Ein Tremor, umgangssprachlich als Muskelzittern bekannt, ist eine unwillkürliche, rhythmische und oszillatorische Bewegung eines Körperteils. Er kann viele Ursachen haben, von harmlosen Auslösern wie Kälte oder Stress bis hin zu Anzeichen für eine ernste Erkrankung. In diesem Artikel werden die verschiedenen Ursachen, Diagnosemethoden und Behandlungsoptionen von Tremor umfassend erläutert.
Was ist ein Tremor?
Ein Tremor ist eine Bewegungsstörung, die sich durch unwillkürliches und rhythmisches Zittern eines Körperteils äußert. Am häufigsten treten Tremore an Händen oder Armen auf, aber auch der Rumpf, Kopf, Beine oder die Stimme können betroffen sein. Zittern ist eine natürliche Reaktion des Körpers, die durch unwillkürliche Muskelkontraktionen entsteht.
Physiologischer Tremor
Jeder Mensch hat einen leichten, kaum wahrnehmbaren Tremor, der als physiologischer Tremor bezeichnet wird. Dieser ist meist nicht störend und wird oft gar nicht bemerkt. Er kann sich bei Aufregung, Stress, Kälte, Erschöpfung oder nach dem Konsum von Koffein verstärken.
Pathologischer Tremor
Ein pathologischer Tremor ist deutlicher ausgeprägt und kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Er kann ein Symptom einer neurologischen Erkrankung oder eine eigenständige Erkrankung sein.
Arten von Tremor
Mediziner unterscheiden verschiedene Arten von Tremor, basierend auf dem Zeitpunkt des Auftretens und der Art der Bewegung:
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- Ruhetremor: Tritt auf, wenn der Körperteil entspannt ist und nicht aktiv bewegt wird, zum Beispiel, wenn die Hand auf einem Tisch liegt. Er kann sich bei Bewegung sogar verringern. Ein Ruhetremor ist typisch für die Parkinson-Krankheit.
- Aktionstremor: Tritt während einer willkürlichen Bewegung auf. Dieser wird weiter unterteilt in:
- Haltetremor: Tritt auf, wenn ein Körperteil gegen die Schwerkraft gehalten wird, zum Beispiel beim Halten eines Glases.
- Bewegungstremor: Tritt bei zielgerichteten Bewegungen auf, wie beim Schreiben oder Essen.
- Intentionstremor: Verstärkt sich, wenn sich der Körperteil einem Ziel nähert, beispielsweise beim Versuch, mit dem Finger die Nase zu berühren.
- Aufgaben- oder positionsspezifischer Tremor: Tritt nur bei bestimmten Tätigkeiten oder in bestimmten Positionen auf.
Weitere spezifische Tremorarten umfassen:
- Essentieller Tremor: Der häufigste pathologische Tremor, der meist Hände und Arme betrifft, aber auch Kopf, Stimme oder Beine involvieren kann. Er tritt vor allem bei Halte- und Bewegungsaktionen auf.
- Dystoner Tremor: Unregelmäßiger Tremor, der durch Muskelanspannung bei Dystonie verursacht wird.
- Orthostatischer Tremor: Hochfrequenter Tremor in den Beinen, der beim Stehen auftritt und zu Standunsicherheit führt.
- Zerebellärer Tremor: Grobschlägiger Tremor, oft in Verbindung mit zerebellärer Ataxie.
- Holmes Tremor: Seltener Tremor mit langsamer Frequenz und großer Amplitude, oft nach Schädigung im Hirnstamm.
- Gaumensegeltremor (palataler Tremor): Tremor des Gaumensegels, der Klickgeräusche im Ohr verursachen kann.
- Tremor bei Neuropathie (neuropathischer Tremor): Tremor in Verbindung mit einer Neuropathie.
- Psychogener Tremor: Tremor, der psychischen Ursprungs ist.
Ursachen von Tremor
Die Ursachen für Tremor sind vielfältig und reichen von harmlosen Auslösern bis hin zu schweren Erkrankungen.
