Die Wahl des passenden Facharztrichtung gleicht der Qual der Wahl in einer Eisdiele mit unzähligen Sorten. Neben den etablierten großen Fachgebieten wie Innere Medizin und Chirurgie gibt es viele kleinere Fachrichtungen. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen Neurologie und Innerer Medizin, um Medizinstudierenden und Ärzten bei der Orientierung zu helfen.
Einführung in die Facharztrichtungen
Die Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern kennen heute mehr als 50 Facharztbezeichnungen aus 34 Fachgebieten. Eine Studie der Universität Trier befragte bundesweit Medizinstudierende, welche dieser Facharztrichtungen sie bevorzugen. Anschließend wurden die Ergebnisse im vierjährlich erscheinenden “Berufsmonitoring Medizinstudierende” von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlicht. Dadurch ergibt sich ein interessantes Bild darüber, welches die beliebtesten medizinischen Fachrichtungen sind.
Beliebte Facharztrichtungen unter Medizinstudierenden
Laut einer Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bevorzugen Medizinstudierende folgende Facharztrichtungen:
- Innere Medizin: 14,2 %
- Kinder- und Jugendmedizin: 9,1 %
- Allgemeinmedizin: 8,8 %
- Anästhesie: 7,9 %
- Chirurgie: 6,5 %
- Orthopädie und Unfallchirurgie: 6,0 %
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 5,8 %
- Neurologie: 4,6 %
Es gibt erwartungsgemäß teils große Unterschiede zwischen den Rückmeldungen weiblicher und männlicher Medizinstudenten:
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist bei Frauen deutlich beliebter (8,3 % vs. 1,1 % bei Männern).
- Kinder- und Jugendmedizin wird von Frauen ebenfalls bevorzugt (11,4 % vs. 5,3 % bei Männern).
- Männer interessieren sich eher für Anästhesie (11,7 % vs. 6,3 % bei Frauen), Orthopädie und Unfallchirurgie (8,7 % vs. 4,6 % bei Frauen) und Radiologie (3,1 % vs. 1,6 % bei Frauen).
Absolvierte Facharztprüfungen im Vergleich zu Präferenzen
Die jährliche Anzahl der bundesweit bestandenen Facharztprüfungen weicht von den Präferenzen aus Studienzeiten merklich ab. Im Jahr 2021 wurden folgende Zahlen erreicht:
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- Innere Medizin: 3602 (25,5 %)
- Allgemeinmedizin: 1797 (12,7 %)
- Anästhesie: 1261 (8,9 %)
- Chirurgie: 1206 (8,5 %)
- Orthopädie und Unfallchirurgie: 948 (6,7 %)
- Kinder- und Jugendmedizin: 696 (4,9 %)
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 684 (4,8 %)
- Neurologie: 651 (4,6 %)
Es fällt auf, dass die Innere Medizin die meisten neuen Fachärzte hervorbringt. Die Chirurgie verzeichnet mehr Absolventen als erwartet, während die Kinder- und Jugendmedizin hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Psychiatrie hingegen gewinnt während der Weiterbildungszeit an Reiz.
Unbeliebte Facharztrichtungen
In einer Studie der Universität Trier wurden Medizinstudierende auch nach "No-Go"-Fachrichtungen gefragt:
- Haut- und Geschlechtskrankheiten: 49,5 %
- Augenheilkunde: 49,2 %
- Psychiatrie und Psychotherapie: 45,8 %
- Psychosomatische Medizin und Psychotherapie: 42,7 %
- Orthopädie und Unfallchirurgie: 41,6 %
Die Dermatologie und Augenheilkunde sind demnach die unbeliebtesten Facharztrichtungen. Die Orthopädie und Unfallchirurgie polarisiert stark.
Die Neurologie im Detail
Die Neurologie ist das medizinische Fachgebiet, das sich mit dem Nervensystem, seinen Erkrankungen und deren Behandlung befasst. Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich „Lehre von den Nerven“. In den Mittelpunkt der Neurologie rücken dabei das zentrale Nervensystem (ZNS) - bestehend aus Gehirn und Rückenmark - sowie das periphere Nervensystem (PNS), das alle Nerven außerhalb des ZNS umfasst.
