Das Kniegelenk, das größte und komplexeste Gelenk des menschlichen Körpers, ermöglicht uns eine Vielzahl von Bewegungen. Als Dreh- und Scharniergelenk kann es bis zu 10 Grad überstreckt und bis zu 150 Grad gebeugt werden. Seine komplexe Struktur, bestehend aus Knochen, Knorpel, Muskeln, Sehnen und Bändern, macht es anfällig für verschiedene Arten von Beschwerden und Schmerzen, einschließlich Krämpfen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Krämpfen im Kniebereich, um ein besseres Verständnis und wirksame Lösungsansätze zu ermöglichen.
Anatomie des Kniegelenks
Um die Ursachen von Knieschmerzen und Krämpfen besser zu verstehen, ist es wichtig, die Anatomie des Kniegelenks zu kennen. Die Knochenvorsprünge am Gelenkkopf des Oberschenkelknochens sind mit Gelenkknorpel überzogen, den sogenannten Condylen. Das Tibiaplateau bezeichnet die Gelenkfläche des Schienbeins. Die Kniescheibe, die in die Sehnenstruktur eingewachsen ist, die vom Oberschenkelmuskel zum Schienbein zieht, befindet sich ebenfalls im Kniegelenk. Muskeln, Sehnen und Bänder halten das Kniegelenk zusammen, da die Gelenkteile nicht vollständig ineinandergreifen. Die Menisken, bestehend aus Außen- und Innenmeniskus, bilden das Verbindungsstück zwischen Oberschenkel und Schienbein und sorgen für eine ausgewogene Kraftverteilung im Knie. Das vordere und hintere Kreuzband, die sich im Inneren des Gelenks befinden, stabilisieren zusammen mit den Seitenbändern das Kniegelenk.
Muskelkrämpfe: Ursachen und Mechanismen
Muskelkontraktionen und Muskelkrämpfe sind ein häufiges Phänomen, das durch unkontrollierte Kontraktionen der Muskeln gekennzeichnet ist. Unser Gehirn sendet über Nervenzellen Stromimpulse in die Muskeln, um diese gezielt an- und entspannen zu können. Wenn die Nerven jedoch zu viele, zu wenige oder falsche Spannungen senden, kann dies zu unkontrollierten Kontraktionen führen, die wir als schmerzhaften Krampf wahrnehmen. Häufig betroffen sind Waden, Oberschenkel, Hände und Füße. Ein Krampf dauert in der Regel nur wenige Minuten, kann aber auch Stunden andauern. Muskelkrämpfe treten oft nachts auf, während Sportler und Sportlerinnen tagsüber besonders betroffen sind.
Die genauen Ursachen von Muskelkrämpfen sind noch nicht abschließend geklärt. Eine verbreitete Theorie besagt, dass ein Elektrolytmangel, insbesondere ein Magnesiummangel, Krämpfe auslösen kann. Neben Magnesium gehören auch Kalium und Natrium zu den wichtigen Elektrolyten im Körper. Neuere Ansätze sehen Muskelkrämpfe eher als ein neuronales Problem: Bei hoher Belastung werden die Nervenzellen, die im Rückenmark die Muskeln steuern, überregt, was zu Muskelermüdung und Krämpfen führt. Auch ein schlechter Trainingsstand, verkürzte Muskeln, hohe Temperaturen und eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr können zu Krämpfen führen.
Weitere mögliche Ursachen von Muskelkrämpfen sind:
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- Medikamente: Bestimmte Arzneimittel mit entwässernder Wirkung, wie etwa bestimmte Blutdruck- oder Cholesterinsenker, können das Risiko von Muskelkrämpfen erhöhen.
- Erkrankungen: Eine unerkannte Schilddrüsenfehlfunktion oder ein Diabetes kann ebenfalls zu vermehrten Krämpfen führen.
Spezifische Ursachen von Knieschmerzen und Krämpfen
Neben den allgemeinen Ursachen von Muskelkrämpfen gibt es auch spezifische Faktoren, die zu Knieschmerzen und Krämpfen im Kniebereich beitragen können.
