Eine Narkose ist ein unverzichtbarer Bestandteil vieler medizinischer Eingriffe, birgt jedoch auch potenzielle Risiken und Nebenwirkungen. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für Krämpfe und andere Komplikationen nach einer Narkose, um Patienten und Angehörigen ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen und zu informierten Entscheidungen beizutragen.
Häufige Nebenwirkungen nach Narkose
Wie bei jedem Eingriff können auch während oder nach einer Narkose Komplikationen und Nebenwirkungen auftreten. Es ist wichtig zu verstehen, dass moderne Medikamente und Überwachungstechnologien dazu beitragen, diese Risiken zu minimieren.
Halsschmerzen und Heiserkeit
Nach einer Vollnarkose mit einem Beatmungsschlauch oder einer Kehlkopfmaske können gelegentlich Schluckbeschwerden, Halsschmerzen oder Heiserkeit auftreten. Diese Nebenwirkungen werden durch Reizung der empfindlichen Rachenschleimhaut ausgelöst und lassen in den allermeisten Fällen nach ein bis zwei Tagen wieder nach.
Übelkeit und Erbrechen (PONV)
Diese Nebenwirkungen waren früher häufige unangenehme Begleiter einer Narkose. Das Auftreten hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Auch durch den Einsatz besser verträglicher Mittel im Rahmen der Anästhesie kann das Risiko gemindert werden (beispielsweise bei der totalintravenösen Anästhesie unter Verwendung von Propofol und Remifentanil).
Zahnschaden
Ein Zahnschaden ist eine seltene Komplikation der Intubation. Beim Einführen des Beatmungsschlauches (Tubus) in die Luftröhre wird ein Instrument benutzt, um die Zunge etwas zur Seite zu schieben und um freie Sicht auf die Stimmlippen und den Kehlkopf zu erhalten. Bei diesem Vorgang kann es vereinzelt - insbesondere bei beengten Sichtverhältnissen - zur Schädigung von Oberkiefer-Frontzähnen kommen. Die Häufigkeit wird mit 1:4500 angegeben. Wenn ein Gebrauch der Kehlkopfmaske möglich ist kann dadurch die Häufigkeit dieser Komplikation vermindert werden.
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Aspiration
Unter ungünstigen Verhältnissen kann sich Mageninhalt passiv in den Rachen entleeren und dann in die Luftröhre und die Lunge gelangen (Aspiration). Hierbei können Nahrungsbrocken zur Verlegung von Luftröhre oder Bronchien führen und so die Atmung beeinträchtigen. In anderen Fällen kann es bei Aspiration dünnflüssigen Magensaftes zur Verätzung des empfindlichen Lungengewebes kommen. Die Beeinträchtigung der Atmung kann lebensbedrohlich sein und erfordert dann in diesen Fällen eine Überwachung und Behandlung auf der Intensivstation.
Zur Vermeidung dieser Komplikation sind folgende Verhaltensregeln zu beachten:
- Bis 6 Stunden vor Narkosebeginn kann eine kleine Mahlzeit eingenommen werden.
- Bis 2 Stunden vor Narkosebeginn können bis zu 450 ml einer klaren Flüssigkeit wie Mineralwasser oder Tee ohne Milch und Zucker eingenommen werden.
- Bitte trinken Sie keinen Alkohol und rauchen auch möglichst nicht.
Im Notfall oder unter besonderen Bedingungen wird das Risiko der Aspiration durch Medikamente (z. B. durch Magensäureblocker), bestimmte Narkosetechniken (Rapid Sequence Induction) oder Verwendung von Magensonden minimiert.
Intraoperative Wachzustände (Awareness)
Das Auftreten einer intraoperativen Wachheit ist ein seltenes Ereignis. Nur in Ausnahmefällen kann es mit einer Schmerzwahrnehmung und Erinnerung verbunden sein. Eine Narkose ist ein schlafähnlicher Zustand. Zumeist über die Vene gespritzt, schaltet ein Medikament Ihr Bewusstsein und das Schmerzempfinden so zuverlässig aus, dass Sie nichts von der Operation spüren. Es kann auch sein, dass Ihr Operateur aus medizinischen Gründen ein anderes Verfahren, z. B. eine so genannte Regionalanästhesie bevorzugt. In jedem Fall werden Sie ausführlich darüber informiert, welche Methode oder Kombination bei Ihnen angewandt wird. Für den Fall, dass Ihr Eingriff länger dauert, werden während der Operation Narkosemittel nachgespritzt.
