Hat Biden Demenz? Ursachen, Anzeichen und die Rolle der Medien

Die Frage, ob US-Präsident Joe Biden Anzeichen von Demenz zeigt, ist ein viel diskutiertes Thema. Offizielle Reden und verstörende Videos haben den Eindruck verstärkt, dass der Präsident nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten ist. Eine abschließende Antwort auf diese Frage ist jedoch komplex und erfordert eine differenzierte Betrachtung.

Symptome von Demenz und Alzheimer: Sind sie bei Biden erkennbar?

Es ist wichtig zu verstehen, dass eindeutige Anzeichen für eine Demenz, beispielsweise vom Alzheimer-Typ, aus den wenigen Informationen, die durch die Presse verfügbar sind, nicht abgeleitet werden können. Eine klinische Einordnung anhand von Videoausschnitten wäre medizinisch kaum zulässig und unethisch.

Sollte ein klinisch relevanter kognitiver Abbau vorliegen, handelt es sich aller Voraussicht nach um eine leichtere Form. Bei fortgeschrittener Krankheitsprogression wären die Symptome viel auffälliger und würden sich nicht nur in Form von Versprechern und kurzen geistigen Aussetzern äußern.

Eine mögliche Diagnose, die jedoch über eine Ferndiagnose nicht sicher einzuschätzen ist, wäre eine "milde kognitive Beeinträchtigung" (MCI, mild cognitive impairment). Typische Merkmale sind Orientierungsverlust, Gedächtnisprobleme, Abnahme der Konzentrationsfähigkeit und eine allgemeine Verlangsamung des Denkens. Auch die Fähigkeit, sich schnell zu entscheiden oder unter Berücksichtigung vieler Argumente klug zu urteilen, kann beeinträchtigt sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass mindestens 25 Prozent der Menschen über 80 Jahre ein MCI haben. Die leichte kognitive Schwäche ist eine Prädisposition für die Entwicklung einer späteren demenziellen Erkrankung.

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Bidens Weigerung, einen Demenz-Test zu machen: Ein Indiz?

Die Weigerung von Präsident Biden, einen Demenz-Test zu machen, kann nicht zwangsläufig als Indiz für eine Erkrankung gewertet werden. Es gibt viele Gründe, warum sich jemand weigern könnte, einen solchen Test zu machen. Es könnte sich beispielsweise um eine persönliche Angst vor einer möglichen Diagnose handeln oder um den Versuch, in der Bevölkerung keinen Unmut zu erzeugen und die Wahl nicht aufs Spiel zu setzen, wenn herauskäme, dass der amtierende Präsident unter einer kognitiven Schwäche leidet. Allerdings wissen wir aus der Forschung, dass Unsicherheit der Menschen das Vertrauen langfristig eher untergräbt. Transparenz in der Kommunikation und klare Angaben zum Gesundheitszustand würde dagegen dazu beitragen, Spekulationen und wilden Verschwörungsideen entgegenzuwirken. Denn im Vakuum des Nicht-Wissens verbreiten sich Lügen am schnellsten. Daher ist es entscheidend, den Fokus auf Fakten und evidenzbasierte Informationen zu legen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken und Missverständnisse zu vermeiden.

Präzedenzfälle von Staatsoberhäuptern mit Demenz

Es gibt zwar keine offiziell bekannten Fälle von Staatsoberhäuptern, die aufgrund eindeutiger Demenz zurücktreten mussten, jedoch gibt es einige Beispiele, die auf solche Situationen hindeuten könnten. Eines der bemerkenswertesten Beispiele ist der überraschende Rücktritt des ehemaligen britischen Premierministers Harold Wilson im Jahr 1967. Später stellte sich heraus, dass er an Demenz litt. In vielen Fällen waren Regierungen meist bemüht, entsprechende Entwicklungen bei Staatsoberhäuptern zu verschleiern, um Unmut in der Bevölkerung zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wird gerne der Fall des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan zitiert. Bei ihm wurde 1994, fünf Jahre nach dem Ende seiner Präsidentschaft, Alzheimer diagnostiziert. Es gibt aber Hinweise darauf, dass er bereits während seiner zweiten Amtszeit (bis 1989) unter Frühzeichen dieser Krankheit litt. Diese Fälle zeigen, dass das Thema Demenz bei Staatsoberhäuptern eine heikle Angelegenheit ist und oft mit Diskretion behandelt wird.

Könnte Biden trotz Demenz oder Parkinson Präsident bleiben?

