Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist, welche durch übermäßige oder synchrone neuronale Aktivität im Gehirn verursacht werden. Die Behandlung von Epilepsie umfasst oft die Einnahme von Antiepileptika (ASM), die jedoch mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden sein können, darunter Mikronährstoffmängel und oxidativer Stress. In diesem Artikel werden wir die Rolle von L-Carnosin im Zusammenhang mit Epilepsie und seine potenziellen Auswirkungen auf die Anfallskontrolle, die kognitive Funktion und den allgemeinen Gesundheitszustand untersuchen.
Mikronährstoffmängel bei Epilepsie
Bei Epilepsiepatienten ist ein Mangel an Mikronährstoffen weit verbreitet. Epilepsiemedikamente können die Ursache für Mikronährstoffmängel sein, ein klassisches Beispiel ist Vitamin D. Ein Mangel an Mikronährstoffen kann wiederum die Entstehung von epileptischen Anfällen fördern. Es ist daher wichtig, auf die Mikronährstoffversorgung von Epilepsiepatienten zu achten.
Vitamin D und Epilepsie
Vitamin D3 hat neben zahlreichen anderen Funktionen auch eine wichtige Bedeutung im Hirnstoffwechsel. Es fungiert im Gehirn als Neurosteroid, das über Vitamin-D-Rezeptoren verschiedene Hirnfunktionen beeinflusst. Gerade in den letzten Jahren wurden sehr viele Studien publiziert, die sich mit dem Thema Vitamin D3 und Epilepsie beschäftigen. Bereits vor Beginn einer epileptischen Behandlung sind die Vitamin-D3-Spiegel bei den Patienten niedriger als bei gesunden Kontrollpersonen. Durch die Einnahme von anfallssuppressiven Medikamenten (ASMs) können erhebliche Vitamin-D3-Defizite auftreten, wobei die Abnahme des 25-(OH)-D3-Spiegels mit der Zeitdauer der Medikation korreliert. Eine verminderte Knochendichte ist eine häufige Nebenwirkung der antiepileptischen Therapie. Hierfür spielt sicherlich die Verminderung des Vitamin-D3-Spiegels eine entscheidende Rolle. Chinesische Wissenschaftler publizierten 2024, dass verminderte Konzentrationen von Vitamin D mit kognitiven Störungen bei Epilepsie-Patienten assoziiert waren. Laut einer indonesischen Studie hatten Kinder mit Epilepsie bei der Einnahme von einem oder mehreren Epilepsiemedikamenten niedrigere 25 (OH)D Spiegel als altersgemäß erwartet. Am niedrigsten waren die Vitamin-D-Spiegel bei der Einnahme mehrerer ASMs. Forscher aus China fanden bei Kindern mit Epilepsie auch eine Assoziation zwischen verminderten Vitamin-D-Spiegeln und einer Störung der exekutiven Funktionen.