Seltene, aber schwerwiegende Komplikationen
Obwohl die Wahrscheinlichkeit gering ist, können nach einer Narkose auch schwerwiegende Komplikationen auftreten, die eine sofortige medizinische Intervention erfordern.
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Nervenschäden
Selten beobachtet werden auch vorübergehende oder bleibende Nervenschäden, die sich als Missempfindungen oder Berührungsempfindlichkeit zeigen können. Bleibende Lähmungen nach Nervenverletzung, Blutergüssen oder schwerwiegenden Entzündungen sind ebenfalls extrem selten zu beobachten. Nicht gänzlich ausschließen - selbst bei sorgfältiger Kontrolle der Lagerung - lassen sich Empfindungsstörungen oder Lähmungen an Armen oder Beinen durch Druck oder Zerrung während einer Narkose.
Kreislaufreaktionen und Unverträglichkeiten
Es kann in seltenen Fällen zu Kreislaufreaktionen kommen, die sich als Blutdruckabfall, Atembeschwerden oder einer Verlangsamung des Herzschlags zeigen. Schwerwiegende Unverträglichkeitsreaktionen und andere lebensbedrohliche Komplikationen, z. B. Herz- Kreislauf- bzw. Atemstillstand, Verschluss von Blutgefäßen (Embolie) durch verschleppte Blutgerinnsel (Thromben), sind bei den genannte Betäubungsverfahren äußerst selten.
Maligne Hyperthermie
Bisweilen kann es dazu kommen, dass die Körpertemperatur infolge einer massiven Stoffwechselentgleisung extrem ansteigt, was Ärzte als maligne Hyperthermie bezeichnen.
Lokalanästhetika-Komplikationen
Manche Eingriffe machen eine lokale Schmerztherapie im Bereich der OP-Wunde oder eine so genannte Leitungsanästhesie mit Lokalanästhetika notwendig. Im Normalfall haben diese nur äußerst geringe Nebenwirkungen. In seltenen Fällen kann es sein, dass ein Lokalanästhetikum in den Blutkreislauf gelangt.
Postoperatives Delir
Das postoperative Delir ist ein Zustand akuter Verwirrtheit, der nach einer Operation auftreten kann, insbesondere bei älteren Patienten. Es äußert sich in Desorientierung, Halluzinationen und Veränderungen des Bewusstseinszustands.
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Symptome des Delirs
Die Symptome eines Delirs können vielfältig sein und sich im Laufe des Tages ändern. Dazu gehören:
- Desorientierung (z.B. Unkenntnis des Ortes oder der Zeit)
- Erkennungsprobleme (manchmal sogar von Angehörigen)
- Motorische Unruhe (hyperaktives Delir) oderIn-sich-gekehrt-Sein (hypoaktives Delir)
- Halluzinationen
- Gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
Risikogruppen für ein Delir
Ältere und gebrechliche Patienten mit Vorerkrankungen sind besonders gefährdet, ein Delir zu entwickeln. Weitere Risikofaktoren sind:
- Fieber und Infektionen
- Bestehende Demenz
- Schmerzen
- Flüssigkeitsmangel und Mangelernährung
- Einnahme vieler Medikamente
- Suchtprobleme
- Frühere Hirnfunktionsstörungen (z.B. Schlaganfall)
Was Angehörige tun können
Die Beobachtungen von Angehörigen sind wertvoll, um ein Delir frühzeitig zu erkennen. Sie können helfen, den Patienten zu beruhigen, ihm Orientierung zu geben und ihn vor Selbstgefährdung zu schützen. Wichtige Maßnahmen sind:
- Stressreduktion
- Frühzeitiges Anpassen von Brille und Hörgerät
- Bereitstellung vertrauter Gegenstände und Fotos
- Zuwendung und ein geregelter Tagesablauf
Krämpfe nach Narkose: Ursachen und Risikofaktoren
Krämpfe nach einer Narkose können verschiedene Ursachen haben, wobei die zugrunde liegenden Mechanismen komplex und nicht immer vollständig verstanden sind. Einige mögliche Ursachen sind:
- Reaktion auf Narkosemittel: Bestimmte Narkosemittel können bei manchen Patienten Krampfanfälle auslösen, insbesondere bei Personen mit einer bereits bestehenden Neigung zu Krampfanfällen.
- Elektrolytstörungen: Operationen und Narkosen können zu Elektrolytstörungen führen, die wiederum Krampfanfälle begünstigen können.
