Stoßwellentherapie bei Nervenschmerzen: Eine umfassende Betrachtung

Die Stoßwellentherapie (ESWT) hat sich als eine vielversprechende und nicht-invasive Behandlungsmethode für eine Vielzahl von orthopädischen Erkrankungen etabliert. Ursprünglich zur Zertrümmerung von Nierensteinen entwickelt, erkannte man schnell ihre Wirksamkeit bei Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems. Die Stoßwellentherapie ist eine anerkannte Therapieoption bei den verschiedensten Erkrankungen des Bewegungsapparates dar.

Das Wirkprinzip der Stoßwellentherapie

Die Stoßwellentherapie basiert auf der Anwendung hochenergetischer Schallwellen, die außerhalb des Körpers erzeugt und gezielt auf die betroffene Körperregion gerichtet werden. Diese Schallwellen dringen in das Gewebe ein und entladen dort ihre Energie. Das therapeutische Prinzip der ESWT besteht in der Stimulation zellulärer Regenerationsprozesse.

Durch eine Magnetspule werden kurze, hochenergetische Schalldruckwellen erzeugt und gebündelt. Diese Stoßwellen werden durch Flüssigkeiten sowie Muskel- und Bindegewebe weitergeleitet. In den Übergangszonen zwischen den einzelnen Zellschichten entstehen Scherkräfte, die über den Mechanismus der Mechanotransduktion im erkrankten Gewebe zu einer vermehrten Durchblutung sowie der Freisetzung von Entzündungshemmern und Wachstumsfaktoren führen. Diese Botenstoffe regen die Neubildung von Blutgefäßen sowie die Regeneration in Muskel-, Sehnen- und Fasziengewebe an und unterstützen so die körpereigene Selbstheilung.

Am Wirkmechanismus der Stoßwellentherapie wird intensiv geforscht. Eindeutig ist die Wirksamkeit in vielen Studien nachgewiesen.

Fokussierte und radiale Stoßwellentherapie

Es gibt zwei Haupttypen der Stoßwellentherapie: die fokussierte und die radiale Stoßwelle.

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  • Fokussierte Stoßwelle: Sie erreicht hohe Energiedichten in der gewünschten Tiefe des Körpers und beeinflusst die Körperoberfläche wenig. Die Eindringtiefe lässt sich den individuellen Bedürfnissen anpassen. Die Energie wird gezielt und präzise an den Wirkort abgegeben. Dieser Fokus lässt sich genau berechnen.
  • Radiale Stoßwelle: Sie ist eine Druckwelle mit langsam ansteigender Druckamplitude. Sie weist nur eine geringe Eindringtiefe auf und wird im Gewebe sehr schnell wieder abgeschwächt. Damit wirkt sie vor allem an der Oberfläche.

Zur Optimierung des Behandlungserfolges werden vielfach beide Techniken miteinander kombiniert.

Anwendungsgebiete der Stoßwellentherapie

Die Stoßwellentherapie bietet ein breites Indikationsspektrum. Sie wird häufig bei Erkrankungen des Bewegungsapparates eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise:

  • Sehnenreizungen wie Tennisarm, Golferellenbogen, Fersensporn oder Achillessehnenprobleme (Achillodynie). Auf diese Weise können verschiedene Arten von Sehnenentzündungen ohne Operation erfolgreich behandelt werden.
  • Myofasziales Schmerzsyndrom und Triggerpunkte
  • Schulterbeschwerden wie die Kalkschulter oder das Impingement-Syndrom (Tendinosis Calcarea). Mittelenergetische Wellen dringen tiefer in den Körper ein und lindern vor allem die Beschwerden der Kalkschulter. Die Wirksamkeit der Stoßwellentherapie ist bei Kalkschulter wissenschaftlich nachgewiesen.
  • Störungen der Knochenbruchheilung, sog. Pseudarthrosen, die früher praktisch nur operativ behandelt werden konnten. Die Stoßwellentherapie wirkt sehr zuverlässig bei der Behandlung der Pseudarthrose von Knochenbrüchen. Dabei bildet sich statt neuem Knochen nur weiches Bindegewebe.

Die Stoßwellentherapie kann in der Medizin auf viele Arten zum Einsatz kommen. Sie eignet sich zur Behandlung von Sehnenerkrankungen wie der schmerzhaften Achillessehnenentzündung (Achillodynie).

Stoßwellentherapie bei Fersensporn

Die Stoßwelle wird auch zur Therapie von Fersensporn bzw. (Fasziitis plantaris) mit und ohne Fersensporn eingesetzt. Die Stoßwellentherapie wirkt nachweislich ähnlich gut wie die lokale Kortisonbehandlung, jedoch ohne die schädlichen Nebenwirkungen von Kortison.

Stoßwellentherapie bei schlecht heilenden Knochenbrüchen

Die Stoßwellentherapie kann schlecht heilende Knochenbrüche regenerieren, indem sie die Neubildung von Knochenkeimgewebe aus Wachstumshormonen (BGF) am Wirkort stimuliert und den Aufbau neuen Knochengewebes ermöglicht.

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Weitere Anwendungsgebiete

Die Stoßwellentherapie wird nicht nur in der Orthopädie genutzt, sondern kommt seit einigen Jahren auch in der Kardiologie zum Einsatz. Die Methode soll etwa bei verengten Herzkranzgefäßen helfen. Dabei verengen Kalkablagerungen die Arterien, die das Herz mit Blut versorgen. Das Ziel einer Therapie: Die Durchblutung wieder herzustellen.

