Menschen mit Demenz und Pflegebedürftige sind oft körperlich eingeschränkt, aber ihre Gefühlswelt ist hellwach und hoch sensibilisiert. Daher können Klangschalen eine wertvolle Möglichkeit sein, diese Menschen über die Sinne zu erreichen. Die Klangresonanzmethode ermöglicht achtsame und wertschätzende Begegnungen, die automatisch die Sinne fördern und ein inneres Gleichgewicht herstellen können.
Die Wirkung von Klangschalen bei Demenz
Die Wirkung von Klangschalen bei Demenz ist ähnlich wie bei der Klangmassage für Erwachsene, wobei die Vorgehensweise behutsam an die individuelle Situation angepasst wird. Klangschalen ermöglichen eine Kommunikation und das Ansprechen der Sinne ohne viele Worte. Sie schaffen eine Zeit der Ruhe und der Begegnung - ohne große Vorbereitungen. Schon kleine Klangeinheiten von nur wenigen Minuten können den Pflegealltag erleichtern und effektiver gestalten - sowohl für die Betroffenen als auch für die Pflegenden.
Armando Sommer vom Wir sind Altenpflege e. V. schreibt in der Zeitschrift Aktivieren: „Mit Klangschalen ist es uns möglich, Achtsamkeit zur tiefen Entspannung oder Zustände der Meditation durch das Berühren mit Schwingungen im Körper zu ermöglichen.“ Die Bewohner müssen dazu nichts können, sie können angezogen bleiben und sich hinlegen oder im Sitzen entspannen. Die Menschen werden dort abgeholt, wo sie sind. Die Anwendungen helfen den Menschen, durch kurze, regelmäßige Einheiten, sich selbst zu spüren.
Anwendungsbereiche im Pflegealltag
Veränderungen, die das fortschreitende Alter mit sich bringen, wie der Einzug ins Seniorenheim und Alterserkrankungen wie Demenz, Parkinson oder Schlaganfall, führen bei den betroffenen Menschen zu Unsicherheiten, Ängsten und einem ausgeprägten Wunsch nach Halt und Sicherheit. Der wertschätzende Grundsatz der Akzeptanz und des „So-sein-Dürfens“ innerhalb der Klangarbeit und die Einfachheit der Klänge ermöglichen häufig einen direkten Zugang zu den betroffenen Menschen, der diese nicht überfordert, weil nicht das Denken, sondern das Hören und Spüren im Vordergrund stehen. All dies spielt gerade auch im Pflegealltag eine wichtige Rolle.
Die sanften Klänge der Klangschalen führen in der Regel schnell in die Entspannung, betroffene Menschen werden ruhiger, schlafen besser und die regelmäßig notwendige Lagerung bettlägerig Pflegebedürftiger verläuft im entspannten Zustand behutsamer und angenehmer. Darüber hinaus stärkt die Arbeit mit Klang und Klangschalen in der Pflege die Möglichkeiten zur Selbstbestimmung und Kommunikation. Auf Wunsch kann auch eine Duftklangmassage angeboten werden.
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Praktische Beispiele und Erfahrungen
Rosemarie Bleil beschreibt in dem Beitrag „Mit Klangschalen die Lebensqualität von Senioren steigern“ in der Fachzeitschrift Klang-Massage-Therapie 14/2019, S. Frau M., von einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung betroffen, ist eine dieser körperlich zarten alten Damen, die wenig auffallen und sich still verhalten. Sie sitzt meistens ganz in sich versunken in ihrem Sessel, spricht so gut wie gar nicht mehr und wenn, dann redet sie, nach Auffassung ihrer Umgebung, wirres Zeug. Wenn ich mit den Klangschalen zu ihr komme, ist das anders. Sie lächelt, sobald sie die Schalen sieht, und nimmt echten Blickkontakt auf. Sie genießt es sehr, wenn die Klangschale auf ihren Handflächen steht, von mir sanft angeklungen wird und der Klang und die Schwingung sich entfalten. In vielen unserer Begegnungen sitzt Frau M. dann einfach nur da, lächelt versonnen, sagt „schön“, schließt die Augen und genießt ganz offensichtlich. An einem Tag war es dann anders. Da sagte sie mit einem Mal: „Davon wird das Herz warm. Das mag ich viel lieber als den Krach, der hier immer ist.“
In der praktischen Arbeit kann eine Klangschale als Abschlussritual einer Gruppeneinheit genutzt werden. Besonders in einer Sinnesgruppe mit Menschen im weit fortgeschrittenem Stadium einer Demenz können damit sehr positive Erfahrungen gesammelt werden. Dem Ton der Klangschale kann sehr lange “nachgelauscht” werden, bis er vollständig verklungen ist. Selbstverständlich kann dieses Ritual auch zu Beginn einer Gruppeneinheit etabliert werden.
Fortbildung und Integration in die Betreuungsarbeit
Um Klangschalen in der Arbeit mit Menschen mit Demenz einzusetzen, ist der Besuch einer entsprechenden Fortbildung anzuraten. Einige Dinge, die bei einem Klang-Angebot für Menschen mit Demenz zu beachten sind, fasst Sabin Bilnik-Clauß zusammen. Wer Klangschalen in musikalische oder andere Angebote integrieren möchte, braucht dafür nicht unbedingt eine gesonderte Ausbildung. Klangschalen nur auf den Einsatz von professionellen Klangmassagen zu begrenzen, wäre sehr schade.
Beispiele, wie Klangschalen ganz praktisch in die Betreuungsarbeit integriert werden können, stehen in der aktuellen Aktivieren. Weitere Ideen für die Entspannung und mehr finden sich in der Ideendatenbank des Portals AktivierenPlus.
Finanzielle Aspekte und wissenschaftliche Bewertung
Rosemarie Bleil hat als erfahrene Pflegemanagerin schon zahlreiche Einrichtungen von der Einführung bis zur Projektbegleitung mit Konzepten und Standards für den professionellen Einsatz der Klangschalen begleitet, wie sie in dem Beitrag „Klangschalen bei Demenz und im Pflegebereich“ beschreibt. Dabei wurden die Methoden von jedem MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) als positiv bewertet und es liegen auch Kennzahlen vor, die belegen, dass Medikamente reduziert werden können. Das ist nicht nur für die Einrichtungsleitung, sondern auch für die Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Geld sollte kein Hindernis sein, um mit Klangschalen zu arbeiten.
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