Verstärkt physiologischer Tremor
- Stress
- Angst
- Kälte
- Erschöpfung
- Überfunktion der Schilddrüse
- Unterzuckerung
- Stoffwechselstörungen
- Koffein
- Alkoholentzug
Pathologischer Tremor
- Neurologische Erkrankungen:
- Parkinson-Krankheit
- Multiples Sklerose
- Dystonie
- Schlaganfall
- Hirntumore
- Neuropathien
- Stoffwechselerkrankungen:
- Schilddrüsenüberfunktion
- Nierenversagen
- Leberversagen
- Andere Ursachen:
- Medikamente (z.B. bestimmte Antidepressiva, Neuroleptika)
- Vergiftungen (z.B. durch Schwermetalle)
- Alkoholmissbrauch
- Entzugserscheinungen (Drogen, Alkohol)
- Traumatische Erlebnisse
- Psychische Belastungen
- Essentieller Tremor (Ursache unbekannt, genetische Faktoren spielen eine Rolle)
Essentieller Tremor
Der essentielle Tremor ist die häufigste Form des Tremors. Bei etwa 60 Prozent der Betroffenen gibt es Hinweise auf eine Vererbung der Erkrankung. Risikofaktoren sind:
- Verändertes Gen: Die vererbte Variante ist als familiärer Tremor bekannt. Um sie weiterzugeben, muss nur ein Elternteil ein verändertes Gen haben.
- Alter: Der essentielle Tremor tritt häufiger bei Menschen ab 40 Jahren auf, kann aber auch in der Kindheit erstmals auftreten.
Es wird angenommen, dass eine Störung der Kommunikation zwischen Hirnarealen, wie Thalamus, Kleinhirn und Hirnstamm, eine Rolle spielt.
Diagnose von Tremor
Um die Ursache eines Tremors zu ermitteln, sind verschiedene Untersuchungen notwendig.
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Anamnese
Der Arzt wird zunächst die Krankheitsgeschichte des Patienten erheben. Dabei werden Fragen gestellt wie:
- Seit wann besteht der Tremor?
- Welche Körperteile sind betroffen?
- Tritt der Tremor in Ruhe oder bei Bewegung auf?
- Wie ist die Frequenz und Amplitude des Zitterns?
- Gibt es Grunderkrankungen (z.B. Diabetes, Lebererkrankungen)?
- Werden Medikamente eingenommen?
- Gibt es traumatische Erlebnisse oder psychische Belastungen?
- Kommt Tremor in der Familie vor?
- Wie beeinflusst Alkohol den Tremor?
Körperliche und neurologische Untersuchung
Der Arzt wird eine körperliche Untersuchung durchführen, um Hinweise auf Grunderkrankungen zu finden. Besonders geachtet wird auf Symptome, die auf hormonelle Störungen (Schilddrüse, Nebennieren) hindeuten.
Bei der neurologischen Untersuchung werden Augenbewegungen, Reflexe, Sensibilität und Koordination geprüft. Der Patient wird gebeten, bestimmte Bewegungen auszuführen, um die Art des Tremors zu beurteilen (Ruhe-, Halte-, Bewegungstremor). Auch eine Schreibprobe kann Aufschlüsse geben.
Laboruntersuchungen
Blutuntersuchungen können Hinweise auf Stoffwechselstörungen, Infektionen, Vergiftungen, Leber-, Nieren- oder Schilddrüsenfunktionsstörungen liefern. Eine Urinanalyse kann ebenfalls auf Vergiftungen hinweisen. In bestimmten Fällen kann eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) erforderlich sein.
Elektromyographie (EMG)
Bei der Elektromyographie wird die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen. Dies kann helfen, den Tremor zu dokumentieren und von anderen Bewegungsstörungen zu unterscheiden.
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Bildgebende Verfahren
- Magnetresonanztomographie (MRT): Kann Schädigungen des Gehirns (z.B. Schlaganfall, Tumor) sichtbar machen.
- Computertomographie (CT): Hilft ebenfalls, Krankheitsursachen im Gehirn nachzuweisen.
- Nuklearmedizinische Untersuchungen (SPECT, Szintigraphie): Können Informationen über die Funktion bestimmter Hirnareale liefern, z.B. bei Verdacht auf Parkinson-Krankheit.
Tremoranalyse
Die Tremoranalyse dient zur Quantifizierung der Tremorstärke und -frequenz sowie zur Differenzierung verschiedener Tremorerkrankungen. Sie kann helfen, zwischen zentralen und peripheren Tremoren zu unterscheiden.
L-Dopa-Test
Bei Verdacht auf Parkinson-Krankheit kann ein L-Dopa-Test durchgeführt werden. Dabei wird dem Patienten eine Dosis des Medikaments L-Dopa verabreicht. Bessert sich der Tremor daraufhin, ist eine Parkinson-Erkrankung wahrscheinlich.
Behandlung von Tremor
Die Behandlung von Tremor richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache und dem Schweregrad der Symptome.
Behandlung der Grunderkrankung
Wenn der Tremor durch eine behandelbare Grunderkrankung verursacht wird (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, Medikamentennebenwirkung), steht die Behandlung dieser Erkrankung im Vordergrund. In vielen Fällen verschwindet der Tremor dann von selbst.
