Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Form der Demenz, stellt eine enorme Herausforderung für Betroffene, Angehörige und das Gesundheitssystem dar. Da die Alzheimer-Krankheit bisher nicht heilbar ist, konzentriert sich die Forschung auf die Entwicklung von Therapien, die den Krankheitsverlauf verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten verbessern können. Neben medikamentösen Behandlungen rücken zunehmend auch nicht-medikamentöse Ansätze in den Fokus, darunter die transkranielle Pulsstimulation (TPS).
Was ist die Transkranielle Pulsstimulation (TPS)?
Die transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist eine innovative, nicht-invasive Methode, bei der kurze Ultraschallimpulse durch die Schädeldecke hindurch in bestimmte Hirnregionen gesendet werden, die von der Alzheimer-Krankheit betroffen sind. „Transkraniell“ bedeutet „durch den Schädel hindurch“. Ziel der TPS ist es, die Aktivität von Nervenzellen in den Zielgebieten zu beeinflussen und so regenerative Prozesse im Gehirn anzustoßen und die Gedächtnisleistungen in den betroffenen Regionen anzuregen. Die Stoßwellen sollen bis zu acht Zentimeter tief in den Schädel hinein wirken und so das Gehirn stimulieren. Pro Sitzung werden rund 6.000 Impulse verabreicht, wobei eine Behandlung etwa 30 Minuten dauert.
Wie funktioniert die TPS?
Bei der TPS werden niedrigenergetische Stoßwellen eingesetzt, die maximal eine Energieleistung von 0,2 mJ/mm² erreichen. Diese Energien sind so gering, dass es zu keinerlei Gewebeerwärmung im Gehirn kommt und das Aktionspotential der Stoßwellen rein aktivierender und regenerierender Natur ist. Die Stoßwellen sind mechanisch-akustische Druckimpulse, die sich von Ultraschallwellen unterscheiden. Stoßwellen zeichnen sich durch einen einzigen, überwiegend positiven Druckpuls aus, dem ein vergleichsweise geringer negativer Zugpuls folgt. Dieser Puls bewegt sich in einer Frequenzbandbreite von einigen kHz (Kilohertz) bis hin zu mehr als 10 MHz (Megahertz).
Es gibt mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Grundlagen-Studien zu Funktion und Wirkung von Stoßwellen in der Medizin. Speziell in der Forschung zur Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) werden folgende Funktionen und Wirkungen bereits als erwiesen angesehen bzw. werden derzeit in zahlreichen weiteren umfangreichen klinischen Studien in unterschiedlichen Ansätzen bzw.:
- Erhöhung der Konzentration des Wachstumsfaktors BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor): Der Nachweis, dass Stoßwellen zu einer Hochregulation neuroplastischer Prozesse führen, konnte dadurch erbracht werden, dass nach Stimulation des sensorischen Kortex noch nach einer Woche eine strukturelle und funktionelle Kopplung innerhalb des somatosensorischen Kortex nachgewiesen werden konnte.
- Zudem dürfte eine Regulationsstörung der Stickoxid-Konzentration bei neurodegenerativen bzw. weiterhin wird auch Stickoxid (NO) freigesetzt, das zu einer direkten Vasodilatation und damit zu einer Erhöhung der Durchblutung führt.
- eine Reduktion der neuronalen Schmerzweiterleitung und ggfs.
Aktuelle Studienlage zur TPS bei Alzheimer
Die Wirksamkeit der TPS bei Alzheimer ist Gegenstand aktueller Forschung. Eine 2025 veröffentlichte Studie mit 60 Teilnehmenden verglich TPS mit einer Scheinbehandlung, konnte jedoch keinen signifikanten Nutzen der TPS-Behandlung nachweisen. Eine nachträgliche Auswertung deutete auf mögliche Effekte bei jüngeren Patienten unter 70 Jahren hin, jedoch nicht bei älteren.