Krankheiten wie Demenz und Parkinson können sich erheblich auf die Fähigkeit auswirken, ein hohes Amt wie das des US-Präsidenten auszuüben. Demenz ist eine geistige Störung, die sich zunächst durch Orientierungsverlust und Gedächtnisprobleme äußert. Im weiteren Verlauf können Schwierigkeiten bei der Affektkontrolle und Persönlichkeitsveränderungen auftreten. Diese Symptome könnten die Ausübung eines hohen Amtes erheblich einschränken, insbesondere wenn schnelle Entscheidungen und klare Kommunikation erforderlich sind. Parkinson hingegen beginnt in der Regel mit körperlichen Beschwerden wie erhöhtem Muskeltonus, Zittern, Gangschwierigkeiten und Gleichgewichtsproblemen. Bei einigen Patienten kann es im späteren Verlauf auch zu einer demenziellen Entwicklung oder Depression kommen. Wenn Parkinson durch Medikamente, Physiotherapie und gegebenenfalls Tiefenhirnstimulation adäquat behandelt wird, wäre - je nach geistiger Verfassung - eine prinzipielle Ausübung des Amtes für eine Zeitlang noch denkbar, wäre aber extrem erschwert.

Versprecher und Patzer: Hinweise auf eine kognitive Störung?

Versprecher und andere kleine Patzer können zwar Anzeichen für eine kognitive Störung sein, doch ist bei der Interpretation dieser Zeichen Vorsicht geboten. Es ist allzu einfach, daraus voreilige Schlüsse zu ziehen und beispielsweise einem älteren Menschen einen kognitiven Verfall zu unterstellen. Es gibt jedoch viele andere Faktoren, die im hohen Alter zu einer vorübergehenden geistigen Schwäche führen können. Dazu gehören Müdigkeit, Flüssigkeitsmangel, leichte Atemwegsinfektionen oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Im Alter können selbst vergleichsweise harmlose Umstände die kognitive Leistungsfähigkeit schneller und stärker beeinträchtigen als in jüngeren Jahren. Deshalb ist es wichtig, bei betroffenen Personen genau hinzuschauen und mögliche differentialdiagnostische Faktoren für die geistige Schwäche nicht zu übersehen. Nur so lässt sich eine genaue Diagnose stellen und eine angemessene Behandlung einleiten.

Bidens Gesundheitszustand und die Rolle der Medien

Die Debatte um Bidens Gesundheit ist nicht neu. Bereits während seiner Amtszeit gab es immer wieder Spekulationen und Berichte über seinen angeblichen Abbau. Ein neues Buch beschreibt nun detailliert, wie schlecht es um den Gesundheitszustand des damaligen US-Präsidenten tatsächlich gestanden haben soll - und wie sein Umfeld versucht hat, das zu vertuschen.

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Mitarbeiter, die darüber nachdenken, ihn im Fall einer Wiederwahl in einen Rollstuhl zu setzen, Berichte, wonach er seinen langjährigen Freund, Hollywoodstar George Clooney, nicht mehr erkennt - ein neues Buch über Ex-Präsident Joe Biden zeichnet das düstere Bild eines Verfalls im Amt. Für das Buch über das Ende der Biden-Präsidentschaft führten die angesehenen Journalisten Jake Tapper von CNN und Alex Thompson von Axios nach eigenen Angaben Interviews mit mehr als 200 Personen aus dem Umfeld Bidens und der Demokratischen Partei, die meisten nach der Wahlniederlage. Der 82-jährige Biden selbst hatte erst kürzlich Berichte über einen Abbau bestritten.

Nachdem Biden 2023 einmal vor laufenden Kameras hingefallen war, und teils immer unsicherer ging, diskutierten enge Mitarbeiter des Präsidenten nach Angaben der Zeitung „The Hill“, der Ausschnitte des Buchs vorlagen, ob sie Biden zu einem Rollstuhl überreden sollten. Sie beschlossen dann aber, dass es im Wahlkampf gegen den Republikaner Donald Trump politisch nicht gegangen wäre. Deshalb wollten sie es auf die Zeit nach der Wahl verschieben. Stattdessen achteten sie auf kurze Wege und eine ständige Begleitung.

Bis zum letzten Tag seiner Präsidentschaft hätten sich Biden und seine engsten Vertrauten nicht zugeben wollen, dass seine Energie, seine kognitiven Fähigkeiten und seine Kommunikationsfähigkeit erheblich nachgelassen hatten, schrieben die Autoren des Buchs in der Zeitschrift „The New Yorker“. „Schlimmer noch, sie versuchten mit verschiedenen Mitteln, dies zu verbergen.“

Als Beispiel für geistige Aussetzer führen die Autoren eine Begegnung mit Hollywoodstar Clooney an, den der Präsident seit vielen Jahren persönlich kennt. Im Juni 2024, als Biden von einem G7-Gipfel in Italien zurückkehrte, erschien er den Angaben zufolge bei einer von Clooney organisierten Spendengala. Dabei habe Biden den weltbekannten Schauspieler offenbar nicht erkannt, als er vor ihm stand und ihn nur standardmäßig begrüßt. „Sie kennen George“, habe ein Assistent des Präsidenten ihm zugeraunt. „Ja, ja“, sagte der Präsident demnach zu dem Star und Gastgeber der Benefizveranstaltung. „George Clooney“, habe der Assistent noch einmal wiederholt.

