Stoßwellentherapie bei Demenz: Studien, Kosten und Wirksamkeit

Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Form der Demenz, stellt eine große Herausforderung für Betroffene und ihre Familien dar. Da es derzeit keine Heilung gibt, konzentrieren sich die Behandlungsansätze auf die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs und die Verbesserung der Lebensqualität. In diesem Zusammenhang hat die transkranielle Pulsstimulation (TPS), eine Form der Stoßwellentherapie, in den letzten Jahren Aufmerksamkeit erregt. Dieser Artikel beleuchtet die TPS, ihre Anwendung bei Demenz, die aktuelle Studienlage, die damit verbundenen Kosten und die Meinungen von Experten.

Was ist die transkranielle Pulsstimulation (TPS)?

Die transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist eine moderne, nicht-invasive Methode zur Hirnstimulation. Sie wird vor allem eingesetzt, um den kognitiven Abbau bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen zu verlangsamen. Zudem zeigt TPS positive Effekte bei Long-Covid- und Erschöpfungssyndromen.

TPS verwendet fokussierte Stoßwellen mit niedriger Energie, die in kurzen Pulsen schmerzfrei durch die Schädeldecke (transkraniell) in das Gehirn geleitet werden. Diese Methode kann auch tief liegende Hirnregionen erreichen, die mit anderen Verfahren schwer zugänglich sind.

Wie funktioniert TPS?

TPS verwendet fokussierte Stoßwellen, die durch plötzliche, starke Störungen im Wasser erzeugt werden. Eine Eigenschaft dieser Wellen ist, dass sie Energie vom Ort der Erzeugung zum Ort der Anwendung übertragen können. So können mit TPS Stoßwellen durch die Schädeldecke (transkraniell) in das Gehirn geleitet werden und den Fokusbereich auch in tief liegenden Hirnregionen erreichen. Beim TPS-System werden die Stoßwellen elektromagnetisch erzeugt. Dieses Verfahren ermöglicht eine sehr präzise und feinfühlige Dosierung einer relativ niedrigen Energie, aber eines hohen Drucks, der pulsierend auf eine kleine Fläche appliziert wird. Das bedeutet, dass das TPS-System eine Stoßwelle erzeugt, auf die eine Pause folgt, bevor die nächste Welle abgegeben wird. Obwohl die Wiederholrate der erzeugten Stoßwellen unter 6 Hz liegt, reicht die Bandbreite dieser Wellen von 1 kHz bis 10 MHz, was sie ebenfalls deutlich von anderen Hirnstimulationsverfahren unterscheidet.

Wirkungsweise der TPS

Der grundlegende Wirkmechanismus der TPS ist die Mechanotransduktion, bei der biochemische Prozesse durch mechanische Impulse angeregt werden. Es wurde gezeigt, dass diese Prozesse im stimulierten Gewebe unter anderem zu einer erhöhten Expression von neurotrophen und vaskulären Wachstumsfaktoren führen können. Ein vermuteter Wirkmechanismus der TPS ist die Förderung der neuronalen Regeneration durch erhöhte Expression des Wachstumsfaktors BDNF. Im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass eine verminderte BDNF-Expression eine entscheidende Rolle in der Pathologie spielt. Es wird vermutet, dass durch TPS neue synaptische Netzwerke gebildet werden, die den fortschreitenden Verlust kognitiver und motorischer Hirnfunktionen bei neurodegenerativen Erkrankungen verlangsamen können. Ferner zeigen zahlreiche Studien der letzten Jahrzehnte eine Korrelation zwischen Stimmung und der Expression von neurotrophen Wachstumsfaktoren (BDNF) in verschiedenen Hirnregionen.