Medikamentöse Therapie
Es gibt verschiedene Medikamente, die zur Linderung von Tremorsymptomen eingesetzt werden können:
- Betablocker (z.B. Propranolol): Werden häufig bei essentiellem Tremor eingesetzt, um das Zittern zu reduzieren.
- Antiepileptika (z.B. Primidon, Gabapentin, Topiramat): Können ebenfalls bei essentiellem Tremor und anderen Tremorarten wirksam sein.
- Benzodiazepine (z.B. Clonazepam): Können bei Tremor aufgrund von Angstzuständen oder Dystonie helfen.
- Anticholinergika (z.B. Biperiden): Werden manchmal bei Parkinson-Tremor eingesetzt.
- Botulinumtoxin A (Botox): Kann bei Dystonien und Tremor in bestimmten Körperregionen (z.B. Kopf, Stimme) eingesetzt werden.
- Levodopa: Wird bei Parkinson-Tremor eingesetzt, um den Dopaminmangel auszugleichen.
- Clozapin: Kann bei Parkinson-Tremor eingesetzt werden.
Die Auswahl des geeigneten Medikaments hängt von der Art des Tremors, der zugrundeliegenden Ursache und den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab.
Tiefe Hirnstimulation (THS)
Die tiefe Hirnstimulation ist ein neurochirurgisches Verfahren, das bei schweren Tremorformen eingesetzt werden kann, wenn Medikamente nicht ausreichend wirken. Dabei werden Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns (z.B. Thalamus, Nucleus subthalamicus, Globus pallidus internus) implantiert, die elektrische Impulse abgeben und so die Hirnaktivität modulieren.
Die THS kann die Tremorsymptome deutlich reduzieren und die Lebensqualität der Patienten verbessern. Allerdings ist sie nicht für jeden Patienten geeignet und birgt Risiken.
Fokussierter Ultraschall
Eine weitere operative Möglichkeit ist der fokussierte Ultraschall. Dabei werden Ultraschallwellen gezielt auf bestimmte Hirnbereiche gerichtet, um dort eine kleine Läsion zu erzeugen, die den Tremor reduziert.
Physiotherapie und Ergotherapie
Physiotherapie und Ergotherapie können helfen, die Muskelkraft und Koordination zu verbessern und den Umgang mit dem Tremor im Alltag zu erlernen. Ergotherapeuten können auch Hilfsmittel empfehlen, die das Essen, Trinken, Schreiben und andere Aktivitäten erleichtern.
Weitere Therapieansätze
- Psychologische Behandlung: Bei Tremor aufgrund von Stress, Angstzuständen oder traumatischen Erlebnissen kann eine psychologische Behandlung hilfreich sein.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen und den Tremor zu reduzieren.
- Homöopathie und Akupunktur: Einige Patienten berichten von positiven Erfahrungen mit homöopathischen Mitteln oder Akupunktur. Die Wirksamkeit dieser Methoden ist jedoch wissenschaftlich nicht ausreichend belegt.
Hilfsmittel im Alltag
Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die den Alltag für Menschen mit Tremor erleichtern können, darunter:
- Beschwerte Besteckteile: Erleichtern das Essen.
- Spezielle Stifte: Liegen besser in der Hand und erleichtern das Schreiben.
- Adaptive Geräte: Für Computer und andere Geräte.
- Gewichtsstützen: Um das Zittern zu reduzieren.
Was kann man selbst tun?
- Vermeiden von Auslösern: Identifizieren und vermeiden Sie Faktoren, die den Tremor verstärken (z.B. Koffein, Stress).
- Gesunder Lebensstil: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung.
- Alkohol nur in Maßen: Alkohol kann den Tremor kurzfristig lindern, verschlimmert ihn aber langfristig.
- Unterstützung suchen: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Therapeuten oder einer Selbsthilfegruppe über Ihre Probleme.
Tremor bei besonderen Personengruppen
Tremor bei älteren Menschen
Tremor ist keine normale Alterserscheinung, aber bestimmte Tremor-assoziierte Krankheiten treten im Alter häufiger auf. Es ist wichtig, die Ursache des Tremors auch im höheren Alter abzuklären und gegebenenfalls zu behandeln, um die Lebensqualität zu verbessern.
Tremor bei Kindern
Tremor tritt bei Kindern seltener auf als bei Erwachsenen. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Bei der Behandlung von Kindern ist eine medikamentöse Therapie zurückhaltender, um mögliche Entwicklungsschäden zu vermeiden.
Tremor in der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft können sich bestehende Erkrankungen verschlimmern und Tremor auslösen. Auch Schwangerschaftserkrankungen wie Anämie oder Harnwegsinfekte können einen Tremor begünstigen. Die Behandlung sollte in enger Absprache mit dem Arzt erfolgen, um das ungeborene Kind nicht zu gefährden.
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