Die Frage nach der geistigen und körperlichen Verfassung von US-Präsident Joe Biden hat in den letzten Monaten verstärkt Aufmerksamkeit erregt. Verwirrte Auftritte, Versprecher und Unsicherheiten haben Zweifel an seiner Fähigkeit, das Amt des Präsidenten weiterhin auszuüben, aufkommen lassen.
Zweifel an der Fitness des Präsidenten
Joe Biden, der im November erneut als Präsident kandidieren möchte, ist 81 Jahre alt. Seine öffentlichen Auftritte haben in jüngerer Vergangenheit Anlass zur Sorge gegeben. So verlor er beispielsweise bei einem TV-Duell mit Donald Trump mehrfach den Faden und beendete Sätze nicht. Auch bei einem NATO-Gipfel unterlief ihm ein Patzer, als er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj versehentlich als "Präsident Putin" bezeichnete. Kurz darauf nannte er Vizepräsidentin Kamala Harris "Vizepräsidentin Trump". Hinzu kommen Stolperer und Stürze, die den Eindruck erwecken, Biden sei wacklig auf den Beinen.
Diese Vorfälle haben Spekulationen über Bidens Gesundheitszustand befeuert. Einige Beobachter vermuten sogar, dass er an Parkinson erkrankt sein könnte.
Einschätzungen von Neurologen
Zwei US-Neurologen haben sich zu Bidens Zustand geäußert, ohne ihn jedoch persönlich untersucht zu haben. Neurologe Kevin Cannard soll Biden in den vergangenen Monaten häufiger besucht haben, was als Indiz für eine mögliche Parkinson-Erkrankung gewertet wurde.
Neurologe Thomas Pitts formulierte es drastischer und sagte gegenüber "NBC News": "Er hat Parkinsonismus. Das ist ein Fakt." Parkinsonismus bezeichnet das Auftreten von parkinsonähnlichen Symptomen, die durch eine andere Gehirnerkrankung hervorgerufen werden. Pitts sieht bei Biden "klassische Merkmale von Neurodegeneration", darunter Wortfindungsstörungen, Bewegungsverlangsamungen und das fehlende Mitschwingen der Arme beim Gehen. Er fügte hinzu, dass er ihm "vom anderen Ende des Einkaufszentrums eine Diagnose hätte stellen können".
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Pitts räumte jedoch ein, dass die Diagnose im Frühstadium schwierig sein könne, insbesondere bei kognitiven Problemen. Schließlich könnten auch andere neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer in Frage kommen. Sobald sich jedoch die typischen motorischen Beschwerden einstellen, spreche vieles für Parkinson - wie bei Biden. Er betonte aber auch, dass Biden kein schwerer Fall sei.
Ein anderer Neurologe, der nicht namentlich genannt wurde, erklärte, dass sich die Symptome von Parkinson innerhalb von fünf bis zehn Jahren nach der Diagnose verschlimmern. Dies könne zu undeutlicher Aussprache, Schwierigkeiten beim Gehen und anhaltender Müdigkeit führen. Ohne Behandlung würden die Betroffenen schneller abbauen. Er prognostizierte, dass Biden im Falle einer Parkinson-Erkrankung in den kommenden zwölf Monaten häufiger unter seinen Symptomen leiden werde, was zu mehr Stürzen und kognitiven Beeinträchtigungen führen könnte. Im Laufe einer potenziellen nächsten Amtszeit könnten weitere Komplikationen wie Schlafstörungen, Albträume und Halluzinationen auftreten, die zu Müdigkeit und Verwirrtheit am Tag führen könnten. Im schlimmsten Fall könnte Biden so weit abbauen, dass er kognitiv nicht mehr richtig da sei und mit seinen Beratern nicht mehr interagieren könne.
Parkinson-Erkrankung: Symptome und Behandlung
Die Parkinson-Erkrankung ist eine der häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Allein in Deutschland leiden aktuell circa 400.000 Menschen daran. Sie entwickelt sich schleichend und wird im Frühstadium oft nicht erkannt. Erste Anzeichen können REM-Schlaf-Verhaltensstörungen, Riechstörungen, Sehstörungen, Schmerzen in Muskeln und Gelenken, vermindertes Mitschwingen der Arme beim Gehen, Störungen der Feinmotorik, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Unsicherheit und Zittrigkeit sein.
Typische Symptome im späteren Verlauf sind:
- Zittern (Tremor)
- Steifheit der Muskeln (Rigor)
- verlangsamte Bewegungen (Bradykinese)
- Gleichgewichtsstörungen
Zusätzliche Symptome können das "Einfrieren" von Bewegungen (Freezing), Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken, Störungen der vegetativen Funktionen (z. B. Blutdruck und Verdauung), Schlafstörungen, Depressionen und geistige Beeinträchtigungen bis hin zur Demenz sein.
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In erster Linie wird Parkinson mit Medikamenten behandelt, die den Dopaminmangel ausgleichen. Manchmal kann auch ein hirnchirurgischer Eingriff sinnvoll sein, die sogenannte Tiefe Hirnstimulation (THS). Daneben können Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und gegebenenfalls Psychotherapie ergänzend helfen.
Bidens Weigerung, einen Demenz-Test zu machen
Die Diskussionen um Bidens Gesundheitszustand reißen nicht ab, doch einen kognitiven Test lehnt er ab. Auf die Frage, ob er bereit wäre, sich einer unabhängigen medizinischen Untersuchung zu unterziehen, sagte Biden, er absolviere jeden Tag einen kognitiven Test. Zudem habe ihm gegenüber bislang kein Mediziner Bedenken aufgrund seiner geistigen Verfassung geäußert.