Überlastung und vorderer Knieschmerz
Schmerzen im Bereich der Kniescheibe sind oft ein Zeichen für eine Überbelastung. Das Knie wurde zu häufig oder zu stark belastet und konnte sich nicht schnell genug an diese Belastung anpassen. Dies tritt besonders häufig beim Sport auf, wie zum Beispiel beim Laufen, Bergsteigen oder Radfahren. Mediziner bezeichnen dies als patellofemorale Schmerzen oder patellofemorales Schmerzsyndrom (PFS).
Die Schmerzen treten meistens hinter oder neben der Kniescheibe auf und fühlen sich eher dumpf an. Sie machen sich vor allem bei Belastung bemerkbar, insbesondere beim Treppensteigen oder bei starker Beugung des Knies. Auch langes Sitzen kann zu Schmerzen und Steifheit im Knie führen.
Weitere Erkrankungen im Kniegelenk
- Meniskusschäden: Eine häufige Ursache von Knieschmerzen sind Meniskusschäden, wobei meist der Innenmeniskus betroffen ist. Der Schmerz projiziert sich auf den inneren Gelenkanteil und ist bei Belastung und insbesondere bei Verdrehungen verstärkt.
- Kniegelenksarthrose (Gonarthrose): Abnutzung im Alter oder bei einseitiger Belastung kann ein weiterer Auslöser für Knieschmerzen sein.
- Osteonekrose: Durchblutungsstörungen können zu einer Knochennekrose führen, bei der es zur Ablösung von Knorpel- und Knochenteilen kommt, meist an der inneren Oberschenkelrolle, was oft sehr starke Beschwerden verursacht.
- Entzündliche Erkrankungen: Bakterien können Kniegelenksvereiterungen verursachen, die durch plötzlich und sehr stark auftretende Schmerzen auch in Ruhe charakterisiert sind. Auch die chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis) und Gicht oder Pseudo-Gicht können das Kniegelenk betreffen und schmerzhafte Gelenkschwellungen verursachen.
Störungen in der Nachbarschaft des Kniegelenkes
Sämtliche Veränderungen in Körperregionen, die dem Kniegelenk benachbart sind, können ausstrahlende Schmerzen mit Ähnlichkeit zur Kniegelenksarthrose verursachen. Dazu gehören Störungen des oberen Schienbein-Wadenbein-Gelenkes (proximales Tibio-Fibular-Gelenk), überlastungsbedingte Sehnenansatzentzündungen (Patellasehne, Tractus iliotibialis), Hüfterkrankungen und Erkrankungen der Lendenwirbelsäule. Selten, aber umso gefährlicher sind Tumorerkrankungen im Kniebereich.
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
Treten die typischen Krämpfe bei einer längeren Gehstrecke oder beim Treppensteigen wiederholt auf, können sie ein Hinweis auf eine periphere arterielle Verschluss-Krankheit (pAVK) sein. Bei dieser arteriellen Erkrankung kommt es durch eine Verengung der Gefäße zu einem Sauerstoffmangel in der Muskulatur, der sich zunächst wie ein Muskelkrampf oder Muskelkater anfühlt.
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Wadenschmerzen im Ruhezustand
Unabhängig von körperlicher Aktivität können auch Wadenschmerzen im Ruhezustand auftreten. Diese können durch eine Überanstrengung, einen Mineralstoffmangel, Durchblutungsstörungen, Schädigungen der peripheren Nerven, Schilddrüsenerkrankungen oder andere Erkrankungen verursacht werden.
Was hilft bei Muskelkrämpfen im Kniebereich?
Die beste Sofortmaßnahme bei einem Muskelkrampf ist Dehnen, auch wenn es wehtut. Zudem hilft es, aufzustehen und umherzulaufen. Dadurch wird die Muskulatur automatisch gelockert. Tritt der Krampf während des Trainings auf, sollte der betroffene Muskel sofort entlastet werden. Auch das Massieren des Muskels wirkt durchblutungsfördernd, entspannend und wohltuend.
Vorbeugung von Muskelkrämpfen im Kniebereich
Um Muskelkrämpfen vorzubeugen, sollten Sie folgende Tipps befolgen:
- Magnesium: Obwohl die Wirksamkeit von Magnesium bei Muskelkrämpfen wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist, ist ein ausgeglichener Elektrolythaushalt generell wichtig für die Gesundheit und eine normale Muskelfunktion. Statt zu Nahrungsergänzungsmitteln zu greifen, sollten Sie auf natürliche Mineralstofflieferanten wie Vollkornprodukte, Hülsenfürchte, Obst, Gemüse und Fisch setzen.