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Im Jahr 2023 wurden in 35 befragten Zentren insgesamt 1.132 Patienten in mehr als 16.352 Sitzungen wegen ihrer Alzheimer Demenz mit TPS behandelt. Eine Umfrage hat ergeben, dass mehr als 80 % der Behandlungen die empfohlenen 6.000 Impulse verwenden und sechs initiale Sitzungen beinhalten. Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen die bereits veröffentlichten klinischen TPS-Studien und zeigen, dass viele Zentren eine deutliche Verbesserung des klinischen Gesamteindrucks der Behandlungsergebnisse der Patienten erzielen konnten. 39 % der Zentren berichteten von geringfügigen Verbesserungen, während weitere 39 % signifikante Verbesserungen feststellten. Etwa 16 % der Zentren gaben an, dass sich der Zustand ihrer Patienten nicht verändert habe, während lediglich ein Zentrum eine Verschlechterung meldete.
Trotz dieser Ergebnisse bleibt die wissenschaftliche Gemeinschaft gespalten. Kritiker, darunter die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. und Forschende unterschiedlicher Universitäten, zweifeln an der Aussagekraft der Studien und an der (Langzeit-)Wirkung der neuen Therapie. Sie bemängeln unter anderem, dass viele Studien von der Firma finanziert werden, die die entsprechenden Geräte vertreibt, und dass es an validen Daten mangelt.
Kritik an der TPS-Methode
Einige Wissenschaftler äußern Bedenken hinsichtlich der Wirkungsweise der TPS. Christoph Schmitz, Professor für Neuroanatomie und Neurowissenschaftler, forscht seit Jahren zu Stoßwellen und zweifelt an der Wirksamkeit der TPS bei Alzheimer. Er argumentiert, dass unklar sei, was von den Stoßwellen tatsächlich im Gehirn ankommt und ob die für die Alzheimer-Pathologie relevanten Stellen, wie der Hippocampus, erreicht werden. Er fordert entsprechende Messungen, um die Wirkung der Stoßwellen im Gehirn besser zu verstehen.
Perspektiven und Ausblick
Obwohl die aktuelle Studienlage zur TPS bei Alzheimer noch nicht eindeutig ist, sehen einige Experten Potenzial in dieser Methode. Der Neurologe und Alzheimer-Forscher Prof. Dr. Lars Wojtecki arbeitet an einer größeren Studie, um die Wirkung der TPS genauer zu untersuchen. Er betont, dass es bisher Hinweise für bestimmte Wirkungen der Pulswellenstimulation auf Gedächtnis, Konzentration und Stimmung gibt.
Die TPS wird seit Jahren weltweit angeboten, auch in Deutschland. Einige Therapeuten berichten von positiven Erfahrungen bei ihren Patienten. So berichtet der Psychiater Alexander Schwarz, dass das Hauptziel der Methode im optimalen Fall darin besteht, den Krankheitsverlauf der Alzheimer-Demenz zu verlangsamen oder sogar zum Stillstand zu bringen, da die transkranielle Pulsstimulation Wachstumsfaktoren aktiviert.
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Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die TPS-Behandlung hohe Kosten verursacht, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Betroffene und Angehörige sollten sich daher vor einer Entscheidung für diese Therapieform umfassend informieren und die potenziellen Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen.
Stoßwellentherapie bei Parkinson
Neben der Alzheimer-Demenz wird die TPS auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson erforscht. Die Medizinische Universität Wien forscht seit mehreren Jahren zur TPS bei Parkinson. Die vorgestellten Ergebnisse unterstützen und erweitern das Verständnis des Sicherheits- und Wirksamkeitsprofils der TPS in der Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Parkinson und der TPS wird als zusätzliche Therapie ein hohes Wirksamkeitspotential bescheinigt.
Eine Umfrage unter 39 Parkinson-Patienten, die mit TPS behandelt wurden, ergab, dass bei den meisten Patienten klare Verbesserungen festgestellt wurden: 6 Patienten erlebten sehr starke, 18 starke (davon übrigens 11 mit mittelschwerem und 5 mit schwerem Parkinson) und 7 gute Verbesserungen. Insgesamt profitierten rund 80% der Patienten von der TPS-Behandlung, noch dazu, ohne dass nennenswerte Nebenwirkungen auftraten.
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