- Hypoxie: Sauerstoffmangel im Gehirn (Hypoxie) während oder nach der Narkose kann Krampfanfälle verursachen.
- Vorerkrankungen: Patienten mit Epilepsie oder anderen neurologischen Erkrankungen haben ein höheres Risiko für Krampfanfälle nach einer Narkose.
- Entzugserscheinungen: Bei Patienten, die regelmäßig Alkohol oder bestimmte Medikamente konsumieren, können Entzugserscheinungen nach der Narkose Krampfanfälle auslösen.
Fallbeispiel: Hypermotorische Anfälle und Narkose
Ein Fallbericht einer 36-jährigen Patientin mit hypermotorischen Anfällen zeigt die Komplexität der Narkose bei Patienten mit neurologischen Vorerkrankungen. Die Patientin reagierte in der Vergangenheit allergisch auf Valium-ähnliche Medikamente und erlitt nach einer Arthroskopie unter Narkose einen Anfall. Dieses Beispiel unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Anamnese und individuellen Anpassung der Narkosemedikation bei Risikopatienten.
Awareness (Wachheit während der Narkose)
Awareness bezeichnet das unbeabsichtigte Erwachen während einer Operation unter Allgemeinanästhesie. Obwohl selten, kann dieses Erlebnis traumatisch sein und zu psychischen Problemen führen.
Ursachen und Risikofaktoren für Awareness
- Zu leichte Narkose: Eine unzureichende Dosierung von Anästhetika ist die Hauptursache für Awareness.
- Patientenbezogene Risiken: Begleiterkrankungen, eingeschränkte Herz-Kreislauf-Funktion, chronische Schmerzzustände und Drogenabhängigkeit erhöhen das Risiko.
- Eingriffsbezogene Risiken: Kaiserschnittentbindungen, Notoperationen und Eingriffe während der Nachtstunden sind mit höheren Awareness-Raten verbunden.
- Medikamentenbezogene Risiken: Muskelrelaxanzien können das Risiko erhöhen, wenn die Bewusstseinsausschaltung nicht ausreichend ist.
Prävention von Awareness
- Sorgfältige Anamnese: Die Erhebung der Krankengeschichte und Risikofaktoren des Patienten ist entscheidend.
- Überwachung der Narkosetiefe: EEG-Monitoring kann helfen, die Narkosetiefe zu überwachen und anzupassen.
- Vermeidung von Muskelrelaxanzien: Wenn möglich, sollten Muskelrelaxanzien vermieden oder nur in der geringstmöglichen Dosis eingesetzt werden.
- Kommunikation mit dem Patienten: Eine offene Kommunikation mit dem Patienten vor und nach der Operation kann Ängste reduzieren und das Vertrauen stärken.
Neuropathische Schmerzen nach Operationen
Neuropathische Schmerzen sind Nervenschmerzen, die nach einer Operation auftreten können. Sie äußern sich in veränderter Hautsensibilität, Taubheitsgefühlen und Schmerzattacken.
Ursachen neuropathischer Schmerzen
- Nervenverletzungen während der OP: Kompressionen, Dehnungen oder Traumata können zu Nervenschäden führen.
- Entzündungsprozesse: Entzündungen nach der Operation können die peripheren Nerven schädigen.
- Vorerkrankungen: Diabetes, Gefäßerkrankungen und Alkoholabhängigkeit erhöhen das Risiko.
Therapie neuropathischer Schmerzen
Die Therapie umfasst Medikamente (Antikonvulsiva, Antidepressiva, Opioide), nicht-medikamentöse Behandlungen (Physiotherapie, Akupunktur) und invasive Verfahren (Nervenblockaden). Eine multimodale Therapie in spezialisierten Schmerzzentren ist oft erforderlich.
Medizinische Verhaltensregeln und Empfehlungen nach der Operation
Die Ihrem Körper zugeführten Narkosemedikamente können in unterschiedlichem Ausmaß noch längere Zeit nachwirken. Auch kann der bei Ihnen durchgeführte Eingriff bestimmte Vorsichtsmaßnahmen erforderlich machen. Deshalb sind in den ersten 24 Stunden nach der Operation zwingend folgende Punkte zu beachten:
- Müdigkeit und Benommenheit: Nach operativen Eingriffen in Narkose können leichte Müdigkeit und Benommenheit auftreten, die in Einzelfällen auch einige Tage lang anhalten.
