem ist die begrenzte Wirkdauer: Die Parkinsonsymptome werden zwar gut unterdrückt, aber nicht durchgehend bis zur Einnahme der nächsten Dosis. Wenn der Wirkspiegel des Medikamentes im Blut abnimmt, aber noch nicht Zeit für die nächste Tablette ist, kann der Patient Symptome bekommen.

Solche Probleme treten bei einer anderen Wirkstoffklasse vermindert auf: den sogenannten Dopaminagonisten. Dabei handelt es sich um Substanzen, die dem Botenstoff Dopamin sehr ähnlich sind, aber die nicht genau gleich aufgebaut sind. Vorteil ist, dass sie eher nicht zu anderen Bewegungsstörungen führen und auch die Wirkung länger anhält. Dennoch muss man sagen, dass diese Mittel insgesamt zu mehr Nebenwirkungen führen als das oben beschriebene Levodopa.

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Sogenannte Monoaminooxidase-B-Hemmer (MAO-B-Hemmer) werden eingesetzt, um den Abbau von Dopamin im Gehirn zu stoppen. Sie helfen quasi, Dopamin zu recyclen, sodass der Körper es mehrfach verwenden kann: Normalerweise wird Dopamin abgebaut, nachdem es an einen sogenannten Dopamin-Rezeptor gebunden und seine Wirkung entfaltet hat.

Sogenannte Adenosin-Rezeptor-Antagonisten und COMT-Inhibitoren werden gegeben, um die oben beschriebene Wirklücke bei Levodopa bis zur nächsten Gabe zu überbrücken. Auch Decarboxylasehemmer können mit Levodopa zusammen gegeben werden.

Neben diesen etablierten Medikamenten gibt es vielversprechende neue Entwicklungen, insbesondere in den Bereichen der Gentherapie und der Neuroimmunologie. Man weiß mittlerweile immer genauer, wie Moleküle (wie eben der Botenstoff Dopamin) genau wirken und warum die Krankheit entsteht. Das ermöglicht es, dass sogenannte zielgerichtete Medikamente entweder Gene ausschalten, die an der Entstehung von Parkinson beteiligt sind. Oder dass Signalwege, die die typischen Parkinson-Symptome verursachen, blockieren. Noch werden verschiedene dieser zielgerichteten Therapien getestet, Experten sprechen von einer klinischen Prüfung. Sie sind daher noch nicht von der europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen.

Invasive therapeutische Verfahren

An invasiven therapeutischen Verfahren stehen die Behandlung mit einer Dopamin- oder Apomorphinpumpe oder eine tiefe Hirnstimulation zur Verfügung. Bei der Dopaminpumpe wird flüssiges Medikament über eine Sonde durch die Bauchhaut hindurch in den oberen Dünndarm geleitet. Bei der Apomorphinpumpe wird das Medikament über die Bauchhaut in das Unterhautfettgewebe verabreicht.

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die tiefe Hirnstimulation, also das Einsetzen eines Hirnschrittmachers. Die tiefe Hirnstimulation wird bereits seit vielen Jahren erfolgreich durchgeführt. Der Schrittmacher muss allerdings in einer Operation eingesetzt werden: Dem Patienten werden in einem chirurgischen Eingriff Elektroden in das Gehirn implantiert. Durch elektrische Stimulation dieser Elektroden werden dann die Parkinsonsymptome unterbunden. Die Wirkung ist nachweislich hoch und das Verfahren wird durch neue, verfeinerte Techniken immer weiter verbessert - dem gegenüber steht allerdings die Angst der Betroffenen und ihrer Angehörigen vor dem Eingriff, die zwar nachvollziehbar, aber nicht immer rational zu begründen ist.

Ernährungstherapie

Eine ausgewogene Ernährung ist bei Parkinson besonders wichtig. Nach den heutigen Erkenntnissen ist es nicht möglich, mit einer bestimmten Diät das Fortschreiten des Morbus Parkinson aufzuhalten. Dennoch sollte auf einen abwechslungsreich gestalteten Speiseplan geachtet werden, um eine adäquate Nährstoffversorgung zu gewährleisten.