Historisch hat sich die Neurologie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als eigenständige Disziplin aus der Inneren Medizin entwickelt. Vorreiter wie Moritz Heinrich Romberg legten den Grundstein für die Abspaltung der Neurologie als eigenständiges Fachgebiet.
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Aufgaben eines Neurologen
Ein Neurologe ist für die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems verantwortlich. Dazu zählen das Gehirn, das Rückenmark sowie die peripheren Nerven und die Muskulatur. Der Facharzt untersucht und therapiert neurologische Störungen, die sich in Symptomen wie Lähmungen, Gefühlsstörungen, Muskelzittern oder Sprachproblemen äußern können.
Zu den typischen Aufgaben eines Neurologen gehören die ausführliche Anamnese, neurologische Untersuchungen sowie der Einsatz von bildgebenden Verfahren und speziellen Tests.
Spezialisierungen innerhalb der Neurologie
Nach Abschluss der Facharztausbildung haben Neurologen die Möglichkeit, sich auf bestimmte Teilgebiete der Neurologie zu spezialisieren. Eine solche Spezialisierung erlaubt eine noch gezieltere Diagnostik und Behandlung komplexer Erkrankungen des Nervensystems. Häufige Spezialisierungen sind unter anderem die Epileptologie, die sich mit der Diagnose und Therapie von Epilepsien beschäftigt, sowie die Neuroimmunologie, die entzündliche Erkrankungen wie Multiple Sklerose in den Mittelpunkt stellt.
Weitere Spezialisierungsrichtungen umfassen die Behandlung neuromuskulärer Erkrankungen wie der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) oder Myasthenia gravis, die Neuroonkologie mit dem Fokus auf Tumorerkrankungen des Gehirns und Rückenmarks sowie die Schlaganfallmedizin in spezialisierten Stroke Units. Auch die Schmerztherapie, insbesondere bei chronischen Schmerzen, und die geriatrische Neurologie, die sich mit altersbedingten neurologischen Erkrankungen wie Demenzen oder Morbus Parkinson befasst, bieten Neurologen attraktive Spezialisierungsfelder. Darüber hinaus bestehen Möglichkeiten in der neurologischen Intensivmedizin oder der neurorehabilitativen Medizin.
Arbeitsorte für Neurologen
Als Neurologe hat man die Möglichkeit, sowohl ambulant in einer Praxis, stationär in einer Klinik oder auch in spezialisierten Rehabilitationszentren und Forschungseinrichtungen zu arbeiten.
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- Ambulante Tätigkeit: Ein Neurologe, der ambulant arbeitet, ist meist in einer Praxis oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) tätig. Hier werden Patienten in der Regel mit weniger akuten oder chronischen neurologischen Erkrankungen behandelt. Die häufigsten Aufgaben in der ambulanten Neurologie umfassen die Diagnostik und Langzeitbetreuung von Erkrankungen wie Migräne, Multiple Sklerose, Parkinson, Epilepsie und neuropathischen Schmerzen.
- Stationäre Tätigkeit: Neurologen, die stationär arbeiten, sind in Krankenhäusern oder spezialisierten neurologischen Kliniken tätig. Hier stehen die Akutversorgung und die Behandlung schwerer oder komplexer neurologischer Krankheitsbilder im Vordergrund. Zu den typischen stationären Aufgaben gehören die Betreuung von Schlaganfallpatienten, die Versorgung neurologischer Notfälle wie Schädel-Hirn-Verletzungen und die intensive Betreuung von Patienten auf neurologischen Intensivstationen. Im stationären Bereich wird eng mit anderen Fachabteilungen, wie der Neurochirurgie oder der Radiologie, zusammengearbeitet.
Ausbildung zum Neurologen
Um Neurologe zu werden, ist ein klar strukturierter Ausbildungsweg notwendig, der in mehrere Phasen unterteilt ist. Der Einstieg erfolgt über ein Studium der Humanmedizin, gefolgt von einer Facharztausbildung, die auf Neurologie spezialisiert ist.
- Medizinstudium: Das Medizinstudium bildet die Grundlage für die Karriere als Neurologe. Es dauert in der Regel sechs Jahre und gliedert sich in drei Abschnitte: Vorklinik, Klinik und das Praktische Jahr (PJ).
- Facharzausbildung: Nach dem erfolgreichen Abschluss des Medizinstudiums mit dem dritten Staatsexamen erfolgt die Facharztausbildung zum Neurologen. Diese dauert insgesamt fünf Jahre und wird in einer neurologischen Klinik mit Weiterbildungsermächtigung absolviert.
