Tremor, definiert als unwillkürliche, rhythmische, oszillatorische Bewegung eines Körperteils, kann verschiedene Ursachen haben. Ein spezifischer Typ, der Holmes-Tremor, tritt häufig als Folge eines Schlaganfalls auf. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten des Holmes-Tremors nach einem Schlaganfall.
Definition und Klassifikation von Tremorerkrankungen
Tremor wird zunächst deskriptiv in Ruhe- und Aktionstremor unterteilt. Der Aktionstremor lässt sich weiter untergliedern in Halte-, Bewegungs- und Intentionstremor (Zielbewegungstremor). Tremor kann entweder als Symptom einer anderen Erkrankung oder als eigenständiges Krankheitsbild auftreten. Nach einem Konsensuspapier von Deuschl et al. (1998) werden Tremor-Erkrankungen wie folgt klassifiziert:
- Physiologischer Tremor
- Verstärkt physiologischer Tremor
- Essentieller Tremor
- Parkinson-Tremor
- Orthostatischer Tremor
- Aufgaben- oder positionsspezifischer Tremor
- Dystoner Tremor
- Zerebellärer Tremor
- Holmes-Tremor
- Gaumensegeltremor
- Tremor bei Neuropathie
- Medikamenteninduzierter und toxischer Tremor
- Psychogener Tremor
- Unklassifizierbarer Tremor
Holmes-Tremor: Eine spezielle Form des Tremors
Der Holmes-Tremor ist ein symptomatischer Ruhe-, Halte- und Intentionstremor mit hoher Amplitude und geringer Frequenz. Er entsteht durch Schädigungen im Übergang vom Hirnstamm zum Mittelhirn oder im Kleinhirn. Charakteristisch ist, dass der Tremor meist mit einer Latenz von mehreren Monaten zum schädigenden Ereignis auftritt.
Ursachen des Holmes-Tremors nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall kann zu einer Schädigung verschiedener Hirnareale führen, darunter auch der Übergang vom Hirnstamm zum Mittelhirn oder das Kleinhirn. Diese Schädigungen können die Entstehung eines Holmes-Tremors begünstigen. Neben ischämischen Schlaganfällen (durchblutungsbedingten) können auch hämorrhagische Schlaganfälle (Blutungen) oder Raumforderungen (Tumoren) ursächlich sein. Entzündliche Läsionen können ebenfalls einen Holmes-Tremor auslösen. Neuere Forschungen bringen den Schlaganfall auch mit der Entstehung von Morbus Parkinson in Verbindung.
Symptome des Holmes-Tremors
Der Holmes-Tremor zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
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- Ruhetremor: Zittern im Ruhezustand, beispielsweise wenn die Hand entspannt auf dem Schoß liegt.
- Haltetremor: Zittern beim Halten einer Position gegen die Schwerkraft, z.B. beim Ausstrecken der Arme.
- Intentionstremor: Zittern, das sich bei zielgerichteten Bewegungen verstärkt, z.B. beim Versuch, mit dem Finger die Nase zu berühren.
- Hohe Amplitude: Grobschlägiges Zittern mit deutlichen Bewegungen.
- Geringe Frequenz: Langsames Zittern mit einer Frequenz von 2-5 Hz.
- Häufig begleitende Hemidystonie, die zusätzlich zu einer deutlichen Behinderung führt.
Die Kombination dieser Symptome führt oft zu erheblichen Einschränkungen im Alltag, da zielgerichtete Bewegungen kaum mehr möglich sind. Für Menschen mit Holmes-Tremor ist es nahezu unmöglich, ein Glas oder eine Gabel zum Mund zu führen.
Diagnose des Holmes-Tremors
Die Diagnose des Holmes-Tremors basiert auf einer umfassenden neurologischen Untersuchung und Anamnese. Dabei werden folgende Aspekte berücksichtigt:
- Klinische Untersuchung: Beurteilung der Art, Frequenz, Amplitude und Verteilung des Tremors. Prüfung auf Begleitsymptome wie Hemidystonie oder Ataxie.
- Anamnese: Erhebung der Krankheitsgeschichte, einschließlich möglicher Schlaganfälle oder anderer neurologischer Erkrankungen. Frage nach Medikamenteneinnahme und Alkoholmissbrauch.
- Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, um Schädigungen im Hirnstamm, Mittelhirn oder Kleinhirn darzustellen.
- Tremoranalyse: Quantifizierung der Tremorstärke und -frequenz zur Differenzierung von anderen Tremorerkrankungen.
- Laboruntersuchungen: TSH, Calcium, Parathormon zum Ausschluss anderer Ursachen. Im Jugendalter Cu-Spiegel und Coeruloplasminbestimmung zum Ausschluss eines Morbus Wilson
- Differentialdiagnostik Ausschluss anderer Tremorursachen wie essentieller Tremor, Parkinson-Tremor oder zerebellärer Tremor.
Differentialdiagnose
Es ist wichtig, den Holmes-Tremor von anderen Tremorarten abzugrenzen:
- Essentieller Tremor: Häufigste Form des Tremors, meist symmetrisch, betrifft vor allem Hände und Kopf, Besserung durch Alkohol.
- Parkinson-Tremor: Ruhetremor, oft einseitig, begleitet von Rigor und Bradykinese.
- Zerebellärer Tremor: Intentionstremor, oft begleitet von Ataxie.
- Psychogener Tremor: Unregelmäßiger Tremor, oft verbunden mit psychischen Belastungen.
Therapie des Holmes-Tremors
Die Behandlung des Holmes-Tremors ist oft schwierig und zielt in erster Linie auf die Linderung der Symptome ab. Es gibt keine spezifische medikamentöse Therapie, die bei allen Patienten wirksam ist. Folgende Optionen können in Betracht gezogen werden:
Medikamentöse Therapie:
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- L-Dopa und Dopamin-Agonisten: Können bei einigen Patienten eine gewisse Besserung erzielen.
- Anticholinergika: Können den Tremor reduzieren, sind aber aufgrund von Nebenwirkungen wie Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen bei älteren Patienten nur eingeschränkt geeignet.
- Clonazepam: Ein Benzodiazepin, das bei einigen Patienten angstlösend und tremorreduzierend wirkt.
- Clozapin: Ein atypisches Neuroleptikum, das in einigen Fällen den Tremor verbessern kann.
- Topiramat, Clonazepam oder Propranolol (off-label)
Tiefe Hirnstimulation (THS): Bei Therapieresistenz kann eine THS im Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus in Erwägung gezogen werden. Die THS ist ein invasiver Eingriff, bei dem Elektroden in bestimmte Hirnareale implantiert werden, um die Aktivität der Nervenzellen zu modulieren.
Physio- und Ergotherapie: Können helfen, die Koordination und Muskelkraft zu verbessern und den Alltag besser zu bewältigen. Spezielle Übungen können die Feinmotorik verbessern und den Umgang mit Hilfsmitteln erleichtern.
Hilfsmittel: Spezielles Besteck, Stifthalter oder Gewichte können die Lebensqualität verbessern.
Psychologische Unterstützung: Kann helfen, mit den emotionalen Belastungen der Erkrankung umzugehen.
Tremor-Forschung
Die Tremor-Forschung an der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg befasst sich mit den Netzwerken im Gehirn, die den Tremor verursachen. Das unwillkürliche, rhythmische, oszillatorische Zittern eines oder mehrerer Körperteile, das man Tremor nennt, entsteht im Gehirn und bedingt eine resultierende, meist pathologisch erhöhte Muskelaktivität. Es kann entweder isoliert (einziges Symptom) oder als Symptom einer Krankheit auftreten (zum Beispiel bei Morbus Parkinson oder essentiellem Tremor).
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Alltagstipps für Betroffene
Ergänzend zur medizinischen Behandlung können folgende Alltagstipps helfen, die Symptome des Holmes-Tremors zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern:
- Stress vermeiden: Stress kann den Tremor verstärken. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
- Koffein und Alkohol meiden: Diese Substanzen können den Tremor verstärken.
- Regelmäßige Mahlzeiten: Unterzuckerung kann den Tremor verstärken.
- Ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes: Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes kann helfen, die Belastung der Muskeln zu reduzieren.
- Unterstützung suchen: Selbsthilfegruppen oder Gespräche mit anderen Betroffenen können helfen, mit der Erkrankung umzugehen.
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