Ohrloch stechen: Nerv treffen – Risiken, Mythen und Empfehlungen

Der Wunsch nach einem Ohrpiercing, insbesondere im Knorpelbereich, ist weit verbreitet. Doch oft halten Bedenken hinsichtlich möglicher Nervenverletzungen und Komplikationen viele davon ab. Dieser Artikel beleuchtet die Thematik des Ohrlochstechens, geht auf die Risiken ein, räumt mit Mythen auf und gibt Empfehlungen für ein sicheres und zufriedenstellendes Ergebnis.

Nerven im Ohr: Eine anatomische Betrachtung

Im Ohr verlaufen zahlreiche Nervenendigungen, wie im Rest des Körpers. Jedoch gibt es an der gesamten Ohrmuschel keine Nervenbündel oder -hauptstränge wie beispielsweise die an der Wange und Gesichtsknochen verlaufenden Gesichtsnerven. Das bedeutet, dass das Risiko einer schwerwiegenden Nervenverletzung beim Ohrlochstechen gering ist, besonders wenn der Eingriff fachgerecht durchgeführt wird.

Ohrloch stechen vs. Schießen: Die richtige Methode

Ein wichtiger Punkt ist die Wahl der Methode: Stechen oder Schießen. Viele Piercer und Experten raten dringend davon ab, Ohrlöcher im Knorpelbereich mit einer Ohrlochpistole schießen zu lassen. Beim Schießen wird das Gewebe durchtrennt, was zu unsauberen Rissen, stärkeren Schmerzen und einem erhöhten Risiko für Entzündungen führen kann.

Das Stechen mit einer sterilen Nadel ist die bevorzugte Methode, besonders bei Knorpelpiercings wie dem Helix-Piercing. Dabei wird das Gewebe präzise durchstochen, was eine schnellere und komplikationsärmere Heilung ermöglicht. Einige Piercer bevorzugen auch das Punchen, bei dem ein Teil des Knorpels mit einem speziellen Stanz-Gerät entfernt wird.

Risiken beim Ohrlochstechen

Wie bei jedem Eingriff birgt auch das Ohrlochstechen gewisse Risiken. Zu den häufigsten Komplikationen gehören:

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  • Entzündungen: Sie entstehen meist durch mangelnde Hygiene, unsachgemäße Pflege oder das Tragen von ungeeignetem Schmuck.
  • Allergische Reaktionen: Nickelhaltiger Schmuck kann allergische Reaktionen wie Juckreiz, Rötungen und Schwellungen verursachen.
  • Verletzung von Nerven oder Blutgefäßen: Bei unsachgemäßer Durchführung können Nerven oder Blutgefäße verletzt werden, was zu Schmerzen, Blutungen oder in seltenen Fällen zu dauerhaften Schäden führen kann.
  • Keloide: Dabei handelt es sich um wulstige Narbenbildungen, die besonders bei Knorpelpiercings auftreten können.
  • Blowout: Wenn das Ohrloch unsauber oder zu tief gestochen wird, kann das Gewebe ungleichmäßig verheilen, was zu einem sogenannten „Blowout“ (Ausstülpung von Hautgewebe um das Loch) führen kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass Knorpelpiercings wie Helix und Co. unter Umständen zu infektiösen Problemchen führen können, da Knorpelgewebe allgemein schlechter durchblutet ist als Weichgewebe.

Die Wahl des richtigen Piercers

Die Wahl des Piercers ist entscheidend für ein sicheres und erfolgreiches Ohrlochstechen. Achten Sie auf folgende Kriterien:

  • Hygiene: Das Studio sollte sauber und ordentlich sein. Der Piercer sollte sterile Einwegnadeln und Handschuhe verwenden.
  • Erfahrung: Der Piercer sollte über Erfahrung im Stechen von Ohrlöchern, insbesondere im Knorpelbereich, verfügen.
  • Beratung: Der Piercer sollte Sie ausführlich über die Risiken, die Pflege und die Nachsorge informieren.
  • Qualifikation: Ärzte sind keine Piercer. Ärzte wissen, wie man eine Spritze mit der richtigen Nadel gibt, kennen sich aber trotz ihres umfassenden anatomischen Wissens nicht mit der korrekten Piercingtechnik bzw. Voraussetzungen dazu aus.

Einige Piercingstudios bieten auch eine Nachsorge an, bei der sie den Heilungsprozess überwachen und bei Problemen helfen.