Die Ausbildung ist detailliert strukturiert und folgt den Vorgaben der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer.
- Stationäre neurologische Patientenversorgung (24 Monate)
- Psychiatrie und Psychotherapie (12 Monate)
- Intensivmedizinische Versorgung (6 Monate)
- Ambulante und weitere stationäre Versorgung (bis zu 24 Monate)
Gehalt eines Neurologen
Das Durchschnittsgehalt eines Neurologen liegt in Deutschland bei etwa 85.000 bis 90.000 € brutto im Jahr. Das genaue Einkommen variiert jedoch je nach Berufserfahrung, Arbeitsort und Position. Ein Berufseinsteiger, der als Assistenzarzt in der Neurologie tätig ist, verdient im ersten Jahr durchschnittlich rund 58.000 € jährlich. Mit zunehmender Erfahrung und Verantwortung steigt das Gehalt erheblich. So kann ein erfahrener Oberarzt in einer neurologischen Abteilung etwa 100.000 bis 130.000 € pro Jahr verdienen.
Neben dem Grundgehalt haben Neurologen auch die Möglichkeit, durch Bereitschaftsdienste, Gutachtertätigkeiten oder die Leitung spezialisierter Abteilungen ihr Einkommen zu steigern. In der niedergelassenen Praxis hängt das Einkommen stark von der Anzahl der Patienten und der regionalen Nachfrage ab.
Die Innere Medizin im Detail
Die Innere Medizin befasst sich mit der Vorbeugung, Diagnostik, Behandlung, Rehabilitation und Nachsorge von Gesundheitsstörungen und Krankheiten der inneren Organe.
Erkrankungen im Bereich der Inneren Medizin
In den MEDIAN Kliniken können folgende Erkrankungen im Bereich der Inneren Medizin fachübergreifend behandelt werden:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen / Erkrankungen des Gefäßsystems
- Lungenerkrankungen
- Erkrankungen der Verdauungsorgane
- Erkrankung der Nieren und ableitende Harnwege
- Erkrankungen des Blutes und der blutbildenden Organe
- Stoffwechselerkrankungen
- Erkrankungen des Immunsystems
- Tumorerkrankungen
Diagnostik in der Inneren Medizin
Mit Aufnahme in eine MEDIAN Klinik für Innere Medizin findet eine entsprechende Eingangsuntersuchung statt, in der der behandelnde Arzt mit Ihnen Ihre Krankheitsgeschichte bespricht und akute Beschwerden aufnimmt. Hierbei werden auch die ärztlichen Unterlagen der zuweisenden Ärzte besprochen und aufbauend ein Rehabilitations- bzw. Therapieplan für Sie erstellt.
Therapiebestandteile in der Reha Innere Medizin
Je nach Ihrer individuellen Erkankung und Belastbarkeit setzt sich die Therapie im Rahmen der Reha aus folgenden Maßnahmen zusammen:
- Physiotherapie
- Physikalische Therapie
- Sporttherapie
- Ergotherapie
- Indikationsspezifische Therapien wie beispielsweise Atemtraining in der Pneumologie
- Krankheitsspezifische Schulungen und Vorträge
- Entspannungstherapie wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training
- Ernährungsberatung
- Psychologische Gespräche
- Sozialberatung
Spezialisierungen innerhalb der Inneren Medizin
Die Innere Medizin ist ein weitreichendes Fach, das viele Spezialisierungen ermöglicht:
- Gastroenterologie: Betreuung von Patienten mit chronischen Erkrankungen der Verdauungsorgane sowie nach Operationen an Magen, Darm, Leber, Bauchspeicheldrüse oder anderen Bauchoperationen.
- Diabetologie / Stoffwechselerkrankungen: Behandlung von Diabetes und anderen Stoffwechselerkrankungen.
- Rheumatologie: Behandlung von rheumatischen Erkrankungen.
- Onkologie: Diagnostik und Behandlung von Tumorerkrankungen.
- Pneumologie: Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Lungenkrankheiten.
- Adipositas / Übergewicht: Behandlung von Adipositas und Übergewicht.
- Kardiologie: Behandlung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.
- Reha nach Corona: Rehabilitation von Patienten nach einer Covid-19-Erkrankung.
