Wenn ein Familienmitglied an Demenz erkrankt, ist das für alle Beteiligten eine Herausforderung. Besonders Kinder können unter der Situation leiden, wenn sie die Veränderungen bei ihren geliebten Großeltern oder anderen Verwandten erleben, diese aber nicht verstehen können. Aus Sorge, ihren Kindern Angst zu machen, scheuen sich viele Eltern davor, das Thema Demenz direkt anzusprechen. Doch gerade das kann Ängste verstärken. Es ist daher wichtig, Kindern Demenz altersgerecht zu erklären.
Warum es wichtig ist, mit Kindern über Demenz zu sprechen
Kinder spüren, dass etwas nicht stimmt, auch wenn es nicht ausgesprochen wird. Indem man offen über Demenz spricht, nimmt man ihnen die Angst vor dem Unbekannten und gibt ihnen die Möglichkeit, die Situation zu verstehen und damit umzugehen. Kinder bringen oft mehr Verständnis mit, als man ihnen zutraut, und können unvoreingenommener an die Situation herangehen. Es ist wichtig, Raum und Zeit zu geben und auf den Gesprächsbedarf der Kinder einzugehen.
Wie man Demenz kindgerecht erklärt
Es gibt nicht die eine, perfekte Art, Demenz zu erklären. Wichtig ist, die Erklärung an das Alter und das Verständnis des Kindes anzupassen. Hier sind einige Ansätze, die helfen können:
Demenz als Krankheit im Kopf erklären: Einem Kind kann es helfen zu erfahren, dass Demenz eine Erkrankung im Kopf ist, die man nicht sehen kann.
Die Nervenzellen-Analogie:
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- Stille Post: Erklären Sie, dass das Gehirn aus vielen Nervenzellen besteht, die miteinander reden. Bei Demenz reden die Nervenzellen nicht mehr so laut miteinander, sondern spielen "stille Post". Dadurch kommt die Information nicht mehr richtig an.
- Müde Nervenzellen: Die Nervenzellen, die sonst so aktiv im Gehirn miteinander sprechen, sind müde und schlafen oft ein. Normalerweise sind die Nervenzellen fleißig wie unsere Hände und können eine Information von der einen zur anderen geben. Hierdurch ist es uns möglich, z.B. Schuhe anzuziehen oder auf eine Frage zu antworten.
Der Gedächtnisbaum: Vergleichen Sie das Gedächtnis mit einem Baum mit vielen Blättern, wobei jedes Blatt für eine Erinnerung steht. Die Demenz ist wie ein starker Wind, der so stark auf den Baum pustet, dass manche Blätter wegwehen oder vermischt werden. So können Erinnerungen verloren gehen oder sich verändern.
An Gefühle anknüpfen: Viele Kinder wissen, dass es unangenehm ist, wenn einem ein Mensch, den man nicht oder nicht gut kennt, zu nahekommt. An Demenz erkrankte empfinden oft ähnlich, etwa weil sie vergessen haben, wer ihr Gegenüber ist.
Hilfreiche Ressourcen und Projekte
Es gibt mittlerweile eine Reihe von Ressourcen, die Eltern und Kindern helfen können, das Thema Demenz besser zu verstehen:
"Was hat Oma?": Ein interaktives Online-Spiel der TU München, das von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft unterstützt wird und kostenlos zur Verfügung steht. Es ermöglicht Kindern, spielerisch etwas über das Krankheitsbild Demenz zu erfahren.
"Knietzsche erklärt Demenz": Ein animierter Film mit Knietzsche, dem "kleinsten Philosophen der Welt". In dem Film erkrankt die "Raketenoma" des kleinen Philosophen an Demenz, wodurch er sie auf ganz neue Weise kennenlernt. So lernen Kinder (und auch Erwachsene) die Krankheit von einer Seite kennen, die ihnen keine Angst machen muss, und sie erfahren, wie sie ohne Vorbehalte mit Menschen mit Demenz in ihrem nahen Umfeld umgehen können.
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"Einfühlungs-Workshop" mit Knietzsche: Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft und das Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein haben gemeinsam mit Knietzsche-Schöpferin Anja von Kampen einen "Einfühlungs-Workshop" konzipiert, der beispielsweise als Unterrichtseinheit für Grundschulkinder eingesetzt werden kann.
Alzheimer & You: Die Jugendseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft bietet Informationen speziell für Schülerinnen und Schüler.
Alzheimer4teachers: Das Projekt der Deutschen Alzheimer Gesellschaft richtet sich an Pädagoginnen und Pädagogen, die im Unterricht Kindern und Jugendlichen das Thema Demenz näherbringen wollen und bietet gut aufgearbeitetes und erprobtes Unterrichtsmaterial.
AFi-KiDS.de: Altersgerechte Alzheimer-Aufklärung im Comic-Stil für Kinder ab fünf Jahren von der Alzheimer Forschung Initiative e.V..
