Viele neurologische Erkrankungen sind heutzutage wesentlich besser behandelbar als früher. Es gibt mehr Therapieformen gegen die Parkinson-Krankheit und Multiple Sklerose, und auch die Epilepsie stellt nicht mehr denselben Kontrollverlust dar wie einst.
Ansprechpartner und Früherkennung
Wenn Sie bei sich eine Nervenkrankheit vermuten, zum Beispiel, weil oben genannte Symptome vorliegen, so ist als erstes Ihr:e Hausärzt:in der bzw. die geeignete Ansprechpartner:in. Er oder sie wird Sie gründlich untersuchen und entscheiden, ob der Verdacht begründet ist. Falls ja, kann sie Sie an eine:n Neurolog:in überweisen, der bzw. die die weitere Diagnostik durchführen kann. Zögern Sie nicht, sich frühzeitig an Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt zu wenden, anstatt Beschwerden monate- oder gar jahrelang auszuhalten. Die Behandlungsaussichten sind meist besser, je früher mit der Therapie begonnen wird.
Umgang mit der Erkrankung im Alltag
Außerdem kann es helfen, Angehörigen, Partner:innen oder Mitbewohner:innen von der Erkrankung zu erzählen. Bei vielen neurologischen Krankheiten werden Sie zumindest zeitweise Hilfe benötigen. Die psychische Belastung ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Lassen Sie sich jedoch nicht alles abnehmen, auch wenn Ihr Umfeld Sie schonen und unterstützen möchte. Für alle Betroffene egal welcher neurologischen Krankheit ist es sowohl für Psyche als auch für die körperliche Situation wichtig, all das selbstständig zu tun, was selbstständig geht. Angehörigen mag es häufig schwerfallen, zuzusehen und Tätigkeiten nicht abzunehmen, die anstrengend oder mühselig erscheinen. Damit tun Sie jedoch niemandem einen Gefallen, sich selbst nicht, und dem bzw. der Betroffenen nicht. Dies bedeutet nicht, dass Sie jemandem, der Hilfe braucht, nicht die Treppe hinaufhelfen. Aber wenn beispielsweise normales Besteck aufgrund einer Polyneuropathie nicht mehr benutzt werden kann, suchen Sie lieber gemeinsam Lösungsstrategien. Besorgen Sie zum Beispiel dickeres Besteck, das der oder die Betroffene benutzen kann, anstatt das Fleisch vorzuschneiden.
Was sind neurologische Erkrankungen?
Neurologische Erkrankungen umfassen Störungen bzw. Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks sowie der peripheren Nerven. Entsprechend der vielfältigen Körperfunktionen, die das Nervensystem steuert, können die Symptome von neurologischen Erkrankungen sehr unterschiedlich sein.
Häufige neurologische Erkrankungen
Einige der häufigsten neurologischen Erkrankungen sind:
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- Kopfschmerzen und Migräne
- Chronische Rückenschmerzen
- Ischämischer Schlaganfall
- Epilepsie
- Demenz
- Parkinson-Krankheit
- Schädel-Hirn-Trauma und Querschnittslähmungen
- Multiple Sklerose
- Hirnblutungen
- Hirntumore
Einteilung von neurologischen Erkrankungen
Neurologische Erkrankungen können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden, zum Beispiel nach ihrer Ursache oder ihrem Verlauf. Einige gängige Kategorien sind:
- Durchblutungsstörungen des Gehirns (z. B. Schlaganfall)
- Autoimmunerkrankungen (z. B. Multiple Sklerose)
- Neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Alzheimer, Parkinson)
- Funktionsstörungen der hirnelektrischen Aktivität (z. B. Epilepsie)
- Erkrankungen der peripheren Nerven (z. B. Polyneuropathie)
- Schlaferkrankungen
- Infektionskrankheiten des Nervensystems (z. B. Meningitis)
- Verletzungen des Gehirns oder Rückenmarks (z. B. Schädel-Hirn-Trauma, Querschnittslähmung)
- Tumorerkrankungen des Nervensystems
- Psychiatrische Erkrankungen mit neurologischer Ursache
Ursachen neurologischer Ausfälle
Die Ursachen bzw. die Pathogenese, die neurologischen Erkrankungen zugrunde liegen, sind zahlreich und teilweise noch nicht vollständig aufgeklärt. Einige bekannte Ursachen sind:
- Genetische Faktoren: Bei bestimmten neurodegenerativen Erkrankungen wie der Huntington-Krankheit oder einigen Formen der Parkinson-Erkrankung spielen genetische Mutationen eine entscheidende Rolle.
