Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte, unprovozierte Anfälle gekennzeichnet ist. Weltweit sind etwa 1% der Bevölkerung von Epilepsie betroffen. In Deutschland leiden schätzungsweise ebenso viele Menschen an dieser Krankheit.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine Krankheit, bei der es wiederholt zu kurzen, plötzlichen Funktionsstörungen des Gehirns kommt. Diese Funktionsstörungen, die als epileptische Anfälle bezeichnet werden, entstehen durch eine übermäßige Entladung von Nervenzellen im Gehirn. Die Symptome und Ausprägungen der Anfälle können stark variieren, je nach dem betroffenen Hirnbereich und der Art der Entladung.
Ursachen und Auslöser von Epilepsie
Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und nicht immer eindeutig zu bestimmen. In vielen Fällen ist Epilepsie auf eine Schädigung oder Veränderung im Gehirn zurückzuführen, die die normale elektrische Aktivität stört.
Mögliche Ursachen:
- Genetische Faktoren: Einige Epilepsieformen sind erblich bedingt. Das Risiko eines Kindes, an Epilepsie zu erkranken, liegt bei ca. 6%, wenn ein Elternteil an Epilepsie leidet. Sind beide Elternteile betroffen, erhöht sich das Risiko auf ca. 10 bis 12%.
- Hirnschäden: Schädigungen des Gehirns, die vor, während oder nach der Geburt entstehen, können Epilepsie verursachen. Dazu gehören beispielsweise Sauerstoffmangel während der Geburt, Hirnblutungen oder Infektionen des Gehirns.
- Zerebrovaskuläre Erkrankungen: Hirninfarkte oder andere Durchblutungsstörungen im Gehirn können zu Epilepsie führen, insbesondere im höheren Alter.
- Hirntumore: Tumore im Gehirn können die normale Hirnfunktion beeinträchtigen und epileptische Anfälle auslösen.
- Entzündungen des Gehirns: Entzündungen wie Meningitis oder Enzephalitis können das Gehirn schädigen und Epilepsie verursachen.
- Traumatische Hirnverletzungen: Verletzungen des Kopfes, die mit einer Schädigung des Gehirns einhergehen, können Epilepsie zur Folge haben.
- Neurodegenerative Erkrankungen: Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz können im Verlauf der Erkrankung auch epileptische Anfälle verursachen.
Mögliche Auslöser:
Bestimmte Faktoren können bei Menschen mit Epilepsie Anfälle auslösen. Diese Auslöser sind individuell verschieden, einige häufige Beispiele sind:
- Schlafmangel
- Alkoholkonsum
- Flackerlicht (z.B. in der Disco)
- Stress
- Überanstrengung
- Fieberhafte Infekte
- Vergessene oder nicht eingenommene Antiepileptika
Formen von Epilepsie
Epileptische Anfälle werden grob in zwei Hauptkategorien unterteilt: generalisierte und fokale Anfälle.
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- Generalisierte Anfälle: Diese Anfälle betreffen beide Gehirnhälften von Beginn an. Es gibt verschiedene Arten von generalisierten Anfällen, darunter:
- Tonisch-klonische Anfälle (Grand Mal): Dies ist die bekannteste Form des epileptischen Anfalls. Der Betroffene verliert das Bewusstsein, versteift sich (tonische Phase) und beginnt anschließend zu zucken (klonische Phase).
- Absencen (Petit Mal): Kurze, plötzlich auftretende Bewusstseinspausen, die meist nur wenige Sekunden dauern. Der Betroffene ist währenddessen nicht ansprechbar.
- Myoklonische Anfälle: Kurze, unwillkürliche Muskelzuckungen, die einzelne Muskeln oder Muskelgruppen betreffen können.
- Atonische Anfälle: Plötzlicher Verlust des Muskeltonus, der zu Stürzen führen kann.
- Fokale Anfälle: Diese Anfälle beginnen in einem bestimmten Bereich des Gehirns. Die Symptome hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Fokale Anfälle können sich auf eine Körperregion beschränken oder sich auf andere Bereiche ausbreiten. Man unterscheidet:
- Fokale Anfälle mit erhaltenem Bewusstsein: Der Betroffene ist während des Anfalls bei Bewusstsein und kann sich an das Geschehen erinnern.
- Fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung: Das Bewusstsein ist während des Anfalls beeinträchtigt. Der Betroffene kann verwirrt sein, nicht ansprechbar sein oder Automatismen zeigen (z.B. Schmatzen, Nesteln).
Was tun bei einem epileptischen Anfall?
