Krampfanfall Ursachen ohne Epilepsie: Ein umfassender Überblick

Ein Krampfanfall, auch epileptischer Anfall genannt, entsteht durch eine überschießende Entladung von Neuronen im Gehirn. Die Phänomenologie variiert erheblich in Abhängigkeit vom Ort und der Ausprägung der Anfälle. Nach einem Anfall folgt in den meisten Fällen eine Nachphase (postiktale Phase), welche Stunden anhalten kann. In dieser kommt es zu Symptomen wie Sprachstörungen, Vigilanzminderungen, Lähmungen, Gedächtnisstörungen und teilweise psychischen Störungen bis hin zu aggressivem Verhalten.

Etwa 10 % aller Menschen erleiden in ihrem Leben einen Krampfanfall, ohne jemals tatsächlich an Epilepsie zu erkranken. Der Ausdruck „epileptischer Anfall“ ist eine Sammelbezeichnung für unterschiedlichste Krankheitsbilder; dabei ist nicht jeder einmalige Anfall auch gleichbedeutend mit einer Epilepsie.

Dieser Artikel soll helfen, die Zusammenhänge von Ursachen, Erscheinungsbild, Ablauf und Behandlung eines akuten Krampfanfalls besser zu verstehen und von einer Epilepsie zu unterscheiden. Zudem zeigen wir auch, was bei einem Anfall zu tun ist.

Definition und Abgrenzung

Ein Krampfanfall ist ein plötzliches, unkontrolliertes Ereignis, bei dem die normale Funktion der Nervenzellen (Neuronen) in der Hirnrinde vorübergehend gestört ist. Die Neuronen sind plötzlich überaktiv und senden ihre Signale nicht mehr geordnet ab. Normalerweise kommunizieren Nervenzellen über elektrische Impulse, die fein abgestimmt sind. Gerät dieses Gleichgewicht außer Kontrolle, kann es zu einem Krampfanfall kommen. Ein Krampfanfall ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom.

Von einer Epilepsie oder einem Anfallsleiden spricht man erst, wenn die Anfälle spontan, das heißt ohne einen erkennbaren Auslösefaktor und in bestimmten Abständen bzw. bestimmter Häufigkeit auftreten. Die Leitlinie definiert Epilepsie als eine Störung des Gehirns, „die durch eine anhaltende Prädisposition gekennzeichnet ist, spontan auftretende epileptische Anfälle zu generieren“. Sie liegt gemäß internationaler Definition vor, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:

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  • Mindestens zwei unprovozierte Anfälle im Abstand von mehr als 24 Stunden
  • Ein unprovozierter Anfall und eine Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Anfall von mindestens 60 % in den nächsten zehn Jahren, was dem allgemeinen Rezidivrisiko nach zwei unprovozierten Anfällen entspricht (nachgewiesen durch epilepsietypische Potenziale im EEG und/oder eine potenziell epileptogene Läsion in der MRT)
  • Diagnose eines Epilepsiesyndroms

Das bedeutet auch, dass die Krampfanfälle aufhören, wenn man die eindeutigen Auslöser bzw. akuten Ursachen behandelt oder meidet. Epilepsien liegen jedoch unbekannte oder chronische Ursachen zugrunde, weshalb meistens die Einnahme von Anfallssuppressiva erforderlich ist, um eine Anfallskontrolle oder Anfallsfreiheit zu erreichen.

Ursachen für Krampfanfälle ohne Epilepsie

Es gibt eine Vielzahl von Ursachen für Krampfanfälle, die nicht mit Epilepsie in Verbindung stehen. Diese werden oft als Gelegenheitsanfälle oder akut symptomatische Anfälle bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Krampfanfälle, die aufgrund der akuten Erkrankung bzw. der akuten Schädigung des Gehirns auftreten. Es gibt also einen direkt zu identifizierenden Auslöser für den Anfall.

