Einführung
Morbus Parkinson ist eine fortschreitende, multifaktorielle neurodegenerative Erkrankung, die sich durch verschiedene Symptome äußert. Dazu gehören Tremor, Bradykinese (verlangsamte Bewegungen), Rigor (Muskelsteifheit) und posturale Instabilität (Gleichgewichtsstörungen). Tremor, ein unwillkürliches Zittern, ist eine häufige Bewegungsstörung, die in verschiedene Arten unterteilt werden kann, einschließlich Ruhetremor und Aktionstremor, wobei der Aktionstremor nochmals in Haltetremor unterteilt werden kann. Ein Tremor kann erhebliche Einschränkungen im Alltag verursachen und zu großen Schwierigkeiten für die Betroffenen führen, was ihre krankheitsbedingte Einschränkungen verstärkt. Bisherige Behandlungen umfassen medikamentöse Therapien und die tiefe Hirnstimulation (THS). Eine vielversprechende Alternative stellt die Ultraschalltherapie dar, insbesondere der Magnetresonanztomographie-gesteuerte fokussierte Ultraschall (MRgFUS).
Konventionelle Behandlungsmethoden bei Parkinson-Tremor
Medikamentöse Therapie
Für die Behandlung des Parkinson-Tremors stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Die medikamentöse Therapie kann in die Behandlung des Handtremors und des Kopf- und Stimmtremors unterteilt werden. Allerdings führt die medikamentöse Behandlung häufig nicht zu einer ausreichenden Symptomkontrolle. Zudem sind die Abbruchraten mit ungefähr 30 % relativ hoch.
Tiefe Hirnstimulation (THS)
Eine weitere etablierte Behandlungsmethode ist die tiefe Hirnstimulation (THS). Bei diesem Verfahren werden implantierte Tiefenelektroden in bestimmte Zielregionen im Gehirn platziert, um elektrische Impulse abzugeben. Dadurch kann die Bradykinese gebessert und somit die Lebensqualität der Patienten deutlich gesteigert werden. Allerdings kann es im Laufe der Zeit zu einem Nachlassen der Wirksamkeit kommen, so dass es notwendig wird, das Stimulationsfeld anzupassen. Zudem ist die THS ein invasiver Eingriff, der mit Risiken wie Infektionen, Blutungen oder Sondenfehllagen verbunden sein kann.
Magnetresonanztomographie-gesteuerter fokussierter Ultraschall (MRgFUS)
Funktionsweise und Vorteile
Der Magnetresonanztomographie-gesteuerte fokussierte Ultraschall (MRgFUS) ist eine nicht-invasive Methode, die die thermische Läsion sehr kleiner Strukturen des Zentralnervensystems ermöglicht. Im Falle der Parkinson-Krankheit kann MRgFUS zur Behandlung durch adaptive Läsion des ventromedialen Thalamuskerns eingesetzt werden. Die Ultraschallwellen sind alleine unschädlich für das Hirngewebe, werden aber im Zielpunkt gebündelt, wodurch ein Bereich mit scharfen Grenzen umgewandelt wird. Durch die hohe Beschallungspräzision bleiben benachbarte Strukturen im Gehirn unverändert, wodurch das Risiko einer unbeabsichtigten Läsion ausgeschlossen wird.
Die Anwendung von intrakraniellem MRgFUS bietet einige wesentliche Vorteile:
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- Sofortige Wirkung: Die Behandlung des Tremors mittels MRgFUS zeigt sofortige Wirkung, ohne dass weitere Eingriffe und Behandlungsepisoden erforderlich sind.
- Minimal-invasive Vorgehensweise: Durch die minimal-invasive Vorgehensweise werden Probleme wie Blutungen, Infektionen usw. vermieden.
- Hohe Präzision: Die hohe Beschallungspräzision sorgt dafür, dass benachbarte Strukturen im Gehirn unverändert bleiben.
- Einmalige Behandlung: Die MRgFUS wird in nur einem einzigen Behandlungsschritt durchgeführt.
Ablauf der Behandlung
Die Dauer der Behandlung beträgt ungefähr 5 Stunden. Die Verbesserung der Symptome tritt sofort ein. Während der Behandlung liegt der Patient in einem Magnetresonanztomographen (MRT). Auf dem Kopf wird ein spezieller Helm mit über 1.000 kleinen Ultraschallsendern angebracht, der die Kopfhaut kühlt. Im MRT wird eine dreidimensionale Karte des betroffenen Hirnbereichs erstellt. Anschließend wird der fokussierte Ultraschall auf diesen Punkt gerichtet. Zunächst wird der Effekt mit einer reduzierten Temperatur von 50 Grad Celsius geprüft. Ist der exakte Punkt gefunden, werden die betroffenen Nervenzellen mit gebündelten Schallwellen bei 57 bis 60 Grad Celsius ausgeschaltet.
