Hirnhautentzündung und COVID-19-Impfung: Ein Überblick über Zusammenhänge und mögliche Nebenwirkungen

Die COVID-19-Pandemie hat die Welt vor beispiellose Herausforderungen gestellt und zu einer raschen Entwicklung und Einführung von Impfstoffen geführt. Seit Ende 2020 wurden weltweit über zwölf Milliarden Impfdosen verabreicht, um das Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen. Diese Impfstoffe, insbesondere die mRNA-Vakzine, wurden in einem ungewöhnlich beschleunigten Verfahren entwickelt, was Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Sicherheit aufwarf. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Pharmaindustrie bereits Erfahrungen bei der Impfstoffentwicklung gegen Coronaviren wie SARS-CoV-1 und MERS-CoV gesammelt hatte.

Impfstoffe gegen COVID-19: Nutzen und Risiken

Heute stehen verschiedene Corona-Impfstoffe zur Verfügung, die eine hohe Wirksamkeit gegen schwere Krankheitsverläufe und einen kurzfristigen Schutz vor Infektionen bieten. Wie bei allen Impfstoffen sind jedoch auch bei den COVID-19-Vakzinen Nebenwirkungen möglich. Akute Impfreaktionen wie Rötungen, Fieber oder Schwellungen wurden bereits in den Zulassungsstudien der Hersteller beschrieben und sind in den meisten Fällen nicht schwerwiegend und von kurzer Dauer. Mit zunehmender Anzahl verabreichter Impfungen wurden jedoch auch sehr seltene gesundheitliche Ereignisse nach den Impfungen beobachtet, die aufgrund der Stichprobengrößen in den Zulassungsstudien statistisch nicht auffielen.

Einige dieser seltenen Impfereignisse können heute höchstwahrscheinlich mit den Impfungen in Verbindung gebracht werden, wie beispielsweise die Myokarditis bei jungen Männern nach einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff oder bestimmte Thrombosen bei Vaxzevria von Astrazeneca. Solche Nebenwirkungen führten zu aktualisierten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Für viele andere Impfereignisse fehlt jedoch die Evidenz für einen kausalen Zusammenhang.

Erhebung und Bewertung möglicher Impfnebenwirkungen

Für das Vertrauen in Impfungen ist es von zentraler Bedeutung, mögliche Impfreaktionen und -nebenwirkungen detailliert zu erheben und durch vertiefte Forschungen zu prüfen, inwieweit auftretende Beschwerden tatsächlich kausal auf die Impfung zurückzuführen sind. Dies gilt insbesondere für seltene mögliche Langzeiterkrankungen wie das chronische Müdigkeitssyndrom, das mittlerweile nicht nur als Symptomatik bei Long Covid/Post Covid nach Infektion auftritt, sondern in sehr seltenen Fällen auch von Menschen nach der Impfung beschrieben wird.

Mögliche Impfnebenwirkungen werden durch Zulassungsstudien und Meldungen an Gesundheitsbehörden erhoben. In den Zulassungsstudien werden die Studienteilnehmer nach lokalen oder systemischen "unerwünschten Ereignissen" befragt. Zusätzlich können alle Teilnehmenden selbstständig solche Ereignisse melden. Bei einem zeitlichen Zusammenhang von Nebenwirkungen und Impfung besteht zunächst nur ein Verdacht, dass die Impfung der Auslöser sein könnte. Ärzte sind verpflichtet, Verdachtsfälle an die zugehörige Arzneimittelkommission und an das Gesundheitsamt zu melden. Auch Bürger haben das Recht, einen Verdacht auf Nebenwirkungen bei den Behörden zu melden.

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Es ist wichtig zu beachten, dass die an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldeten Nebenwirkungen nicht automatisch in einem kausalen Zusammenhang zur Impfung stehen, sondern zunächst nur in einem zeitlichen. Für eine Bewertung der Häufigkeiten von Nebenwirkungen ist ein Vergleich mit den Basisrisiken der Erkrankungen in der Bevölkerung notwendig.

Mögliche Mechanismen für Impfnebenwirkungen

Ein möglicher Mechanismus für Impfnebenwirkungen sind Autoimmun-Syndrome, die vermutlich durch molekulare Mimikry verursacht werden. Dabei können die mit dem Impfstoff verabreichten Antigene strukturelle Ähnlichkeiten zu spezifischen menschlichen Proteinen aufweisen. Dadurch könnte es zu Kreuzreaktionen kommen, bei denen sich die ausgebildete Immunantwort gegen SARS-CoV-2 fälschlicherweise gegen körpereigene Proteine richtet. Das Resultat sind Autoimmunerkrankungen wie Thrombozytopenie, autoimmune Lebererkrankungen und das Guillain-Barré-Syndrom. Ein kausaler Zusammenhang für diese Hypothese konnte bisher jedoch nicht erbracht werden.