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Anwendung der TPS bei Demenz

Die TPS wird vorwiegend zur Verlangsamung des kognitiven Abbaus bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen eingesetzt. Zu den Erkrankungen, bei denen Erfahrungen vorliegen und die erfolgreich behandelt werden, gehören verschiedene Formen der Demenz, darunter Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Vaskuläre Demenz, Primär-progressive Aphasie sowie verschiedene Parkinsonsyndrome. Neuerdings zeigen sich auch Hinweise auf eine Wirksamkeit bei der Behandlung des Chronischen Erschöpfungssyndroms (ME/CFS) und Long-Covid-Syndrom. Schließlich wird die TPS zur Behandlung bestimmter psychiatrischer Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen eingesetzt, wenn Patienten nach einer umfassenden Behandlung mit TMS keine ausreichende Besserung der Symptome spüren, auf diese Therapieform nicht ansprechen oder sie nicht vertragen.

Voraussetzungen für eine TPS-Behandlung

Für eine TPS-Behandlung ist die Diagnose einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung erforderlich, die von einem Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie gestellt wird. Liegt diese Diagnose noch nicht vor, kann sie in der NeuroPraxis Mannheim oder in Zusammenarbeit mit anderen Facharztpraxen gestellt werden. Für das Vorbereitungsgespräch sollten eine Liste aller bisherigen Medikamente und Therapien in zeitlicher Reihenfolge, alle vorhandenen medizinischen Befunde, auch aus anderen Fachgebieten (z. B. Laborergebnisse), der aktuelle Medikamentenplan und, falls vorhanden, der Befund und die CD eines Kopf-MRT (Magnetresonanztomographie) mitgebracht werden. So kann die Behandlung optimal geplant und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden.

Warum ein MRT vor der TPS sinnvoll ist

Eine MRT-Untersuchung des Kopfes ist für eine TPS-Therapie zwar nicht zwingend notwendig, wird aber empfohlen. Sie hilft dabei, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten. Außerdem kann eine MRT-Untersuchung dabei helfen, Diagnosen zu bestätigen. Besonders wichtig ist die MRT-Untersuchung, um Veränderungen im Gehirn sichtbar zu machen, die die Platzierung der TPS-Sonde oder den Behandlungserfolg beeinflussen könnten. Dazu gehören angeborene oder erworbene strukturelle Anomalien des Gehirns, wie z. B. Aneurysmen, Durchblutungsstörungen, Tumore, Zysten und Fehlbildungen oder deren Narben. Ein passendes Kopf-MRT kann auch zur Neuronavigation bei TPS verwendet werden, falls nur einzelne Hirnareale gezielt stimuliert werden sollen. Beim normalen Behandlungsprotokoll ist dies aber nicht notwendig.

Ablauf einer TPS-Sitzung

Therapiesitzungen mit TPS dauern je nach Protokoll 10 bis 30 Minuten. Der Patient sitzt währenddessen in einem Behandlungsstuhl und kann sich frei bewegen. Zu Beginn wird eine CD mit der Kopf-MRT des Patienten in das TPS-System eingelesen und über eine Sensorbrille die Position des Kopfes erfasst. Der Therapeut kalibriert mithilfe einer Navigationssoftware die Kopfform des Patienten und trägt Kontaktgel auf den Kopf auf. Während der Behandlung führt der Therapeut die TPS-Sonde über die Kopfhaut und kann die Stimulation der Hirnregionen in Echtzeit auf einem Bildschirm verfolgen, was auch der Patient mitverfolgen kann. Jede Sitzung umfasst eine vorher festgelegte Anzahl von Impulsen. Die Behandlung ist schmerzfrei, es ist lediglich ein leichtes Klicken spürbar. Nach der Sitzung kann der Patient seinen gewohnten Tagesablauf fortsetzen und sollte seine Medikamente weiterhin einnehmen.

Feststellung der Wirksamkeit der TPS

Für den einzelnen Patienten und seine Angehörigen ist eine Verlaufstestung der kognitiven Leistungsfähigkeit mittels validierter neuro-psychometrischer Testverfahren entscheidend. Diese Tests werden vor der Erstbehandlung durchgeführt und am Ende eines Behandlungszyklus wiederholt, um die Wirkung zu beurteilen.