Häufige Ursachen sind:

  • Fieberkrämpfe: Diese treten vor allem bei Kindern im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren im Rahmen von fieberhaften Infekten auf. 2-5 % aller Kinder erleiden mindestens einmal einen Fieberkrampf.

  • Metabolische Störungen:

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    • Hypoglykämie (Unterzuckerung)
    • Elektrolytstörungen (insbesondere Hyponatriämie)
    • Mangel an wichtigen Mineralstoffen (z. B. Magnesium, Kalzium)
  • Intoxikationen:

    • Alkoholentzug
    • Drogenmissbrauch
    • Bestimmte Medikamente oder Wechselwirkungen
  • Zerebrale Ursachen:

    • Schädel-Hirn-Trauma
    • Intrakranielle Blutung
    • (Bakterielle) Meningitis
    • Zerebrale Raumforderungen (z. B. Ischämien)
    • Hypoxie (z. B. durch Kreislaufstillstand)
  • Andere Ursachen:

    • Eklampsie (bei Schwangerschaft >20 SSW.)
    • KillerKonvulsive Hochrisiko-Synkope z.B. bei Arrest/Rhythmusstörung
    • Dehydration

BINTE-Schema

Für die Anamnese und Ursachenfindung bei Krampfanfällen hat sich das BINTE-Schema bewährt:

  • B - Blutzucker (Hypoglykämie)
  • I - Infektion (insb. Meningitis, Sepsis)
  • N - Neurologie (Epilepsie, akuter / Z.n. Schlaganfall, zerebrale Blutung, Raumforderung)
  • T - Trauma / Toxin (Schädel-Hirn-Trauma, Alkohol, -Entzug, Intoxikation)
  • E - Elektrolyte (insb. Hyponatriämie)

Formen von Krampfanfällen

Es wird zwischen generalisierten und fokalen Krampfanfällen unterschieden. Generalisierte Krampfanfälle betreffen beide Gehirnhälften gleichermaßen, während fokale Krampfanfälle nur in einem begrenzten Bereich einer Hirnhälfte stattfinden.

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Generalisierte Anfälle

  • Tonic-klonischer Anfall (früher „Grand mal“): Dies ist die eindrücklichste Form des Krampfanfalls. Er besteht aus einer tonischen Phase, in welcher sich die Muskeln versteifen und der Patient ohne jegliche Schutzreflexe plötzlich stürzt. Hierbei kann es zu einem Versteifen der Atemmuskulatur kommen, wodurch ein kurzzeitiger Atemstillstand entsteht. Im Anschluss folgt die klonische Phase mit Zuckungen der gesamten Körpermuskulatur, sichtbar vor allem an den Extremitäten. Im Anschluss folgt eine ausgiebige postiktale Phase mit neurologischen Symptomen.
  • Myoklonischer Anfall: Im Rahmen eines myoklonischen Anfalls treten bei vollem Bewusstsein plötzlich unwillkürliche Muskelzuckungen auf. Diese Anfälle dauern nur wenige Sekunden an und betreffen vorwiegend die Arme, Schultern oder den Oberkörper.
  • Absencen: Absencen sind kurze und plötzlich einsetzende Abwesenheiten mit stark eingeschränktem oder völlig fehlendem Bewusstsein. Sie dauern wenige Sekunden an, beginnen und enden abrupt und haben anders als der generalisiert tonisch-klonische Anfall keine Aura.

Fokale Anfälle

Der fokale Krampfanfall findet in einem begrenzten Bereich eine Hirnhälfte statt. Bei einem komplex-fokalen Anfall kommt es neben der lokal begrenzten Symptomatik zusätzlich zu Bewusstseinsstörungen. Patienten können Automatismen wie Schmatzen oder Lippenlecken zeigen. Wenn sich ein fokal beginnender Anfall über beide Hemisphären des Gehirns ausbreiten, kann es zu einem generalisiert tonisch-klonischen Anfall kommen.