  • Mediterrane Ernährung: Reichlich Gemüse, Fisch, Öle mit ungesättigten Fettsäuren, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte. Bei dieser Form der Ernährung werden Polyphenole aufgenommen, die eine krankheitslindernde Wirkung haben können.
  • Ballaststoffreiche Ernährung: Vollkornprodukte, Gemüse und Obst können helfen, Verstopfungen zu lösen. Zusätzlich sollte eine Flüssigkeitsaufnahme von mindestens 2 Liter Wasser pro Tag erfolgen.
  • Fett: Eine spezielle Gruppe der Fette, die mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sind essenziell, d.h. lebensnotwendige Nährstoffe.
  • Kohlenhydrate: Mehrfachzucker wie Vollkornprodukte können eine langfristige Energieversorgung gewährleisten.
  • Proteine: Zu jeder Hauptmahlzeit sollte auch eine kleine Portion Proteine, also Eiweiß, möglichst in Form von Fisch oder Milchprodukten gereicht werden. Doch Vorsicht: Patienten mit Parkinson sollten bei Milchprodukten genau auswählen. Wichtig bei der Einnahme von Nahrungseiweiß ist, dass Patienten die Wechselwirkung von Proteinen und Parkinsonmedikamenten wie L-Dopa beachten. Wer das Standardmedikament gegen Morbus Parkinson, L-Dopa, einnimmt, darf das nicht zusammen mit eiweißhaltigen Speisen tun, denn dann wirkt das Medikament schlechter.
  • Flüssigkeit: Täglich gehen circa zwei Liter Wasser verloren.

Weitere Maßnahmen

  • Ergotherapie und Physiotherapie: Regelmäßige Ergotherapie und Physiotherapie zur Verbesserung der Bewegungsabläufe und somit indirekt auch zur Nahrungsaufnahme.
  • Logopädie: In den Therapiesitzungen werden die beteiligten Muskelgruppen gekräftigt und Bewegungsabläufe eingeübt. Mit Hilfe von entsprechenden Schluck- und Haltungsübungen (wie zum Beispiel „Kinn zur Brust“) kann der Ablauf des Schluckens verbessert werden.
  • Anpassung der Nahrungskonsistenz: Das Eindicken von Suppe und warmen/kalten Getränken kann eine wichtige Hilfestellung bei Problemen mit der Flüssigkeitsaufnahme darstellen.
  • Hilfsmittel: Strohhalm, Schnabelbecher, Tellerranderhöhung sind bei starkem Tremor erforderlich. Suppen können auch aus einer Schnabeltasse getrunken werden. Oft können Getränke besser mittels Strohhalmes aufgenommen werden.
  • Mundpflege: Von besonderer Bedeutung ist die regelmäßige Mundpflege bei Betroffenen wegen den fallweise vermehrt zurückbleibenden Nahrungsresten in der Mundhöhle.

Eine Parkinson-Erkrankung kann weitere Erkrankungen Depressionen, Angststörungen und Demenz nach sich ziehen. Auf Parkinson spezialisierte Neurologinnen und Neurologen erkennen eine Depression oder Angststörungen frühzeitig und können eine Behandlung beginnen. Die besteht in der Regel aus einer medikamentösen Therapie mit Antidepressiva und einer Psychotherapie, für die Betroffene zu einem Psychotherapeuten oder Psychologen überweisen werden.

Auswirkungen von Darmproblemen auf die Lebensqualität

Die psychisch-emotionalen Folgen von Parkinson führen in Verbindung mit Darmfunktionsstörungen zu einer massiven Beeinträchtigung des Selbstvertrauens und der Lebensqualität. Die täglichen Mahlzeiten sind neben der Nahrungsaufnahme Zeiten des Gesprächs, des Beisammenseins. Dieser für das soziale Leben sehr wichtige Ablauf wird empfindlich gestört - insbesondere das Essen in Restaurants wird bald als schwierig und unangenehm empfunden. So trägt die Schluckstörung unter Umständen wesentlich zum sozialen Rückzug bei.

Forschung

In einer seit 2016 von der Hilde-Ulrichs-Stiftung geförderten Studie untersuchen wir deshalb die Funktion von Nervenzellen im Magen-Darm-Trakt von Parkinson-Patienten. Insgesamt 15 Parkinson-Patienten und 15 gesunde, nicht an Parkinson-Erkrankte haben dazu eine Darmspiegelung erhalten. Derartige Gewebeentnahmen erfolgen in der Regel völlig komplikationslos im Rahmen einer Routine-Darmspiegelung, wie sie z. B. zur Darmkrebsvorsorge durchgeführt wird. Unsere Arbeitsgruppe wendet dazu neuartige Methoden an, wie z. B. die Messung von Kalzium-Strömen in einzelnen Nervenzellen. Zudem können aus den Biopsien RNA oder Protein isoliert und weiter untersucht werden. Wir erwarten, dass sich aus unseren Experimenten ein besseres Verständnis der Nervenzellfuntion bei M. Parkinson ergibt. Somit wollen wir zur Entwicklung neuartiger und zielgerichteter Therapieformen der Magen-Darm-Symptome beitragen.

Eine Studie prüft derzeit, ob sich das Darmmikrobiom durch sogenanntes Intervallfasten normalisieren lässt. Eine Woche essen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur Gemüsebrühe, danach machen sie ein Jahr lang große Pausen zwischen den Mahlzeiten. Viele Teilnehmer berichten über vorübergehend nachlassende Symptome und eine bessere Lebensqualität.

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