Neurologie und Innere Medizin: Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Viele neurologische Erkrankungen haben internistische Ursachen, und viele internistische Erkrankungen werden von neurologischen Symptomen begleitet. Die interdisziplinäre Betreuung der individuellen Patienten durch Neurologen und Internisten kann daher bei einer Vielzahl von Krankheitsbildern zu einer Verbesserung der Versorgung führen.
Ein Beispiel hierfür ist das Buch "Neurologie - Innere Medizin interdisziplinär", in dem jedes Kapitel interdisziplinär von einem neurologischen und einem internistischen Experten verfasst wurde. Es werden diejenigen Krankheitsbilder bearbeitet, die im klinischen Alltag beider Fachrichtungen von entscheidender Bedeutung sind. Die stringente Einteilung nach den einzelnen Organsystemen ermöglicht eine gute Orientierung. Gesondert werden die großen Volkserkrankungen Hypertonie und Diabetes mellitus behandelt, darüber hinaus wird im Eingangskapitel die Vorgehensweise beim Patienten mit unklarer Bewusstseinsstörung dargestellt.
Zusatzbezeichnungen für Fachärzte
Durch Zusatzweiterbildungen mit verschiedenen Schwerpunkten können Ärzte/-innen ihr Wissen vertiefen sowie Kompetenzen und Fertigkeiten stärken. Laut Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gibt es 56 verschiedene Zusatzbezeichnungen. Nicht alle Möglichkeiten stehen für jede Facharztrichtung offen. Im Regelfall ist jedoch eine abgeschlossene Facharztausbildung notwendig. Je nach Weiterbildungsinhalt kann die Zusatzbezeichnung bereits während der Facharztausbildung erlangt werden.
Ablauf einer Zusatzweiterbildung
Die Zusatzweiterbildung kann von Ärzten/-innen in Weiterbildung oder von anerkannten Fachärzten/-innen angetreten werden. Je nach Gebiet finden die Lehrgänge in Form von Theoriestunden, Seminaren, Kursen unter Supervision oder Begleitung von anerkannten Ärzten/-innen im jeweiligen Fachgebiet statt. Der Praxisunterricht kann entsprechend an Instituten, in Kliniken, Laboren oder im direkten Einsatz (beispielsweise Krankenwagen im Fall Notfallmedizin) stattfinden.
Der genaue Ablauf der Zusatzweiterbildungen ist Sache der Landesärztekammern und kann in deren jeweiliger Weiterbildungsordnung eingesehen werden. Darin finden sich die Mindestanforderungen, die obligat vor dem Erlangen der Zusatzbezeichnung erfüllt sein müssen.
Logbuch für Zusatzweiterbildungen
Um die einzelnen Schritte der Zusatzweiterbildung nachvollziehen und dokumentieren zu können, führen Ärzte/-innen ein Logbuch (seit 2021 verpflichtend in elektronischer Form), in dem sie alle Tätigkeiten und Lehrgänge festhalten. Dies gilt auch für Gespräche mit den Weiterbildungsbefugten. Diese bestätigen die Einträge. Erst wenn man alle Mindestanforderungen erfüllt und die Lehrgänge absolviert hat, kann man das Logbuch abschließen. Dies ist notwendig zur Prüfungsanmeldung.
Prüfung zur Zusatzbezeichnung
Informationen zu den Prüfungen können über die zuständige Landesärztekammer eingeholt werden. Diese haben in ihren Online-Portalen teilweise Checklisten zur Einsicht. Die Rahmenbedingungen unterscheiden sich leicht.
Sind alle erforderlichen Unterlagen bei Antragstellung vorhanden, können ca. 2 bis 4 Monate bis zur Prüfung vergehen. Entsprechend vorausschauend sollte geplant und gelernt werden. Die Prüfung dauert in der Regel mindestens 30 Minuten, kann aber durchaus von längerer Dauer sein. Die Mindestzeit darf nicht unterschritten werden. Die tatsächlichen Inhalte der Prüfung werden vom Prüfungsausschuss festgelegt, zu dem mindestens zwei Personen mit der angestrebten Zusatzbezeichnung gehören.
Beliebte Zusatzbezeichnungen
Den beliebtesten Fachbereich für Zusatzweiterbildungen deckt die Notfallmedizin ab.
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