Die Rückenmarkkompression, auch Myelopathie genannt, ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die durch Schädigung des Rückenmarks verursacht wird. Sie betrifft vor allem den Bereich der Halswirbelsäule, kann aber auch in der Brustwirbelsäule auftreten. Der Begriff Myelopathie leitet sich von den altgriechischen Wörtern "Myelon" (Rückenmark) und "Pathos" (Leiden oder Schmerz) ab.
Was ist Myelopathie?
Myelopathie bezeichnet eine Reihe von klinischen Symptomen, die durch eine Schädigung des Rückenmarks ausgelöst werden. Die Ursache liegt meist in einer Verengung des Spinalkanals, dem Kanal im Inneren der Wirbelsäule, in dem das Rückenmark und die Nervenwurzeln verlaufen. Diese Verengung führt zu einer Einengung oder Reizung des Rückenmarks und der Nerven, was Schmerzen und neurologische Störungen verursacht.
Ursachen einer Myelopathie
Die Myelopathie der Halswirbelsäule kann verschiedene Ursachen haben:
- Degenerative Veränderungen: Dies ist die häufigste Ursache. Altersbedingter Verschleiß der Wirbelsäule, wie z.B. Knochenanbauten (Spondylophyten) oder Arthrose der Facettengelenke, kann den Spinalkanal verengen. Auch degenerierte und instabile Bandscheiben können durch Vorwölbungen oder Bandscheibenvorfälle das Rückenmark komprimieren.
- Angeborene Ursachen: In seltenen Fällen kann eine Myelopathie angeboren sein, meist im Zusammenhang mit komplexen Fehlbildungen.
- Weitere Ursachen: Durchblutungsstörungen, Verletzungen, Blutungen nach Unfällen, Knochenerkrankungen oder Tumore können ebenfalls eine Myelopathie verursachen. Auch Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) kann zu einer Einengung des Wirbelkanals führen.
Symptome einer Myelopathie
Die Symptome einer Myelopathie können vielfältig sein und variieren je nach Lokalisation und Ausmaß der Schädigung. Typische Beschwerden sind:
- Nackenschmerzen: Schmerzen im Nacken, die in die Arme ausstrahlen können.
- Neurologische Störungen: Taubheit, Kribbeln oder Kraftverlust in den Armen und Händen.
- Feinmotorische Störungen: Schwierigkeiten bei der Ausführung von feinmotorischen Tätigkeiten wie dem Zuknöpfen von Hemden oder dem Aufdrehen von Schraubverschlüssen.
- Steifheit im Nacken: Zunehmende Steifheit im Nacken mit Schmerzen beim Drehen des Kopfes.
- Einschlafen der Arme oder Hände: Häufiges Einschlafen der Arme oder Hände während der Nachtruhe.
- Gangunsicherheit und Balanceprobleme: Durch die Kompression des Rückenmarks kann eine Unsicherheit beim Gehen entstehen, die sich bei schlechten Lichtverhältnissen verstärken kann.
- Blasen- und Darmfunktionsstörungen: In schweren Fällen kann die Blasen- oder Darmkontrolle beeinträchtigt sein.
Die Symptome entwickeln sich in der Regel langsam über Jahre hinweg. Es sind aber auch gravierende plötzliche Symptome möglich, beispielsweise durch einen Auffahrunfall, der eine bis dahin unauffällige Stenose plötzlich auf das Rückenmark einwirken und es eindrücken lässt. Dies kann zu einer hochgradigen Arm- und Handlähmung führen.
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Diagnose einer Myelopathie
Zur Diagnose einer Myelopathie werden verschiedene Untersuchungsmethoden eingesetzt:
- Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erfragt die Beschwerden des Patienten und führt eine gründliche körperliche und neurologische Untersuchung durch. Dabei werden unter anderem die Reflexe, die Sensibilität und die मोटरische Funktion geprüft. Ein Beispiel für einen klinischen Test ist der Lasègue-Test.
- Bildgebende Verfahren:
- Magnetresonanztomografie (MRT): Die MRT ist das wichtigste bildgebende Verfahren zur Diagnose einer Myelopathie. Sie liefert detaillierte Bilder des Rückenmarks und des Spinalkanals und kann sowohl knöcherne als auch weichteilige Strukturen darstellen. In den Schichtaufnahmen der MRT ist die Myelomalazie (eine Schädigung des Rückenmarks) oft als heller Fleck erkennbar.
- Computertomografie (CT): Die CT kann knöcherne Veränderungen, wie z.B. Osteophyten oder Ossifikationen, gut darstellen.
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen können Informationen über das globale Alignement der Halswirbelsäule liefern und Instabilitäten erkennen.
- Myelografie: Bei der Myelografie werden mithilfe eines Kontrastmittels mögliche Veränderungen im Wirbelkanal sichtbar gemacht.
Behandlung einer Myelopathie
Die Behandlung einer Myelopathie richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung. Es gibt konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Therapie
Konservative Therapien zielen darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Sie können jedoch die Ursache der Kompression nicht beseitigen. Zu den konservativen Maßnahmen gehören:
- Medikamente: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente und Muskelrelaxantien können zur Linderung von Schmerzen und Muskelverspannungen eingesetzt werden.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Stärkung der Nacken- und Rückenmuskulatur, zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur Haltungskorrektur.