- Erworbene Faktoren: Dazu gehören beispielsweise Infektionen, Autoimmunprozesse, Stoffwechselstörungen oder toxische Einflüsse, die das Nervensystem schädigen können.
- Autoimmunerkrankungen: Bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose greift das Immunsystem körpereigene Strukturen im Nervensystem an, was zu Entzündungen und Schädigungen führt.
- Entzündliche Prozesse: Chronisch-entzündliche Erkrankungen wie die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) oder das Guillain-Barré-Syndrom können ebenfalls neurologische Ausfälle verursachen.
- Metabolische/endokrine/nutritive/toxische Ursachen: Stoffwechselstörungen, hormonelle Ungleichgewichte, Mangelernährung oder die Einwirkung von Giftstoffen können das Nervensystem beeinträchtigen.
- Durchblutungsstörungen: Ein Schlaganfall, der durch verschlossene Blutgefäße oder Hirnblutungen verursacht wird, führt zu einer plötzlichen Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff und Nährstoffen, was zu neurologischen Ausfällen führen kann.
- Traumatische Verletzungen: Schädel-Hirn-Traumata oder Rückenmarksverletzungen können Neuronen schädigen und zu Funktionsverlusten führen.
- Neurodegenerative Prozesse: Bei Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson sterben Nervenzellen im Gehirn nach und nach ab, was zu fortschreitenden neurologischen Ausfällen führt.
- Tumore: Hirntumore können durch Druck auf umliegendes Gewebe oder durch Infiltration und Zerstörung von Nervenzellen neurologische Symptome verursachen.
Diagnostik neurologischer Erkrankungen
Zur grundlegenden Diagnostik neurologischer Erkrankungen gehört eine dezidierte Anamnese inkl. Familienanamnese sowie eine klinisch-neurologische Untersuchung mit Erhebung der einzelnen Kraftgrade und mit Verwendung krankheitsspezifischer Skalen und Fragebögen. Daneben gibt es verschiedene spezielle diagnostische Methoden, die in der Diagnosestellung zu einer näheren Eingrenzung des Krankheitsbildes sowie zur Indikationsstellung für weitere spezifische Maßnahmen wie der Muskelbiopsie und der Molekulargenetik beitragen können.
Spezielle diagnostische Methoden
- Laborchemische Diagnostik: Neben den Routineparametern wie das kleine Blutbildbild, die Leber-, Nieren-, Schilddrüsenwerte und Elektrolyte sollte insbesondere die Bestimmung der Kreatinkinase (CK) erfolgen. Im Einzelfall können metabolische Funktionstests für Myopathien oder eine erweiterte Labordiagnostik für metabolische, rheumatologische, infektiöse und tumoröse sowie hämatologische Erkrankung bei Polyneuropathien notwendig sein. Für autoimmun bedingte neuromuskuläre Erkrankungen stehen spezielle Autoantikörpertests zur Verfügung.
- Bildgebende Verfahren: Morphologisch können die Muskeln und Nerven über bildgebende Verfahren wie das MRT oder den Ultraschall abgebildet werden.
- Elektrophysiologische Diagnostik: Zusätzlich kann die elektrophysiologische Diagnostik helfen, zwischen einer Nerven-, Muskelbeteiligung oder einer neuromuskulären Übertragungsstörung zu unterscheiden. Elektromyographie.
