Kann man Parkinson aufhalten: Was ist der aktuelle Stand der Forschung?

Der Welt-Parkinson-Tag am 11. April macht auf eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen aufmerksam. Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung des Nervensystems. Allein in Deutschland sind etwa 400.000 bis 500.000 Menschen davon betroffen. Weltweit sind es 6,1 Millionen Menschen. Die Erkrankung entwickelt sich schleichend, und die ersten Anzeichen können schon viele Jahre vor den Hauptsymptomen auftreten.

Was ist Parkinson?

Die Parkinson-Krankheit (PK), benannt nach dem Entdecker James Parkinson (1817), ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung des Menschen. Betroffene leiden unter einer generellen Verlangsamung der Bewegungsabläufe, einem Steifigkeitsgefühl der Muskeln und einem Zittern in Ruhe.

Das primäre oder idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) geht von einer bestimmten Hirnregion aus, der sogenannten schwarzen Substanz (Substantia nigra) im Mittelhirn. Hier befinden sich spezielle Nervenzellen (Neurone), die den Nervenbotenstoff (Neurotransmitter) Dopamin produzieren und mit ihm mit anderen Nervenzellen kommunizieren. Dopamin ist unter anderem wichtig für die Bewegungssteuerung. Bei Parkinson-Patienten gehen in einer bestimmten Hirnregion (u.a. Substantia nigra) Nervenzellen unter. Das führt zu einem Mangel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn. Dopamin ist ein sogenannter Neurotransmitter, er wird gebraucht, um Nervenreize weiterzuleiten. Fehlt dieser Botenstoff, kommt es quasi zu einem Wackelkontakt oder Leitungsschaden. So entstehen die für Parkinson typischen motorischen Symptome wie das Zittern, die reduzierte Beweglichkeit und die steifen Muskeln.

Die Ursache für den Zelltod bei der Parkinson-Krankheit ist noch nicht eindeutig nachgewiesen. In den betroffenen Nervenzellen bilden sich Ablagerungen (Lewy-Körperchen), die hauptsächlich aus Verklumpungen des Eiweißmoleküls Alpha-Synuklein bestehen und als Ursache für den neurodegenerativen Prozess diskutiert werden.

Das idiopathische Parkinson-Syndrom (idopathisch = eigenständige Erkrankung ohne anderweitige greifbare Ursache) macht etwa 75 Prozent aller Parkinson-Syndrome aus. Von diesem „klassischen“ Parkinson unterscheidet man die sehr seltenen genetischen Formen von Parkinson, das „Sekundäre Parkinson-Syndrom“, das z.B. durch Medikamente oder Vergiftungen ausgelöst werden kann, und die sogenannten „Atypischen Parkinsonsyndrome“ (d.h. andere neurologische Erkrankungen, die ähnliche Symptome wie Parkinson verursachen).

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Symptome von Parkinson

Die Symptome von Morbus Parkinson entwickeln sich schleichend. Zu den typischen Symptomen gehören das Zittern (Tremor), weitere Bewegungsstörungen wie Steifheit der Muskeln (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinese) und Gleichgewichtsstörungen. Zusätzliche Symptome können das „Einfrieren“ von Bewegungen (Freezing), Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken, Störungen der vegetativen Funktionen (z. B. der Blasenentleerung, der Verdauung oder des Blutdrucks) und psychische Veränderungen (z. B. Depressionen oder Demenz) sein.

Neben diesen klassischen motorischen Symptomen können weitere nicht-motorische Beschwerden wie Schlafstörungen, Depression, Panikattacken, verstärktes Schmerzempfinden, verlangsamtes Denken oder Geruchsempfindungsstörungen bereits in einer frühen Erkrankungsphase vorliegen.

Diagnose von Parkinson

Die Parkinson-Diagnose wird meistens durch einen Facharzt gestellt, also einem Neurologen. Der Arzt untersucht den Patienten dafür körperlich und achtet dabei besonders auf Parkinson-Symptome. Der Mediziner prüft beispielsweise, ob die Hände zittern, wenn sie ruhen, also nicht belastet werden. Außerdem schaut er, ob die Bewegungsabläufe verlangsamt sind und/oder die Arm-, Bein- und Rumpfmuskulatur versteift ist. Außerdem kann es sein, dass der Arzt einen Riechtest macht, eine Ultraschalluntersuchung einer bestimmten Hirnregion (Substantia nigra) oder ein MRT.

Risikofaktoren für Parkinson

Ein bekannter Risikofaktor für Parkinson ist das Alter: die meisten Betroffenen sind bei Diagnose über 60 Jahre alt. Aber es gibt auch Patientinnen und Patienten, die bereits in jüngeren Jahren erkranken. Heute sind mehrere Gene bekannt, die das Risiko einer Parkinson-Erkrankung erhöhen. Solche Risiko-Gene sind beispielsweise GBA, LRRK2, PRKN (auch Parkin genannt) oder SNCA. Ist eines oder sind mehrere dieser Gene verändert (mutiert), dann erhöht sich das Risiko deutlich, im Laufe des Lebens an Parkinson zu erkranken.

