Leben in einer Alzheimer-WG: Erfahrungen, Herausforderungen und Perspektiven

Demenz ist eine Erkrankung, die nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihre Familien und Freunde vor große Herausforderungen stellt. Angesichts der steigenden Zahl von Demenzerkrankungen in Deutschland rücken alternative Wohnformen wie Demenz-Wohngemeinschaften (WGs) immer stärker in den Fokus. Dieser Artikel beleuchtet das Leben in einer solchen WG, die Erfahrungen von Bewohnern, Angehörigen und Pflegekräften, sowie die besonderen Aspekte dieser Wohnform.

Einblick in den Alltag einer Demenz-WG

Eine Reportage des Westdeutschen Rundfunks (WDR) ermöglicht einen Einblick in das Leben in einer Alzheimer-WG. Die Journalistin Donya Farahani lebte für eine gewisse Zeit in einer solchen WG in Mülheim an der Ruhr und teilte sich ein Zimmer mit der 88-jährigen Hermine Kirschner, die an Demenz erkrankt ist. Ihre Erfahrungen prägten sie nachhaltig und veränderten ihre Einstellung zum Thema Demenz und Älterwerden.

Farahani stellte fest, dass das Leben in der WG trotz der Erkrankung lebenswert sein kann. Sie hatte nicht den Eindruck, dass die Bewohnerinnen unglücklich sind. Die WG bot eine Gemeinschaft und Betreuung, die es den Bewohnern ermöglichte, ihren Alltag so normal wie möglich zu gestalten.

Herausforderungen und Besonderheiten

Die Dreharbeiten in der Demenz-WG waren für Farahani mit einigen Herausforderungen verbunden. Eine der größten war es, eine WG zu finden, die bereit war, Dreharbeiten zuzulassen. Zudem war es wichtig, das Vertrauen der Bewohner und ihrer Vormünder zu gewinnen.

Während des Drehs teilte sich Farahani ein Zimmer mit einer Bewohnerin und musste sich auf die Situation einlassen. Sie achtete darauf, nichts Falsches zu sagen oder zu tun, um das Wohlbefinden der Bewohner nicht zu gefährden.

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Trotz der Herausforderungen wurde Farahani herzlich in die WG aufgenommen und fühlte sich bald als Teil der Gemeinschaft. Sie saß mit den Bewohnern am Tisch, schaute fern und führte Gespräche.

Persönliche Erfahrungen und bewegende Momente

Farahani erlebte während ihrer Zeit in der WG viele besondere Momente. Sie erinnert sich an humorvolle Situationen, wie die Diskussion über die Sonnenbrille einer Bewohnerin, aber auch an traurige Momente, wie die Erzählung von Hermine Kirschner über ihren Umzug in die WG.

Besonders berührt hat Farahani das Schicksal ihrer Zimmergenossin Frau Kirschner, die noch am Anfang ihrer Demenz stand und merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie versuchte, sich Notizen zu machen, um sich besser zu erinnern, und hatte Angst, von ihren Verwandten betrogen zu werden.

Auch der Zustand einer Bewohnerin namens Lilly, die an fortgeschrittener Demenz litt und nicht mehr eigenständig essen oder kommunizieren konnte, berührte Farahani sehr.

Die Bedeutung von Akzeptanz und Wertschätzung

Farahani erkannte, dass Menschen mit Demenz nicht weniger wert sind, auch wenn sie nicht mehr die gleiche Leistung erbringen können wie früher. Sie lernte, dass es im Alter in Ordnung ist, nicht mehr alles zu können.

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In der WG erlebte sie, wie wichtig es ist, den Bewohnern mit Wertschätzung und Respekt zu begegnen. Die Pflegerinnen und Pfleger nahmen sich Zeit für jeden Einzelnen, gingen auf seine Bedürfnisse ein und schufen eine familiäre Atmosphäre.

Selbstbestimmung und Normalität

In einer Demenz-WG steht die Selbstbestimmung der Bewohner im Vordergrund. Sie können ihren Alltag so gestalten, wie es ihren Bedürfnissen und Gewohnheiten entspricht. Es gibt keine starren Zeitpläne, sondern flexible Strukturen, die sich an den individuellen Bedürfnissen orientieren.