- Elektrostimulation: Ein relativ neuer Ansatz, der sowohl zur Therapie als auch zur Vorbeugung von Muskelkrämpfen helfen könnte, ist die Elektrostimulation.
- Muskeln dehnen: Nehmen Sie sich vor dem Schlafengehen ein paar Minuten Zeit, um Ihre Waden- und Oberschenkelmuskulatur jeweils dreimal für zehn Sekunden zu dehnen.
- Ausreichend trinken: Trinken Sie mindestens 1,5 Liter Wasser oder andere kalorienfreie Getränke wie Tee täglich. Bei hohen Belastungen ist Apfelsaftschorle ideal oder auch Wasser, dem etwas Salz zugesetzt ist.
- Balance zwischen Ruhe und Bewegung: Achten Sie darauf, dass Sie sich jeden Tag mindestens 30 Minuten bewegen. Das lockert die Muskeln und fördert die Durchblutung. Vermeiden Sie Übertraining und hören Sie auf Ihren Körper.
- Gewicht: Achten Sie auf Ihr Gewicht, denn jedes Kilogramm weniger verringert die Belastung für die Knie.
- Muskelaufbau: Stärken Sie Ihre Oberschenkelmuskeln, das reduziert die Belastung des Kniegelenkes.
- Schuhwerk: Nutzen Sie adäquates Schuhwerk, hohe Absätze führen zu einer hohen Belastung insbesondere der Kniescheibe.
- Vorbereitung auf sportliche Aktivitäten: Bereiten Sie sich auf sportliche Aktivitäten vor mit Kräftigungs- und Dehnungsübungen, um die Kniegelenke zu entlasten und Unfällen vorzubeugen, insbesondere bei kniebelastenden Sportarten wie Skifahren, Bergsteigen, Reiten, Fußball.
- Kniefreundliche Sportarten: Wählen Sie kniefreundliche Sportarten wie Rückenschwimmen und Wassergymnastik, Radfahren und Walking.
- Vermeiden Sie zu starkes Beugen und Verdrehen über den rechten Winkel hinaus.
Umgang mit vorderem Knieschmerz
Bei akuten Schmerzen ist eine Entlastung ratsam. Sportlerinnen und Sportler sollten eine Zeit lang weniger trainieren oder eine Pause einlegen, damit sich das Knie erholen kann. Akute Schmerzen können mit schmerzlindernden und entzündungshemmenden Gels oder Cremes mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Diclofenac behandelt werden. Auf Dauer kann eine gezielte Stärkung der Bein- und Hüftmuskulatur helfen. Orthopädische Schuheinlagen können ebenfalls infrage kommen, insbesondere wenn die Füße beim Gehen stark nach innen einknicken (Überpronation).
Wichtig ist, Schmerzmittel nicht einzunehmen, um wieder intensiv Ausdauersport betreiben zu können. Auch wenn die Schmerzen nach der Einnahme abklingen, ist erst einmal Schonung wichtig.
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Ärztliche Abklärung
Wenn Sie unter anhaltenden und starken Schmerzen im Knie leiden, sollten diese ärztlich abgeklärt werden. Selbiges gilt, wenn es sich um wiederkehrende oder plötzlich und sehr intensive Schmerzen handelt. Auch anhaltende Wadenschmerzen im Ruhezustand sollten ärztlich abgeklärt werden, da die Ursachen vielfältig sein können.
Der Arzt wird zunächst nach den Beschwerden fragen und das Knie abtasten. Dann wird er Sie bitten, eine Kniebeuge zu machen oder mit dem gesunden Bein langsam von einer Stufe zu steigen. Treten dabei Schmerzen auf, weist dies auf die Diagnose „vordere Knieschmerzen“ hin.
Um andere Ursachen auszuschließen, können weitere Untersuchungen wie Röntgen, Ultraschall oder Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. Bluttests helfen dabei, Elektrolytstörungen, Schilddrüsenprobleme oder Entzündungswerte zu erkennen. Bei Verdacht auf neurologische Ursachen kann eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit weitere Aufschlüsse geben.