Weitere mögliche Dinge, die eine Erkrankung beeinflussen, sind Umwelt- und Lebensstilfaktoren. So scheinen Pestizide einen Einfluss zu haben, genauso wie Lösungsmittel oder sogenannte polychlorierte Biphenyle. Auch häufige Kopftraumata, also Verletzungen oder Gehirnerschütterungen, können das Parkinson-Risiko erhöhen.

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Verlauf von Parkinson

Parkinson ist eine fortschreitende Erkrankung. Experten unterteilen die Krankheit in fünf Stadien - je nach Stärke und Ausprägung der Symptome. Im ersten Stadium haben die Betroffenen nur milde Symptome, ihr tägliches Leben ist kaum eingeschränkt. Im fünften Stadium sind sie stark pflegebedürftig. Wie schnell der Krankheitsverlauf voranschreitet, ist individuell sehr unterschiedlich und lässt sich nicht zu Beginn der Erkrankung vorhersagen. Man weiß aber, dass sich Bewegung und Sport positiv auswirken und den Verlauf verlangsamen können, genauso wie ausreichend Schlaf und eine mediterrane Ernährung.

Behandlung von Parkinson

Parkinson wird in erster Linie mit Medikamenten behandelt. Dabei wird die Therapie von einem Spezialisten für neurologische Bewegungsstörungen individuell an den Patienten angepasst, denn die Beschwerden können variieren und unterschiedlich schnell fortschreiten. Die Parkinson-Symptome lassen sich durch einen Ausgleich des Dopaminmangels lindern, indem man Dopamin als Medikament zuführt (z. B. Levodopa) oder andere Substanzen, die im Gehirn ähnlich wirken wie Dopamin (sog. Dopaminagonisten). Manchmal kann auch ein hirnchirurgischer Eingriff sinnvoll sein, die sogenannte Tiefe Hirnstimulation (THS). Dazu werden Elektroden ins Gehirn eingesetzt, die durch elektrische Impulse bestimmte Hirnregionen positiv beeinflussen.

Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson ist heute weitgehend normal. In Deutschland und international werden daher neue Therapien erforscht, die an der Ursache der Erkrankung ansetzen.

Aktuelle Forschung zu Parkinson

Die Forschung zu Parkinson ist intensiv und vielfältig. Die Forschung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, um die Symptome der Parkinson-Erkrankung zu lindern. Deutschland gehört zu den international führenden Standorten der Parkinson-Forschung. Es gibt hervorragende regionale und nationale Forschungsnetzwerke.

Schwerpunkte der Forschung

Im Bereich der tierexperimentellen Forschung modellieren wir den Krankheitsprozess im Tiermodell nach und untersuchen die pathologischen Veränderungen der einzelnen Hirnareale mit immunhistochemischen und molekularbiologischen Ansätzen. Im Bereich der Grundlagenforschung liegt unser Augenmerk auf der Etablierung neuer Tiermodelle, um die Mechanismen der PK Entstehung zu untersuchen. Um neue krankheitsmodifizierende Therapieansätze entwickeln zu können, die den Verlauf der PK abmildern oder stoppen, ist es von großer Wichtigkeit, die der Erkrankung zugrundeliegenden Mechanismen zu entschlüsseln.

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Ein wesentliches Ziel derzeitiger Forschungsansätze ist es den Ausbreitungsmechanismus der Erkrankung zu verstehen, um hierdurch in einem nächsten Schritt neue Therapieoptionen zu entwickeln, die diesen und damit die Progression der Erkrankung verlangsamen oder stoppen können.

  • Ursachenforschung: Forschende des DZNE fahnden nach den Ursachen für das Nervensterben bei Parkinson - sowohl bei der sporadischen als auch bei der erblichen Form der Erkrankung. Andere erforschen die Rolle von Entzündungsprozessen oder bestimmten Genmutationen. Außerdem gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DZNE der Frage nach, wie geschädigte Mitochondrien zur Krankheitsentstehung beitragen können.
  • Biomarker-Identifikation: Suche nach spezifischen biologischen Markern (d. h. ein bestimmter Indikator im z. B. Blut, Urin oder Gewebe), die eine frühzeitige Diagnose ermöglichen. Ein Durchbruch könnte die verlässliche Identifikation krankheitsauslösender Proteine im Nervenwasser, im Blut oder in der Haut sein.
  • Krankheitsmodifizierende Therapien: Im Fokus stehen der monoklonale Antikörper Prasinezumab, der sich gegen Alpha-Synuclein richtet, und GLP-1-Rezeptoragonisten, die neuroprotektive Wirkungen haben sollen. Die Hoffnung ist, dass diese Ansätze das Fortschreiten der Erkrankung bremsen.