- Schmerzen: Erfahrungsgemäß können nach dem Eingriff bei einigen Patienten auch noch zu Hause mäßige bis stärkere Schmerzen auftreten und sehr vereinzelt auch zwei bis vier Tage anhalten. Bitte nehmen Sie die von uns mitgegebenen Schmerzmedikamente als Standardmedikation zu den festgelegten Zeiten ein.
- Übelkeit: Bei anhaltender Übelkeit oder mehrfachem Erbrechen nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.
- Wunddrainage: Falls eine Wunddrainage angelegt wurde, bitte diese regelmäßig kontrollieren und bei stärkerer Blutung Kontakt mit der operierenden Klinik/Praxis aufnehmen. Drainageschläuche nicht selbstständig entfernen.
- Lagerung: Ob Bettruhe nach Ihrer Operation erforderlich ist, erfahren Sie bei den Abschlussgesprächen. Operierte Arme und Beine, vor allem wenn ein elastischer Verband/Gips angelegt wurde, möglichst hochlagern und bei Bedarf kühlen. Zur Verbesserung der Durchblutung und um Funktionsstörungen vorzubeugen, die gipsfreien Gelenke regelmäßig bewegen und die Muskeln unter dem Verband an- und entspannen. (Gips-)Verbände nicht selbstständig entfernen.
Neuromuskuläre Restblockade (PORC)
Die sogenannte neuromuskuläre Restblockade - auch postoperative Restcurarisierung (PORC) genannt - bezeichnet einen Zustand, bei dem Patienten nach einer Vollnarkose die Kontrolle über ihre Muskeln noch nicht vollständig zurückgewonnen haben. Probleme ergeben sich hierbei besonders dadurch, dass vor allem empfindliche Muskeln wie die des Rachens geschwächt sein können. "Der Patient ist in dieser Situation besonders durch eine beeinträchtigte Funktion des oberen Atemweges sowie durch Schluckstörungen gefährdet", erklärt Professor Dr. med. Gabriele Nöldge-Schomburg.
Prävention und Behandlung der PORC
- Monitoring der Muskelerschlaffung: Spezielle Messgeräte erlauben eine genaue Einstufung der Blockadetiefe. Dieses Monitoring ermöglicht eine regelmäßige Kontrolle der Muskelerschaffung während und besonders auch am Ende der Narkose und beugt so Komplikationen vor. Es soll deshalb bei allen Narkosen zur Anwendung kommen, bei denen Medikamente zur Entspannung der Muskeln eingesetzt werden.
- Medikamente zur Aufhebung der Muskelblockade (Reversierung): Ein kürzlich eingeführter Wirkstoff, Sugammadex, scheint jedoch wesentlich besser verträglich und effektiver als bisherige Präparate zu sein. Das Medikament kann eine Muskelblockade jederzeit und in jeder Tiefe innerhalb weniger Minuten beenden.
Die Rolle des Anästhesisten
Die Rolle des Anästhesisten - eines Arztes, der auf Anästhesie spezialisiert ist - ist entscheidend. Er bewertet vor einem Eingriff den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten, entscheidet über die geeignete Anästhesiemethode und überwacht während der Operation kontinuierlich die lebenswichtigen Funktionen des Patienten.
Fehlerquellen in der Anästhesie
Eine der häufigsten Fehlerquellen ist die inkorrekte Dosierung von Anästhetika, sei es durch eine Über- oder Unterdosierung. Eine adäquate Überwachung des Patienten während der Anästhesie ist essenziell. Jeder Patient reagiert unterschiedlich auf Anästhetika, basierend auf seiner medizinischen Vorgeschichte, Allergien oder aktuellen Medikamenteneinnahmen. Fehler im Umgang mit Anästhesiegeräten oder defekte Ausrüstung können ebenfalls zu Komplikationen während der Anästhesie führen. Eine klare Kommunikation innerhalb des Anästhesie- und Operationsteams ist entscheidend.
Patientenrechte und rechtliche Schritte
Wenn es um die Gesundheitsversorgung geht, haben Patienten grundlegende Rechte, die sicherstellen sollen, dass sie eine sichere und angemessene Behandlung erhalten. Patienten haben das Recht, Zugang zu ihren medizinischen Unterlagen zu erhalten. Es ist ratsam, einen Rechtsanwalt für Medizinrecht zu konsultieren, der Erfahrung mit Fällen von Narkosefehlern hat. Wenn festgestellt wird, dass ein Narkosefehler zu gesundheitlichen Schäden geführt hat, kann der Patient Anspruch auf Schadensersatz haben.