Weitere Mikronährstoffe
ASMs können verschiedene Mängel im Bereich der B-Vitamine auslösen. Chinesische Wissenschaftler untersuchten die Assoziation zwischen der Nährstoffaufnahme und dem Epilepsie-Risiko bei Teilnehmern von NHANES 2013 - 2014. Eine höhere Aufnahme von Vitamin B1 war mit einem niedrigeren Epilepsierisiko assoziiert. Im Vergleich zu der Normalbevölkerung zeigten Epilepsiepatienten unter anderem auch eine niedrigere Aufnahme von Vitamin B1 und B6. Über die Hälfte der mit ASMs behandelten Patienten zeigten Störungen in der Folsäureversorgung. Allerdings ist zu beachten, dass eine hoch dosierte Folsäuresupplementierung (über ein Milligramm pro Tag) z.B. Die Einnahme von ASMs vermag auch eine Hyperhomocysteinämie auszulösen, so dass sich bei Epilepsiepatienten auf jeden Fall die Kontrolle des Homocysteinspiegels empfiehlt. Homocystein ist ein Risikofaktor für Gefäßerkrankungen und besitzt bekanntlich ein beträchtliches neurotoxisches Potential. Homocystein ist auch an der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen und kognitiver Störungen beteiligt. Viele Patienten mit Epilepsie haben auch einen Vitamin-B6-Mangel. Es gibt auch eine seltene Stoffwechselerkrankung, die durch epileptische Anfälle bei neugeborenen Kindern in Erscheinung tritt, die so genannte pyridoxiabhängige Epilepsie. Das häufig verwendete Epilepsie-Medikament Levetiracetam macht häufig neuropsychiatrische Symptome, die durch die Einnahme von Vitamin B6 gebessert werden können. Bei langer Therapie mit ASMs kann auch ein Biotinmangel auftreten, weil verschiedene ASMs den Biotinabbau beschleunigen können. Ein schwerer Magnesiummangel kann Krampfanfälle auslösen. Zink ist für die Funktionsfähigkeit verschiedener Neurotransmittersysteme erforderlich. Bei Kindern mit Fieberkrämpfen wurden Zinkmängel nachgewiesen. Chinesische Wissenschaftler beschäftigten sich 2023 in einem Fachartikel mit der Korrelation der Spurenelemente und Epilepsie. Sowohl niedrige wie auch hohe Zink-Konzentrationen im Gehirn können das Epilepsierisiko erhöhen. Zink hat dann einen antiepileptischen Effekt, wenn die Zink-Homöostase aufrechterhalten wird. Selen ist ein wichtiges antioxidatives Spurenelement und generell von großer Bedeutung für den antioxidativen Schutz des Gehirns. Taurin ist eine Aminosäure, die im ZNS als Neuromodulator an Glycin- und GABA-Rezeptoren fungiert.
Oxidativer Stress und Epilepsie
Oxidativer Stress kann mit einer ganzen Reihe von gesundheitlichen Störungen in Verbindung gebracht werden, z.B. Das Gehirn ist wegen seines hohen Sauerstoffbedarfs besonders anfällig für oxidativen Stress. Die Epilepisien sind durch eine neuronale Übererregbarkeit charakterisiert, was einen vermehrten Energieverbrauch der Nervenzellen bewirkt. Dies führt zu einem erhöhten oxidativen Stress als Folge der Erkrankung. Epilepsie kann aber auch das Resultat von oxidativem Stress sein, z.B. Bei Epilepsiepatienten bestehen also eine erhöhte Bildung von ROS und eine ausgeprägte antioxidative Imbalance. Die Antiepileptika der älteren Generation rufen oxidativen Stress hervor und beeinträchtigen im Vergleich zu den neueren Epilepsiemedikamenten die Lebensqualität von Epilepsiepatienten. Allerdings sprechen rund 30 Prozent der Patienten auf die neueren Antiepileptika nicht an, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass die Medikamente zu einer verstärkten Bildung von Transportern führen, die dann die Ausschleusung der Medikamente beschleunigen. Dadurch wird natürlich die Wirksamkeit der antiepileptischen Therapie stark beeinträchtigt. Forscher aus Japan empfehlen die Bestimmung von reaktiven Sauerstoffmetaboliten, um die Sicherheit und Effektivität der Neuronen zu überprüfen. Forscher aus Indien publizierten 2014, dass Epilepsiepatienten im Vergleich zu entsprechenden Kontrollpersonen signifikant niedrigere Spiegel von Antioxidantien aufwiesen. Wissenschaftler aus Polen beschäftigten sich in einem Fachartikel mit der Frage, inwieweit Vitamin C bei der antiepileptischen Therapie eine Rolle spielen könnte. Vitamin C ist ein neuroprotektiver Faktor, der Zellmembranen stabilisiert und die Lipidperoxidation vermindern kann. In einem Fachartikel, publiziert 2021, wird die Bedeutung neurodegenerativer Prozesse bei der Epilepsieentstehung erörtert. Für die Autoren des Fachartikels ist Vitamin E aufgrund seiner antioxidativen, antientzündlichen und neuroprotektiven Eigenschaften ein nützlicher therapeutischer Ansatz zur Behandlung der Epilepsie. Ein Übersichtsartikel polnischer Wissenschaftler beschäftigte sich mit Störungen endogener und exogener Antioxidantien bei neurologischen Erkrankungen.