Die Weigerung, einen Demenz-Test zu machen, kann jedoch unterschiedlich interpretiert werden. Es könnte sich um eine persönliche Angst vor einer möglichen Diagnose handeln oder um den Versuch, in der Bevölkerung keinen Unmut zu erzeugen. Transparenz und klare Angaben zum Gesundheitszustand würden jedoch dazu beitragen, Spekulationen und Verschwörungsideen entgegenzuwirken.
Präzedenzfälle von Staatsoberhäuptern mit Demenz
Es gibt zwar keine offiziell bekannten Fälle von Staatsoberhäuptern, die aufgrund eindeutiger Demenz zurücktreten mussten, jedoch gibt es einige Beispiele, die auf solche Situationen hindeuten könnten.
Ein Beispiel ist der überraschende Rücktritt des ehemaligen britischen Premierministers Harold Wilson im Jahr 1967. Später stellte sich heraus, dass er an Demenz litt. Auch bei dem ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan wurde 1994, fünf Jahre nach dem Ende seiner Präsidentschaft, Alzheimer diagnostiziert. Es gibt aber Hinweise darauf, dass er bereits während seiner zweiten Amtszeit (bis 1989) unter Frühzeichen dieser Krankheit litt.
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Auswirkungen von Demenz oder Parkinson auf die Amtsfähigkeit
Krankheiten wie Demenz und Parkinson können sich erheblich auf die Fähigkeit auswirken, ein hohes Amt wie das des US-Präsidenten auszuüben. Demenz ist eine geistige Störung, die sich zunächst durch Orientierungsverlust und Gedächtnisprobleme äußert. Im weiteren Verlauf können Schwierigkeiten bei der Affektkontrolle und Persönlichkeitsveränderungen auftreten. Diese Symptome könnten die Ausübung eines hohen Amtes erheblich einschränken, insbesondere wenn schnelle Entscheidungen und klare Kommunikation erforderlich sind.
Parkinson beginnt in der Regel mit körperlichen Beschwerden wie erhöhtem Muskeltonus, Zittern, Gangschwierigkeiten und Gleichgewichtsproblemen. Bei einigen Patienten kann es im späteren Verlauf auch zu einer demenziellen Entwicklung oder Depression kommen. Wenn Parkinson durch Medikamente, Physiotherapie und gegebenenfalls Tiefenhirnstimulation adäquat behandelt wird, wäre - je nach geistiger Verfassung - eine prinzipielle Ausübung des Amtes für eine Zeitlang noch denkbar, wäre aber extrem erschwert.
Wie verlässlich sind Versprecher und Patzer?
Versprecher und andere kleine Patzer können zwar Anzeichen für eine kognitive Störung sein, doch ist bei der Interpretation dieser Zeichen Vorsicht geboten. Es ist allzu einfach, daraus voreilige Schlüsse zu ziehen und beispielsweise einem älteren Menschen einen kognitiven Verfall zu unterstellen. Es gibt jedoch viele andere Faktoren, die im hohen Alter zu einer vorübergehenden geistigen Schwäche führen können. Dazu gehören Müdigkeit, Flüssigkeitsmangel, leichte Atemwegsinfektionen oder Nebenwirkungen von Medikamenten.
Im Alter können selbst vergleichsweise harmlose Umstände die kognitive Leistungsfähigkeit schneller und stärker beeinträchtigen als in jüngeren Jahren. Deshalb ist es wichtig, bei betroffenen Personen genau hinzuschauen und mögliche differentialdiagnostische Faktoren für die geistige Schwäche nicht zu übersehen. Nur so lässt sich eine genaue Diagnose stellen und eine angemessene Behandlung einleiten.
Ein düsteres Bild von Bidens Verfall
Ein neues Buch von Jake Tapper (CNN) und Alex Thompson (Axios) zeichnet ein düsteres Bild von Joe Bidens Gesundheitszustand zum Ende seiner Amtszeit. Die Autoren führten Interviews mit mehr als 200 Personen aus Bidens Umfeld und der Demokratischen Partei. Sie beschreiben, wie Bidens Mitarbeiter darüber nachdachten, ihn im Fall einer Wiederwahl in einen Rollstuhl zu setzen, und berichten, dass Biden seinen langjährigen Freund George Clooney nicht mehr erkannt habe.
Die Autoren schreiben, dass Biden und seine engsten Vertrauten bis zum letzten Tag seiner Präsidentschaft nicht zugeben wollten, dass seine Energie, seine kognitiven Fähigkeiten und seine Kommunikationsfähigkeit erheblich nachgelassen hatten. Stattdessen hätten sie mit verschiedenen Mitteln versucht, dies zu verbergen.
Fazit
Die Frage nach Joe Bidens geistiger und körperlicher Fitness ist ein brisantes Thema, das die US-amerikanische Öffentlichkeit und die politische Landschaft bewegt. Während einige Beobachter in seinen Aussetzern und Patzern deutliche Anzeichen für einen kognitiven Verfall sehen, warnen andere vor voreiligen Schlüssen und verweisen auf mögliche andere Ursachen. Die Weigerung des Präsidenten, sich einem Demenz-Test zu unterziehen, trägt zusätzlich zur Unsicherheit bei.
Unabhängig von der tatsächlichen Diagnose bleibt die Frage, ob ein Präsident mit potenziellen gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage ist, die komplexen Aufgaben seines Amtes uneingeschränkt zu erfüllen. Die Debatte um Bidens Gesundheitszustand wird daher sicherlich bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen anhalten.