Es ist ein weit verbreitetes Gefühl: An heißen Tagen scheint unser Gehirn langsamer zu arbeiten. Neurowissenschaftler bestätigen, dass dies tatsächlich der Fall ist. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Auswirkungen von Hitze auf unser Gehirn, von kurzfristigen Beeinträchtigungen der Konzentration bis hin zu langfristigen Veränderungen der Hirnstruktur.
Warum Hitze unser Gehirn beeinträchtigt
Neurowissenschaftler Henning Beck erklärt, dass unser Gehirn bei hohen Temperaturen stark beansprucht wird. Es muss Körperfunktionen wie Schweißproduktion und Blutdruckregulierung steuern. Der damit verbundene Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen verschärft die Situation zusätzlich.
Schlafqualität und Gehirnfunktion
Ein erholsamer Schlaf ist entscheidend für die Regeneration des Gehirns. Wenn es jedoch im Schlafzimmer zu warm ist, kann der Schlaf beeinträchtigt werden. Beck empfiehlt, das Schlafzimmer während Hitzeperioden kühl zu halten, um die Schlafqualität zu verbessern.
Flüssigkeitshaushalt und Gehirnleistung
Um das Gehirn an warmen Tagen optimal zu versorgen, ist es wichtig, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Lauwarme Getränke werden vom Körper besser aufgenommen als eiskalte oder zu heiße Getränke.
Kognitive Leistung und Temperatur
Studien haben gezeigt, dass hohe Temperaturen die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können. Umweltmediziner der Harvard Chan School verglichen die kognitiven Leistungen von Studenten während einer Hitzewelle. Diejenigen, die in klimatisierten Räumen lebten, zeigten deutlich bessere Ergebnisse bei Rechentests als Studenten ohne Klimaanlage.
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Anpassung des Gehirns an Hitze
Tiere und Menschen können sich bis zu einem gewissen Grad an anhaltende Hitze anpassen. Der Körper stellt sich darauf ein, Wärme abzugeben statt zu erzeugen, und Stoffwechsel sowie Herz-Kreislauf-System passen sich an.
Neuronale Mechanismen der Hitzetoleranz
Forschende der Medizinischen Fakultät Heidelberg haben die Anpassungsmechanismen im Gehirn von Mäusen untersucht, die sich an hohe Temperaturen gewöhnt hatten. Sie fanden heraus, dass eine bestimmte Gruppe wärmesensitiver Nervenzellen im Hypothalamus besonders aktiv war und Signale aussendete. Diese Neuronen scheinen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur bei anhaltender Hitze zu spielen.
Bedeutung für die globale Erwärmung
Professor Dr. Jan Siemens betont die Bedeutung dieser Erkenntnisse im Hinblick auf die globale Erwärmung. Wenn wir Menschen helfen wollen, deren Gesundheit unter steigenden Temperaturen leidet, müssen wir verstehen, wie die Hitze-Akklimatisierung im Körper funktioniert und wie wir sie unterstützen können.
Auswirkungen von Hitze auf psychisch Kranke
Hitzewellen können sich auf Menschen mit psychischen Erkrankungen besonders stark auswirken. Bestimmte Erkrankungen wie Schizophrenie können die Thermoregulation beeinträchtigen. Psychopharmaka können zusätzlich in die Thermoregulation eingreifen und die Fähigkeit des Körpers, sich an Hitze anzupassen, beeinflussen.
Erhöhtes Suizidrisiko und psychische Belastung
Studien haben gezeigt, dass in Hitzewellen vermehrt Suizide auftreten. Menschen in manischen Episoden oder mit Demenz können sich in Hitzewellen überanstrengen und dehydrieren. Hitzewellen können auch Klimaängste und -sorgen auslösen, die die psychische Belastung erhöhen.
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Wie Hitze das Gehirn schädigt
Hitze kann sich auf verschiedene Weise negativ auf das Gehirn auswirken.
Sonnenstich und Hirnhautentzündung
Wenn die Sonne über längere Zeit auf Kopf und Nacken scheint, kann es zu einem Sonnenstich kommen, bei dem sich die Hirnhäute entzünden.
Schlafstörungen und psychische Gesundheit
Hohe Temperaturen können den Schlaf stören und zu Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und Konzentrationsschwierigkeiten führen. Länger andauernde Schlafprobleme können das Risiko für Depressionen erhöhen.
Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit
Studien haben gezeigt, dass Hitze die Konzentrations-, Merk-, Problemlöse- und Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Dies kann auf eine Störung der Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnregionen zurückzuführen sein.
Störung der Blut-Hirn-Schranke
Bei sehr starker Hitze kann die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger werden, sodass Keime oder Schadsubstanzen leichter ins Gehirn gelangen können.
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Langfristige Auswirkungen
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die globale Erwärmung langfristig zu einer geringeren Größe des Gehirns führen könnte.
Schutzmaßnahmen und Prävention
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die man ergreifen kann, um sich vor den negativen Auswirkungen von Hitze zu schützen.
Allgemeine Empfehlungen
- Ausreichend trinken
- Deftige Mahlzeiten vermeiden
- Arbeitsphasen in die kühleren Stunden des Tages legen
- Kühle Orte aufsuchen
- Leichte Kleidung tragen
- Kopfbedeckung tragen
- Fenster und Rollläden tagsüber geschlossen halten und lüften, wenn es kühler wird
Spezielle Empfehlungen für gefährdete Gruppen
- Menschen ab 65 Jahren
- Ältere alleinlebende Menschen mit Mobilitätsproblemen
- Pflegebedürftige Menschen
- Säuglinge und Kleinkinder
- Menschen mit Vorerkrankungen
- Menschen, die im Freien arbeiten
Tipps von Experten
- Tagsüber jede Stunde ein Glas Wasser trinken
- Siesta halten
- Rechtzeitig vor der Hitzewelle mit dem Arzt sprechen
- Sich um gefährdete Personen in der Umgebung kümmern
- Weniger Fleisch und mehr Gemüse essen
- Sich selbst bewegen
Die Klimakrise als Gesundheitsgefahr
Die Klimakrise stellt eine große Gesundheitsgefahr dar. Steigende Temperaturen, Luftverschmutzung und Extremwetter-Ereignisse wirken sich negativ auf unsere Gesundheit aus. Jede Klimaschutzmaßnahme ist auch eine Maßnahme zum Gesundheitsschutz.
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