Ein Schlaganfall kann verschiedene Bereiche des Gehirns betreffen, einschließlich des Kleinhirns (Cerebellum). Eine Schädigung des Kleinhirns nach einem Schlaganfall kann zu einer Vielzahl von neurologischen Symptomen führen, die die Koordination, das Gleichgewicht und andere wichtige Funktionen beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten bei Kleinhirnschädigung nach einem Schlaganfall.
Was ist eine Ataxie?
Eine Ataxie ist eine Störung der Koordination von Bewegungsabläufen. Sie tritt als Symptom bei verschiedenen Erkrankungen auf und kann sich sehr unterschiedlich äußern, abhängig davon, welcher Bereich des Gehirns oder Rückenmarks betroffen ist. Nach einem Schlaganfall kommt es beispielsweise häufig zu einer Hemiataxie, bei der nur eine Körperseite von der Ataxie betroffen ist.
Formen der Ataxie
Es gibt verschiedene Formen der Ataxie, die danach eingeteilt werden, wo die Probleme bestehen:
- Gangataxie: Das Gehen fällt schwer, und der Gang ist schleudernd und breitbeinig oder auch kleinschrittig.
- Rumpfataxie: Dabei kann der Rumpf nicht gehalten werden, wodurch ein aufrechter Sitz und Stehen unmöglich sind. Es besteht zusätzlich eine Fallneigung.
- Gliedmaßenataxie: Beeinträchtigung der feinmotorischen Bewegungen, wie beispielsweise Schreiben.
- Optische Ataxie: Es besteht eine gestörte Augen-Hand-Koordination.
- Dysarthrie: Koordination der Muskulatur fürs Sprechen ist beeinträchtigt, was sich in verwaschener oder abgehackter Sprache äußert.
Um Bewegungen fein zu koordinieren, sind vor allem Verbindungen vom Kleinhirn zum Rückenmark zuständig. Sind diese Verbindungen aufgrund verschiedenster Ursachen gestört, sind auch die koordinierten Bewegungsabläufe gestört, und es entsteht eine Ataxie.
Ursachen einer Kleinhirnschädigung nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall ist eine Erkrankung, die infolge einer Durchblutungsstörung des Gehirns entsteht. Alle Bereiche des Gehirns müssen durch Arterien mit Blut versorgt werden. Daher kann nicht nur das sogenannte Großhirn (Cerebrum) von einem Schlaganfall betroffen sein, sondern auch andere Bereiche des Gehirns wie der Hirnstamm oder das Kleinhirn (Cerebellum).
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Die Ursache für einen Kleinhirninfarkt ist ein Verschluss der Kleinhirnarterien. Je nach Ausmaß und Größe des verschlossenen Gefäßes variieren die Symptome und die Betroffenheit des Patienten.
Risikofaktoren
Unter den Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind als wichtigste die artherosklerotischen Wandveränderungen der Gefäße hervorzuheben. Wichtig ist die Behandlung und Einstellung des Blutdruckes, des Diabetes mellitus und des Cholesterins. Auch Rauchen und Übergewicht erhöhen das Risiko für einen Hirnschlag. Bedeutung hat auch die absolute Arrhythmie (Vorhofflimmern), für die die Inzidenz im Alter zunimmt und häufiger mit einem embolischen Infarkt verknüpft ist.
Symptome einer Kleinhirnschädigung nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall tritt plötzlich auf. Das heißt, auch bei einem Schlaganfall im Kleinhirn treten die Symptome plötzlich auf. Symptome, die bei einem Schlaganfall im Kleinhirn auftreten können, sind Störungen in den Bewegungsabläufen und der Muskelspannung.
- Rumpfataxie: Es kann zur Beeinträchtigung des aufrechten Sitzens bzw. der aufrechten Körperhaltung kommen.
- Gangataxie: Störungen beim Gehen, typisch ist ein unsicheres Gangbild mit weit auseinanderstehenden Beinen (breitbasiges Gangbild).
- Dysdiadochokinese: Störungen von Bewegungsabläufen, die schnell wechselnde Bewegungen benötigen, wie z.B. das Eindrehen einer Glühbirne.
- Gleichgewichtsstörungen: Diese können auch im Rahmen eines Schlaganfalls im Kleinhirn auftreten und sich durch Stürze und Schwindel äußern. Da das Kleinhirn in die Regulation von Gleichgewicht involviert ist, kann es durch eine Funktionsbeeinträchtigung im Kleinhirn zu Gleichgewichtsstörungen kommen.
- Intentionstremor: Störungen bei zielgerichteten Bewegungen der Arme und Hände. Beim Aufheben oder Ergreifen eines Gegenstandes, wie z.B. eines Stiftes, tritt ein immer stärkeres Zittern auf, und der Stift wird möglicherweise verfehlt oder beim Versuch, die Nasenspitze mit dem Zeigefinger zu berühren, wird das Berühren der Nasenspitze verfehlt.
- Nystagmus: Störungen der Augenbewegungen können auftreten, die sich z.B. durch das Auftreten von Doppelbildern äußern können. Es kann auch ein rhythmisches Zucken oder Zittern der Augen auftreten.
- Dysarthrie: Die muskulären Bewegungsabläufe beim Sprechen können betroffen sein.