Es ist wichtig zu wissen, wie man sich verhält, wenn man Zeuge eines epileptischen Anfalls wird. Die folgenden Maßnahmen können helfen, den Betroffenen zu schützen und die Situation zu meistern:
- Ruhe bewahren: Panik hilft niemandem. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und die Situation zu überblicken.
- Nicht davonrennen: Bleiben Sie beim Betroffenen und leisten Sie Hilfe.
- Gefahrenbereich sichern: Entfernen Sie den Betroffenen gegebenenfalls aus einem Gefahrenbereich (z.B. von der Straße, aus der Nähe von heißen Gegenständen).
- Kleidung lockern: Lösen Sie beengende Kleidungsstücke am Hals, um die Atmung zu erleichtern.
- Kopf schützen: Polstern Sie den Kopf des Betroffenen, um Verletzungen zu vermeiden.
- Krampferscheinungen nicht unterdrücken: Versuchen Sie nicht, die Zuckungen zu stoppen oder den Betroffenen festzuhalten.
- Nichts in den Mund schieben: Versuchen Sie nicht, den Kiefer zu öffnen oder Gegenstände zwischen die Zähne zu schieben. Es besteht Verletzungsgefahr.
- Keine Unterbrechungsversuche: Schütteln, klopfen oder schreien Sie den Betroffenen nicht an.
- Stabile Seitenlage: Bringen Sie den Betroffenen nach dem Anfall in die stabile Seitenlage, damit eventuell vorhandener Speichel abfließen kann.
- Dauer des Anfalls registrieren: Achten Sie auf die Dauer des Anfalls. Die meisten Anfälle dauern nur ein bis zwei Minuten.
- Hilfe anbieten: Bieten Sie dem Betroffenen nach dem Anfall Hilfe und Begleitung an.
- Notruf: Rufen Sie den Notruf (112), wenn
- der Anfall länger als fünf Minuten dauert,
- sich mehrere Anfälle ohne zwischenzeitliches Erwachen aneinanderreihen,
- der Betroffene sich verletzt hat,
- der Betroffene Schwierigkeiten beim Atmen hat,
- Sie unsicher sind, ob es sich tatsächlich um einen epileptischen Anfall handelt.
Epilepsie im Alltag: Beruf, Freizeit und Co.
Menschen mit Epilepsie können ein erfülltes und aktives Leben führen. Es gibt jedoch einige Aspekte, die im Alltag berücksichtigt werden sollten.
Ausbildung und Beruf
- Berufswahl: Junge Menschen mit Epilepsie sollten sich frühzeitig mit der Berufswahl beschäftigen und sich gemeinsam mit ihren Eltern und dem behandelnden Arzt beraten. Es ist wichtig, realistische Vorstellungen über den späteren Beruf zu entwickeln und die eigenen Stärken, Fähigkeiten und Eignungen zu berücksichtigen.
- Berufsberatung: Schulabgänger, die nicht anfallsfrei sind, benötigen eine spezielle Berufsberatung. Eine Beratung durch einen Sozialarbeiter in einer Epilepsieberatungsstelle oder in einem spezialisierten Epilepsiezentrum kann ebenfalls hilfreich sein.
- Arbeitsplatz: Im Berufsleben sollten Arbeitnehmer mit Epilepsie offen mit ihrer Erkrankung umgehen und ihren Arbeitgeber über die Art und Häufigkeit ihrer Anfälle informieren. Gegebenenfalls können Anpassungen am Arbeitsplatz vorgenommen werden, um die Sicherheit zu gewährleisten.
- Schwerbehinderung: Für schwerbehinderte oder gleichgestellte Arbeitnehmer gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Beim Integrationsamt können Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben beantragt werden, z.B. eine behindertengerechte Ausgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Arbeitsassistenz.
Führerschein
Die Regelungen zum Führerschein bei Epilepsie sind komplex und hängen von der Art der Anfälle, ihrer Häufigkeit und der individuellen Situation ab. Es ist wichtig, sich von einem Arzt oder einer Epilepsieberatungsstelle über die geltenden Bestimmungen informieren zu lassen.
Flugreisen
Flugreisen stellen für Menschen mit Epilepsie in der Regel kein erhöhtes Risiko dar. Dennoch sollten einige Punkte beachtet werden:
- Medikamente: Nehmen Sie ausreichend Antiepileptika und eventuell erforderliche Notfallmedikamente im Handgepäck mit. Verteilen Sie den Vorrat an verschiedenen Stellen. Eine ärztliche Bescheinigung über die Medikamenteneinnahme ist empfehlenswert.
- Zusatzmedikation: Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob vor dem Flug ein beruhigendes Medikament eingenommen werden sollte, um Stress und Schlafmangel vorzubeugen.
