Schlafapnoe und Epilepsie: Ein komplexer Zusammenhang

Schlaf und epileptische Aktivität stehen in einer wechselseitigen Beziehung. Epilepsie kann Schlafstörungen verursachen, indem sie die Schlafarchitektur über die postiktale Phase hinaus stört, was zu Tagesmüdigkeit und Gedächtnisstörungen führt. Andererseits können Schlafstörungen die Häufigkeit epileptischer Anfälle erhöhen. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die obstruktive Schlafapnoe (OSA) ein Risikofaktor für Epilepsie sein könnte, insbesondere bei älteren Erwachsenen.

Was ist Schlafapnoe?

Schlafapnoe ist durch nächtliche Atempausen oder abnorm niedrige Atmung während des Schlafs gekennzeichnet. Jede Atempause, die als Apnoe bezeichnet wird, dauert mindestens zehn Sekunden bis mehrere Minuten und tritt 5 bis 30 Mal oder mehr pro Stunde auf. Es gibt verschiedene Formen der Schlafapnoe, wobei die obstruktive Schlafapnoe (OSA) die häufigste ist. Bei OSA werden die Atemwege während des Schlafs blockiert, was zu einem Sauerstoffmangel führt. Das Gehirn erkennt diesen Mangel und weckt die Person auf, meist mit einem lauten Schnarchen, um die Atmung wieder aufzunehmen. Dieser Zyklus wiederholt sich die ganze Nacht und verhindert einen erholsamen Schlaf.

Symptome der Schlafapnoe

Die häufigsten Beschwerden bei Schlafapnoe sind übermäßige Tagesmüdigkeit und häufiges Erwachen. Weitere Symptome können sein:

  • Zähneknirschen
  • Mundtrockenheit
  • Morgendliche Kopfschmerzen
  • Erektile Dysfunktion
  • Gedächtnisstörungen
  • Schnarchen

Der Zusammenhang zwischen Schlafapnoe und Epilepsie

OSA ist bekanntermaßen ein Risikofaktor für eine schlechte Gehirngesundheit, einschließlich des Risikos von Schlaganfällen und Demenz. Ein Zusammenhang mit Epilepsie wurde bisher jedoch nicht ausreichend untersucht. Eine aktuelle Studie der Vanderbilt University School of Medicine, Nashville, USA, hat ergeben, dass bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe ein erhöhtes Anfallsrisiko besteht, insbesondere bei älteren Menschen. Die obstruktive Schlafapnoe ist gekennzeichnet durch eine Verengung der oberen Atemwege, wie sie beispielsweise durch die Erschlaffung des Zungengrundes während des Schlafs passieren kann.

Hypoxie als möglicher Faktor

Die Studie der Vanderbilt University School of Medicine fand heraus, dass Personen, bei denen die Sauerstoffsättigung während des Schlafs unter 80 Prozent fiel, dreimal so häufig an einer später auftretenden Epilepsie erkrankten wie Menschen mit normalen Sauerstoffwerten. Das Ausmaß der Hypoxie während des Schlafs war mit spät einsetzender Epilepsie assoziiert, unabhängig von anderen medizinischen Problemen und demografischen Faktoren. Dieser Zusammenhang deutet darauf hin, dass wiederholte niedrige Sauerstoffwerte in der Nacht zu Veränderungen im Gehirn führen könnten, die letztendlich das Epilepsierisiko erhöhen.

Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?

Schlafstörungen und Anfallsauslöser

Für Menschen mit Epilepsie ist ein gesunder Schlaf unerlässlich, um Krampfanfälle wirksam unter Kontrolle zu halten. Schlafstörungen können ein zweischneidiges Schwert sein: Epilepsie stört den Schlaf, und Schlafentzug verschlimmert die Epilepsie. Eine norwegische Studie mit 794 Epilepsie-Patienten ergab, dass die häufigsten Auslöser für Anfälle emotionaler Stress, Schlafentzug und Müdigkeit sind.