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L-Carnosin: Ein Überblick
L-Carnosin, auch bekannt als Beta-Alanyl-L-Histidin, ist eine natürlich vorkommende Verbindung, die aus den Aminosäuren Beta-Alanin und L-Histidin besteht. Es findet sich in hohen Konzentrationen in Muskel- und Nervengewebe. L-Carnosin besitzt antioxidative Eigenschaften und spielt eine Rolle bei der Regulierung des pH-Werts in den Muskeln. Es wird auch mit potenziellen Vorteilen für die Gehirnfunktion und den Alterungsprozess in Verbindung gebracht.
Funktionen von L-Carnosin
L-Carnosin hat verschiedene Funktionen im menschlichen Körper:
- Antioxidative Wirkung: Es schützt die Zellen vor Schäden durch freie Radikale und reduziert oxidativen Stress.
- pH-Wert-Regulierung: Es gleicht das Säure-Basen-Verhältnis in den Muskelzellen aus und verzögert so die Muskelermüdung.
- Neuroprotektive Eigenschaften: Es schützt das Gehirn vor neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.
- Chelatbildner: L-Carnosin verfügt über die Fähigkeit, prooxidative Schwermetalle wie Zink und Kupfer und giftige Schwermetalle wie Blei, Arsen, Kadium, Quecksilber (nicht zu verwechseln mit kolloidalem Silber) und Nickel im Organismus zu binden, so dass diese besser abgebaut werden können.
L-Carnosin und Alterung
Es gibt einige Hinweise darauf, dass L-Carnosin einen positiven Effekt auf den Alterungsprozess haben kann. L-Carnosin hat antioxidative Eigenschaften, was bedeutet, dass es dazu beitragen kann, Zellen vor Schäden durch freie Radikale zu schützen. Freie Radikale sind reaktive Moleküle, die im Körper gebildet werden und oxidativen Stress verursachen können, der wiederum mit dem Alterungsprozess in Verbindung gebracht wird. Durch den Schutz vor oxidativem Stress kann L-Carnosin dazu beitragen, das Auftreten von altersbedingten Beschwerden und Krankheiten zu verringern. Darüber hinaus gibt es einige Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass L-Carnosin andere Anti-Aging-Eigenschaften haben könnte. Es wird angenommen, dass es eine Rolle bei der Regulierung der Telomerlänge spielt. Telomere sind die schützenden Enden der DNA-Stränge in den Chromosomen und verkürzen sich mit jeder Zellteilung. Ein längeres Telomer wird mit einer längeren Lebensdauer der Zellen in Verbindung gebracht. Die chinesische Studie beschreibt den Effekt von L-Carnosin auf die Telomere von kultivierten menschlichen fetalen Lungenfibroblasten. In dieser Studie konnte L-Carnosin die replikative Seneszenz verzögern und die Lebensdauer von kultivierten, humanen Fibroblasten verlängern. Hierzu haben die Wissenschaftler Shao L, Li QH, Tan Z. die Fibroblasten permanent in 20ml Carnosin getränkt, was in eindeutig verlangsamter Telomerverkürzung sowie verlängerter Lebensspanne innerhalb der Zellteilung resultierte. Desweiteren fand eine verminderte DNA-Schädigung statt. Die Wissenschaftler schlugen vor, L-Carnosin zur Reduktion der Telomer-Verkürzung sowie zur Vorbeugung von Schäden der Telomer-DNA als wichtigen Beitrag zur Lebensverlängerung einzunehmen.
