Kaffee und Demenz: Aktuelle Studien und Erkenntnisse

Die Frage, ob Kaffee vor Demenz schützen kann oder das Risiko sogar erhöht, ist Gegenstand zahlreicher Studien. Fest steht, dass Kaffee eines der beliebtesten Getränke der Welt ist und eine Vielzahl bioaktiver Verbindungen enthält. Diese könnten sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben, insbesondere im Hinblick auf neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz.

Demenz und Alzheimer: Eine Übersicht

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen des Gehirns, die mit einem fortschreitenden Verlust der kognitiven Fähigkeiten einhergehen. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 60 % aller Demenzerkrankungen aus. In Deutschland sind schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen an Alzheimer erkrankt, und Experten rechnen mit einem Anstieg auf 2,8 Millionen bis zum Jahr 2050. Daher werden erhebliche Ressourcen in die Forschung investiert, um die Krankheit zu verstehen und Behandlungsstrategien zu entwickeln.

Kaffee und seine potenziellen Auswirkungen auf das Gehirn

Immer wieder taucht das Thema Kaffee im Zusammenhang mit Alzheimer-Studien auf. Viele Studien deuten auf positive Auswirkungen von Kaffee bzw. Koffein hin, wobei die antioxidativen Verbindungen im Kaffee eine wesentliche Rolle spielen könnten.

Italienische Studie: Espresso und Tau-Proteine

Ein Forscherteam um Mariapina D’Onofrio von der Universität Verona untersuchte die Interaktion von Espresso mit sogenannten Tau-Proteinen, denen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Alzheimer zugeschrieben wird. Tau-Proteine sind normalerweise für die Stabilisierung von Strukturen im Gehirn zuständig. Im Laborversuch zeigte sich, dass Espresso die Fibrillen der Tau-Proteine verkürzen und die Bildung von Fasern verhindern konnte. Besonders Koffein und Genistein schienen für diesen Effekt verantwortlich zu sein. Die Forscher betonten jedoch, dass es sich um reine Laboruntersuchungen handelt.

Langzeitstudie: Kaffeekonsum und kognitiver Abbau

Eine groß angelegte Studie mit den Daten von fast 8.500 Erwachsenen über 60 Jahren untersuchte die Auswirkungen unterschiedlicher Kaffee- und Teemengen auf die fluide Intelligenz. Die Ergebnisse zeigten, dass ein Konsum von mehr als drei Tassen Kaffee pro Tag mit einem schnelleren Abbau der kognitiven Fähigkeiten im Laufe der Zeit verbunden ist. Im Vergleich dazu zeigten Personen, die nie Kaffee konsumierten oder einen mäßigen Konsum hatten, einen langsameren Rückgang der fluiden Intelligenz.

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Tee als möglicher Schutzfaktor

Interessanterweise zeigte die Studie bei Tee ein etwas anderes Muster. Personen, die nie Tee tranken, verzeichneten einen stärkeren Rückgang der fluiden Intelligenz im Vergleich zu Personen mit mäßigem oder hohem Konsum. Dies deutet darauf hin, dass Tee möglicherweise eine schützende Wirkung auf die kognitiven Funktionen haben könnte.