KIDZELN: Ein konzeptioneller Baustein zur Förderung von intergenerativen Projekten und unterstützenden Begegnungen von Menschen mit Demenz und Kindern im Kindergartenalter. Die Spielmodulreihe KIDZELN besteht aus 10 Modulen und ist für 3-6-jährige Kinder entwickelt. Jedes Modul hat ein eigenes Thema/ Motto, z.B. „Lebensreisen - Vom kleinen zum großen Haus“.
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Weitere Tipps für den Umgang mit Kindern und Demenz
- Ehrlich sein: Versuchen Sie nicht, die Demenz zu verbergen oder zu beschönigen. Seien Sie ehrlich und erklären Sie die Dinge so einfach wie möglich.
- Geduld haben: Kinder brauchen Zeit, um das Konzept der Demenz zu verstehen. Seien Sie geduldig und beantworten Sie ihre Fragen immer wieder.
- Gefühle zulassen: Ermutigen Sie Kinder, ihre Gefühle auszudrücken. Es ist normal, traurig, wütend oder verwirrt zu sein.
- Gemeinsame Aktivitäten: Finden Sie Aktivitäten, die Sie gemeinsam mit dem an Demenz erkrankten Familienmitglied unternehmen können, wie z.B. Spaziergänge, Vorlesen oder Musik hören.
- Unterstützung suchen: Scheuen Sie sich nicht, Unterstützung von anderen Familienmitgliedern, Freunden oder professionellen Beratern zu suchen.
Demenz im Unterricht thematisieren
Auch in der Schule kann das Thema Demenz aufgegriffen werden. Das Projekt "Alzheimer4teachers" der Deutschen Alzheimer Gesellschaft richtet sich an Pädagoginnen und Pädagogen, die im Unterricht Kindern und Jugendlichen das Thema Demenz näherbringen wollen. Gut aufgearbeitetes und erprobtes Unterrichtsmaterial erleichtert den Einstieg in das Thema. Kinder und Jugendliche lernen, was es bedeutet, älter zu werden.
Es gibt auch spezielle Angebote für Projekttage in der Grundschule, wie die Handreichung aus dem Projekt Demenz im Quartier zu Projekttagen in der Grundschule | Konzeption für fünf Projekttage zum Thema Demenz für Schüler*innen der 2. bis 4. Klasse. Mit Projektmappe.
Intergenerative Projekte: KIDZELN
Das bundesweite Interesse sowohl von Kinder- als auch Senioreneinrichtungen intergenerative Projekte anzubahnen bzw. durchzuführen nimmt in den letzten Jahren deutlich zu. Hier setzt das KIDZELN-Konzept an, ein konzeptioneller Baustein zur Förderung von intergenerativen Projekten und unterstützenden Begegnungen von Menschen mit Demenz und Kindern im Kindergartenalter.
Übergeordnetes Ziel ist es Eltern, beruflich Erziehende und andere Interessierte dabei zu unterstützen, Kinder behutsam zu begleiten sich dem Phänomen „Demenz“ altersentsprechend und verstehbar zu nähern. Eine entsprechende Haltung gegenüber Menschen mit Demenz zu entwickeln ist nach unserer Meinung essenziell, soll die „Inklusion“ dieser Menschen in unsere Gesellschaft nicht eine bloße Worthülle bleiben.
Die Spielmodulreihe KIDZELN besteht aus 10 Modulen und ist für 3-6-jährige Kinder entwickelt. Jedes Modul hat ein eigenes Thema/ Motto, z.B. „Lebensreisen - Vom kleinen zum großen Haus“. Die Inhalte sind pädagogisch aufbereitet. Entwickelte Lieder zur Thematik, Bewegungsspiele, Sinneswahrnehmungen, Erzählungen, Fotos und Zeichnungen unterstützen die Kinder beim „Begreifen“. Eine Erinnerungskiste unterstützt die Kinder beim Festigen von Wissen.
Podcasts und Blogs zum Thema Demenz
Es gibt auch eine Reihe von Podcasts und Blogs, die sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzen und wertvolle Informationen und Einblicke bieten:
- Demenz-Podcast:
- Folge 14: Kinder und Demenz
- Folge 41: Jugendliche und Demenz
- Podcast Leben, Lieben, Pflegen:
- Folge 7: Kinder - unsere Vorbilder
- Folge 15: Young Carers (Junge Pflegende)
- Alzheimer und wir: Blog einer Journalistin, deren Mutter an Alzheimer erkrankt ist und die den Umgang damit in ihrer Familie und mit ihren Kindern thematisiert.
Fazit
Es ist wichtig, mit Kindern offen und ehrlich über Demenz zu sprechen. Indem man ihnen die Krankheit altersgerecht erklärt und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Gefühle auszudrücken, kann man ihnen helfen, die Situation besser zu verstehen und damit umzugehen. Es gibt viele Ressourcen und Projekte, die Familien und Pädagogen dabei unterstützen können. Eine offene Kommunikation und ein liebevoller Umgang miteinander sind der Schlüssel, um die Herausforderungen, die Demenz mit sich bringt, gemeinsam zu meistern.