Neurologische Ausfälle bei Katzen können beunruhigend sein. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Therapiemöglichkeiten, um betroffenen Katzen ein möglichst normales Leben zu ermöglichen.
Was ist Ataxie?
Ataxie ist eine neurologische Störung, die sich in Koordinations- und Bewegungsfähigkeitsproblemen äussert. Betroffene Tiere werden oft als "Wackelkatzen" bezeichnet, da ihr Gang unsicher und schwankend ist. Die Ausprägung der Ataxie kann variieren, von leichten Einschränkungen bis hin zu schwerem Torkeln und Stolpern.
Ursachen von Ataxie bei Katzen
Die Ursachen für Ataxie bei Katzen sind vielfältig und reichen von angeborenen Erkrankungen bis hin zu Infektionen und Verletzungen. Eine genaue Diagnose ist entscheidend, um die richtige Behandlung einzuleiten.
Angeborene Ursachen
Eine häufige Ursache ist die zerebelläre Hypoplasie, eine Unterentwicklung des Kleinhirns. Diese tritt oft bei Katzen auf, deren Mütter während der Trächtigkeit mit dem felinen Panleukopenievirus (FPV), auch Katzenseuche genannt, infiziert waren. Das Kleinhirn ist für die Koordination und Feinabstimmung von Bewegungen verantwortlich. Eine Unterentwicklung führt zu unkoordinierten Bewegungen.
Toxine
Bestimmte Toxine können das Nervensystem schädigen und Ataxie verursachen. Dazu gehören Schwermetalle, Pestizide und bestimmte Medikamente.
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Verletzungen
Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen können das Gehirn oder Rückenmark schädigen und zu Ataxie führen. Auch andere traumatische Ereignisse können Ataxie verursachen.
Degenerative Erkrankungen
Es gibt degenerative Erkrankungen des Nervensystems, bei denen Nervenzellen im Laufe der Zeit absterben.
Infektionen
Infektionen wie FIP (Feline Infektiöse Peritonitis) können zu neurologischen Symptomen führen.
Taumelkrankheit (Staggering Disease)
Die Taumelkrankheit, auch Staggering Disease genannt, ist eine neurologische Erkrankung, die sporadisch bei Freigängerkatzen auftritt. Sie wird durch das Rustrela-Virus verursacht, das erstmals 2020 entdeckt wurde. Das Virus wurde im Gehirn von Katzen mit Taumelkrankheit in Schweden, Österreich und Deutschland nachgewiesen. Ein internationales Konsortium unter der Leitung des Friedrich-Loeffler-Instituts identifizierte das Virus bei 27 von 29 Katzen mit Symptomen der Taumelkrankheit. Die Kontrollgruppe war Rustrela-negativ.
Die Taumelkrankheit wurde erstmals in den 1970er-Jahren in Schweden und in den 1990er-Jahren in Österreich beschrieben. Es gibt Berichte über ähnliche Erkrankungen aus anderen europäischen Ländern. Typische Symptome sind Ataxie mit taumelndem Gang aufgrund von Paresen/Paralysen der Hinterbeine und einem erhöhten Muskeltonus. Weitere neurologische Symptome können auftreten, wie z.B. das Unvermögen, die Krallen einzuziehen, Hyperästhesie am hinteren Rücken/Schwanz, Tremor oder epileptische Anfälle. Fieber und Verhaltensänderungen wie vermehrtes Vokalisieren, Niedergeschlagenheit, Anhänglichkeit oder Aggression können ebenfalls beobachtet werden. Die Erkrankung dauert meist wenige Tage bis Wochen, kann sich aber auch bis zu einem Jahr hinziehen. In den meisten Fällen führt die fortschreitende Verschlechterung zur Euthanasie.
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Das Rustrela-Virus wurde 2020 zunächst im Gehirn mehrerer Tiere mit neurologischen Erkrankungen in einem kleinen Zoo an der deutschen Ostsee entdeckt. Es wurde auch bei Fledermäusen in Afrika und bei Katzen mit Taumelkrankheit in Schweden, Österreich und Deutschland nachgewiesen. Nagetiere sind vermutlich das Reservoir. Alle betroffenen Katzen waren Freigänger. Wie das Virus von Nagetieren auf Katzen übertragen wird und ob Katzen das Virus ausscheiden, ist noch unklar. Es wird vermutet, dass die Übertragung nur durch Nagetiere erfolgt, da die Erkrankung nur sporadisch bei Freigängern auftritt. Zudem tritt die Staggering Disease saisonal gehäuft im Winter oder Frühjahr auf. Das Rustrela-Virus scheint in Europa weiter verbreitet zu sein als bisher angenommen. Angesichts des breiten Wirtsspektrums im Zoo könnte es auch für neurologische Erkrankungen bei anderen Tierarten oder dem Menschen verantwortlich sein.
Diagnose von Ataxie
Zur Diagnose der Ataxie stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.
Neurologische Untersuchung
In einer neurologischen Untersuchung werden die Symptome klassifiziert, die Muskelstärke geprüft und nach weiteren Anzeichen einer neurologischen Erkrankung gesucht.
Blutuntersuchung
Eine Blutuntersuchung kann Hinweise auf Infektionen, Entzündungen oder Anomalien in den Blutwerten liefern.
Bildgebende Verfahren
Um Gehirn und Rückenmark darzustellen, können bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden. Die CT eignet sich besonders gut für Veränderungen an den Knochen, während die MRT Weichteile wie Gehirn und Rückenmark besser darstellt.
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Liquoruntersuchung
Eine Liquoruntersuchung, bei der eine Probe der Gehirnflüssigkeit entnommen wird, kann Hinweise auf Entzündungen oder Tumorzellen liefern.
Therapie von Ataxie
Die Behandlung von Ataxie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
Medikamentöse Behandlung
Viele neurologische Erkrankungen können medikamentell behandelt werden. Häufig werden Entzündungshemmer, Antiepileptika oder Schmerzmittel eingesetzt.
Operation
Bei Bandscheibenvorfällen kann eine Operation erforderlich sein, um das vorgefallene Bandscheibenmaterial zu entfernen.
Physiotherapie
Gezielte physiotherapeutische Übungen können helfen, die Muskulatur und Koordination der Katze zu verbessern.
Ernährung
Eine Anpassung der Ernährung mit gezielten Nahrungsergänzungsmitteln kann die Ataxie positiv beeinflussen. Omega-3-Fettsäuren können entzündungshemmend wirken und die neurologische Funktion unterstützen. Verschiedene Vitamine und Enzyme können ebenfalls positiv auf die Koordination und Bewegungsfähigkeit wirken.
Unterstützung im Alltag
Um die Mobilität einer Katze mit Ataxie zu erleichtern, kann die Umgebung angepasst werden. Aufstiegshilfen, Absicherungen an Catwalks und Unterstützung beim Zugang zum Futternapf oder zur Katzentoilette können hilfreich sein.
Leben mit einer Katze mit Ataxie
Die Betreuung einer Katze mit Ataxie erfordert zusätzliche Aufmerksamkeit und Pflege. Es ist wichtig, geduldig, verständnisvoll und mitfühlend zu sein. Katzen denken nicht darüber nach, was sie können oder worin sie eingeschränkt sind. Sie passen sich an ihre Situation an und geniessen ihr Leben.
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