Weitere Forschungsergebnisse und Studien

  • FINMONICA-Studie: Diese Studie ermittelte für 3 bis 5 Tassen Kaffee am Tag ein um 65 Prozent vermindertes Demenzrisiko.
  • Studie an Mäusen: Prof. Christa Müller von der Universität Bonn und Dr. David Blum von der Universität Lille führten Experimente mit genetisch modifizierten Mäusen durch, bei denen es aufgrund eines Gendefekts frühzeitig zu Ablagerungen von Tau-Fibrillen kommt. Die Gabe von Koffein im Trinkwasser verlangsamte diese Entwicklung. Eine ähnliche Wirkung zeigte eine eigens entwickelte wasserlösliche Substanz (MSX-3), die wie Koffein den Adenosin A2A-Rezeptor im Gehirn blockiert.
  • Studie zur Stärkung des Langzeitgedächtnisses: Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigte, dass die Einnahme von Koffein beim Menschen das Langzeitgedächtnis stärken konnte.
  • Studie zu Zytokinen im Blut: Eine weitere Studie spielte das Koffein eine zentrale Rolle, allerdings nur zusammen mit einer weiteren, noch nicht identifizierten Substanz im Kaffee: Sie wirkten synergetisch und erhöhten den Plasmaspiegel von gleich drei Zytokinen im Blut (und zwar von G-CSF, IL-10 und IL-6).
  • Studie zu Eiweißablagerungen: Ein deutsch-französisches Wissenschaftlerteam untersuchte 2016, wie sich Koffein auf die bei Alzheimer typischen Eiweißablagerungen auswirkt. Dafür benutzten sie einen koffeinähnlichen Wirkstoff (MSX-3), der ebenso wie Koffein als A2A-Antagonist fungiert. Mit diesem Wirkstoff behandelten sie Mäuse, welche die bei Alzheimer typischen Protein-Ablagerungen aufwiesen.
  • Studie zu entkoffeinierten grünen Kaffeebohnen: In einer Studie konnte ein Präparat aus entkoffeinierten grünen Kaffeebohnen den Energiestoffwechsel des Gehirns ankurbeln.
  • Studie zu Eicosanoyl-5-Hydroxytryptamid (EHT): In einer Studie mit Ratten, die typische Alzheimerdefekte aufwiesen, zeigte ein bisher wenig beachtetes Molekül im Kaffee - Eicosanoyl-5-Hydroxytryptamid (EHT) - eine Schutzwirkung.
  • Harvard-Universität Studie: Laut einer Studie der Harvard-Universität lässt regelmäßiger Kaffeekonsum Frauen gut altern - der Konsum von bis zu 2,5 Tassen Kaffee pro Tag senke vor allem bei Frauen im mittleren Alter das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und könne Typ-2-Diabetes vorbeugen.

Die Rolle von Adenosin und Koffein im Gehirn

Koffein wirkt belebend, weil es im Gehirn die Adenosinrezeptoren blockiert. Adenosin ist eine Substanz, die normalerweise die Nervenzellaktivität hemmt und Müdigkeit verursacht. Indem Koffein die Adenosinrezeptoren blockiert, können die Nervenzellen aktiver arbeiten, was zu einem Gefühl der Wachheit und Klarheit führt.

Weitere Faktoren, die das Demenzrisiko beeinflussen

Neben dem Kaffeekonsum gibt es zahlreiche weitere Faktoren, die das Demenzrisiko beeinflussen können. Dazu gehören erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht, ein zu hoher Blutdruck, Tabakkonsum und Bewegungsmangel. Eine gesunde Lebensweise mit regelmäßiger Bewegung, sozialen Aktivitäten, geistiger Anregung und einer ausgewogenen Ernährung kann das Demenzrisiko senken.

Einschränkungen der Studien und zukünftige Forschung

Es ist wichtig zu beachten, dass viele der genannten Studien Beobachtungsstudien sind, die keine Kausalität beweisen können. Zudem basieren einige Ergebnisse auf Selbstauskünften der Teilnehmer, was zu Verzerrungen führen kann. Zukünftige Forschung sollte sich auf randomisierte kontrollierte Studien konzentrieren, um die Mechanismen hinter den potenziellen neuroprotektiven Effekten von Kaffee und Tee besser zu verstehen.

Übermäßiger Kaffeekonsum: Risiken und Nebenwirkungen

Ein übermäßiger Kaffeekonsum kann auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Zu den möglichen Symptomen und Krankheiten, die durch übermäßigen Kaffeekonsum entstehen können, gehören:

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  • Schlafstörungen
  • Herz-Kreislauf-Probleme
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Angst und Nervosität
  • Abhängigkeit und Entzug

Eine Studie des "Australian Centre for Precision Health" fand heraus, dass Menschen, die mehr als sechs Tassen Kaffee am Tag konsumieren, ein verringertes Hirnvolumen und ein erhöhtes Risiko für Demenz und Schlaganfall haben.

Empfehlungen für den Kaffeekonsum

Die aktuellen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein moderater Kaffeekonsum (ein bis drei Tassen pro Tag) möglicherweise positive Auswirkungen auf die kognitive Gesundheit haben kann. Ein übermäßiger Kaffeekonsum (mehr als drei Tassen pro Tag) könnte jedoch das Risiko für kognitiven Abbau und Demenz erhöhen. Es ist wichtig, auf den eigenen Körper zu hören und den Kaffeekonsum entsprechend anzupassen.

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