Klinische Evidenz
Klinische Studien belegen ausführlich die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlungsmethode. In einer Studie von Elias et al. aus dem Jahr 2016 wurde MRgFUS mit einer Scheinbehandlung (Sham) verglichen. Die Besserung in der MRgFUS-Gruppe war auch nach 12 und 24 Monaten anhaltend.
Mögliche Nebenwirkungen
Als mögliche Nebenwirkungen wurden in Studien Schwäche (4%), Dysarthrie (2%) und Dysphagie (2%) beobachtet. Im Vergleich zu den Risiken eines operativen Eingriffs sind diese Nebenwirkungen jedoch eher gering. Es ist wichtig zu beachten, dass allgemeine Kontraindikationen zur MRT-Bildgebung (z.B. Herzschrittmacher) oder Gerinnungsstörungen gegen eine MRgFUS-Behandlung sprechen.
Erfahrungen und Empfehlungen
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) empfiehlt den Einsatz der MRgFUS-Methode, da sie schonend und präzise angewandt werden kann. Experten wie Professor Dr. Ullrich Wüllner berichten von positiven Erfahrungen mit dem fokussierten Ultraschallverfahren bei Parkinson-Patienten, deren Tremor medikamentös nicht ausreichend kontrolliert werden konnte.
Fokussierter Ultraschall in der Praxis
Der fokussierte Ultraschall kombiniert die Anwendung von Ultraschall mit der MRT-Technik. Die Methode nutzt Ultraschall, der durch Magnetresonanztherapie (MRT, Kernspintomographie) gezielt unter Sicht auf das Gehirn eingebrachte Schallwellen, die ihre Wirkung tief im Gehirn entfalten. Die Ultraschallwellen werden auf einen kleinen Punkt im Gehirn fokussiert, der für das unkontrollierte Zittern der Hände bei essenziellem Tremor oder Parkinson verantwortlich ist. Durch das geringe Risiko des Eingriffs können die Patient*innen in der Regel bereits nach wenigen Tagen mit erheblicher Verbesserung ihrer Symptome entlassen werden. Der fokussierte Ultraschall wird routinemäßig einseitig angewendet, so dass der Tremor auf einer Körperseite stark reduziert werden kann.
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Ablauf der Behandlung im Detail
Die zu behandelnde Person liegt in einem Magnet-Resonanz-Tomographen (MRT). Dabei werden unter Sicht- und Temperaturkontrolle im MRT die Ultraschallwellen auf einen nur wenige Millimeter großen Hirnbereich fokussiert, punktgenau gebündelt und in Wärme umgewandelt. Auf dem Kopf der behandelten Person wird zunächst eine Art Helm mit über 1.000 kleinen Ultraschallsendern angebracht. In diesem Helm zirkuliert Wasser, das die ganze Zeit die Kopfhaut kühlt. Im MRT erstellt das behandelnde Ärzteteam eine sehr genaue dreidimensionale Karte des betroffenen Bereichs im Gehirn. Dieser ist nur etwa zwei Millimeter groß. Anschließend wird der fokussierte Ultraschall auf genau diese Stelle gerichtet. Mit einer reduzierten Temperatur von 50 Grad Celsius wird der Effekt des fokussierten Ultraschalls geprüft. Bei dieser Temperatur ist der Effekt nur vorübergehend. Ist der exakte Punkt im Gehirn gefunden, kommt der entscheidende Schritt. Bei 57 bis 60 Grad Celsius werden die betroffenen Nervenzellen mit den gebündelten Schallwellen ausgeschaltet. Dieser Vorgang kann in mehreren Intervallen stattfinden.
Anwendung bei Parkinson-Tremor
Beim Parkinson-Tremor schaltet der gebündelte Ultraschall beschädigte Gehirnzellen aus, die das Zittern verursachen. Dazu wird der Schall in den Subthalamus geleitet. Dieser Teil des Gehirns steuert vor allem die Grobmotorik, die bei Parkinson beeinträchtigt ist.
Vorbereitung
Zunächst wird der Kopf der behandelten Person kahl rasiert und die Haut lokal betäubt. Rund um den Kopf verteilt man dann mit einer Art Helm über 1.000 kleine Ultraschallsender.
Zielfindung
Im MRT erstellen die Behandelnden zunächst eine sehr genaue dreidimensionale Karte des betroffenen Bereichs im Subthalamus. Er ist nur etwa zwei Millimeter groß. Dann suchen sie mit dem fokussierten Ultraschall die genaue Stelle. Das ist mit einer Temperatur unter 50 Grad Celsius möglich, ohne Nervenzellen zu zerstören. Die Erkrankten berichten dabei, ob das Zittern wie gewünscht abnimmt. Dazu machen sie Bewegungen, die normalerweise den Tremor auslösen.