Dissoziativer Krampfanfall

Auch: „psychogener Krampfanfall“, „PNES“ (psychogenic non-epileptic seizure), „PNEA“ (psychogenic non-epileptic-attack). Unterschiedlichste Symptomatik (verschiedenste Subtypen von krampfartigen Entäußerungen bis zu „Erstarrung“, Bewusstseinseinschränkung ebenso variierend) ohne Auffälligkeiten im EEG. Bei einzelnen Patient:innen meist ähnliche, wiederholte Subtypen. Symptomatik von Patient:innen nicht kontrollierbar (nicht „gespielt“!). Teils, aber nicht immer sind Genese bzw. akute Auslöser (PTBS, Missbrauch in der Vorgeschichte, akut belastende Situationen, frühere Traumata) erhebbar. Bei bekanntem dissoziativen Krampfleiden können in den Unterlagen oder an dem/der Patient:in selbst Hinweise auf die Erkrankung sein (Notfall-Notizen, -Armbänder etc.).

Status Epilepticus

Ein epileptischer Anfall, welcher länger als 5 Minuten anhält, oder mehr als 2 aufeinanderfolgende Anfälle über einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten ohne Wiedererlangen des Bewusstseins, werden als Status epilepticus bezeichnet stellen ein dringend therapiebedürftiges Notfallbild dar! Ein Anfall >5min. oder ≥2 Anfälle ohne zwischenzeitig vollständige Remission der Symptome/Wiedererlangen des normalen Bewusstseins definiert den Status Epilepticus.

Erste Schritte beim Status Epilepticus

  1. Fokus auf ABC-Stabilisierung
  2. O2-Gabe (15l/min. über Maske mit Reservoir)
  3. Schutz vor weiteren Verletzungen (bei Z.n. Krampfanfall und Bewusstseinsstörung: Ggf. stabile Seitenlage, Esmarch-Handgriff)
  4. Orientierender Neuro-Status (Paresen? Pupillenstatus/Herdblick?)
  5. Fokussierte Anamnese: Epilepsie bekannt? BINTE-Schema
  6. BGA mit Elektrolyten (falls nicht möglich: zumindest BZ-Messung)

Medikamentöse Therapie bei Status epilepticus

Zeitkritische Therapie! Je schneller therapiert wird, desto höher Chance auf Terminierung des Anfalls.

Stufe 1: Benzodiazepin iv.: Lorazepam 4mg iv. oder Midazolam 10mg iv. (bei Pat ≥50kg). Kein iv-Zugang vorhanden: Midazolam 10mg in. oder im. (Pat. <40kg: 5mg)

Stufe 2: Antikonvulsiva: Levetiracetam oder Valproat (Dosierung s. Tabelle unten)

Stufe 3: Narkoseeinleitung z.B. Propofol und (Es)ketamin

Schwangere: V.a. Eklampsie! Magnesiumsulfat 10% 40-60ml (ca. 16-24mmol Mg) iv. KI + zusätzlich Standard-Therapie wie Status Epilepticus

Bekannter Alkoholabusus, V.a. (Alkohol-)Entzugsinduzierter Anfall, V.a. Mangelernährung: + zusätzlich Thiamin (Vit. B1) 100mg iv. KI

Kinder (v.a. <6 J) + Fieber: V.a. Fieberkrampf (meist selbstlimitierend). Falls Fieber weiter vorhanden - senken: Paracetamol 15mg/kg iv. / po. oder Ibuprofen 10mg/kg po.

Übersicht gebräuchlicher iv.-Benzodiazepine und Antikonvulsiva bei Status epilepticus

StufePräparatDosisDosis für Patientengewichte
1Lorazepam0,1mg/kg (max. 4mg pro Gabe)4mg bei 40kg
1Midazolam0,2mg/kg (max. 10mg pro Gabe)8mg bei 40kg, 10mg bei ≥50kg
2Levetiracetam60mg/kg (max. 4500mg)2400mg bei 40kg, 3000mg bei 50kg, 3600mg bei 60kg, 4200mg bei 70kg, 4500mg bei ≥80kg
2Valproat40mg/kg (max. 3000mg)1600mg bei 40kg, 2000mg bei 50kg, 2400mg bei 60kg, 2800mg bei 70kg, 3000mg bei ≥80kg

Dosis als langsamer Bolus iv., ggf. zweiter Bolus nach 5min. Gesamtdosis als KI über 10min. iv.

