Nächtliche Wadenkrämpfe bei Kindern: Ursachen und Behandlung

Wadenkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, von dem fast jeder Mensch im Laufe seines Lebens betroffen ist. Sie treten auf, wenn sich Muskeln oder Muskelteile der Wade plötzlich und ohne willentliche Beeinflussung schmerzhaft zusammenziehen. Die Häufigkeit von Wadenkrämpfen nimmt mit dem Alter zu. Meist sind Wadenkrämpfe harmlos. Wiederkehrende Wadenkrämpfe, vor allem nachts, sollten jedoch ernst genommen werden. Treten Symptome wie Lähmungserscheinungen im Bein oder Kribbeln und Taubheitsgefühle auf, ist das ein Notfall, der sofort ärztlich abzuklären ist.

Ursachen von Wadenkrämpfen

Die Ursachen für Wadenkrämpfe sind vielfältig. In vielen Fällen sind die Gründe harmlos, aber manchmal können auch ernsthafte Erkrankungen dahinter stecken.

Erkrankungen, die Wadenkrämpfe verursachen können

Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die mit Wadenkrämpfen in Verbindung stehen können. Dazu gehören:

  • Erkrankungen des Hormonhaushalts und des Stoffwechsels:
    • Diabetes mellitus: Bei Menschen mit Zuckerkrankheit sind Wadenkrämpfe zu Beginn der Erkrankung ein Zeichen für einen gestörten Flüssigkeits- und Mineralstoff-Haushalt.
    • Diabetes insipidus: Die Erkrankung beruht auf einem Mangel des antidiuretischen Hormons (ADH). Dieses Hormon beeinflusst die Wasserausscheidung der Niere. Ein Diabetes insipidus kann auch entstehen, wenn die Niere nicht auf ADH reagiert.
    • Krankhafter Magnesiummangel: Erste mögliche Anzeichen eines Mangels an Magnesium (Hypomagnesiämie) sind Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Müdigkeit und Schwäche. Im weiteren Verlauf können Taubheitsgefühle und Kribbeln, Wadenkrämpfe, Verhaltensänderungen und Herzrhythmusstörungen hinzukommen.
    • Nierenschwäche und Nierenversagen: Wadenkrämpfe können als Spätsymptome einer Nierenschwäche und eines Nierenversagens auftreten.
    • Schilddrüsenunterfunktion: Produziert die Schilddrüse zu wenig Hormone, spricht man von einer Unterfunktion. Solch eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) bremst den Stoffwechsel.
    • Unterfunktion der Nebenschilddrüsen: Bei einer Nebenschilddrüsen-Unterfunktion (Hypoparathyreoidismus) mangelt es dem Körper am Botenstoff Parathormon oder das Hormon kann nicht richtig wirken. Das bringt den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel durcheinander. Mögliche Folgen sind anfallsartige Krämpfe in den Waden, aber auch in anderen Körperbereichen.
    • Unterfunktion der Nebennierenrinde (Morbus Addison): Die Nebennierenrinden produzieren zu wenig Hormone, was den Wasser- und Mineralstoff-Haushalt stört. Typische Kennzeichen einer solchen Nebennierenrinden-Unterfunktion sind Abgeschlagenheit, körperliche Schwäche, Müdigkeit, Schwindel aufgrund von niedrigem Blutdruck und braungefärbte Haut und Schleimhäute.
  • Neurologische Störungen und Erkrankungen:
    • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): An ALS erkranken pro Jahr circa ein bis zwei von 100.000 Menschen. Im Lauf der Erkrankung werden bestimmte Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark geschädigt - die Motoneuronen. Diese Nervenzellen senden Reize aus, damit sich Muskeln zusammenziehen. Schäden an den Motoneuronen beeinträchtigen das Wechselspiel zwischen Muskelanspannung und -entspannung. Dadurch kann es zu Krämpfen kommen.