Behandlung
Ist der richtige Punkt für den Tremor gefunden, kommt der entscheidende Schritt. Bei 57 bis 60 Grad Celsius zerstört man die betroffenen Nervenzellen mit den gebündelten Schallwellen. Das findet in mehreren Intervallen statt. Währenddessen erzeugt das MRT laufend Bilder zur Kontrolle.
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Nachsorge
Die Behandelten können nach zwei bis drei Tagen das Krankenhaus wieder verlassen. Zunächst behandelt man nur den Tremor auf einer Körperseite. Einige Monate später kann die andere Seite folgen. Eine Kontrolle ist meist nach jeweils sechs Monaten sinnvoll.
Wirksamkeit und Studien
In den meisten Fällen verbessert sich das Zittern unmittelbar nach dem Eingriff. Der positive Effekt verstärkt sich zudem innerhalb der ersten Stunden nach der Behandlung. Eine Studie, die Ende 2020 im „The New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde, zeigte, dass der fokussierte Ultraschall wirkungsvoll Parkinson-Symptome lindern kann. An der Studie nahmen 40 Personen teil, von denen 27 die Ultraschall-Therapie und 13 ein Scheinverfahren erhielten.
Vergleich mit anderen Therapien
Gegen den Tremor und andere Parkinson-Symptome wirken Medikamente zum Teil sehr gut. Seit einigen Jahren kann Betroffenen bei schweren Verläufen ein sogenannter Hirnschrittmacher helfen. In der Fachsprache heißt das Verfahren Tiefe Hirnstimulation: Dabei implantiert man hauchdünne Elektroden in bestimmte Steuerzentren des Gehirns. Der Hirnschrittmacher wirkt sehr gut. Betroffene gewinnen oft mehrere Jahre, in denen sie unter deutlich geringeren Symptomen leiden. Der Teil des Hirnschrittmachers, von dem die elektrischen Impulse zur Hirnstimulation ausgehen, muss nach 3-5 Jahren gewechselt werden. Wenn der Schrittmacher nicht wirkt oder unerwünschte Folgen hat, kann man ihn wieder abschalten. Tiefe Hirnstimulation ist zudem besonders sinnvoll, wenn Parkinson-Erkrankte neben dem Tremor noch andere starke motorische Symptome haben.
Aktueller Stand und Ausblick
Noch ist fokussierter Ultraschall bei Parkinson-Tremor eine experimentelle Therapie. Die Krankenkassen dürfen die Kosten für die Behandlung nicht vollständig übernehmen. Sie erstatten nur einen Basissatz für sogenannte stereotaktische Eingriffe. Grund dafür ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bei der Ultraschall-Methode keinen Zusatznutzen gegenüber anderen bestehenden Behandlungsverfahren wie der Tiefen Hirnstimulation sieht.
Weitere Forschung und Entwicklungen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an einer nicht-invasiven Neurostimulation der Gehirnareale auf Basis von Ultraschall. Der entsprechende Applikator (Schallkopf) wird über ein flexibles Pad auf den Kopf gesetzt. Dessen Ultraschallsignale sind von so niedriger Intensität, dass sie das Zellgewebe nicht schädigen, zugleich lassen sie sich durch eine 3D-Steuerung des Schallstrahls (3D-Beam-Steering) sehr genau fokussieren. Mediziner und Forschende setzen daher große Hoffnungen in die Technologie. In Zukunft könnte sie für die Therapie von verschiedensten neurologischen Erkrankungen wie beispielsweise Epilepsie oder zur Behandlung der Folgen von Schlaganfällen eingesetzt werden.
Die Fraunhofer-Forschenden entwickeln das Verfahren im Rahmen verschiedener öffentlicher und industrieller Forschungsprojekte und arbeiten dabei mit Partnern aus Deutschland, der EU, USA, Kanada und Australien zusammen. Die schachbrettartig angeordneten Elemente des Schallwandlers bestrahlen das gewünschte Gehirnareal aus unterschiedlichen Winkeln. Daher kann der Fokus, also der Punkt, an dem sich die Strahlen treffen, auf eine bestimmte Tiefe im Gehirngewebe gesetzt werden. Für die Schallwandler nutzen die Fraunhofer-Forschenden piezoelektrische Elemente. Diese verändern ihre Oberfläche, wenn eine Spannung angelegt wird, und produzieren so den Ultraschall. Die Kombination aus einem sehr kleinen Fokus zwischen drei und fünf Millimetern und nahezu beliebiger Platzierung des Fokus in der Tiefe des Gehirns schafft die Möglichkeit zielgerichteter und gleichzeitig schonender Modulation der Gehirnareale. Die Ultraschallfrequenzen bewegen sich im niederfrequenten Bereich unter 1 MHz, beispielsweise bei etwa 500 kHz.
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