- Manuelle Therapie: Chirotherapie oder manuelle Therapie können zur Lösung von Blockaden und zur Verbesserung der Beweglichkeit der Wirbelsäule eingesetzt werden.
- Akupunktur: Akupunktur kann bei einigen Patienten zur Schmerzlinderung beitragen.
- Kinesiotaping: Kinesiotaping kann zur Unterstützung der Muskulatur und zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
- Infiltrationen: Injektionen von Kortison oder örtlichen Betäubungsmitteln in die Nähe der Nervenwurzeln oder Facettengelenke können zur Schmerzlinderung beitragen.
- Halswirbelsäulen-Krawatte: Akute Schmerzen können mit einer kurzzeitigen Ruhigstellung der Halswirbelsäule (HWS) mit einer medizinischen HWS-Krawatte gelindert werden.
Operative Therapie
Eine Operation wird in der Regel dann in Erwägung gezogen, wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichend helfen oder wenn neurologische Ausfälle drohen oder fortschreiten. Ziel der Operation ist es, den Druck auf das Rückenmark zu verringern und den Spinalkanal zu erweitern (Dekompression). Es gibt verschiedene operative Verfahren, die je nach Ursache und Lokalisation der Kompression eingesetzt werden können:
- Ventrale Fusion: Bei diesem Eingriff wird die Bandscheibe oder ein Wirbelkörper entfernt, um den Spinalkanal zu entlasten. Der entstandene Raum wird dann mit einem Platzhalter (Cage-Platten-Implantat) aufgefüllt, um die Wirbelsäule zu stabilisieren.
- Laminektomie: Bei der Laminektomie wird ein Teil des Wirbelbogens (Lamina) entfernt, um den Spinalkanal zu erweitern.
- Laminoplastie: Bei der Laminoplastie wird der Wirbelbogen aufgeschnitten und aufklappt, um den Spinalkanal zu erweitern. Der Spalt wird dann mit einem kleinen Knochenstück oder einem Implantat fixiert.
- Dorsale Dekompression mit Schraubenfixation: Bei diesem Eingriff wird der Spinalkanal von hinten erweitert und die Wirbelsäule mit Schrauben und Stäben stabilisiert.
Die Wahl des geeigneten Operationsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Ursache der Kompression, der Lokalisation der Stenose und dem Zustand der Wirbelsäule.
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Rehabilitation
Nach einer Operation ist eine gezielte Rehabilitation entscheidend, um die Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu fördern und die Muskulatur zu stärken. Dies umfasst regelmäßige Physiotherapie zur Verbesserung der Flexibilität und Stabilität des Nackens sowie Übungen zur Koordinations- und Haltungskorrektur. In der Nachbehandlung sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, um den Heilungsprozess zu überwachen und mögliche Komplikationen zu vermeiden.
Vorbeugung einer Myelopathie
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um das Risiko einer Myelopathie zu reduzieren:
- Ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Schreibtischplatzes, um Ihre Halswirbelsäule zu entlasten. Der Computerbildschirm sollte sich auf Augenhöhe befinden.
- Regelmäßige Pausen: Langes Sitzen übt Druck auf die Halswirbelsäule aus. Planen Sie daher beim Arbeiten am Schreibtisch alle 30 Minuten eine kurze Pause ein, in der Sie aufstehen und sich bewegen. Mit ein paar einfachen Nacken- und Schulterübungen lassen sich Verspannungen lösen.
- Kräftigung der Nackenmuskulatur: Ein starker Nacken trägt dazu bei, die Halswirbelsäule zu stützen. Bauen Sie daher auch spezifische Übungen zur Kräftigung der Nackenmuskulatur in Ihr Fitnessprogramm ein.
- Gesundes Körpergewicht: Übergewicht belastet die Wirbelsäule. Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung, um ein gesundes Körpergewicht zu halten.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Rauchen und Alkoholkonsum fördern auch im Bereich der Wirbelsäule Entzündungen und beschleunigen deren Verschleiß.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Ausreichend zu trinken, ist generell wichtig - auch für die Gesundheit der Bandscheiben.
- Stressmanagement: Chronischer Stress führt häufig zu Muskelverspannungen. Diese können wiederum die Symptome einer Spinalkanalstenose verstärken. Integrieren Sie tiefe Atemübungen, Meditation oder Yoga in Ihren Alltag.
- Richtiges Heben: Durch falsches Heben wird die Wirbelsäule unnötig belastet. Heben Sie Gegenstände immer mit geradem Rücken und gebeugten Knien an. Tragen Sie schwere Lasten nah am Körper oder, falls möglich, mit Unterstützung.
- Ausreichende Nährstoffversorgung: Eine ausreichende Aufnahme von Kalzium und Vitamin D ist wichtig für die Knochengesundheit. Lassen Sie sich dazu in Ihrer Hausarztpraxis beraten. Mit einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßigen Aufenthalten in der Sonne tun Sie bereits sehr viel für eine gute Nährstoffversorgung.
- Regelmäßige Kontrollen: Regelmäßige Kontrollen bei Wirbelsäulenspezialist:innen tragen dazu bei, frühe Anzeichen einer Spinalkanalstenose zu erkennen.
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