L-Carnosin und neurologische Erkrankungen
Als Neuro-Überträger kann L-Carnosin die Signale im Hirn verstärken und bei neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer, Autismus, Schizophrenie und Legasthenie Besserung bringen. Nach Erfahrung an knapp 1000 autistischen Kindern, die er mit L-Carnosin behandelt hat, stuft der Neurologe Dr. Chez aus Chicago die Ansprechrate auf 80-90% ein, in der L-Carnosin Kindern bereits nach einem kurzen Zeitraum von acht Wochen bemerkenswert helfen konnte. Diese Wirkung begründet Dr. Chez mit der Fähigkeit des L-Carnosins, sich als Neurotransmitter mit tieferen Hirnarealen zu verbinden und dort Signalübertragung zu fördern. Die Kinder haben ihr soziales Verhalten (z.B. beim Spielen) gegenüber anderen verbessert, der Augenkontakt wurde erhöht, Reaktionszeit verkürzt und ihre Lesefähigkeit erheblich verbessert. In Studien wurde der Beweis erbracht, dass L-Carnosin giftige freie Radikale im Hirn unschädlich machen kann und vor Erkrankungen wie Parkinson schützen kann. L-Carnosin schützt vor einer Alpha-Synuclein, einer schädlichen Substanz, die die Parkinson-Erkrankung verschlimmert. Karbonylation sowie Einwirkung von freien Radikalen sind die Hauptursachen von Epilepsie und Schizophrenie. In Studien konnte L-Carnosin unter Beweis stellen, dass es dem Oxidationsstress sowie der Karbonylation im Hirn entgegen wirken kann.
L-Carnosin und Epilepsie: Potenzielle Vorteile
Aufgrund seiner antioxidativen und neuroprotektiven Eigenschaften könnte L-Carnosin bei Epilepsie potenziell von Nutzen sein:
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- Reduktion von oxidativem Stress: L-Carnosin kann dazu beitragen, den durch Epilepsie und Antiepileptika verursachten oxidativen Stress zu reduzieren.
- Verbesserung der neuronalen Funktion: Als Neurotransmitter kann L-Carnosin die Signalübertragung im Gehirn verbessern und so die neuronale Funktion unterstützen.
- Schutz vor Neurotoxizität: L-Carnosin kann vor den schädlichen Auswirkungen von Neurotoxinen schützen, die zur Entstehung von Epilepsie beitragen können.
Studienlage zu L-Carnosin und Epilepsie
Die Forschung zu L-Carnosin und Epilepsie ist noch begrenzt, aber einige Studien deuten auf vielversprechende Ergebnisse hin:
- Antioxidative Wirkung: Studien haben gezeigt, dass L-Carnosin den oxidativen Stress im Gehirn reduzieren kann, was bei Epilepsie von Vorteil sein könnte.
- Neuroprotektive Wirkung: In Tierversuchen hat sich L-Carnosin als neuroprotektiv erwiesen und die Nervenzellen vor Schäden geschützt.
- Anfallskontrolle: Einige Studien deuten darauf hin, dass L-Carnosin die Anfallshäufigkeit bei Epilepsiepatienten reduzieren könnte, aber weitere Forschung ist erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen.
Dosierung und Anwendung von L-Carnosin
Die empfohlene Tagesdosis von L-Carnosin kann je nach individuellen Bedürfnissen und Gesundheitszustand variieren. Im Allgemeinen liegt die typische Dosierung zwischen 500 mg und 2000 mg pro Tag. Es ist ratsam, vor der Einnahme von L-Carnosin einen Arzt oder Apotheker zu konsultieren, um die geeignete Dosierung zu bestimmen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auszuschließen.
Nebenwirkungen und Sicherheit von L-Carnosin
L-Carnosin gilt im Allgemeinen als sicher und gut verträglich. Nebenwirkungen sind selten, können aber in hohen Dosen Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfall verursachen. Es ist wichtig, die empfohlene Dosierung einzuhalten und bei Auftreten von Nebenwirkungen die Einnahme zu reduzieren oder abzubrechen.
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