Medikamentös schwer kontrollierbare Epilepsien bei Schlafapnoe

Es gibt Hinweise darauf, dass Epilepsien bei Schlafapnoe medikamentös schwer kontrollierbar sein können und dass nokturnale Epilepsien als Differenzialdiagnose schlafassoziierter Bewegungsstörungen infrage kommen. Tagesmüdigkeit und kognitive Beeinträchtigungen am Tag mit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen können primär auf eine Epilepsie hindeuten, die bisher noch gar nicht diagnostiziert wurde, weil sie sich durch nokturnale Anfälle manifestiert. Daher sollte insbesondere bei jüngeren Menschen explizit eine Epilepsiediagnostik mit Bildgebung und EEG erfolgen.

Diagnose und Behandlung

Polysomnographie

Eine Polysomnographie (Schlaflaboruntersuchung) kann helfen, Schlafapnoe zu diagnostizieren. Dabei werden verschiedene Körperfunktionen während des Schlafs überwacht, darunter Hirnströme (EEG), Augenbewegungen, Muskelaktivität, Herzfrequenz, Atmung und Sauerstoffsättigung. In Fällen von Epilepsie sollte eine Langzeit-Polysomnographie mit Epilepsie-Schaltung durchgeführt werden.

CPAP-Therapie

Die Continuous Positive Airway Pressure (CPAP)-Therapie ist eine gängige Behandlung für Schlafapnoe. Dabei wird eine Gesichtsmaske getragen, die über einen flexiblen Schlauch mit einem kleinen CPAP-Gerät am Krankenbett verbunden ist. Das CPAP-Gerät erzeugt den erforderlichen Luftdruck, um die Atemwege im Schlaf offen zu halten. Obwohl die CPAP-Therapie bei der Verringerung von Apnoen äußerst wirksam und billiger als andere Behandlungen ist, empfinden es einige Menschen als äußerst unangenehm. Es gibt jedoch komfortablere CPAP-Gesichtsmasken in verschiedenen Formen, Größen und Materialien.

Sulthiam als alternative Behandlung

Eine Studie hat gezeigt, dass der bei Epilepsie eingesetzte Wirkstoff Sulthiam Symptome obstruktiver Schlafapnoe (OSA) lindern kann. Sulthiam ist ein Sulfonsäureamid und hemmt das Enzym Carboanhydrase und stimuliert die Muskeln der oberen Atemwege. Studienteilnehmer, die Sulthiame einnahmen, hatten während des Schlafs weniger Atempausen und einen höheren Sauerstoffgehalt im Blut. Zudem zeigte sich eine placeboangepasste dosisabhängige Verringerung des AHI (Apnoe/Hypopnoe mit ≥4% O2-Entsättigung). Sulthiam soll nun weiter getestet werden, um die langfristigen Wirkungen und etwaigen Nebenwirkungen besser zu verstehen.

Lesen Sie auch: Sicher Autofahren mit Parkinson: Ein Leitfaden für Deutschland

Schlafbezogene Atmungsstörungen und Vagusnervstimulation (VNS)

Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine Therapieoption für Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass VNS schlafbezogene Atemstörungen induzieren kann. Ursächlich dafür scheint eine akzidentielle Kostimulation der Vagusnervseitenäste N. recurrens und N. laryngeus superior zu sein, was zu einer Tonisierung ihrer motorischen Versorgungsgebiete im Pharynx und am linken Stimmband führt und somit zu einer Restriktion der Atemwege während VNS-ON-Phasen. Versuche, diesen VNS-induzierten Apnoen mit CPAP-Therapie entgegenzutreten, erwiesen sich in den meisten Patienten als wirkungslos.

Lesen Sie auch: Corona und das Gehirn: Was wir wissen

tags: #Schlafapnoe #Epilepsie #Zusammenhang