Pflege nach dem Stechen

Die richtige Pflege ist entscheidend für eine schnelle und komplikationslose Heilung. Beachten Sie folgende Tipps:

  • Hände waschen: Waschen Sie Ihre Hände gründlich, bevor Sie das Piercing berühren.
  • Reinigung: Reinigen Sie das Piercing zweimal täglich mit einer Kochsalzlösung oder einem speziellen Piercing-Pflegemittel.
  • Drehen: Drehen Sie den Stecker oder Ring nicht unnötig, da dies den Stichkanal reizen und Bakterien hineinziehen kann.
  • Vermeiden: Vermeiden Sie unnötiges Herumfummeln und Spielereien am Piercing. Jedes Zupfen, Drehen oder Verschieben beleidigt den Stichkanal und du ziehst dir damit Bakterien ein.
  • Schmuck: Verwenden Sie ausschließlich hochwertigen Schmuck aus Chirurgenstahl, Titan oder Gold.
  • Heilungsdauer: Die Heilungsdauer variiert je nach Körperstelle und Person. Ohrläppchenpiercings heilen in der Regel innerhalb von 6-8 Wochen, während Knorpelpiercings bis zu 6 Monate oder länger benötigen können.
  • Arzt: Bei Anzeichen einer Entzündung (Rötung, Schwellung, Schmerzen, Eiter) suchen Sie umgehend einen Arzt oder Piercer auf.

Ohrloch selbst stechen: Eine riskante Option

Obwohl es möglich ist, sich ein Ohrloch selbst zu stechen, wird davon dringend abgeraten. Die Risiken für Komplikationen wie Infektionen, Nervenverletzungen und unsaubere Durchstechungen sind deutlich höher als bei einem professionellen Piercer. Wenn du dich dennoch dafür entscheidest, solltest du äußerst sorgfältig vorgehen und nur sterile Einwegmaterialien verwenden.

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Ohrlöcher schießen beim Juwelier: Eine gängige Praxis mit Nachteilen

Das Schießen von Ohrlöchern beim Juwelier ist eine weit verbreitete Praxis. Allerdings birgt diese Methode einige Nachteile im Vergleich zum Stechen beim Piercer:

  • Weniger Hygiene: Juweliere haben oft nicht die gleichen hohen Hygienestandards wie Piercingstudios.
  • Ungeeignete Methode für Knorpel: Das Schießen ist besonders für Knorpelpiercings ungeeignet, da es das Gewebe unkontrolliert verletzt.
  • Weniger Erfahrung: Juweliere haben in der Regel weniger Erfahrung im Stechen von Ohrlöchern als professionelle Piercer.

Alternativen zum klassischen Ohrloch

Neben dem klassischen Ohrloch gibt es eine Vielzahl von Piercing-Varianten am Ohr, die in den letzten Jahren immer beliebter geworden sind. Dazu gehören:

  • Helix-Piercing: Ein Piercing am äußeren Knorpelrand des Ohres.
  • Tragus-Piercing: Ein Piercing am kleinen Knorpelstück vor dem Gehörgang.
  • Daith-Piercing: Ein Piercing durch die innere Knorpelfalte des Ohres.
  • Conch-Piercing: Ein Piercing durch die Ohrmuschel.
  • Industrial-Piercing: Zwei Piercings am oberen Ohrknorpel, die durch einen Steg verbunden sind.

Bei der Wahl des Piercings solltest du dich von einem erfahrenen Piercer beraten lassen, der dich über die Risiken und die Pflege informiert.

Modischer Aspekt und Individualität

Ohrpiercings sind längst mehr als nur ein modisches Accessoire. Sie sind Ausdruck von Individualität, Persönlichkeit und Lebensgefühl. Mit der großen Vielfalt an Piercing-Varianten und Schmuckstücken kann jeder seinen eigenen Stil kreieren und seine Ohren zu einem Blickfang machen.

Piercings und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

Gemäss der Traditionellen Chinesischen Medizin durchlaufen energetische Bahnen, die so genannten Meridiane, unseren Körper. Wird gepierct, können dadurch genau diese Bahnen getroffen und ihr Energiefluss gestört werden - die Folge sind ausgeprägte gesundheitliche Probleme. Insbesondere Schmuckstücke, die in den knorpeligen Teil der Ohren gestochen werden, gelten als problematisch, da sich im Ohr Akupunkturpunkte für fast jedes Organ befinden.

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Allergien und Materialverträglichkeit

Allergische Reaktionen auf Piercingschmuck sind nicht selten. Nickel ist ein häufiges Allergen, aber auch andere Metalle oder Kunststoffe können Unverträglichkeiten auslösen. Achte daher auf hochwertigen Schmuck aus verträglichen Materialien wie Chirurgenstahl, Titan oder Gold.

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