- Schwindel: Schwindel kann infolge eines Schlaganfalls des Kleinhirns auftreten. Oft tritt er zusammen mit Übelkeit und Erbrechen auf.
Diese Symptome können einzeln oder zusammen auftreten. Kopfschmerzen können nach einem Schlaganfall des Kleinhirns auch auftreten.
Wallenberg Syndrom
Ein besonderes Syndrom kommt durch einen PICA Verschluss zustande, das sogenannte Wallenberg Syndrom: Hierbei kann es neben den genannten Symptomen zusätzlich zu einer Taubheit, Augenmuskellähmungen sowie zu einem Nystagmus kommen, da diese Areale durch die Arteria cerebelli posterior (PICA) versorgt werden.
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Diagnose einer Kleinhirnschädigung nach Schlaganfall
Zur Sicherung der Diagnose eines Schlaganfalles sollte immer so schnell wie möglich nach Beginn der Symptome die Durchführung eines CTs mit zusätzlicher Abbildung der Gefäße erfolgen. Zeigt sich in der Computertomographie ein Gefäßverschluss, kann je nach Zeitpunkt des Beginns der vorliegenden Symptome eine mechanische Rekanalisierung oder systemische Lysetherapie durchgeführt werden.
Neu aufgetretene Sehstörungen, Sprachstörungen oder auch kleine Taubheiten und Lähmungen, sollten durch eine Bildgebung unmittelbar neurologisch untersucht und abgeklärt werden.
Therapie einer Kleinhirnschädigung nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall des Kleinhirns wird in erster Linie nicht anders behandelt als ein Schlaganfall in anderen Bereichen des Gehirns.
Akuttherapie
Kommt die betroffene Person innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Symptome in die neurologische Notaufnahme, kann eine spezielle Therapie eines Schlaganfalls erfolgen, die sogenannte Lysetherapie. Dabei wird abhängig vom Körpergewicht des Betroffenen ein bestimmter Blutverdünner (rt-PA) in die Vene injiziert.
Kommt der Betroffene später als 4,5 Stunden nach dem Beginn der Symptome, bestehen Kontraindikationen oder sind die Symptome schon wieder vollkommen verschwunden, profitieren die Betroffenen nicht mehr von dieser Behandlung. Dann wird eine Basistherapie des Schlaganfalls durchgeführt. Zusätzlich werden oft Thrombozytenaggregationshemmer wie z.B. ASS oder Clopidogrel und Medikamente zur Senkung der Blutfette wie z.B. Statine verabreicht.
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Dekompressive Kraniektomie
Im Rahmen eines Kleinhirninfarktes kann es durch die Minderdurchblutung zu einer vermehrten Schwellung des Gehirnes, einem Ödem, kommen. Dieses führt zu einer vermehrten Kompression des vierten Ventrikels, wodurch das Hirnwasser nicht mehr abfließen kann. Um das zu verhindern, ergibt sich bei diesem Zustand des Patienten die Indikation zur dekompressiven Kraniektomie der hinteren Schädelgrube mit Duraeröffnung und Entfernung des infarzierten Kleinhirngewebes.
Rehabilitation
Im Anschluss an die Behandlung im Akutkrankenhaus steht für die meisten Patienten eine Rehabilitation an. Nach einem Kleinhirninfarkt erleben viele Patienten die Mobilisierung als große Herausforderung. Pflegende und Physiotherapeuten wirken dem entgegen, indem sie mit Patienten schon früh das Verlassen des Bettes üben und Hilfsmittel wie hohe Gehwägen einsetzen.
Physiotherapie ist die wichtigste Basis der Behandlung einer Ataxie, die jeder Betroffene regelmäßig durchführen sollte, um die Koordination zu verbessern. Daneben können auch Ergotherapie und Logopädie sinnvoll sein. Auch Hilfsmittel wie beispielsweise ein Rollator können zur Unterstützung verschrieben werden.
Medikamentöse Therapie
Medikamente sind immer auch mit Nebenwirkungen verbunden und kommen bei Ataxie erst zum Einsatz, wenn die konservativen Therapien wie Physiotherapie die Ataxie nicht lindern können.
Prävention
Wichtig bei einer Heilung von einem Schlaganfall des Kleinhirns ist auch immer die Ursache festzustellen. Daher werden in der stationären Behandlung verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Das Herz wird untersucht und die Gefäße, zudem werden meist noch verschiedene Blutuntersuchungen durchgeführt.
Um die Heilung zu verbessern, ist es wichtig, sich an die Vorgaben der Ärzte zu halten. Die angeordneten Therapieempfehlungen bezüglich der Medikamente und des Lebensstils sollten dringend durchgeführt werden. Wichtig ist eine gute Einstellung des Blutzuckers (bei einem bestehenden Diabetes) sowie des Blutdrucks. Falls die betroffene Person Raucher ist, sollte dringend das Rauchen aufgegeben werden. Bei Übergewicht oder Fettleibigkeit sollte das Körpergewicht reduziert werden. Eine allgemeine Empfehlung besagt, dass die Ernährung dem mediterranen Stil entsprechen sollte (viel Obst und Gemüse, Fisch) und sportliche Betätigung von mindestens 3 mal 30 Minuten pro Woche.
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