Ultraschall der Halsschlagader beim Neurologen: Schlaganfallvorsorge im Fokus

Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Ursachen für Behinderungen und Todesfälle in Deutschland. Viele Schlaganfälle entstehen durch Verengungen oder Verschlüsse der hirnversorgenden Gefäße. Ein Ultraschall der Halsschlagadern kann dazu beitragen, das individuelle Schlaganfallrisiko zu beurteilen.

Was ist ein Ultraschall der Halsschlagadern?

Der Ultraschall der Halsschlagadern, auch Carotis-Duplex-Sonographie (CDS) genannt, ist eine nicht-invasive Untersuchungsmethode, bei der die Halsschlagadern mit einem Ultraschallgerät untersucht werden. Die Halsschlagadern (Arteriae carotides) sind die Hauptschlagadern, die das Gehirn mit Blut versorgen.

Moderne Ultraschallgeräte nutzen das sogenannte Duplexverfahren, um sämtliche hirnversorgende Gefäße im Halsbereich (Hals- und Nackenschlagader) und die wichtigsten Gefäße innerhalb des Schädels zu untersuchen. Die Untersuchung ermöglicht es, Ablagerungen in den Halsschlagadern, Flussgeschwindigkeiten oder Fehlbildungen dieser Blutgefäße sichtbar zu machen.

Ablauf der Untersuchung

Für die Untersuchung wird ein Ultraschallkopf auf den Hals aufgelegt, der unschädliche, für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbare Schallwellen aussendet. Über einen Lautsprecher kann man das Pulsieren des Blutes in den Halsgefäßen hören, wobei die Pulskurven gleichzeitig aufgezeichnet bzw. das Bild des Gefäßes auf einem Bildschirm sichtbar gemacht wird. Diese Untersuchung ist schmerz- und gefahrlos und kann mehrfach wiederholt werden.

Die Ultraschallsonde wird nacheinander auf die einzelnen Halsschlagadern aufgesetzt, anschließend auf die Stellen am Kopf, an denen die Arterien innerhalb des Kopfes zu sehen sind. Untersucht werden mit dieser Methode die hirnversorgenden Arterien am Hals und ebenso die Arterien im Gehirn.

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Was wird untersucht?

  • Halsschlagadern (Arteria carotis und Arteria vertebralis): Hier werden Ablagerungen (Plaques) und Verengungen (Stenosen) festgestellt.
  • Arterienverläufe innerhalb des Kopfes: Hier kann der weitere Weg des Blutes bis ins Gehirn verfolgt werden.
  • Blutströmungsverhältnisse: Der Ultraschall liefert Informationen darüber, ob sich die Engstelle auf den Blutfluss auswirkt.
  • Umgehungskreisläufe (Kollateralen): Falls nicht genügend Blut nach der Einengung ankommt, wird geprüft, ob Umgehungskreisläufe aktiviert werden konnten, um das Gehirn weiterhin ausreichend mit Blut zu versorgen.
  • Weitere Gefäßstrukturen: Auch Arterien im Kopf (z.B. das sog. Carotis-T) und Ohr-nahe Arterien können untersucht werden.

Wann ist ein Ultraschall der Halsschlagader sinnvoll?

Ein Ultraschall der Halsschlagader kann in verschiedenen Situationen sinnvoll sein:

  • Abklärung von Risikofaktoren: Bei Vorliegen von Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen wie Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes oder erhöhten Blutfettwerten.
  • Abklärung von Symptomen: Bei Symptomen, die auf eine Durchblutungsstörung des Gehirns hindeuten könnten, wie z.B. Schwindel, Seh- oder Sprachstörungen, Lähmungen.
  • Nach einem Schlaganfall: Zur regelmäßigen Kontrolle der hirnversorgenden Gefäße und der Gefäßrisikofaktoren.
  • Kontrolle nach Operation oder Stent-Implantation: Um sicherzustellen, dass die Arterie weiterhin ausreichend erweitert ist und keine erneute Verengung auftritt.
  • Abklärung von Ohrgeräuschen (Tinnitus): Insbesondere bei pulssynchronem Tinnitus kann eine erweiterte Ultraschalluntersuchung der Ohr-nahen Arterien sinnvoll sein.
  • Abklärung von Zittern (Tremor): Mit modernen Ultraschallgeräten ist eine genaue Darstellung bestimmter Hirnareale (Substantia nigra) möglich, was bei der Abklärung von Parkinson-ähnlichen Erkrankungen hilfreich sein kann.
  • Einschätzung des Schlaganfallrisikos: Um das persönliche Schlaganfallrisiko einzuschätzen und gegebenenfalls vorbeugende Maßnahmen einzuleiten.

Neurologische Vorsorgeuntersuchung bei erhöhtem Risikoprofil

Eine neurologische Vorsorgeuntersuchung mit Ultraschall der Halsschlagadern wird insbesondere bei erhöhtem Risikoprofil empfohlen. Dazu gehören:

  • Bekannte Gefäßerkrankungen: Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit.
  • Risikofaktoren: Erhöhter Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte.
  • Familiäre Vorbelastung: Schlaganfälle in der Familie.
  • Unklare Symptome: Kopfschmerzen, Schwindel, Gedächtnisstörungen.

Was kann mit dem Ultraschall erkannt werden?