Eine Analyse aller in England und Schottland geimpfter Personen bestätigte, dass es nach der Gabe von AZD1222 von Astrazeneca in seltenen Fällen zu einem Guillain-Barré-Syndrom oder einer Fazialisparese kommen kann. Für die Vakzine BNT162b2 von Biontech/Pfizer wurde ein Anstieg von hämorrhagischen Schlaganfällen gefunden. Alle drei Komplikationen traten laut der Studie in Nature Medicine (2021; DOI: 10.1038/s41591-021-01556-7) nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 deutlich häufiger auf.

Das Spike-Protein und seine Auswirkungen

Eine Studie hat gezeigt, dass das SARS-CoV-2-Spike-Protein in den schützenden Schichten des Gehirns, den Hirnhäuten, und im Knochenmark des Schädels bis zu vier Jahre nach der Infektion verbleiben kann. Das Team stellte zudem fest, dass mRNA-COVID-19-Impfstoffe die Anreicherung des Spike-Proteins im Gehirn deutlich reduzieren. Die Reduktion betrug jedoch nur etwa 50 %, sodass ein Rest des Spike-Proteins weiterhin ein toxisches Risiko für das Gehirn darstellt.

Post-Vac-Syndrom: Biomarker für schwere Impfschäden

Forscherteams haben Biomarker für schwere Impfschäden nach Coronaimpfung gefunden. Antikörper geben Hinweise darauf, wie das Immunsystem sich nach dem Pieks gegen den eigenen Körper richten kann. Ärzte fordern, Patientïnnen mit Beschwerden nach der Impfung früher und gründlicher zu untersuchen.

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Ein Neurologe der Berliner Charité, Harald Prüß, hat festgestellt, dass nach der Corona-Impfung durchaus vereinzelte Patienten Beschwerden entwickeln, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen sind. Er schränkt jedoch ein, dass die allermeisten Beschwerden, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung auftreten, wahrscheinlich mit der Impfung überhaupt nichts zu tun haben.

In einem Fall konnte Prüß bei einem Patienten mit Gehirnentzündung Antikörper im Nervenwasser finden, die an Strukturen des Mausgehirns koppelten. Dies deutet darauf hin, dass die Antikörper auch beim Menschen körpereigene Strukturen angreifen könnten.

Forschergruppen arbeiten mit Hochdruck daran, Biomarker zu finden, die den Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer anschließenden Erkrankung belegen - unabhängig von statistischen Anomalien und Hintergrundinzidenzen auf Bevölkerungsebene.

Seltene Nebenwirkungen und ihre Aufklärung

Im Jahr 2021 kam der Verdacht auf, der Vektor-Impfstoff Vaxzevria des britischen Herstellers Astrazeneca könnte Sinusvenenthrombosen verursachen. Forscherteams wussten, wonach sie suchen mussten, da ein ähnliches Krankheitsbild als Folge anderer Ursachen schon bekannt war. Schon nach wenigen Tagen war klar, dass die Betroffenen bei so einer vakzineinduzierten immunogenen Thrombozytopenie (VITT) Antikörper gegen ein Protein auf der Oberfläche ihrer eigenen Blutplättchen bilden.

Auch bei der Myokarditis, von der vorwiegend Männer unter 30 Jahren betroffen sind, die sich ein zweites Mal mit dem mRNA-Impfstoff Spikevax von Moderna haben impfen lassen, hat die Spurensuche Fortschritte gemacht. Ein europäisches Medizinerteam schrieb im Oktober 2022 im Fachmagazin The New England Journal of Medicine, dass das Immunsystem dieser von einer Myokarditis betroffenen Patienten ganz spezifische Antikörper gegen Proteine bildet, die Entzündungen hemmen.

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Ein Forscherteam aus Chicago hat gezeigt, dass der Körper einiger Covid-19-Patienten Antikörper herstellt, die sowohl gegen das Virus als auch gegen Angiotensin 2 binden. Dieses körpereigene Enzym spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutdrucks. In Mäusen zeigte das Wissenschaftlerteam, dass auch eine Corona-Impfung solche Antikörper hervorrufen kann.

