Klangschalen werden in der Betreuung von Menschen mit Demenz immer beliebter. Ihre sanften Klänge und Vibrationen können eine beruhigende Wirkung haben und den Zugang zu Gefühlen und Erinnerungen erleichtern. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Klangschalen bei Demenz, ihre Wirkungsweise und gibt praktische Hinweise für die Anwendung.
Einführung
Die Arbeit mit Menschen mit Demenz stellt besondere Herausforderungen dar. Oftmals ist die verbale Kommunikation eingeschränkt, und es gilt, andere Wege zu finden, um eine Beziehung aufzubauen und das Wohlbefinden zu fördern. Hier können Klangschalen eine wertvolle Unterstützung bieten.
Wie Klangschalen wirken
Klangschalen erzeugen feine Vibrationen, die sich über das Gewebe im Körper ausbreiten. Da der menschliche Körper zu einem großen Teil aus Wasser besteht, versetzen die Schwingungen das Körperwasser in Bewegung. Dieser Effekt wird oft mit den Wellen verglichen, die entstehen, wenn man einen Stein ins Wasser wirft.
Die Klangmassage mit Klangschalen kann verschiedene positive Effekte haben:
- Entspannung: Die sanften Klänge und Vibrationen wirken beruhigend und können helfen, Stress abzubauen.
- Lösung von Verkrampfungen: Klangmassagen können Verspannungen in Muskeln und Gewebe lösen.
- Verbesserung der Körperwahrnehmung: Die Vibrationen der Klangschalen können helfen, das Körpergefühl zu verbessern und die Selbstwahrnehmung zu fördern.
- Anregung von Erinnerungen: Die Klänge können Erinnerungen und Emotionen wachrufen, die lange verschüttet waren.
- Förderung der Kommunikation: Klangschalen können eine nonverbale Kommunikationsform ermöglichen, die besonders für Menschen mit Demenz geeignet ist.
Einsatzmöglichkeiten von Klangschalen bei Demenz
Klangschalen können in verschiedenen Bereichen der Demenzbetreuung eingesetzt werden:
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Einzelbehandlung
Eine Klangmassage ist immer auch eine Einzelbehandlung, die es ermöglicht, individuell auf den Menschen einzugehen und eine tragfähige Beziehung zu ihm aufzubauen. Im Maria-Martha-Stift haben Mitarbeiterinnen die Geheimnisse der Klangschalen entdeckt und schlagen bei dementen Bewohnern sanfte Töne an. Manchmal genügt nur einer, um den Geist in positive Schwingung zu versetzen: Dieses Prinzip macht sich die Klangmassage zunutze. Mit erstaunlicher Resonanz.
Gruppenangebote
Klangschalen können auch in Gruppenangeboten eingesetzt werden, beispielsweise in Sinnesgruppen. Ein Klangschalenritual kann eine Gruppeneinheit eröffnen oder abschließen und den Teilnehmern helfen, zur Ruhe zu kommen und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
Integration in den Alltag
Die beruhigende Wirkung der Klangschale lässt sich perfekt in den Alltag integrieren - egal ob man seine Verwandten im Pflegeheim unterstützt oder Zuhause für ein angenehmes Wohlbefinden sorgt. Ein wichtiger Faktor ist dabei natürlich auch die gemeinsame Zeit. Entscheidest du dich für die Klangelemente mit deinen Angehörigen, so gehört der Moment ganz euch. Besonders wichtig ist dabei auch der Aspekt der Sicherheit und des Rückhalts. Nicht selten kommt es vor, dass sich Menschen im Alter schutzlos und hilfsbedürftig fühlen. Je schlimmer die vorliegenden Erkrankungen sind, desto stärker ist meist auch dieses Gefühl. Die Ruhe des Klangspiels gibt etwas Sicherheit zurück und erschafft einen Moment der Geborgenheit, in dem man gänzlich aufgehen und entspannen kann.
Sterbebegleitung
Klangschalen können auch in der Sterbebegleitung eingesetzt werden, um den Sterbenden Trost und Entspannung zu spenden. Die sanften Klänge können helfen, Ängste abzubauen und eine Atmosphäre der Ruhe und Geborgenheit zu schaffen.
Praktische Anwendung
Bei der Anwendung von Klangschalen bei Menschen mit Demenz gibt es einige Dinge zu beachten:
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- Fortbildung: Um Klangschalen in der Arbeit mit Menschen mit Demenz einzusetzen, ist der Besuch einer entsprechenden Fortbildung anzuraten.
- Individuelle Bedürfnisse: Achten Sie auf die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des Menschen mit Demenz. Nicht jeder Mensch reagiert gleich auf Klangschalen.
- Sanfte Klänge: Verwenden Sie sanfte Klänge und Vibrationen. Laute oder schrille Töne können Menschen mit Demenz überfordern.
- Körperkontakt: Wenn der Mensch mit Demenz es zulässt, können Sie die Klangschale direkt auf den Körper auflegen. Achten Sie dabei auf eine angenehme Temperatur der Schale.
- Beobachtung: Beobachten Sie die Reaktion des Menschen mit Demenz genau. Wenn er sich unwohl fühlt, brechen Sie die Anwendung ab.