Mit dem Ultraschall der Halsschlagadern können verschiedene Veränderungen der hirnversorgenden Gefäße erkannt werden:

  • Verengungen (Stenosen): Ablagerungen (Plaques) an den Gefäßwänden können zu Verengungen der Halsschlagadern führen. Der Ultraschall kann den Grad der Einengung feststellen und beurteilen, ob sich diese auf den Blutfluss auswirkt.
  • Ablagerungen (Plaques): Der Ultraschall kann die Beschaffenheit der Plaques beurteilen (hart/weich) und feststellen, ob sich ein frischer Thrombus (Blutgerinnsel) gebildet hat, der abzureißen und einen Schlaganfall auszulösen droht.
  • Gefäßverletzungen: Der Ultraschall kann auch Verletzungen der Arterien erkennen.
  • Erhöhter Hirndruck: Die Ultraschalluntersuchung des Sehnervs (Orbitasonographie) kann Hinweise auf einen erhöhten Hirndruck liefern, was z.B. bei Kopfschmerzen wichtig sein kann.
  • Veränderungen der Substantia nigra: Bei Verdacht auf Parkinson kann die Ultraschalluntersuchung der Substantia nigra Veränderungen in diesem Hirnareal sichtbar machen.

Was tun bei einer Verengung der Halsschlagader (Carotisstenose)?

Wird eine Verengung der Halsschlagader festgestellt, muss sorgfältig abgewogen werden, ob eine Behandlung sinnvoll ist. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

  • Grad der Einengung: Wie stark ist die Arterie verengt?
  • Symptome: Liegen bereits Symptome vor (z.B. Seh- oder Sprachstörungen, Schwäche)?
  • Blutströmungsverhältnisse: Wirkt sich die Engstelle auf den Blutfluss aus?
  • Umgehungskreisläufe: Konnten sich Umgehungskreisläufe bilden, um das Gehirn weiterhin ausreichend mit Blut zu versorgen?
  • Weitere Risikofaktoren: Liegen weitere Risikofaktoren für einen Schlaganfall vor?
  • Allgemeiner Gesundheitszustand: Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten?

Behandlungsmöglichkeiten

Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei einer Carotisstenose:

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  • Konservative Therapie (Best Medical Treatment): Optimale medikamentöse Therapie zur Senkung des Schlaganfallrisikos (z.B. Blutdrucksenker, Cholesterinsenker, Thrombozytenaggregationshemmer).
  • Operation (CEA - Carotid Endarterectomy): Operative Entfernung der Ablagerungen in der Halsschlagader.
  • Stent-Implantation (CAS - Carotid Artery Stenting): Aufdehnung der Engstelle mit einem Stent (Drahtgeflecht).

In der Regel wird in einem sogenannten Gefäß-Team oder Carotis-Team interdisziplinär über die beste Behandlungsstrategie entschieden.

Ultraschall zur Schlaganfallvorsorge bei beschwerdefreien Personen?

Die Frage, ob ein Ultraschall der Halsschlagadern zur Schlaganfallvorsorge bei beschwerdefreien Personen sinnvoll ist, wird kontrovers diskutiert.

Argumente gegen ein generelles Screening

  • Begrenzte Ressourcen: Ein generelles Screening würde erhebliche Ressourcen im Gesundheitswesen beanspruchen.
  • Überdiagnose und Übertherapie: Viele Verengungen der Halsschlagader verursachen zeitlebens keine Beschwerden. Eine unnötige Behandlung kann Nebenwirkungen haben.
  • Fehlalarme: Die Ultraschalluntersuchung kann zu Fehlalarmen führen, die weitere, belastende Untersuchungen nach sich ziehen.
  • Mangelnde Evidenz: Es gibt keine Studien, die eindeutig belegen, dass ein generelles Screening das Schlaganfallrisiko bei beschwerdefreien Menschen senken kann.

Argumente für ein gezieltes Screening

  • Früherkennung von Risikofaktoren: Der Ultraschall kann frühe Gefäßwandveränderungen erkennen und dazu beitragen, notwendige Lebensstiländerungen (mehr Bewegung, Gewichtsreduktion, Rauchstopp) zu initiieren.
  • Individuelle Risikoeinschätzung: Der Ultraschall kann das individuelle Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, insbesondere für Schlaganfälle, abschätzen.
  • Gezielte Behandlung: Bei Vorliegen von Risikofaktoren und relevanten Verengungen kann eine gezielte Behandlung das Schlaganfallrisiko senken.

Empfehlungen von Fachgesellschaften

Die meisten Fachgesellschaften raten von einem generellen Screening der Halsschlagadern bei beschwerdefreien Personen ohne besondere Risikofaktoren ab. Sie empfehlen jedoch, bei Vorliegen von Risikofaktoren und/oder Symptomen eine gezielte Untersuchung durchzuführen.

Kosten und Leistung der Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernehmen die Kosten für den Ultraschall der Halsschlagadern, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Verengung der Halsschlagader besteht oder Beschwerden vorliegen, die auf eine Durchblutungsstörung des Gehirns hindeuten könnten. Im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung (Check-Up) ab dem 18. Lebensjahr einmalig und ab 35 Jahren alle drei Jahre wird das Abhören (Auskultation) der Halsschlagadern von der GKV übernommen. Ergibt das Abhören einen Verdacht, ist eine Ultraschalluntersuchung GKV-Leistung.

Wenn kein konkreter Verdacht besteht und keine Beschwerden vorliegen, ist die Ultraschalluntersuchung eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), die selbst bezahlt werden muss. Die Kosten für eine Ultraschalluntersuchung einer Halsseite liegen in der Regel zwischen 50 und 90 Euro.

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