Das kleinere Risiko: Impfung vs. Infektion

Zwei Jahre nach Beginn der Impfkampagne und nach Milliarden verabreichter Impfdosen weltweit zeigt sich, dass die allermeisten schweren Impfnebenwirkungen extrem selten sind und sich gut behandeln lassen. Menschen, die Angst vor Nebenwirkungen einer Corona-Impfung haben, können also beruhigt sein.

Eine Studie hat gezeigt, dass das Myokarditis-Risiko nach einer Infektion fünf- bis zehnmal so hoch ist wie nach einer Impfung. Wer mehrere Infektionen mit dem neuen Coronavirus durchmache, bei dem addiere sich dieses Risiko mit jeder Erkrankung.

Covid-19 ist also deutlich gefährlicher als jede Corona-Impfung. Die Impfung konfrontiert das menschliche Immunsystem lediglich mit einem einzigen Baustein des Virus, meist dem Spike-Protein. Das Immunsystem von Covid-19-Patienten hingegen muss sich mit dem kompletten Virus auseinandersetzen, was viel mehr Gelegenheiten für Mimikry und Kreuzreaktivität bietet.

Neurologische Komplikationen und Impfungen

Eine Auswertung der Gesundheitsdaten von über 32 Mio. Engländern liefert wichtige Informationen zur Häufigkeit von neurologischen Komplikationen im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion bzw. mit Impfungen gegen diesen Erreger.

Die SARS-CoV-2-Infektion war definiert über ein positives Testresultat. Die Impfung gegen SARS-CoV-2 erfolgte in dem analysierten Zeitraum entweder mit ChAdOx1 nCoV-19 von Astra Zeneca oder mit BNT162b2 von BioNTech.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass innerhalb eines Monats nach einem positiven SARS-CoV-2-Test ein signifikanter Anstieg bei allen untersuchten neurologischen Erkrankungen gefunden wurde, um den Faktor 1,2-5,2. Das größte Risiko besteht für GBS, Myasthenie und Enzephalitis/Meningitis/Myelitis.

Die Autoren schätzen, dass nach einer Impfung mit ChAdOx1 nCoV-19 mit 38 zusätzlichen GBS-Erkrankungen pro 10 Mio. Exponierten zu rechnen ist. Da auch ein weiterer Vektorimpfstoff dieses Risiko aufweist und nach Impfung mit mRNA-Vakzinen nicht vermehrt GBS beobachtet wurde, liegt ein kausaler Zusammenhang mit der verwendeten Impftechnologie nahe. Da aber auch bei einer natürlichen SARS-CoV-2-Infektion mit deutlich mehr zusätzlichen GBS-Fällen zu rechnen ist (145 pro 10 Mio.

Eine Impfung mit BNT162b2 führt nach Berechnungen der Autoren zu 60 zusätzlichen hämorrhagischen Schlaganfällen pro 10 Mio. Exponierte. Betroffen sind v.a. Personen > 60 Jahre und etwas häufiger Frauen. Der Pathomechanismus ist noch unklar. Die natürliche SARS-CoV2-Infektion führt nicht zu einer signifikanten Zunahme von hämorrhagischen Schlaganfällen.

Post-Vac-Syndrom und Long COVID nach Impfung

In wenigen Fällen können Long COVID oder ein Multisystemisches Entzündungssyndrom auch nach einer COVID-19-Impfung auftreten. Fallberichte deuten zurzeit auf ein deutlich geringeres Risiko als nach einer Infektion hin. Die Datengrundlage ist jedoch äußerst dünn.

Deutschlandweit gibt es bisher zwei Anlaufstellen für Erwachsene mit Verdacht auf Post-Vac: Eine Spezialambulanz für Post-Vac-Fälle am Universitätsklinikum Marburg sowie die neurologische Post-COVID-19-Sprechstunde an der Klinik für Neurologie, Charité Universitätsmedizin Berlin.

Über die Ursachen des Post-Vac-Syndroms kann derzeit nur spekuliert werden. Möglicherweise sei eine Reaktivierung einer Epstein-Barr-Virus-(EBV-)Infektion in der Entstehung von Long COVID und Post-Vac beteiligt. Eine Rolle bei der Entstehung des Syndroms könnten auch Autoantikörper spielen.

Das Risiko für ein neurologisches Post-Vac-Syndrom wird noch niedriger geschätzt. Nach einer Infektion würde Long COVID demnach deutlich häufiger auftreten als nach einer Impfung.

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