Implantat-Akupunktur bei Parkinson: Studien, Wirksamkeit und Anwendung

Die Akupunktur, eine traditionelle chinesische Heilmethode, erfreut sich seit Mitte der 90er Jahre in Deutschland wachsender Beliebtheit, insbesondere bei chronischen Schmerzerkrankungen. Ihre Akzeptanz wird durch das geringe Nebenwirkungsprofil begünstigt. Mittlerweile ist sie in der Schmerztherapie als fester Bestandteil innerhalb der Schulmedizin integriert. Auch bei neurologischen Erkrankungen, insbesondere bei Morbus Parkinson, hat sich in den letzten Jahren die Methode der Implantat-Ohr-Akupunktur (I-O-A) in den Vordergrund getreten. Studien zeigen, dass viele Patienten eine deutliche Symptomlinderung erfahren und ihre Medikation reduzieren können.

Was ist Implantat-Akupunktur?

Bei der Implantat-Akupunktur handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Ohrakupunktur. Im Gegensatz zu herkömmlichen Dauernadeln, die nur eine kurze Verweildauer im Ohr haben, ermöglichen Implantate eine längere Wirkdauer. Abhängig vom eingesetzten Material können Implantate 3, 12, 15 oder 60 Monate wirken. Titanimplantate ermöglichen sogar eine unbegrenzte Stimulation. Wiederauflösbare Implantate, auch Templantate genannt, lösen sich je nach Modell zwischen 3 und 60 Monaten ohne Rückstände auf.

Diese besondere Form der Ohrakupunktur wurde im Jahr 2000 in Deutschland entwickelt. Durch die Dauerstimulation mit Implantaten an betroffenen Ohrpunkten können Krankheiten gezielt behandelt werden. Es konnte nachgewiesen werden, dass durch Titan-Dauernadeln an der Ohrmuschel das zentrale Nervensystem kontinuierlich stimuliert wird und verschiedene Botenstoffe freisetzt, darunter Dopamin und Endorphine.

Die Entdeckung der Methode

Die Methode wurde zufällig entdeckt: Einem Neurologen war bei einer normalen Ohrakupunktur die Spitze einer Stahlnadel abgebrochen, welche in der Folgezeit in die Ohrmuschel einwuchs. Die Patientin, die wegen einer Trigeminusneuralgie behandelt wurde, war in der Folgezeit beschwerdefrei. Als die Nadelspitze operativ entfernt wurde, traten ihre Beschwerden erneut auf.

Wie funktioniert die Implantat-Akupunktur?

Wie bei der klassischen Ohrakupunktur finden sich am menschlichen Ohr ca. 200 bekannte Akupunkturpunkte, die sich bestimmten Körperregionen bzw. Organen zuordnen lassen. Vor einer Implantation werden die entsprechenden Ohrareale systematisch untersucht. Diese Untersuchung ist sehr zeitaufwendig und muss äußerst präzise durchgeführt werden, da die Punkte mit ca. 0,5 mm sehr klein sind. Nur funktionsgestörte Punkte reagieren tatsächlich auf Schmerzreize. Durch subtile Untersuchungstechniken findet der geübte Akupunkteur die entsprechenden Punkte. Über diese Ohrpunkte kann der gesamte menschliche Körper mit all seinen gestörten Funktionen behandelt werden.

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Die Implantat-Akupunktur ist ein nicht-medikamentöses Behandlungsverfahren, das auf der Neurostimulation basiert. Dabei werden winzige Mikro-Implantate aus medizinischem Rein-Titan (Durchmesser: 0,78 mm) an spezifische Punkte unter die Haut im Bereich des äußeren Ohres eingesetzt, in die sogenannte „Dopamin-Zone“. Die mechanische Reizung der Hirnnerven-Äste durch die Implantate fördert die Freisetzung von Dopamin und anderen Botenstoffen im Gehirn.

Arten von Implantaten

Momentan werden im Wesentlichen zwei Nadeltypen verwendet:

  • Die lebenslang implantierte Titannadel
  • Die resorbierbare Templantatnadel

Titanimplantate werden primär bei chronischen und neurologischen Erkrankungen eingesetzt, wobei im Vordergrund die Beeinflussung des zentralen Nervensystems steht.

Der Ablauf der Behandlung

Die Behandlung erfolgt ambulant und erfordert keine besonderen Vorbereitungen. Die winzigen Titan-Implantate werden in einem kurzen Eingriff in die “Dopamin-Zone” des oberen Ohrläppchens eingesetzt. Die Einstichstellen verheilen innerhalb weniger Tage. Erste spürbare Verbesserungen treten häufig bereits 8 bis 10 Wochen nach der Behandlung ein.

Studien zur Implantat-Akupunktur bei Parkinson

Die Implantat-Ohr-Akupunktur wird seit wenigen Jahren bei neurologischen Erkrankungen in Deutschland eingesetzt. Hierbei wird immer wieder über eine Verbesserung der Symptome und Lebensqualität bei Patienten mit Morbus Parkinson berichtet.

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In einer aktuellen Studie unter Leitung von Dr.med. Rolf Wlasak wurde die Wirksamkeit der Behandlung von Morbus Parkinson mit Implantat-Akupunktur untersucht. Die neue Studie belegt die signifikante Wirkung der Methode.

Eine prospektive und konsekutive Verlaufsbeobachtung untersuchte 79 Patienten über einen Zeitraum von 6 Monaten nach der Implantation per Interview. Die Ergebnisse dieser Auswertung geben Anlass, diese Methode noch intensiver zu untersuchen. Alle vier Endpunkte (Tremor, Rigor, Bewegungsverlangsamung und Schmerzen) wurden von den Patienten nach über 6 Monaten als Verbesserung zum Ausgangsbefund bewertet. In allen Subanalysen zeigte sich eine Verbesserung der jeweiligen Befunde von über 60%.

