Nächtliche Wadenkrämpfe bei Diabetes: Ursachen, Behandlung und Prävention

Wadenkrämpfe, insbesondere nächtliche, sind ein weit verbreitetes und oft schmerzhaftes Phänomen. Sie entstehen durch plötzliche, unwillkürliche Kontraktionen der Wadenmuskulatur und können von wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten andauern. Während harmlose Ursachen wie Überanstrengung oder Mineralstoffmangel häufig zugrunde liegen, können Wadenkrämpfe auch ein Symptom von Diabetes mellitus sein. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Behandlungen und Präventionsmaßnahmen von nächtlichen Wadenkrämpfen im Zusammenhang mit Diabetes.

Ursachen von Wadenkrämpfen

Wadenkrämpfe sind meist harmlos, können jedoch auch durch ernsthafte Erkrankungen ausgelöst werden. Medizinisch werden sie hinsichtlich ihres Ursprungs in drei Kategorien unterteilt:

  • Paraphysiologische Krämpfe: Hier liegt meist ein Ungleichgewicht der Elektrolyte (u.a. Magnesium, Kalzium, Natrium) vor. Diese Krämpfe treten gelegentlich während der Schwangerschaft oder nach sportlicher Betätigung auf.
  • Idiopathische Krämpfe: Die Ursache dieser Krämpfe ist unklar. Betroffene können erblich dazu veranlagt sein oder es besteht eine - noch nicht diagnostizierte - Erkrankung wie Diabetes mellitus.
  • Symptomatische Krämpfe: Unterschiedliche Erkrankungen von Nervensystem, Herz, Muskeln oder Stoffwechsel können als Begleitsymptom symptomatische Krämpfe auslösen. Ebenso werden die Krämpfe durch Vergiftungen oder als Nebenwirkungen von Medikamenten hervorgerufen.

Elektrolytstörungen

Ein Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt, insbesondere ein Mangel an Magnesium, Kalium oder Kalzium, kann zu einer gestörten Erregbarkeit der Muskelfasern und damit zu unkontrollierbaren Verkrampfungen führen.

Magnesiummangel (Hypomagnesiämie) kann durch falsche oder einseitige Ernährung, Diabetes mellitus, Darm- und Nierenerkrankungen, Alkoholmissbrauch oder Schwangerschaft entstehen. Wadenkrämpfe sind ebenfalls charakteristisch beim sogenannten Magnesiummangelsyndrom, das zusätzlich von anderen Muskelkrämpfen, Verwirrtheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, kalten Füßen und allgemeiner Schwäche begleitet sein kann.

Dehydrierung durch Durchfall, Erbrechen, Diabetes insipidus, entzündliche Darmerkrankungen oder starkes Schwitzen kann ebenfalls zu einem Ungleichgewicht im Mineralstoffhaushalt führen und Muskelkrämpfe verursachen. Auch Medikamente wie entwässernde Diuretika können eine Dehydrierung verursachen.

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Auch Ungleichgewichte der Kalzium-, Kalium- oder Natriumkonzentration können hinter einem Wadenkrampf stecken.

Hormonelle Störungen und Stoffwechselerkrankungen

Hormonelle und Stoffwechselveränderungen können ebenfalls für Wadenkrämpfe verantwortlich sein. Bei Schwangeren kommt es beispielsweise zu Verschiebungen im Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt, insbesondere in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft, was zu einem erhöhten Bedarf an Magnesium führt.

Weitere Hormon- und Stoffwechselerkrankungen, die Wadenkrämpfe verursachen können, sind:

  • Diabetes mellitus: Elektrolytstörungen aufgrund häufigen Wasserlassens können anfangs zu Krämpfen führen. Später können die Wadenkrämpfe Folge von Nervenschäden (Polyneuropathie) sein.
  • Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Auch bei einer Unterfunktion der Schilddrüse kann es hin und wieder zu einem Muskelkrampf kommen, vor allem nachts.
  • Nebenschilddrüsenunterfunktion (Hypoparathyreoidismus): Da die Nebenschildddrüsen stark am Kalziumhaushalt des Körpers beteiligt sind, kann deren Erkrankung zu übererregbaren Muskeln führen.
  • Erkrankungen der Nebennierenrinde: Für die Regulierung des Wasser- und Mineralhaushalts sind die Hormone der Nebennieren unerlässlich. Kommt es hier zu Störungen, können Muskelkrämpfe auftreten.
  • Nierenerkrankungen: Da die Nieren für die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes sehr wichtig sind, kann eine Nierenschwäche oder ein Versagen der Nieren zu Krämpfen führen.