- Zeitverschiebung: Bei längeren Flügen mit Zeitverschiebung sollte die Medikamenteneinnahme nach Rücksprache mit dem Arzt an die neue Ortszeit angepasst werden.
- Fluggesellschaft: Informieren Sie sich rechtzeitig über die Anforderungen der jeweiligen Fluggesellschaft für den Transport von Passagieren mit Epilepsie.
Alkohol
Gelegentlicher Alkoholkonsum in geringen Mengen erhöht in der Regel nicht die Anfallsfrequenz. Dennoch ist Vorsicht geboten:
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- Patienten, die nach Alkoholkonsum Anfälle erlitten haben, sowie Patienten mit einer Suchterkrankung sollten Alkohol meiden.
- Die gleichzeitige Einnahme von Phenobarbital und Alkohol ist unbedingt zu vermeiden.
- Ein erhöhtes Anfallsrisiko besteht bei übermäßigem oder süchtigem Konsum sowie in Phasen des Alkoholentzugs.
- Besonders gefährlich ist Alkohol in Verbindung mit Schlafentzug und vergessener Medikamenteneinnahme.
Sport
Sport ist grundsätzlich gesundheitsfördernd, auch für Menschen mit Epilepsie. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist jedoch unerlässlich, um die Besonderheiten der Epilepsie (Anfallsart, Anfallshäufung) und die individuellen Wünsche des Betroffenen zu berücksichtigen.
- Bei Anfallsfreiheit von mehr als 2 Jahren können fast alle Sportarten ohne Risiko ausgeübt werden.
- Bei nicht anfallsfreien Patienten ist bei bestimmten Sportarten eine Beaufsichtigung notwendig.
- Sportarten mit einem hohen Risiko von Kopfverletzungen, Stürzen oder Ertrinken sollten vermieden werden.
Schwangerschaft
Frauen mit Epilepsie können grundsätzlich schwanger werden und gesunde Kinder zur Welt bringen. Es ist jedoch wichtig, die Schwangerschaft gut zu planen und sich von einem Facharzt beraten zu lassen.
- Medikamente: Die Medikamenteneinstellung sollte vor der Schwangerschaft mit dem Arzt besprochen werden, da einige Antiepileptika ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko für das Kind bergen.
- Folsäure: Es wird eine Folsäure-Prophylaxe bereits vor der Schwangerschaft empfohlen, da durch die Schwangerschaft ein erhöhter Folsäurebedarf entsteht.
- Stillen: Stillen ist trotz Einnahme von Antiepileptika in der Regel möglich. Das Neugeborene sollte jedoch sorgsam beobachtet werden.
- Sicherheitsvorkehrungen: Im Alltag sollten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um das Kind vor Verletzungen zu schützen, falls die Mutter einen Anfall erleidet. Dazu gehört beispielsweise, Wickelplatz und Spielfläche am Boden einzurichten und das Stillen im Liegen zu bevorzugen.
Kindergartenalter
- Kindergartenwahl: Wählen Sie einen Kindergarten, der Ihr Kind seinem Entwicklungsstand entsprechend fördert. Altersgerecht entwickelte Kinder sollten den Regelkindergarten besuchen.
- Information der Erzieher: Informieren Sie die Erzieher über die Erkrankung, die Art der Anfälle und notwendige bzw. unnötige Hilfsmaßnahmen.
- Integrative Kindergärten: Für Kinder mit einer Entwicklungsverzögerung und aktiven Epilepsie bietet sich der Besuch eines integrativen Kindergartens an.
- Heilpädagogische Kindergärten: Deutlich entwicklungsverzögerte und behinderte Kinder sind in der Regel in heilpädagogischen Kindergärten am besten aufgehoben.
Epilepsie im Alter
Epilepsie im Alter unterscheidet sich in einigen Aspekten von Epilepsie bei jüngeren Menschen. So sind Anfallsvorgefühle (Auren) seltener und die Anfälle werden häufig nicht als solche erkannt, sondern als Verwirrtheit, Synkopen oder Gedächtnisstörungen fehlinterpretiert. Zudem können die Ursachen von Epilepsie im Alter anders sein als bei jüngeren Menschen. Zerebrovaskuläre Erkrankungen wie Schlaganfälle sind eine häufige Ursache.
Die Behandlung von Epilepsie im Alter erfordert besondere Aufmerksamkeit, da ältere Patienten empfindlicher auf Medikamente reagieren und häufig weitere Erkrankungen haben, die die Therapie beeinflussen können.
Forschung und Fortschritt
Die Forschung im Bereich Epilepsie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Es gibt immer mehr neue Medikamente und Therapien, die Menschen mit Epilepsie helfen können, ihre Anfälle zu kontrollieren und ein besseres Leben zu führen.
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