Clooney war den Angaben zufolge geschockt, dass Biden so gealtert schien und ihn nicht erkannt habe. Nachdem Biden Ende Juni bei der Debatte gegen Trump ein desaströses Bild abgegeben hatte, veröffentlichte Clooney am 10. Juli in der „New York Times“ einen viel beachteten Artikel mit dem Titel „Ich liebe Joe Biden. Aber wir brauchen einen neuen Kandidaten“, in dem er Biden zum Rückzug aufforderte. Am 21. Juli zog sich Biden aus dem US-Präsidentschaftsrennen zurück und überließ seiner Vize Kamala Harris das Feld.

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Ein ehemaliger führender Mitarbeiter der Harris-Kampagne, David Plouffe, übte in dem Buch scharfe Kritik an dem späten Rückzug Bidens. „Wir wurden als Partei von Biden dermaßen verarscht“, zitieren ihn die Autoren. Die gut 100 Tage nach dem Rückzug bis zur Wahl seien viel zu kurz gewesen.

Biden dementierte jedoch erneut Verfall. Ein Sprecher Bidens sagte, dass es körperliche Veränderungen gab, als er älter wurde, aber Anzeichen des Alterns sind kein Beweis für geistige Unfähigkeit. Biden selbst hatte wenige Tage zuvor bei einem TV-Auftritt den Vorwurf eines kognitiven Abbaus während seiner Zeit im Weißen Haus erneut zurückgewiesen.

Die Frage, ob Journalisten viel früher und viel härter über Joe Biden berichten müssen, steht seitdem im Raum. Eine häufige Kritik lautet: Die Medien hätten die Kritik an Bidens offensichtlichen Ausfallerscheinungen (bewusst) totgeschwiegen. Jene, die damals darauf hinwiesen, seien ignoriert oder gar beschimpft worden. Kurz: Journalisten seien ihrer Pflicht, unvoreingenommen und sachlich zu berichten, nicht nachgekommen.

Es gab jedoch auch Gründe, die gegen eine zu starke Thematisierung von Bidens Alter und Gesundheitszustand sprachen. Die politische Landschaft in den USA ist von einer besonders vergifteten Polarisierung und moralischer Verrohung geprägt. Kritische Hinweise auf Bidens Leistungsfähigkeit wurden entweder als böswillige Attacke im Stil des Trump-Lagers oder als illoyale Schwächung der "demokratischen Sache" selbst verstanden.

Zudem ist die US-Geschichte voller Präsidenten, deren Gebrechen vor der Öffentlichkeit verborgen wurden. Solange sie Stärke in entscheidenden Momenten zeigen konnten und der Regierungsapparat lief, war das darum auch selten ein Problem.

Bei Joe Biden war das nicht unbedingt anders, aber trotzdem auffälliger. Schon immer bestand ein großer Teil des Präsidentenamtes aus öffentlicher Kommunikation, Führungskraft und politischem Auftreten. Und genau das konnte Biden gerade zuletzt unfassbar schlecht. Das wog besonders schwer, da sich die Kommunikation im 21. Jahrhundert mit den sozialen Netzwerken, aber auch durch die politische Polarisierung stark verändert hat. Zumal in einem Land, in dem tägliche Auftritte entscheidend für Vertrauen, Mobilisierung und internationale Wirkung sind.

Dennoch verabschiedete die Biden-Regierung viele wichtige Gesetze und war handlungsfähig. Das nährte auch die Vorstellung, dass der Apparat und die Profis im Hintergrund funktionierten. Und ließ vielleicht zu sehr über Bidens Aussetzer hinwegsehen.

In vielen amerikanischen Medien und auch in der großen US-Denkfabrikszene herrschte die Erzählung vor: Joe Biden, der vorher schon seit Jahrzehnten Senator war, sei schon immer ein verhältnismäßig schlechter Rhetoriker gewesen. Sein Stottern und Stammeln rührte aus seiner Kindheit, ganz in den Griff bekam er es nie. Aber auch das ist Amerika: Jemand, der es trotz solcher Handicaps und dazu noch mit einem so schweren persönlichen Schicksal, wie dem Unfalltod seiner ersten Frau und seiner Tochter Naomi sowie dem Krebstod seines Sohnes Beau, bis ins Präsidentenamt schafft, wird als Held gefeiert. Joe Biden war und ist ein Kämpfer - dafür wurde er von weiten Teilen der Medien und Bevölkerung immer respektiert.

Diese Sicht auf den damaligen US-Präsidenten aber dominierte - und sie war ohne Frage zu verharmlosend. Zu wenig wurde etwa in den ausgesprochen seltenen Pressekonferenzen nachgehakt. Wir Journalisten waren zwar extrem genervt davon, wie selten Joe Bidens Team ihn frei vor uns Pressevertretern sprechen ließ. Etwas daran ändern konnten wir aber freilich nicht. Das war ab einem gewissen Zeitpunkt einfach so.

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