Aktuelle Studien und Ergebnisse

  • Prasinezumab: Aktuelle Analysen aus der open-label Extensionsphase der PASADENA-Studie deuteten darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab über vier Jahre hinweg das Fortschreiten der Erkrankung bei allen behandelten Patientinnen und Patienten verlangsamen könnte. Die PADOVA-Studie untersucht nun die Effekte von Prasinezumab als Zusatztherapie zur bestehenden symptomatischen Therapie bei Patientinnen und Patienten im frühen Stadium der Parkinson-Krankheit.
  • GLP-1-Rezeptoragonisten: Der GLP-1-Rezeptoragonist Exenatid hat in einer aktuellen Phase-III-Studie keine signifikanten Vorteile hinsichtlich einer Krankheitsmodifikation bei Morbus Parkinson gezeigt. Multizentrische klinische Studie hätten ergeben, dass der GLP-1-RA Lixisenatid das Fortschreiten der Parkinson-Symptome in einem geringen, aber statistisch signifikanten Umfang verlangsame.
  • Biomarker: Laut der Expertin erkennt der Test neurodegenerative Veränderungen mit einer Treffsicherheit von 97 % und zeigt bei Risikopersonen mit REM-Schlaf-Verhaltensstörung bereits Jahre vor Symptombeginn ein positives Ergebnis. Zur besseren klinischen Nutzbarkeit entwickeln Mollenhauer und ihr Team blutbasierte Tests.

Innovative Forschungsansätze

  • Mausmodelle für die Frühphase der Erkrankung: Zusammen mit dem Krembil Institut der University of Toronto (Kanada) haben wir ein präklinisches Mausmodell etabliert, das diese Fragen adressiert und die frühen pathologischen Veränderungen der PK nachmodelliert.
  • Hautbiopsie-Studie: Neben den charakteristischen Eiweißablagerungen in verschiedenen Hirnregionen finden sich solche Ablagerungen auch in peripheren Hautnerven.
  • Mikrobiom-Studie: In Kooperation mit dem Zentrum für systemische Biomedizin der Universität Luxemburg ist es uns gelungen aufzuzeigen, dass sich die Zusammensetzung der Darmbakterien durch die PK deutlich verändert.
  • Bildgebende Verfahren: Durch eine Kooperation mit der Universität Groningen konnten wir mittels Fluoro-Deoxy-Glucose-Positronen-Emissions-Tomographie-Messungen Veränderungen der Stoffwechselaktivität im Gehirn von RBD Patienten nachweisen, die denen von Parkinsonpatienten sehr ähnlich sind.

Perspektiven für die Zukunft

Experten wie der Neurologe Prof. Günter Höglinger sehen nach jahrzehntelanger Forschung einen positiven Trend: „Zwar ist es immer noch eine ernste Erkrankung, aber sie führt in vielen Fällen nicht zu einer Einschränkung der Lebenserwartung", sagt der Direktor der Neurologischen Klinik des LMU Klinikums München. Ein Grund: das erheblich verbesserte Wissen zu Parkinson-Diagnostik und Behandlung.

Die Göttinger Neurologin Brit Mollenhauer, dritte Vorsitzende der DGP, sagte, die aktuellen Fortschritte machten die Entwicklung von Therapien, die die Krankheit verlangsamen oder sogar aufhalten, in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten realistisch.

Trotz der Herausforderungen und der bisher fehlenden Heilung gibt es Grund für Optimismus. Die Forschung macht kontinuierlich Fortschritte, und neue Therapieansätze rücken in greifbare Nähe. Es ist wichtig, die Forschung weiter zu unterstützen und Betroffenen eine umfassende Versorgung zu gewährleisten.

Was können Betroffene tun?

Neben der medikamentösen Behandlung können Betroffene selbst aktiv werden, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen:

  • Bewegung und Sport: Bewegungstherapie gilt derzeit als der am besten belegte nichtmedikamentöse Ansatz zur Krankheitsmodulation. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2023 mit über 7.900 Teilnehmenden zeigte, dass verschiedenste Trainingsformen - von Tai Chi bis BIG-Therapie - sowohl motorische Funktionen als auch das allgemeine Wohlbefinden verbessern können.
  • Schlaf: Schlafstörungen gehören zu den häufigsten und oft frühesten Begleiterscheinungen von Parkinson. Neben klassischen Beschwerden wie Insomnie oder nächtlichem Harndrang rücken zunehmend auch biologische Hintergründe wie zirkadiane Rhythmusstörungen oder eine gestörte Funktion des glymphatischen Systems in den Fokus.
  • Ernährung: Eine mediterrane Ernährung kann sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.
  • Soziale Kontakte: Ein Sozialleben mit vielen Kontakten, Gespräche und gemeinsame Aktivitäten wie z.B. Tanzen, können der Entwicklung einer Demenz entgegenwirken.
  • Austausch mit anderen Betroffenen: Die Kommunikation über die Erkrankung mit der Familie und dem Partner/der Partnerin sollte gesucht werden.

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