Die Untersuchung schlussfolgert: Aufgrund der hohen Anzahl der bisher behandelten Parkinson-Patienten und der Langzeiterfahrung mit dieser Methode könne Implantat-Akupunktur grundsätzlich bei Morbus Parkinson empfohlen werden. Durch die signifikante Reduzierung der typischen Parkinson-Symptome (wie z. B. Tremor, Muskelsteifigkeit, Bewegungsverlangsamung) stellte sich über die Zeit bei vielen Patienten eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität ein.

Ergebnisse einer Verlaufsbeobachtung

79 Patienten erhielten im Schnitt 11,2 Nadeln (Range 3 - 37). 4 Wochen nach der Implantation berichteten 51% der Patienten von einer signifikanten Verbesserung zum Ausgangsbefund. 8 Wochen nach der Implantation war diese Zahl auf 62 % der Patienten angestiegen. In der Endpunktauswertung ergab sich 24 Wochen nach der Implantat-Ohr-Akupunktur (I-O-A) das folgende Ergebnis: Alle vier Zielkriterien - Tremor, Rigor, Bewegungsverlangsamung und Schmerzen wurden von den Patienten überwiegend als Verbesserung zum Ausgangsbefund vor der Implantation bewertet.

Bei der Untersuchung der Nebenendpunkte konnte eine Reduzierung der Medikamente in 21% aller Patienten erreicht werden. Bei 7 von 11 Patienten war eine Obstipation (Verstopfung) rückläufig.

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Weitere Forschung

Sicherlich wäre es in Zukunft wünschenswert, die Daten objektiver zu präsentieren. Daher sollte neben einer Patientenbefragung zukünftig regelmäßig der Parkinson's Disease Questionnaire (PDQ 39) durchgeführt werden. Dieser Test fragt nach diversen Alltagstätigkeiten, die für die betroffenen Patienten nur noch mit Mühe oder deutlich verlangsamt durchgeführt werden können. Insbesondere der motorische Teil des Tests (UPDRS) könnte indirekt darüber Aufschluss geben, ob durch die eingesetzten Implantate dem zentralen Nervensystem (ZNS) wieder vermehrt Dopamin und dopaminähnliche Botenstoffe zur Verfügung gestellt werden können. Somit könnte der Einsatz der Implantate gerade in der Frühphase der Erkrankung die Gabe von Dopamin weiter hinauszögern.

Hierzu könnte eine relativ neue Untersuchung, die DATSCAN-Methode einen wertvollen Beitrag liefern. Hierbei handelt es sich um eine nuklearmedizinische Untersuchung, bei der ein Radiopharmakon (I-123-FP-CIT) injiziert wird, welches sich mit Molekülen verbindet, die Dopamin innerhalb des ZNS transportieren. Diese Methode visualisiert daher indirekt den Dopaminumsatz im zentralen Nervensystem und kann daher feststellen, ob sich Unterschiede zum Ausgangsbefund evaluieren lassen. Auch das Ausmaß der Erkrankung kann hiermit dokumentiert werden und ggf. der Therapieerfolg kontrolliert werden.

Die Rolle der Dopamin-Zone

Die Implantat-Akupunktur ist eine innovative, schonende Behandlungsmethode, die Morbus Parkinson und andere Erkrankungen effektiv behandeln kann. Sie bietet eine risikoarme Alternative oder Ergänzung zu bestehenden Therapien und ermöglicht eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität. Langzeitbeobachtungen über mehrere Jahre haben gezeigt, dass die Implantat-Akupunktur nachhaltige Verbesserungen bei Morbus Parkinson und Restless-Legs-Syndrom (RLS) bewirken kann. Außerdem haben sich bei vielen Probanden Antrieb und Stimmung verbessert.

Die winzigen Titan-Implantate werden in einem kurzen Eingriff in die “Dopamin-Zone” des oberen Ohrläppchens eingesetzt. Die mechanische Reizung der Hirnnerven-Äste durch die Implantate fördert die Freisetzung von Dopamin und anderen Botenstoffen im Gehirn.

In diesem Zusammenhang zeigte sich in den letzten Jahren, dass auch zunehmend Patienten mit Restless-Legs-Syndrom von der I-O-A profitierten. Aufgrund der Wirksamkeit dopaminerger Substanzen in dieser Indikation ist von einer Ursache im dopaminergen System auszugehen, wobei diesbezüglich durchgeführte bildmorphologische Studien widersprüchliche Ergebnisse über die postsynaptische dopaminerge Funktion in den Basalganglien erbrachten.

Zusätzliche Aspekte

Für die korrekte Durchführung und Vergleichbarkeit müssen bestimmte Richtlinien bei der Anwendung der Implantat-Ohr-Akupunktur (I-O-A) beachtet werden. Im Sinne einer ganzheitlichen Beratung und Aufklärung der Patienten sollten auch zusätzliche Maßnahmen erwähnt werden:

  • Entgiftung des Körpers von Schadstoffen (z.B. durch Chelat-Therapie)
  • Verbesserung der Gehirndurchblutung (z.B. durch Ginkgo biloba)

Sicherlich dürfen diese Maßnahmen nicht überbewertet werden, weil sie nicht kausal für die Entstehungsgeschichte des Morbus Parkinson verantwortlich zu machen sind. Evtl. können sie aber die Folgeerscheinungen durch die Grunderkrankung lindern. Die intensive Zuwendung zu den Patienten während dieser Verlaufskontrolle ergab zudem die Beobachtung, dass sehr häufig seelische Verletzungen und Traumata für die Auslösung eines Morbus Parkinson verantwortlich sein können.

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