Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das nicht nur körperliche, sondern auch psychische Folgen haben kann. Innere Unruhe ist eine solche mögliche Folge, die verschiedene Ursachen haben und unterschiedlich behandelt werden kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Therapieansätze bei innerer Unruhe nach einem Schlaganfall.
Ursachen innerer Unruhe nach Schlaganfall
Innere Unruhe nach einem Schlaganfall kann vielfältige Ursachen haben. Es ist wichtig, diese zu differenzieren, um eine angemessene Therapie einzuleiten.
Organische Ursachen
- Hirnschädigung: Direkte Schädigungen des Gehirns durch den Schlaganfall, insbesondere im Bereich des Frontal- und Temporallappens, können zu emotionalen und Verhaltensveränderungen führen. Schädigungen der Temporallappen können eher zu einem Minus-Syndrom führen. Sind der rechte und linke Frontallappen betroffen, begünstigt dies ein Plus-Syndrom.
- Fehlwahrnehmungen und Orientierungsstörungen: Starke motorische Unruhe zeigen manche Patienten, die sich nicht mehr klar orientieren können, an Fehlwahrnehmungen leiden oder ihre Sinneseindrücke und ihre Umwelt nicht mehr adäquat verarbeiten.
- Medikamente: Innere Unruhe kann eine Nebenwirkung von Medikamenten sein.
- Schmerzen: Organische Ursachen, wie Schmerzen, können ebenfalls innere Unruhe auslösen.
- Bevorstehendes Sterben: Diese Unruhe kann auch bei bewusstseinsklaren Patienten vorkommen und steht meist in Zusammenhang mit dem bevorstehenden Sterben.
Psychische Ursachen
- Angststörungen: Schlaganfall-Betroffene entwickeln häufig Angststörungen, oft in Verbindung mit Depressionen. Alltagssituationen können große Ängste bis hin zu Panikattacken auslösen. Die Sorge um einen erneuten Schlaganfall kann ebenfalls Angstzustände verursachen.
- Depressionen: Antriebs- und Kraftlosigkeit, Gedrücktheit und Verzagtheit können Anzeichen einer Depression sein, die nach einem Schlaganfall auftreten kann.
- Persönlichkeitsveränderungen: Emotionale Veränderungen wirken sich auf das Verhalten einer Person aus, also auf seine Persönlichkeit. Das kann so weit gehen, dass Angehörige den schlaganfallbetroffenen Menschen in seinem gesamten Wesen kaum noch wiedererkennen.
- Traumatisierung: Lebensverändernde Ereignisse wie ein traumatisierendes Ereignis oder eine schwere Erkrankung können Depressionen und Angststörungen auslösen.
- Krankheitsverarbeitung: Niedergeschlagenheit, ängstliches und zurückgenommenes Verhalten können Ausdruck der Krankheitsverarbeitung sein.
Risikofaktoren
- Bluthochdruck: Regelmäßige Blutdruckmessungen sind deshalb so wichtig, da erhöhte Blutdruckwerte oft keine besonders auffälligen Beschwerden hervorrufen und daher häufig unentdeckt bleiben. Sie können Ihren Blutdruck jederzeit beim Arzt und in vielen Apotheken messen lassen. Dort erfahren Sie auch, wie oft Sie Ihren Blutdruck kontrollieren sollten und welche Blutdruckwerte für Sie empfehlenswert sind.
- Herzerkrankungen: Herzerkrankungen zählen zu den häufigsten Schlaganfall-Ursachen überhaupt. Dies gilt vor allem für Vorhofflimmern und bestimmte Herzklappenerkrankungen.
Symptome innerer Unruhe
Die Diagnose Agitation (Agitiertheit oder "Unruhe") orientiert sich deshalb am Verhalten, einer gesteigerten motorischen Aktivität („Hyperaktivität“) mit fahrigen und ziellosen Bewegungen. Verbunden ist dies mit einer inneren Unruhe und Anspannung. Dies zeigt sich zum Beispiel, wenn sich der Patient im Bett wälzt, ständig an etwas herumnestelt, stöhnt oder scheinbar grundlos um Hilfe ruft.
- Motorische Unruhe: Gesteigerte motorische Aktivität, Hyperaktivität mit fahrigen und ziellosen Bewegungen. Der Patient wälzt sich im Bett, nestelt ständig an etwas herum, stöhnt oder ruft scheinbar grundlos um Hilfe.
- Innere Anspannung: Verbunden mit der motorischen Unruhe ist eine innere Anspannung.
- Angst und Panik: Rasender Puls, Herzklopfen, Erröten, Schweißausbrüche, Benommenheit, Übelkeit.
- Schlafstörungen: Die Betroffenen schlafen schlecht oder haben Angst, allein zu bleiben, da ihnen im Notfall niemand helfen könnte.
- Emotionale Veränderungen: Ehemals ausgeglichene Menschen werden aggressiv. Ehemals rationale Denker treffen plötzlich Entscheidungen, die niemand nachvollziehen kann. Ehemals herzliche Menschen werden passiv und emotionslos. Ehemals ruhige Persönlichkeiten haben ihre Emotionen kaum unter Kontrolle, weinen oder lachen lautstark, auch in unpassenden Momenten. Ehemals aktive Menschen werden antriebslos. Ehemals mutige Menschen bekommen Angstzustände und Panikattacken.
- Antriebslosigkeit: Schon das Aufstehen am Morgen fällt schwer, es wird als “Morgentief” bezeichnet. Auch die einfachsten täglichen Verrichtungen wie die Morgentoilette, das Anziehen oder das Essen benötigen unmäßig viel Zeit. Entschlussfreude und Schwung fehlen.