    • Crampus-Faszikulations-Syndrom: Das Syndrom kommt selten vor und bezeichnet unwillkürliche Muskelzuckungen. Muskelkrämpfe treten ebenfalls auf, zum Beispiel in den Waden. Manchmal kann es zu Empfindungsstörungen wie Brennen oder Taubheitsgefühlen kommen.
    • Parkinson-Krankheit: Bei Parkinson werden Nervenzellen im Gehirn geschädigt, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Die Zellen verlieren ihre Funktion, was die Bewegungen einschränkt. Es kommt zu Bewegungsarmut, Muskelsteifigkeit (Rigor) und Zittern (Tremor) in Ruhe.
    • Polyneuropathie: Damit bezeichnet man Schäden an den peripheren Nerven. Dazu zählen alle Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks. Eine Polyneuropathie kann zum Beispiel Folge eines schlecht eingestellten Diabetes (diabetische Neuropathie) oder von starkem Alkoholkonsum sein. Typischerweise kommt es zu Empfindungsstörungen in Händen, Füßen und Beinen.
    • Radikulopathien: Dieser Begriff umfasst Erkrankungen einzelner oder mehrerer Nervenwurzeln. Dazu zählen zum Beispiel Schäden oder Reizungen an den Nerven, beispielsweise aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder einer Verengung des Wirbelsäulenkanals (Spinalkanalstenose). Ist die Lendenwirbelsäule betroffen, treten meist plötzlich einschießende Rückenschmerzen auf. Diese können bis ins Bein ausstrahlen. Husten oder Niesen verstärken häufig die Beschwerden. Oft kommen Kribbeln und Taubheitsgefühle hinzu, manchmal Lähmungserscheinungen.
    • Stiff-Person-Syndrom: Das ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Hier greift das Immunsystem Strukturen im Gehirn an, die der Nervenkontrolle dienen. In der Folge gerät diese Kontrolle aus dem Gleichgewicht: Die Muskeln versteifen und verkrampfen sich äußerst schmerzhaft, vor allem in Rumpf-Nähe. Typisch ist, dass sich Phasen von Muskelsteifigkeit und einschießenden Krämpfen abwechseln.
    • Dystonien: Bedeutet übersetzt “schlechte Spannung“. Oberbegriff für Störungen der normalen Bewegungsabläufe und Muskelspannung. Häufig kommt es zu Muskelkrämpfen an unterschiedlichen Skelettmuskeln.
    • Neuromyotonie (Isaacs-Syndrom): Dahinter verbirgt sich eine neurologische Erkrankung, bei der es zu einer erhöhten Erregbarkeit der Muskeln kommt. Muskelkrämpfe, Muskelsteifigkeit und -schwäche sowie Muskelzuckungen sind kennzeichnend.
    • Neuronale Tumoren: Gruppe seltener Geschwulsterkrankungen des Gehirns und Rückenmarks. Zu den möglichen Symptomen zählen zum Beispiel Kopf- oder Rückenschmerzen, Krampfanfälle, Probleme mit dem Sehen und Sprechen, Schwierigkeiten beim Gehen und Gleichgewicht halten, Taubheit in Armen und Beinen, Verhaltensänderungen.
    • Tetanus: Das ist eine Infektionskrankheit, die in Deutschland selten auftritt. Verursacht wird sie durch bestimmte Clostridien-Bakterien. Die Erreger bilden Giftstoffe (Toxine), die in die Nervenbahnen gelangen und zu schweren Muskelkrämpfen führen.
  • Erkrankungen der Muskeln (Myopathien):
    • Myotonien: Bedeutet übersetzt „(erhöhte) Muskelspannung“. Überbegriff für seltene erbliche Erkrankungen, bei der sich die Muskeln nach willkürlichem Anspannen nur zögerlich entspannen. So passiert es etwa, dass sich nach einem kräftigen Händedruck die Finger nicht mehr lösen lassen oder das Öffnen der Augen nach dem Lidschluss erschwert ist.
    • Metabolische Myopathien: Das ist eine Gruppe von stoffwechselbedingten Muskelerkrankungen, bei der Wadenkrämpfe möglich sind.
    • Ischämische Muskelschmerzen: Sie entstehen infolge einer verminderten Durchblutung, etwa in den Beinen.