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Dauer der TPS-Therapie

Neurodegenerative Erkrankungen sind naturgemäß mit einem Fortschreiten der Symptome verbunden. TPS zielt darauf ab, das Fortschreiten der kognitiven Beeinträchtigung zu verlangsamen und die neuropsychiatrischen und motorischen Symptome zu verbessern. TPS für diese Krankheiten umfasst daher eine Anfangsbehandlung und eine fortlaufende Erhaltungsbehandlung mit einer Sitzung alle vier bis sechs Wochen. Das übliche Protokoll für die Anfangsbehandlung umfasst 6 Sitzungen innerhalb von 2 Wochen. In einer neueren klinischen Studie mit Patienten mit mittelschwerer Alzheimer-Krankheit und verschiedenen neuropsychiatrischen Symptomen wurden 10 Sitzungen innerhalb von 5 Wochen durchgeführt. Diese Anpassung deutet darauf hin, dass eine intensivere Stimulation einen stärkeren therapeutischen Effekt haben könnte und längere Pausen zwischen den Sitzungen eine Überstimulation verhindern und sich positiv auf die neuronale Adaptation auswirken könnten. Da es sich bei den anderen Erkrankungen, die mit der TPS behandelt werden, um eine Therapieoption für Non-Responder auf die TMS handelt, ist die Therapiedauer in diesen Fällen individuell.

Erfolgsaussichten einer TPS-Therapie

TPS ist keine ursächliche Behandlung der neurodegenerativen Veränderungen, sondern dient der Linderung ihrer Folgen. Die Ergebnisse der ersten klinischen Studie unabhängig von TMS-Erfinder bestätigen, dass eine Anfangsbehandlung mit TPS bei Demenzpatienten, zum Beispiel, Gedächtnis, Sprache, Aufmerksamkeit und Konzentration erhalten und in einigen Fällen verbessern kann. Diese Studie zeigt auch, dass eine Anfangsbehandlung die Fähigkeit der Patienten verbessert, Aktivitäten des täglichen Lebens und andere exekutive Funktionen auszuführen. In einer neueren Studie konnte eine signifikante Verbesserung der depressiven Symptomatik bereits 3 Monate nach der Behandlung gezeigt werden. Forscher zeigen, dass Demenzpatienten noch 3 Monate nach einer Anfangsbehandlung eine deutliche Verbesserung neuropsychiatrischer Symptome zeigen. Da das Ausmaß der Besserung im Einzelfall nicht vorhersehbar ist und neurodegenerative Erkrankungen naturgemäß fortschreiten, kann das genaue Ausmaß des therapeutischen Effekts nur in placebokontrollierten Studien nachgewiesen werden.

Erhaltungsbehandlung nach der Anfangsbehandlung

Die bisherigen klinischen Studien und Erfahrungen zeigen, dass die Verbesserungen durch die TPS-Therapie in den ersten zwei bis drei Monaten nach der Behandlung nahezu stabil bleiben. Im Laufe der Zeit kommt es jedoch zu einer Minderung der Wirkung bzw. zu einem langsamen Fortschreiten der Erkrankung, was durch eine Erhaltungsbehandlung nach etwa sechs Wochen abgefangen werden kann.

Studienlage zur TPS bei Demenz

Die wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit der TPS bei Demenz ist noch begrenzt und wird kontrovers diskutiert. Einige Studien deuten auf positive Effekte hin, während andere keinen signifikanten Nutzen zeigen.