Muskelerkrankungen

Eine Muskelerkrankung (Myopathie) führt zu einer Schwächung der Muskeln, häufig auch zu krampfartigen Muskelschmerzen. Die Myopathie kann erblich erworben sein, wird aber ebenso durch andere, entzündliche oder hormonell bedingte, Ursachen ausgelöst. Auch Vitamin-D-Mangel kann dies verursachen.

Beispielsweise sind für folgende Myopathien Muskelkrämpfe typisch:

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  • Faszikulations-Crampus-Syndrom: Die Krankheit ist bislang nicht hinreichend erforscht. Symptome sind starke Krämpfe, Kribbeln und Taubheitsgefühle - vorrangig in den Beinen.
  • Brody-Syndrom: Diese seltene Muskelerkrankung wird vererbt. Nach körperlicher Anstrengung treten starke Muskelkrämpfe auf und die Muskeln versteifen sich.
  • Myotonia Congenita Thomsen: Bei dieser ebenfalls vererbbaren Erkrankung zeigen sich starke Muskel- und Wadenkrämpfe.

Erkrankungen des Nervensystems

Ist die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln gestört (Myasthenie), wie zum Beispiel beim Lambert-Eaton-Syndrom oder der Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis, dann ist eine Muskelschwäche charakteristisch. Die Folge sind unter anderem Wadenkrämpfe.

Auch andere Erkrankungen des Nervensystems führen zu dem Krampf im Unterschenkel:

  • Dystonien: Diese Gruppe von Erkrankungen, zu der unter anderem Parkinson, Multiple Sklerose und Chorea Huntington gehören, ist durch Störungen im Bewegungsablauf gekennzeichnet. Ruckartige, unkontrollierbare Bewegungen sind typisch. Ebenso Fehlstellungen und Muskelkrämpfe, auch in der Wadenmuskulatur.
  • Polyneuropathien: Diese Erkrankungen beruhen auf Schädigungen der peripheren Nerven. Dabei können unwillkürliche Muskelkrämpfe ausgelöst werden.
  • Wundstarrkrampf (Tetanus): Bei der Erkrankung kommt es zu Muskelkrämpfen im Gesicht, am Rücken sowie in Armen und Beinen.
  • Radikulopathien (Schädigung oder Reizung einer Nervenwurzel): Ursache der Schädigung kann ein Bandscheibenvorfall, eine Nervenwurzelentzündung oder eine Verengung des Spinalkanals sein. Mögliche Symptome sind neben Taubheitsgefühlen und Lähmungen in den Beinen auch Wadenkrämpfe.
  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS, Lou-Gehring-Syndrom): Die unheilbare Krankheit wird von schmerzhaften Muskelkrämpfen begleitet.
  • Stiff-Man-Syndrom: Charakteristisch ist eine allmählich steigende Anspannung der Muskulatur, insbesondere in Rücken und Beinen. Dies führt zu Krämpfen und einer fortschreitenden Versteifung der Muskeln.

Medikamente und Gifte

Einige Medikamente können Wadenkrämpfe hervorrufen. Auch Vergiftungserscheinungen äußern sich oft durch einen Krampf in den Muskeln. Auslöser können folgende Arzneien beziehungsweise Gifte sein:

  • Cholesterinsenker mit dem Wirkstoff Fenofibrat
  • Arzneimittel gegen Bluthochdruck wie Beta-Blocker, ebenso ACE-Hemmer, Diuretika oder Kalziumkanalblocker
  • Hormonelle Verhütungsmittel wie unter anderem die Pille oder die Spirale
  • Sprays gegen Asthma, die Salbutamol enthalten
  • Wirkstoffe wie Insulin
  • Chemotherapeutika
  • Gifte, wie beispielsweise Pestizide, Strychnin oder das Gift der Tetanusbazillen

Wadenkrämpfe bei Diabetes

Diabetes mellitus kann auf verschiedene Weisen Wadenkrämpfe verursachen.

Direkte Auswirkungen von Diabetes

  • Nervenschädigungen (Polyneuropathie): Erhöhte Blutzuckerwerte können die Nerven schädigen, was zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Nervenreizen und damit zu Krämpfen führen kann.
  • Durchblutungsstörungen: Diabetes kann zu arteriosklerotischen Gefäßveränderungen führen, die die Durchblutung verschlechtern und Krämpfe verursachen können.