Weitere mögliche Ursachen

Neben den genannten Erkrankungen gibt es noch weitere Faktoren, die bei Wadenkrämpfen eine Rolle spielen können:

  • Flüssigkeitsmangel
  • Unterversorgung mit Mineralen wie Magnesium, Kalzium und Natrium, etwa bei vermehrtem Schwitzen, starkem Durchfall oder Erbrechen
  • Schwangerschaft
  • Leberzirrhose
  • Einnahme von Medikamenten: zum Beispiel bestimmte Medikamente gegen Asthma, Blutdrucksenker, entwässernde Medikamente (Diuretika), Blutfettsenker vom Typ der Statine
  • Erhöhter Alkoholkonsum
  • Fehlbelastungen bestimmter Muskeln durch Gelenkprobleme oder einseitige Körperhaltungen
  • Fußfehlstellungen wie Senk- oder Spreizfüße
  • Ungünstige Schlafposition: zum Beispiel mit überstrecktem Fuß schlafen, weil die Bettdecke am Fußende fest eingeschlagen ist oder unbequem liegen, weil die Matratze nicht passt
  • Schlechtsitzende Schuhe tragen
  • Schwimmen in kaltem Wasser
  • Lebensalter: Mit zunehmendem Alter verkürzen sich die Muskeln und der Körper baut Muskelmasse ab, wenn man sich nicht regelmäßig bewegt.

Symptome von Wadenkrämpfen

Ein Wadenkrampf kommt meist ohne Vorwarnung. Der Muskel zieht sich dann äußerst schmerzhaft zusammen und verhärtet sich. Diese Verhärtung lässt sich mit den Händen ertasten. Mitunter passiert es, dass sich der Fuß und die Zehen des betroffenen Beines nach unten krümmen. Mediziner bezeichnen das als Plantarflexion. Am häufigsten treten Muskelkrämpfe nachts auf. Typischerweise dauert ein Krampf in der Wade einige Sekunden bis mehrere Minuten. Kräftiges Dehnen sorgt dafür, dass der Krampf nachlässt.

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Diagnose von Wadenkrämpfen

Um die Ursache von Wadenkrämpfen aufzudecken, ist zunächst ein ausführliches Gespräch zwischen Arzt und Patient zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) nötig. Häufige Fragen dabei sind zum Beispiel:

  • Wo treten die Krämpfe auf?
  • Wann und wie oft haben Sie die Krämpfe?
  • Wie lange dauert ein einzelner Krampf ungefähr an?
  • Gibt es bestimmte Situationen oder Ereignisse, die Ihre Krämpfe möglicherweise auslösen?
  • Haben Sie noch andere Symptome (z.B. Muskelschwäche, Taubheitsgefühle, Durchfall, Kälteempfindlichkeit, Gewichtszunahme etc.)?
  • Wie steht es mit Ihrem Alkoholkonsum?
  • Wenden Sie irgendwelche Medikamente an? Wenn ja, welche?
  • Haben Sie irgendwelche Vorerkrankungen?

Eine körperliche Untersuchung gibt dem Arzt Hinweise auf den allgemeinen Gesundheitszustand. Er kann dabei Muskeln und Gelenke abtasten und die Muskelreflexe testen. Zudem achtet er auf Auffälligkeiten, die möglicherweise auf die Ursache der Muskelkrämpfe hindeuten (z.B. trockene Haut und Schleimhäute sowie stehende Hautfalten bei Dehydration oder geschwollenes Gesicht, stumpfe Haare und Haarausfall bei Schilddrüsenunterfunktion). Gegebenenfalls ist auch eine neurologische Untersuchung sinnvoll.

Weitere Untersuchungen

  • Messung der elektrischen Muskelaktivität (Elektromyografie): So lässt sich überprüfen, ob eine Muskelerkrankung oder Nervenstörung vorliegt.
  • Messung der Nervenleitfähigkeit (Elektroneurografie): Damit kann der Arzt die Funktionstüchtigkeit peripherer Nerven testen und eventuelle Nervenschäden erkennen.
  • Blutuntersuchungen: können zum Beispiel einen Mangel oder Überschuss an Elektrolyten wie Magnesium, Kalzium oder Natrium aufzeigen. Die Nierenwerte geben Hinweise auf eventuelle Erkrankungen des Organs. Eine gestörte Schilddrüsenfunktion, die Muskelkrämpfe verursacht, lässt sich anhand entsprechender Hormonveränderungen im Blut erkennen.
  • Bildgebende Verfahren: Mittels Ultraschall lässt sich beispielsweise der Zustand von Nieren und Schilddrüse beurteilen. Die Dopplersonografie (eine besondere Form von Ultraschall) dient dazu, Krampfadern genauer abzuklären. Bei Verdacht auf Nervenwurzelschäden (Radikulopathien), etwa aufgrund eines Bandscheibenvorfalls, kann eine Computertomografie (CT) oder Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) Klarheit bringen.
  • Muskelbiopsie: In einigen Fällen ist auch eine Muskelbiopsie nötig, um eine (vermutete) Ursache von Muskelkrämpfen zu bestätigen oder auszuschließen. Das ist etwa bei Amyotropher Lateralsklerose erforderlich.

