Einleitung
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, von der mehr als 3 % der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens betroffen sind. Etwa ein Viertel der neu diagnostizierten Fälle betrifft Kinder. Mit einer angemessenen Therapie können bei etwa 70 % der Patienten Remissionen erzielt werden. Die Mehrheit der Epilepsiepatienten weist eine normale kognitive Entwicklung auf. Dieser Artikel befasst sich mit der juvenilen myoklonischen Epilepsie (JME), einer spezifischen Form der Epilepsie, die typischerweise im Jugendalter beginnt. Es werden Aspekte wie Diagnose, Prognose und Behandlungsmöglichkeiten beleuchtet.
Klassifikation und Ätiologie der Epilepsie
Die Klassifikation von Anfallsformen und Epilepsiesyndromen erfolgt nach den Richtlinien der "International League Against Epilepsy" (ILAE). Grundsätzlich werden zwei Haupttypen unterschieden:
- Symptomatische Epilepsien: Diese Form hat eine erkennbare Ursache, wie z.B. Hirnschäden durch Trauma, Tumor, Entzündung oder Fehlbildungen. Auch genetische Systemerkrankungen können ursächlich sein.
- Idiopathische Epilepsien: Bei diesen Epilepsien wird ein genetischer Hintergrund vermutet. Abgesehen von der Epilepsie selbst weisen die Patienten keine weiteren Symptome auf. Viele idiopathische Epilepsiesyndrome sind auf das komplexe Zusammenspiel genetischer Faktoren und Umwelteinflüsse zurückzuführen. In einigen Fällen konnten Defekte in spannungsabhängigen und ligandenvermittelten Ionenkanälen nachgewiesen werden, was diese Epilepsien in die Nähe von Ionenkanalerkrankungen rückt.
Diagnosestellung und Anfallssymptomatik
Die Zuordnung zu einem bestimmten Epilepsiesyndrom erfolgt anhand der vermuteten Ätiologie und der Anfallssymptomatik. Die medikamentöse Therapie wird in der Regel nach dem Auftreten von zwei unprovozierten epileptischen Anfällen eingeleitet.
Epidemiologie der Epilepsie im Kindesalter
Die Prävalenz von Epilepsie im Kindesalter liegt bei etwa 0,5 %. In Industrieländern erkranken jährlich etwa 50 von 100.000 Kindern neu an Epilepsie, was etwa 25 % aller Epilepsie-Neuerkrankungen ausmacht.
Fieberkrämpfe als häufigste Anfallsform im Kindesalter
Fieberkrämpfe sind die häufigste Form epileptischer Anfälle im Kindesalter. Es handelt sich dabei um Gelegenheitsanfälle, die durch erhöhte Körpertemperatur provoziert werden. Auch bei wiederholtem Auftreten müssen sie von einer Epilepsie abgegrenzt werden. Ein Fieberkrampf wird als einfach klassifiziert, wenn er als generalisierter tonisch-klonischer Anfall verläuft, weniger als 15 Minuten dauert und innerhalb von 24 Stunden nur einmal auftritt. Die Prognose für einfache Fieberkrämpfe ist sehr gut, die psychomotorische Entwicklung bleibt unbeeinträchtigt und das Epilepsierisiko erhöht sich nur geringfügig.
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Differenzialdiagnose und Diagnostik bei Fieberkrämpfen
Bei einem febrilen Anfall im Kindesalter sollte immer auch an eine Meningoenzephalitis gedacht werden, insbesondere im Säuglings- und frühen Kleinkindalter. Eine Liquordiagnostik sollte in diesen Fällen in Erwägung gezogen werden. EEG und Bildgebung sind bei einfachen Fieberkrämpfen in der Regel nicht erforderlich.
Therapie und Rezidivprophylaxe bei Fieberkrämpfen
Ein Fieberkrampf, der nicht innerhalb von fünf Minuten spontan endet, muss medikamentös unterbrochen werden. Eltern von Kindern mit Fieberkrämpfen sollten mit einem schnell wirksamen, rektal (oder oral) applizierbaren Benzodiazepin-Präparat zur Anfallsunterbrechung ausgestattet sein. Eine Dauertherapie ist in der Regel nicht indiziert. Antipyretische Maßnahmen bei fieberhaften Infekten können den Allgemeinzustand des Kindes verbessern, reduzieren aber das Wiederholungsrisiko von Fieberkrämpfen nicht wesentlich. Eine intermittierende Diazepamprophylaxe kann bei wiederholten Fieberkrämpfen wirksam sein, sollte aber nur kurzzeitig und unter Beobachtung auf Nebenwirkungen erfolgen.
Altersgebundene Epilepsiesyndrome im Kindes- und Jugendalter
Es gibt verschiedene Epilepsiesyndrome, die in bestimmten Altersgruppen häufiger auftreten:
- Erstes Lebensjahr: Ursachen symptomatischer Epilepsien sind häufig hypoxisch-ischämische Enzephalopathie, Infektionen, Stoffwechselentgleisungen und kortikale Affektionen. Idiopathische Epilepsiesyndrome sind selten.