Indirekte Auswirkungen von Diabetes

  • Elektrolytstörungen: Wenn die Blutzuckerwerte die Nierenschwelle überschreiten, wird vermehrt Zucker über die Nieren ausgeschieden, was zu einem Flüssigkeitsverlust und einem Verlust von Elektrolyten wie Kalzium, Kalium und Magnesium führen kann.
  • Medikamente: Einige Medikamente zur Behandlung von Diabetes, wie z. B. Diuretika, können ebenfalls Elektrolytstörungen verursachen und das Risiko von Krämpfen erhöhen.

Diagnose von Wadenkrämpfen

Um die Ursache von Wadenkrämpfen zu ermitteln, wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und sich nach den genauen Beschwerden, Begleitsymptomen und Vorerkrankungen erkundigen. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der Nervensystem und Muskelfunktionen besonders genau untersucht werden.

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Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein:

  • Elektromyografie (EMG): Messung der elektrischen Muskelaktivität, um festzustellen, ob eine Muskelerkrankung oder Nervenstörung vorliegt.
  • Elektroneurografie (ENG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um die Funktionstüchtigkeit peripherer Nerven zu testen und eventuelle Nervenschäden zu erkennen.
  • Blutuntersuchungen: zur Bestimmung von Elektrolyten, Blutzucker, Leber- und Nierenwerten sowie Hormonspiegel.
  • Bildgebende Verfahren: Ultraschall, Dopplersonografie, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), um beispielsweise Thrombosen, Nervenwurzelschäden oder andere strukturelle Ursachen auszuschließen.

Behandlung von Wadenkrämpfen

Die Behandlung von Wadenkrämpfen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

Allgemeine Maßnahmen

Unabhängig von der Ursache können folgende Maßnahmen zur Linderung von Wadenkrämpfen beitragen:

  • Dehnen: Das Strecken und Dehnen des betroffenen Beins kann den Muskel entspannen. Dazu zieht man die Zehen nach oben und drückt währenddessen die Ferse fest in den Boden.
  • Massieren: Ein leichtes Massieren des verkrampften Muskels bringt Linderung und steigert die Durchblutung.
  • Wärme: Wärmebehandlungen wie ein warmes Fußbad oder eine warme Dusche können ebenfalls hilfreich sein.
  • Bewegung: Aufstehen und vorsichtiges Herumlaufen kann krampflösend wirken.

Spezifische Behandlungen

  • Elektrolytausgleich: Bei einem Mangel an Elektrolyten wie Magnesium, Kalium oder Kalzium können entsprechende Präparate eingenommen werden.
  • Medikamentöse Therapie: Bei Krämpfen, die durch Grunderkrankungen wie Diabetes, Schilddrüsenunterfunktion oder Nervenerkrankungen verursacht werden, ist eine entsprechende Behandlung der Grunderkrankung erforderlich. In einigen Fällen können auch Medikamente zur Muskelentspannung oder Schmerzlinderung eingesetzt werden.

Prävention von Wadenkrämpfen

Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Wadenkrämpfen vorzubeugen:

  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie täglich mindestens 1,5 Liter Wasser, bei warmem Wetter oder nach körperlicher Anstrengung entsprechend mehr.
  • Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Mineralstoffen wie Magnesium, Kalium und Kalzium.
  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und stärkt die Muskulatur.
  • Dehnübungen: Regelmäßige Dehnübungen können helfen, die Muskeln flexibel zu halten und Krämpfen vorzubeugen.
  • Vermeidung von Risikofaktoren: Vermeiden Sie Risikofaktoren wie langes Sitzen oder Stehen, Überanstrengung und Alkoholkonsum.
  • Kontrolle des Blutzuckers: Bei Diabetes ist eine gute Blutzuckerkontrolle wichtig, um Nervenschäden und Durchblutungsstörungen vorzubeugen.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

In den meisten Fällen sind Wadenkrämpfe harmlos. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Arzt aufgesucht werden sollte:

  • Wenn die Krämpfe sehr häufig auftreten, nachts den Schlaf rauben oder sich tagsüber bemerkbar machen.
  • Wenn die Krämpfe sich trotz Dehnen oder sanfter Massagen nicht auflösen.
  • Wenn weitere Symptome wie Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen hinzukommen.
  • Wenn die Krämpfe in Verbindung mit einer Grunderkrankung wie Diabetes auftreten.

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