  • Positive Effekte: Einige Studien berichten von Verbesserungen in kognitiven Funktionen, der Stimmungslage, der Motorik und der Fähigkeit, alltägliche Aufgaben auszuführen. Auch die Reduktion von Angst und Depression wird in einigen Fällen beobachtet. So berichtet beispielsweise die Tochter einer Patientin, dass ihre Mutter seit der TPS-Behandlung ihr Zeitgefühl zurückerlangt hat, die Tageszeit richtig einschätzen kann, eine verbesserte Koordination aufweist und wieder besser Gesprächen folgen kann.
  • Kritische Stimmen: Andere Experten bemängeln das Fehlen valider Daten und methodisch sorgfältiger Untersuchungen mit größeren Stichproben und Kontrollgruppen. Insbesondere wird kritisiert, dass viele Studien von der Firma finanziert werden, die die entsprechenden Geräte vertreibt, was zu Verzerrungen führen kann. Christoph Schmitz, Professor für Neuroanatomie und Neurowissenschaftler, zweifelt an der Wirksamkeit der TPS bei Alzheimer und fordert Messungen, um zu überprüfen, was von den Stoßwellen tatsächlich im Gehirn ankommt und ob die relevanten Bereiche erreicht werden.
  • Aktuelle Studien: Im Frühjahr 2025 wurde eine neue Studie mit 60 Patienten veröffentlicht, die von dem Gerätehersteller mitfinanziert wurde. Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass vor allem jüngere Patienten von der Behandlung profitieren könnten. Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) hat sich die Ergebnisse genauer angeschaut und festgestellt, dass auch diese Studie keinen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis liefert.

Kosten der TPS-Therapie

Die Kosten für eine TPS-Behandlung werden in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Es werden meist Pakete angeboten, bei denen ein Block von sechs Behandlungen etwa 3.000 Euro kostet. Später wird dann noch einmal eine Auffrischung von zwei Sitzungen empfohlen. Die Kosten für eine Auffrischungsbehandlung liegen bei etwa 400 Euro.

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Es ist wichtig zu beachten, dass die Kosten je nach Anbieter variieren können. Prof. Bauermeister bietet beispielsweise im Rahmen einer zweijährigen Studie die Behandlung für 350 Euro pro Sitzung an, anstatt der üblichen 500 Euro.

Nebenwirkungen und Kontraindikationen

In klinischen Studien und in der Praxis sind nur wenige leichte Nebenwirkungen während und nach einer TPS-Sitzung bekannt. Die häufigste Nebenwirkung während der Behandlung sind leichte, punktuelle Schmerzen an einzelnen Stellen auf dem Schädel. In den meisten Fällen gewöhnen sich die Patienten in den weiteren Sitzungen daran. Falls nötig, kann die Stimulation so angepasst werden, dass die unangenehmen Stellen bei der Stimulation vermieden werden. Leichte Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel sind die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen nach einer TPS-Sitzung und treten bei etwa 5-10% der Patienten auf. Diese Nebenwirkungen sind jedoch vorübergehend und klingen in der Regel noch am selben Tag oder innerhalb der ersten Therapietage von selbst ab.

Die TPS-Therapie sollte in bestimmten Situationen nicht durchgeführt werden. Ebenso sollte TPS vermieden werden, wenn sich Fremdkörper im oder am Kopf befinden, die nicht entfernt werden können - z. B. chirurgische Klammern oder Geschossfragmente. Die TPS darf außerdem nicht bei Hirntumoren eingesetzt werden. In bestimmten Fällen kann jedoch bei stabilen, gutartigen Tumoren eine Ausnahme möglich sein - dies muss individuell ärztlich beurteilt werden.

Alternativen zur TPS

Neben der TPS gibt es weitere Methoden zur Behandlung von Demenz, die derzeit erforscht werden:

  • Transkranielle Magnetstimulation (TMS): Nicht-invasive Stimulation einzelner Bereiche im Gehirn durch Magnetfelder.
  • Transkranielle elektrische Stimulation (TES): Nicht-invasive Stimulation einzelner Hirnbereiche durch Gleichstrom.
  • Temporale Interferenz-Stimulation (TIS): Nicht-invasive elektromagnetische Stimulation, die auch tiefere Hirnregionen erreicht.
  • Magnetresonanz (MR)-gesteuerter fokussierter Ultraschall (MRgFUS): Nicht-invasive präzise Stimulation kleiner Strukturen des Gehirns.

Die Wirksamkeit dieser Methoden in Bezug auf die Alzheimer-Therapie ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht belegt.

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