- Frühes Kindesalter (bis 6 Jahre): Hierzu gehören die frühkindliche Absenceepilepsie und das Doose-Syndrom (myoklonisch-astatische Epilepsie).
- Kindesalter (bis 12 Jahre): Typische Beispiele sind die Absenceepilepsie des Kindesalters (Pyknolepsie) und die Rolando-Epilepsie.
- Jugendlichenalter (ab 13 Jahre): In dieser Altersgruppe treten häufig die juvenile Absenceepilepsie, die Epilepsie mit isolierten generalisierten tonisch-klonischen Anfällen und die juvenile myoklonische Epilepsie auf.
Juvenile Myoklonische Epilepsie (JME)
Die juvenile myoklonische Epilepsie (JME), auch Janz-Syndrom genannt, ist eine häufige Form der generalisierten Epilepsien. Sie betrifft normal intelligente Kinder und Jugendliche und beginnt meist zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr.
Symptome der JME
Das Kardinalsymptom der JME sind morgendliche, oft kurz nach dem Erwachen auftretende, kurze myoklonische Zuckungen. Diese Zuckungen sind arrhythmisch und treten typischerweise in Schultern und Armen auf, seltener in den Beinen. Betroffene können Gegenstände aus der Hand schleudern. Die Zuckungen dauern nur wenige Sekunden und sind nicht mit Bewusstseinsstörungen verbunden. Gelegentlich treten auch Absencen und generalisierte tonisch-klonische Anfälle auf. Schlafmangel und Alkoholkonsum können Anfälle auslösen.
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Diagnose der JME
Die Diagnose der JME basiert auf der Anamnese, der neurologischen Untersuchung und dem EEG. Typisch für das EEG sind generalisierte Spike-Wave-Komplexe.
Therapie der JME
Die JME ist in der Regel gut mit Medikamenten behandelbar. Valproat ist oft das Mittel der ersten Wahl, aber auch Lamotrigin, Levetiracetam und Topiramat können eingesetzt werden. Die Medikation sollte immer individuell gewählt werden, unter Berücksichtigung von Geschlecht, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen. Die Dosierung orientiert sich am Medikamentenspiegel, der Verträglichkeit und den allgemeinen Empfehlungen zur Dosierung der jeweiligen Medikation.
Allgemeine Therapieempfehlungen
Es ist wichtig zu beachten, dass einige Antikonvulsiva die Anfallshäufigkeit verschlechtern können. Eine konsequente Einnahme der Medikamente ist entscheidend für die Anfallskontrolle.
Prognose der JME
Die JME gilt als lebenslänglich therapiepflichtig. Viele Patienten können jedoch mit Medikamenten anfallsfrei leben. Es ist wichtig, Verhaltensweisen und Umwelteinflüsse zu meiden, die im Verdacht stehen, Anfälle auszulösen.
Komorbiditäten
Resistente Verläufe der JME können mit psychiatrischen Erkrankungen und Schilddrüsenerkrankungen einhergehen.
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Weitere Epilepsieformen im Kindesalter
Neben der JME gibt es noch weitere Epilepsieformen, die im Kindesalter auftreten können:
- Absence-Epilepsie des Schulkindalters (Pyknolepsie): Diese Form ist durch häufige, kurze Bewusstseinspausen (Absencen) gekennzeichnet.
- Juvenile Absence-Epilepsie: Hier treten weniger Absencen auf, die aber oft mit tonisch-klonischen Krampfanfällen verbunden sind.
- Rolando-Epilepsie: Diese Form äußert sich durch sensomotorische Herdanfälle der Perioralregion.
- West-Syndrom (BNS-Epilepsie): Eine seltene, aber ernst zu nehmende Epilepsie bei Babys, die durch Blitz-Nick-Salaam-Anfälle gekennzeichnet ist.
- Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS): Eine weitere seltene Form von Epilepsie bei Kindern, die sich durch verschiedene Anfallsformen und eine oft therapieresistente Verlaufsform auszeichnet.
- Dravet-Syndrom: Eine sehr seltene und schwere Form der Epilepsie bei Kindern, die oft mit kognitiven Einschränkungen und Verhaltensauffälligkeiten einhergeht.
Epilepsie: Was ist wichtig zu wissen?
Epilepsie ist durch eine übermäßige elektrische Entladung von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet. Dies kann zu verschiedenen Symptomen führen, von Muskelkrämpfen und Bewusstlosigkeit bis hin zu subtileren Anfallsformen wie Schweißausbrüchen, Halluzinationen oder einem aufsteigenden Unwohlsein in der Magengegend. Die Diagnose der Epilepsie kann erschwert sein, da die Symptome und Anfallsformen sehr vielfältig sein können.
Was tun bei einem epileptischen Anfall?
Es ist wichtig zu wissen, wie man bei einem epileptischen Anfall Erste Hilfe leistet. Auch wenn epileptische Anfälle oft erschreckend sind, sind sie meist nicht gefährlich, solange sie gut kontrolliert und behandelt werden.
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