Bei persistierendem Status Epilepticus trotz ausreichend dosierter Gabe von jeweils einem Präparat der Stufe 1 und Stufe 2: Rücksprache Neurologie: Gabe weiteres Antikonvulsivum oder Eskalation auf Stufe 3? CAVE: Abwarten ist KEINE Option! (= entweder Antikonvulsivum oder Narkoseeinleitung).

Narkoseeinleitung bei Status epilepticus

Narkoseeinleitung, a.e. Propofol-basiert, z.B.: Propofol (1-)2mg/kg iv. + Esketamin 0,5(-1)mg/kg iv. + Rocuronium 1,2mg/kg iv. Aufrechterhaltung mittels Propofol-Perfusor. Die Leitlinie „Status Epilepticus“ empfiehlt Ketamin erst bei Stufe 4 - dem EEG-gesicherten „superrefraktären“ Status; pragmatisch bietet sich die Kombination aus Propofol/(Es)ketamin jedoch bereits ab Stufe 3 an. Bei rein fokalem Anfall ohne Bewusstseinsverlust kann auf Narkose verzichtet werden, ggf. alternative Antiepileptika nach Rücksprache mit Neurologie.

Zustand nach Krampfanfall

Bei Leitsymptom „Krampfanfall“ sind die meisten Patient:innen in der Notaufnahme nicht mehr aktiv krampfend (sonst s. oben zur Therapie Status epilepticus“), sondern im „Zustand nach“. Hier ist ein fokussiertes Vorgehen empfehlenswert.

Checkliste Z.n. Krampfanfall

  • Anamnese (besonders wichtig!): Epilepsie bekannt? Hinweis auf konvulsive Synkope? Trigger (BINTE, s.o.)?
  • Neurologische Untersuchung: Insb. bei komplex-fokalen Krampfanfällen: Postiktales Funktionsdefizit („Todd'sche Parese") vor allem an zuvor fokal krampfender Extremität über Minuten bis Stunden möglich
  • Fokussierte Trauma-Untersuchung: Sturz auf den Kopf / SHT? Begleitverletzungen?

Vorgehen bei bekannter Epilepsie

Falls häusliche Versorgung gesichert und Trigger nachvollziehbar, Entlassung oft möglich. Fahrverbot aussprechen und dokumentieren. Kontrolle bei behandelnder Neurolog:in empfehlen (Anpassung der antikonvulsiven Therapie?). Z.n. Status Epilepticus: Meist stationäre Aufnahme sinnvoll.

Vorgehen bei erstmaligem Anfall (bisher nicht bekannte Epilepsie)

  • Labordiagnostik: initial BGA inkl. Elektrolyte, Blutzucker + Laktat; „Standardlabor“ (insb. Blutbild, Elektrolyte, Leber/Nierenwerte, Glukose, TSH, CRP + CK)
  • CCT (v.a. bei neu aufgetretenem epileptischem Anfall und/oder SHT) oder unklarer fokaler Neurologie (DD: Todd’sche Parese)
  • EEG (akut bei DD nonkonvulsiver Status epilepticus), sonst meist im Verlauf

Sonderfälle: Bek. Epilepsie + Z.n. Status → Spiegelbestimmung der eingenommenen Antiepileptika. Hinweis auf Meningitis/Encephalitis → Lumbalpunktion. Klinischer Verdacht auf Intoxikation: Anionenlücke (BGA) beachten, weitere Abklärung siehe Intoxikation

Fahrverbot (z.B. bei Entlassung gegen ärztlichen Rat) unbedingt dokumentieren. Meist stationäre Aufnahme (inkl. EEG, MRT), ev. auch ambulante Abklärung möglich (Einzelfallentscheidung).