- Rituale: Etablieren Sie feste Rituale, um dem Menschen mit Demenz Sicherheit und Orientierung zu geben.
Beispiele aus der Praxis
Im Maria-Martha-Stift erlebte man, wie sich nach einer Klangmassage deutlich Verkrampfungen lösen und die Leute ruhiger werden und sich entspannen.
Eine besonders berührende Erfahrung war die Begleitung einer demenzerkrankten Frau in einer betreuten Wohngemeinschaft. Zuerst spielte die Anwenderin vorsichtig um ihr Bett herum. Dann näherte sie sich. Und als sie schließlich eine Schale sanft auf ihren Körper stellte, geschah etwas Wunderbares: Sie lächelte. Ihre Augen begannen zu leuchten. Nach den Besuchen mit der Klangschale berichteten die Pflegekräfte immer wieder von kleinen, aber bedeutsamen Veränderungen: Sie trank mehr. Aß besser. Suchte wieder mehr Kontakt. Diese Wirkung hielt oft mehrere Tage an.
Später durfte die Anwenderin dieselbe Frau erneut begleiten, als sie auf der Palliativstation war. Die Demenz war weit fortgeschritten, eine Kommunikation schien kaum mehr möglich. Doch als sie die erste Schale anspielte, sah man sofort: Der Körper reagierte. Ihre Gesichtszüge wurden weicher. Die Atmung ruhiger. Etwas in ihr schien sich zu erinnern. Vielleicht war es nicht das Ich, das verstand - aber der Körper wusste. In solchen Momenten zeigt sich: Klangschalen sind nicht nur Instrumente.
Die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation
Die Klänge der Klangschalen sprechen eine Vielzahl von Sinnen an. Besonders relevant ist natürlich das Gehör, das von den sanften Klängen der Klangschale angeregt wird und ein intensives Erlebnis erfährt - aber auch die Klangwellen, die den Körper durchdringen und für ein Gefühl der Ruhe und Geborgenheit sorgen, sind bei der Klangmassage von Relevanz. So wird die Peter Hess® Klangmassage bereits vielfältig in Pflegeheimen eingesetzt, um deren Bewohner:innen im Alltag zu betreuen und den Pflege-Alltag zu erleichtern. Der Fokus liegt hier ganz klar auf der Prävention: die Sinne zu erhalten und zu fördern. Aber auch dann, wenn Patient:innen bereits in sich gekehrt leben - zum Beispiel aufgrund einer fortschreitenden Demenz - hat die Klangmassage im Alltag fantastische Ergebnisse gezeigt. Patient:innen, die schon viele Jahre nicht mehr mit Angehörigen oder Pflegepersonal gesprochen haben, wurden durch die Klänge dazu animiert, wieder mit ihrer Außenwelt in Kontakt zu treten. Hier werden die Klänge der Klangschalen als eine eigene Form der Kommunikation genutzt.
Klangschalen in der Familie
Nicht nur im Pflegeheim ist die Klangmassage eine gute Möglichkeit, mit Senior:innen in Kontakt zu treten - auch in der Familie lässt sich die Klangschale nutzen, um gemeinsam Ruhe und Entspannung zu finden.
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Es ist nie einfach, wenn man den eigenen Eltern oder Großeltern dabei zusieht, wie sie langsam älter werden. Auch das Wissen, früher oder später selbst betroffen zu sein, kann den Alltag erschweren. Im Bereich der Palliativmedizin liegt eine große Last auf der ganzen Familie. Die Angehörigen leiden unter dem nahenden Verlust, der sterbende Mensch selbst sieht sich der Ungewissheit des Todes gegenüber. All die Unsicherheiten beeinflussen das Miteinander - und hier etwas Ruhe zu finden, sich eine schöne letzte Zeit zu machen, ist wertvoller als jemals zuvor. Klänge können genau dies bewerkstelligen: gemeinsame Zeit, verbracht in einem Moment der absoluten Ruhe und Gelassenheit, getragen nur durch die zarten Klangwellen, die den Raum für sich einnehmen.
Vorteile für Angehörige und Pflegepersonal
Natürlich profitieren nicht nur Senior:innen und Kranke von den positiven Auswirkungen der Klangmethoden, sondern auch Familienangehörige, Freunde und Pflegepersonal. Es ist wichtig, die Klänge der Klangschalen dabei nicht nur als mögliches Therapiemittel, sondern als eigene Art der Kommunikation zu betrachten.
Die gemeinsame Zeit mit Klängen und harmonischen Schwingungen der Klangschale ist in diesem Zusammenhang primär dazu gedacht, einen schönen Moment zu ermöglichen. Die unterschiedlichen Formen der Wahrnehmung, die beim Klangspiel angesprochen werden, das besondere Erleben des eigenen Körpers und das aus dem Klangspiel resultierende Wohlbefinden - all dies macht die schönen Momente aus, die die Klangmethoden ermöglicht. Wo sonst Barrieren zwischen den Menschen stehen, erschafft die Klangschale eine Brücke der Kommunikation. Dies kann im privaten Alltag ebenso geschehen wie im pflegerischen Berufsalltag.
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