Behandlung von Wadenkrämpfen

Die Behandlung von Wadenkrämpfen richtet sich nach der Ursache. Bei harmlosen, gelegentlich auftretenden Krämpfen helfen meist einfache Maßnahmen:

  • Dehnen der Wadenmuskulatur: Ziehen Sie die Fußspitze in Richtung Körper und treten Sie mit der Ferse nach vorne. Sie können das Bein auch durchgestreckt nach hinten stellen, dabei die Ferse fest auf den Boden drücken und sich mit den Armen an einer Wand abstützen.
  • Massage der Wadenmuskulatur: Eine leichte Massage kann die verspannten Muskelpartien lockern.
  • Wärme: Ein warmes Bad oder wärmende Auflagen können die Durchblutung anregen und die Muskelverspannung lösen.

Medikamentöse Behandlung

Bei häufigen und sehr schmerzhaften nächtlichen Wadenkrämpfen kann eventuell eine zeitlich begrenzte und ärztlich kontrollierte Einnahme von Chinin-Präparaten infrage kommen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Beschwerden durch andere Maßnahmen wie Physiotherapie nicht verbessert haben. Die Ärztin oder der Arzt muss außerdem mögliche Erkrankungen und eine bestehende Schwangerschaft ausschließen.

Magnesium

Ob Magnesium-Präparate gegen Muskelkrämpfe helfen, ist bisher nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Vermutlich helfen sie nur, wenn ein Magnesiummangel vorliegt.

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Vorbeugung von Wadenkrämpfen

  • Regelmäßiges Dehnen der Wadenmuskulatur: Dehnen Sie die Wadenmuskulatur mehrmals täglich für etwa 30 Sekunden.
  • Ausreichend trinken: Trinken Sie mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser oder Saftschorlen pro Tag.
  • Gesunde Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit magnesiumreichen Lebensmitteln wie grünem Blattgemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen sowie Fisch und Meeresfrüchten.
  • Bequeme Schuhe tragen: Tragen Sie bequeme Schuhe, die Ihren Füßen guten Halt geben und nicht drücken.
  • Regelmäßige Bewegung: Bewegen Sie sich regelmäßig. Gezieltes Stretching mehrmals in der Woche hält die Muskeln fit und beugt Verkürzungen vor.
  • Vermeiden Sie abrupte Wechsel von Warm zu Kalt: Vor allem im Sommer ist es nicht ratsam, sich überhitzt ins kalte Wasser zu stürzen.

Wann zum Arzt?

Wadenkrämpfe sind meist ungefährlich. Oft lässt sich keine sichere Ursache dafür finden. Manchmal aber sind Muskelkrämpfe ein Warnzeichen für bestimmte Störungen und Krankheiten. Sie sollten einen Arzt aufsuchen, wenn:

  • Die schmerzhaften Krämpfe häufiger auftreten.
  • Die Nachtruhe oder den Tagesablauf stören.
  • Nicht von allein oder durch Dehnen und sanfte Massage vergehen.
  • Von weiteren Symptomen wie Übelkeit, Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen begleitet werden.
  • Lähmungserscheinungen im Bein, Kribbeln und Taubheitsgefühle auftreten.
  • Häufige oder plötzliche Schmerzen im Bein, Fuß oder in der Leiste auftreten.
  • Schwellungen an Bein oder Fuß auftreten.
  • Rückenschmerzen oder Nachtschweiß auftreten.
  • Muskelkrämpfe in anderen Körperteilen auftreten.
  • Ein Schwächegefühl in den Muskeln auftritt.
  • Gang- oder Bewegungsunsicherheiten auftreten.
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit auftreten.
  • Hautveränderungen und Fieber auftreten.

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