Differenzialdiagnosen

Es ist wichtig, epileptische Anfälle von anderen Zuständen abzugrenzen, die ähnliche Symptome verursachen können. Dazu gehören:

  • Konvulsive Synkope: Kurze krampfartige Entäußerungen bei Kreislaufstillstand. Rasches Wachwerden, keine lange Bewusstlosigkeit. "10-20 Regel": Weniger als 10 beobachtete „Zuckungen“. Klassische Trigger eine Synkope (orthostatisch, vasovagal, kardiogen).
  • Dissoziativer Anfall (Psychogener nicht-epileptischer Anfall): Wechselhafter Verlauf, teils mit Pausen, teils zwischenzeitlich "normale" Konversation möglich. Geschlossene, (aktiv) zusammengekniffene Augen. Unrhythmische, asynchrone (chaotische) Bewegungen. Reaktion auf Reize (Berührung, Ansprache). Wechselnde Intensität der Symptome (spontan oder bei Ablenkung/Schmerzreiz). Überstrecken / „stoßende“ Bewegungen des Beckens („Brücke“). Hin- und Herwerfen des Kopfes.
  • Andere neurologische Erkrankungen: z.B. Migräne mit Aura, transitorische ischämische Attacke (TIA)

Erste Hilfe bei einem Krampfanfall

Unabhängig davon, ob es sich um einen akut symptomatischen Krampfanfall oder einen epileptischen Anfall handelt, gibt es einige Regeln bezüglich der ersten Hilfe zu berücksichtigen:

  • Am wichtigsten ist es, dass gefährliche Gegenstände aus der Nähe der krampfenden Person entfernt werden und dass der Kopf geschützt wird, zum Beispiel, indem man eine Jacke oder ein Kissen darunter legt.
  • Dann sollte die Person sanft in die stabile Seitenlage gebracht werden, um die Atemwege freizuhalten.
  • Außerdem darf man Betroffene niemals festhalten.
  • Auch der Mund ist tabu. Man sollte niemals einen Gegenstand als eine Art Beißkeil in den Mund stecken, wie etwa einen Löffel, um zu verhindern, dass Betroffene sich auf die Zunge beißen. Durch den Beißkeil besteht Verletzungsgefahr und das Risiko, dass Krampfende ihn verschlucken oder einatmen.
  • Handelt es sich um den ersten Krampfanfall bzw. um Personen, die nicht bereits als Menschen mit Epilepsie diagnostiziert wurden, sollte man einen Notarzt rufen und als Betroffener nach dem Anfall unbedingt einen Facharzt aufsuchen.
  • Bei bereits diagnostizierten Menschen mit Epilepsie ist das jedoch meistens nicht notwendig.
  • Erlebt man einen Krampfanfall bei einer fremden Person mit, so kann es sinnvoll sein, die Taschen der Betroffenen nach einem Notfallausweis zu durchsuchen, den Menschen mit Epilepsie häufig bei sich tragen. Darin steht ganz genau, wer zu kontaktieren ist (Notfallkontakt).
  • Finden Sie einen solchen Ausweis bei einer krampfenden Person, so sollten Sie zudem auf bestimmte Merkmale und die Dauer des Anfalls achten. Schauen Sie also auf die Uhr und notieren Sie prägnante Symptome wie krampfende Gliedmaßen, Schaum vor dem Mund oder ob die Augen offen oder geschlossen sind. Kennen Sie die Person, so ist die Aufnahme des Anfalls mit dem Smartphone empfehlenswert.