Die Bewohner können selbst entscheiden, wann sie aufstehen, frühstücken, duschen oder zu Bett gehen möchten. Sie werden in alltägliche Aufgaben wie Kochen, Putzen und Wäschewaschen einbezogen, um ihre Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten.

Die Rolle der Pflegekräfte

Die Pflegekräfte in einer Demenz-WG spielen eine zentrale Rolle. Sie sind nicht nur für die medizinische und pflegerische Versorgung der Bewohner zuständig, sondern auch für die Gestaltung des Alltags und die Schaffung einer familiären Atmosphäre.

Sie kennen die Bewohner gut, wissen um ihre Vorlieben und Abneigungen und gehen auf ihre individuellen Bedürfnisse ein. Sie sind geduldig, einfühlsam und humorvoll und schaffen es, den Bewohnern ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln.

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Die Bedeutung von Gemeinschaft

Eine Demenz-WG bietet den Bewohnern die Möglichkeit, in einer Gemeinschaft zu leben und soziale Kontakte zu pflegen. Sie können gemeinsam essen, spielen, singen, spazieren gehen oder einfach nur zusammensitzen und sich unterhalten.

Die Gemeinschaft gibt den Bewohnern Halt und Geborgenheit und hilft ihnen, ihre Einsamkeit zu überwinden. Sie fühlen sich als Teil einer Gruppe und erfahren Wertschätzung und Anerkennung.

Erfahrungen von Angehörigen

Auch für Angehörige von Demenzerkrankten ist das Leben in einer WG eine große Entlastung. Sie wissen, dass ihre Lieben gut betreut sind und in einer sicheren und familiären Umgebung leben.

Eine Angehörige berichtet, dass ihr Vater in der WG wieder aufgeblüht ist. Er hat neue Freunde gefunden und nimmt aktiv am WG-Leben teil. Sie selbst hat wieder mehr Zeit für sich und ihre Familie und kann sich entspannen, ohne sich ständig Sorgen um ihren Vater machen zu müssen.

Herausforderungen für Angehörige

Trotz der positiven Aspekte ist das Leben mit einem Demenzerkrankten auch für Angehörige mit Herausforderungen verbunden. Sie müssen lernen, mit der Krankheit umzugehen und die Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit ihrer Lieben zu akzeptieren.

Es ist wichtig, sich Unterstützung zu suchen und sich mit anderen Angehörigen auszutauschen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, die Angehörigen von Demenzerkrankten helfen, mit der Situation zurechtzukommen.

Finanzielle Aspekte

Die Kosten für eine Demenz-WG sind in der Regel höher als die Kosten für ein Pflegeheim. Dies liegt daran, dass in einer WG mehr Personal vorhanden ist und die Betreuung individueller ist.

Die Kosten werden in der Regel von der Pflegeversicherung, dem Sozialamt und den Bewohnern selbst getragen. Es ist wichtig, sich vorab über die Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren und sich beraten zu lassen.

Fazit

Das Leben in einer Alzheimer-WG kann für Menschen mit Demenz eine gute Alternative zum Leben zu Hause oder im Pflegeheim sein. Es bietet ihnen die Möglichkeit, in einer Gemeinschaft zu leben, soziale Kontakte zu pflegen und ihren Alltag so selbstbestimmt wie möglich zu gestalten.

Auch für Angehörige ist die WG eine große Entlastung. Sie wissen, dass ihre Lieben gut betreut sind und in einer sicheren und familiären Umgebung leben.

Trotz der Herausforderungen, die mit der Erkrankung verbunden sind, kann das Leben in einer Demenz-WG lebenswert und erfüllend sein. Es ist wichtig, sich auf die Bedürfnisse der Bewohner einzustellen, ihnen Wertschätzung und Respekt entgegenzubringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren Alltag so normal wie möglich zu gestalten.

Tipps für Angehörige von Demenzerkrankten

  • Informieren Sie sich über die Erkrankung und ihre Auswirkungen.
  • Suchen Sie sich Unterstützung bei Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen.
  • Beziehen Sie den Erkrankten in alltägliche Aufgaben ein.
  • Schaffen Sie eine sichere und vertraute Umgebung.
  • Seien Sie geduldig, einfühlsam und humorvoll.
  • Genießen Sie die schönen Momente mit Ihren Lieben.

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