- Denkstörungen: Die Gedanken kreisen ununterbrochen um unrealistische Sorgen und Nöte. Es wird ständig gegrübelt. Alles erscheint in düsterem Licht, das bisherige Leben wird als verfehlt, sinn- und zwecklos empfunden.
Therapieansätze bei innerer Unruhe
Die Therapie der inneren Unruhe nach einem Schlaganfall richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Menschliche Zuwendung: Wenn organisch keine Ursache gefunden wird (zum Beispiel Schmerzen), hilft oft menschliche Zuwendung und Zeit: es wirkt auf den Patienten beruhigend, "einfach" da zu sein, die Hand zu halten, eine vertraute Stimme zu hören, die erzählt oder vorliest.
- Beruhigende Pflegemaßnahmen: Beruhigende und entspannende Pflegemaßnahmen können ebenfalls lindernd wirken. Hilfreich dabei ist, wenn man weiß, was der Mensch gerne mag.
- Aushalten: Manchmal geht es aber auch "nur" darum, den Zustand gemeinsam mit dem Patienten auszuhalten, keine weitere Aktivität zu entfalten und den Patienten nicht unter Druck zu setzen.
- Psychotherapie: Betroffene, die an einer Angststörung leiden, sollten sich - wie bei einer Depression - in Absprache mit dem behandelnden Hausarzt und Neurologen in psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung begeben.
- Neuropsychologische Therapie: In diesen Fällen sollte stets bedacht werden, dass infolge einer neurologischen Erkrankung Aufmerksamkeit und Konzentration, Sprache und Gedächtnis beeinträchtigt bleiben können. Auch die Fähigkeit zur emotionalen Kommunikation kann in Mitleidenschaft gezogen sein. So kann das Zeigen von Gefühlen über Mimik und Stimmlage erschwert sein.
- Soziale Interaktion: Ein Austausch im Kreise der Familie oder mit guten Freunden, kann gleichermaßen ein tröstendes Gefühl vermitteln, nicht alleine zu sein.
- Anpassung des Lebensstils: Mit einem gesunden Lebensstil können Sie diese Risikofaktoren reduzieren und je nach eigenem Risikoprofil zum Beispiel mit etwas mehr Bewegung, einer Gewichtsabnahme oder der Normalisierung der Cholesterinspiegel auf einfache Weise einen nachhaltigen Schlaganfall- und Herzinfarkt-Schutz aufbauen.
Medikamentöse Therapie
- Medikamente zur Linderung der Unruhe: Als weitere Unterstützung kann, wenn Allgemeinmaßnahmen nicht greifen, versucht werden, die Unruhe mit Medikamenten zu lindern.
- Antidepressiva: Eine depressive Erkrankung sollte stets fachärztlich und fachpsychologisch begleitet werden.
- Gerinnungshemmer: Die Einnahme von Gerinnungshemmern (Blutverdünnern) beispielsweise gehört zu den wichtigsten Therapiemaßnahmen bei Vorhofflimmern und Herzklappenerkrankungen. „Mit einer gewissenhaften Einnahme von Gerinnungshemmern lässt sich die Bildung von gefährlichen Blutgerinnseln in vielen Fällen wirkungsvoll verhindern und somit ein effizienter Schutz vor Schlaganfällen erreichen“, sagt Prof. Dr. med.
Weitere Maßnahmen
- Frühzeitige Erkennung und Behandlung von Herzerkrankungen: Ebenso bedeutsam ist, dass ein krankes Herz frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt wird.
- Blutdruckkontrolle: „Bei einem Bluthochdruck kann die Senkung des oberen Wertes um nur 10 mmHg das Schlaganfall-Risiko bereits um die enorme Zahl von fast 40 Prozent verringern“, erklärt Prof. Dr. med. Joachim Röther, Chefarzt der Neurologischen Klinik, Asklepios Klinik Altona und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Herzstiftung.
Persönlichkeitsveränderungen
Vor allem für Angehörige, aber auch für die Betroffenen, ist es oft schwieriger, mit den emotionalen Veränderungen nach einem Schlaganfall umzugehen als mit den körperlichen. Wenn eine Person „nicht mehr sie selbst“ ist, betrifft das das komplette soziale Umfeld. Daran können partnerschaftliche, familiäre und freundschaftliche Beziehungen scheitern.
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Mit Persönlichkeitsveränderungen verhält es sich so, wie mit vielen Schlaganfall-Folgen. Manche Folgen entwickeln sich wieder zurück, andere nicht. Wichtig ist, die Situation zu thematisieren und Fachleute (Neurologen, Neuropsychologen, Psychologen, Psychotherapeuten etc.) zu Rate zu ziehen, um individuelle Therapien zu entwickeln, die langfristig sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen den Umgang mit den Veränderungen erleichtern.
Bedeutung der Früherkennung und Behandlung
Der Therapieerfolg bei einem Schlaganfall hängt maßgeblich, davon ab, wann der Patient oder die Patientin ärztlich behandelt wird. Je länger ein Schlaganfall unbehandelt bleibt, desto mehr Gehirngewebe geht unwiederbringlich zugrunde. Die besten Chancen auf gute Behandlungsergebnisse bei einem Apoplex bestehen, wenn er bereits eine Stunde nach dem Einsetzen der Symptome zielgerichtet behandelt wird. Alarmieren Sie daher beim leisesten Verdacht auf einen Schlaganfall sofort den Rettungsdienst. Äußern Sie bereits beim Gespräch mit der Notrufzentrale, dass ein Verdacht auf Schlaganfall besteht, damit die Rettungskräfte alles Erforderliche für eine unverzügliche Behandlung in einer „Stroke Unit“ vorbereiten können.
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