Ablauf einer Stoßwellentherapie-Sitzung

Die Stoßwellentherapie wird ambulant durchgeführt und bedarf keiner örtlichen Betäubung. Der Schallkopf des Stoßwellengerätes wird exakt auf die betroffene Region gerichtet, die zuvor mit einem Kontaktgel versehen wurde. Die Behandlung dauert nur 5 bis 10 Minuten. Es werden ca. 1.500 bis 2.000 Impulse verabreicht. Die Frequenz liegt bei circa 8 Wellen pro Sekunde. Je nach Tiefe der entzündeten oder der schmerzhaften Stelle am Körper wird durch das individuelle Anpassen des Kopfes des ESWT-Gerätes die Eindringtiefe optimal eingestellt, um den größten Nutzen der Behandlung für den Patienten zu erzielen.

In der Regel sind 3 bis 6 Behandlungen notwendig, um eine deutliche Beschwerdelinderung oder Beschwerdefreiheit zu erreichen. Die Behandlungen werden meistens mit 1 bis höchstens 3 Sitzungen im Abstand von 2-4 Wochen verabreicht.

Vorbereitung und Nachsorge

Die ESWT kann etwas Schmerzen verursachen, die jedoch für den Patienten stets gut tolerabel sein sollten. Ein Lokalanästhetikum darf niemals angewendet werden. Zudem sollte auf die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Voltaren usw. für mindestens 1 Woche vor und möglichst 4 Wochen nach einer Stoßwellentherapie verzichtet werden. Nach der Einnahme oder Injektion von Cortison ist ein Mindestabstand von 6 bis 8 Wochen einzuhalten, bevor eine ESWT-Behandlung wieder sinnvoll ist.

Nach der Behandlung empfiehlt sich zudem eine Schonung für ein bis zwei Tage. Man sollte Belastungen vermeiden, bei denen die Hände über dem Kopf gehalten werden müssen. Im Idealfall sollte die Behandlung auf einen Freitag gelegt werden, sodass das Wochenende als Ruhephase zur Verfügung steht. Die Beurteilung des Behandlungserfolges sollte erst drei Monate nach der Behandlung stattfinden.

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Erfolgsaussichten und Risiken

Bei orthopädischen Beschwerden ist die Stoßwellentherapie eine sehr effektive Therapiemethode. Sie ist oft eine gute Alternative zu risikoreicheren Behandlungen wie Injektionen, Medikamenteneinnahme oder gar chirurgischen Eingriffen. Die konservative Behandlung mittels Stoßwellentherapie bietet in vielen Fällen eine Alternative zur Operation verschiedener orthopädischer Erkrankungen.

Bei sachgerechter Anwendung sind außer vorrübergehenden Hautrötungen und einer möglichen “Erstverschlechterung”, nach der in der Regel eine deutliche Beschwerdelinderung eintritt, keine wesentlichen Nebenwirkungen bekannt. Es handelt sich nicht um einen Röntgen- oder eine Magnetfeldbehandlung. Dementsprechend niedrig ist die Rate der Komplikationen und/oder der Kontraindikationen.

Kontraindikationen

Schockwellentherapie darf nicht bei Kindern und Jugendlichen sowie bei schwangeren Frauen durchgeführt werden. Auch Krebs oder Entzündungen in dem zu behandelnden Bereich sind Ausschlusskriterien.

Mögliche Nebenwirkungen

Während der Stoßwellentherapie können je nach Art der Stoßwellen und dem zu behandelnden Bereich Schmerzen auftreten. Gelegentlich kann es zu leichten Hautrötungen, Schwellungen oder vorübergehenden Schmerzen kommen. Diese Symptome klingen jedoch normalerweise schnell ab.

Kosten und Erstattung

ESWT-Behandlungen kosten ca. 60-100 EUR pro Anwendung. Die Kosten für eine Stoßwellentherapie können je nach Land, Versicherung und individuellen Umständen variieren. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen deshalb häufig nicht die Kosten einer Stoßwellentherapie. Seit 2019 nur bei Fersenschmerzen - und nur unter bestimmten Voraussetzungen. Private Krankenversicherungen oder die Beihilfe bezahlen die Stoßwellentherapie nach vorheriger Kostenübernahmeerklärung.

Die AOK übernimmt die Kosten für die Stoßwellentherapie unter zwei Bedingungen:

  • Die Indikation Fersenschmerz bei Fasziitis plantaris (mit oder ohne Fersensporn) hat Ihre gewohnte körperliche Aktivität über mindestens sechs Monate eingeschränkt.
  • Gleichzeitig haben unterschiedliche konservative Therapieansätze sowie Maßnahmen wie Dehnübungen und Schuheinlagen während dieser Zeit keine Besserung gebracht.

Die ESWT kann pro Krankheitsepisode für jeden betroffenen Fuß in maximal drei aufeinanderfolgenden Sitzungen angewendet werden. Die Krankheitsepisode umfasst dabei das Kalendervierteljahr der ersten Sitzung sowie die drei darauffolgenden Kalendervierteljahre. Behandeln können Orthopäden, Unfallchirurgen oder ein Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin. Die Abrechnung erfolgt über die elektronische Gesundheitskarte.

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