Diagnose

Eine möglichst genaue Beschreibung über Ablauf und Dauer des Krampfes ist entscheidend für die Einordnung der Anfalls und die Festlegung weiterer therapeutischer Maßnahmen. Ziel der ärztlichen Untersuchung ist es, herauszufinden, welche Ursache hinter dem Anfall steckt. Die Diagnose beinhaltet meist folgende Schritte:

  • Anamnese: Der wichtigste Schritt ist das ärztliche Gespräch mit der betroffenen Person - und oft auch mit Augenzeugen. Gefragt wird zum Beispiel: Wie sah der Anfall genau aus? Wie lange hat der Anfall gedauert? Was war vorher - Stress, Schlafmangel, Fieber? Gab es frühere Anfälle oder bekannte Vorerkrankungen? Je genauer die Beobachtungen, desto besser. Auch Handyvideos können sehr hilfreich sein.
  • Körperliche und neurologische Untersuchung: Hier prüfen die Ärzt*innen Reflexe, Muskelkraft, Sprache und das Bewusstsein, um Hinweise auf eine mögliche Ursache im Nervensystem zu finden.
  • Elektroenzephalographie (EEG): Das EEG misst die elektrische Aktivität im Gehirn. Bei Epilepsie lassen sich oft typische Entladungen oder Reizherde erkennen. Allerdings schließt ein unauffälliges EEG nicht Epilepsie aus - manchmal sind mehrere Messungen nötig, auch im Schlaf oder mit Reizprovokation.
  • Bildgebung: Eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) werden veranlasst, um strukturelle Veränderungen im Gehirn zu erkennen - etwa Tumoren, Blutungen, Narben oder Fehlbildungen.
  • Blutuntersuchungen: Dadurch lassen sich Stoffwechselstörungen, Infektionen oder Mangelzustände identifizieren.
  • Video-EEG in Spezialfällen: Wenn die Diagnose unklar bleibt, kann ein längerer Aufenthalt in einem Epilepsiezentrum mit Videoüberwachung und EEG helfen.
  • Liquoruntersuchung: Bei klinischem Verdacht auf eine entzündliche Hirnerkrankung ist eine Untersuchung des Liquors indiziert.

Behandlung

Wie genau ein Krampfanfall behandelt wird, hängt davon ab, warum der Anfall überhaupt aufgetreten ist. Je nach Ursache kommen verschiedene Optionen infrage:

  • Akute Auslöser: Einige Krampfanfälle treten im Zusammenhang mit kurzfristigen körperlichen Ausnahmesituationen auf - etwa bei hohem Fieber, starkem Flüssigkeitsverlust oder Unterzuckerung. In solchen Fällen reicht es oft, die auslösende Störung zu korrigieren. Beispielsweise wird bei einem Fieberkrampf das Fieber gesenkt - nicht der Krampfanfall behandelt. In diesen Fällen ist nach der Behandlung meist keine weitere Therapie nötig.
  • Epilepsie: Bei dieser Diagnose steht die Dauertherapie mit Antiepileptika im Fokus. Diese Medikamente wirken im Gehirn, indem sie die Übererregbarkeit der Nervenzellen dämpfen. Das Ziel ist das Vermeiden von Anfällen. Nicht immer genügt ein Medikament. Manche Betroffene brauchen alternative Therapien wie eine Vagusnerv-Stimulation (ein kleines Implantat, das elektrische Impulse an das Gehirn sendet) oder eine Operation.
  • Psychogene (dissoziative) Anfälle: Wenn die Ursache nicht neurologisch, sondern psychisch ist, steht eine Psychotherapie im Mittelpunkt. Mögliche Auslöser der Krampfanfälle sind chronischer Stress, unverarbeitete Traumata oder emotionale Belastungen. Wichtig ist hier: Die Betroffenen bilden sich nichts ein - die Anfälle sind real und belastend. Eine wertschätzende Aufklärung ist ein entscheidender Teil der Therapie.
  • Bei Hirntumoren, Gefäßveränderungen oder Entzündungen richtet sich die Behandlung nach der Grunderkrankung. Wird die Ursache erfolgreich behandelt, verschwinden oft auch die Anfälle.
  • Bleibt der Auslöser unklar - wie bei manchen idiopathischen Epilepsien - wird dennoch behandelt.

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