Behandlung neurologischer Erkrankungen
Der Grundpfeiler in der Behandlung der neuromuskulären Behandlung ist eine möglichst schnelle und präzise Diagnostik. Je nach der Ursache der neuromuskulären Erkrankung stehen spezifische Therapien zur Verfügung. Bei erworbenen Erkrankungen sollte die verursachende Erkrankung spezifisch therapiert werden wie z.B. der Diabetes mellitus bei einer diabetisch-bedingten Polyneuropathie. Bei den autoimmun entzündlichen Erkrankungen kommen sogenannte Immunsuppressiva zum Einsatz.
Behandlung von Nervenschmerzen
Patienten mit Post-Zoster-Neuralgie und Polyneuropathie leiden unter Nervenschmerzen (Neuralgien, neuropathische Schmerzen).
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- Post-Zoster-Neuralgie: Die Post-Zoster-Neuralgie tritt als Folge einer Gürtelrose (auch Herpes zoster genannt) auf, die durch das Windpockenvirus ausgelöst wird. Nach einer Windpocken-Erkrankung verbleibt ein Teil der Viren im Nervensystem. Die Viren können kann nach Jahren, zum Beispiel bei einer Schwächung des Immunsystems, reaktiviert werden und zu einer Gürtelrose mit schmerzhaftem Hautausschlag führen. Betroffen ist meist nur ein Nervenstrang, was zu einer segmentalen Entzündung eines Körperareals führt, welche in der Regel streng einseitig und meist am Rumpf lokalisiert ist. Es kann aber auch ein Gesichtsnerv betroffen sein. Eine antivirale Therapie ist dringend notwendig, um weiteren Komplikationen vorzubeugen und einer Chronifizierung der Schmerzen entgegenzuwirken. Bei etwa 10% der Patienten bleiben nach dem Abklingen der Gürtelrose starke, chronische Nervenschmerzen bestehen, vermutlich aufgrund einer entzündungsbedingten Nervenschädigung: die so genannte Post-Zoster-Neuralgie. Häufig leiden die Patienten unter brennenden Dauerschmerzen mit einschießenden, elektrisierenden Schmerzattacken, Missempfindungen und erhöhter Schmerzempfindlichkeit bei Berührung.
- Polyneuropathie: Bei einer Polyneuropathie treten Nervenschmerzen durch eine Schädigung mehrerer peripherer Nerven auf. Da es verschiedene Arten von Nerven gibt, die zum Beispiel für die Muskulatur oder die Sensibilität der Haut zuständig sind, können die Beschwerden sehr unterschiedlich sein, unter anderem Muskelschwäche und -lähmungen, Kribbeln, Taubheitsgefühl, brennende Schmerzen, Gefühlsstörungen und Missempfindungen. Oft sind Füße und Beine, seltener Arme, Hände, Finger und Rumpf betroffen. Eine Polyneuropathie tritt häufig bei Diabetes mellitus und Alkoholismus auf. Auch eine Chemotherapie oder Autoimmunerkrankungen können zu einer Polyneuropathie führen.
Forschung und Ausblick
Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) erforscht die Ursachen von Störungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege bei Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Dabei kooperiert es eng mit Universitäten, deren Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene. Das DZNE ist eines von sechs Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten eingerichtet wurden.
Ein Forschungsschwerpunkt des Zentrums für Pharmakologie beschäftigt sich mit den Mechanismen, die dieser eingeschränkten Regenerationsfähigkeit des ZNS zugrunde liegen. Ziel ist die Entwicklung von neuen gentherapeutischen sowie pharmakologischen Ansätzen zur Förderung der axonalen Regeneration und somit der Wiederherstellung von verlorengegangenen Funktionen nach Schädigungen des Gehirns und Rückenmarks.
Prävention
Ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, das Risiko für bestimmte neurologische Erkrankungen zu senken. Dazu gehören:
- Nichtrauchen
- Mäßiger Alkoholkonsum
- Gesunde Ernährung
- Normalgewicht
- Regelmäßige Bewegung
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