Der längste Nerv im menschlichen Körper: Vagusnerv vs. Ischiasnerv

Aktuelle Sachbücher versprechen viel über die heilende Wirkung des Vagusnervs. Doch welcher Nerv ist wirklich der längste im menschlichen Körper? Es gibt zwei Nerven, die oft im Zusammenhang mit dieser Frage genannt werden: der Vagusnerv und der Ischiasnerv. Beide spielen eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden, aber sie unterscheiden sich in ihrer Funktion und ihrem Verlauf.

Der Vagusnerv: Ein umherschweifender Nerv mit vielfältigen Aufgaben

Der Vagusnerv, auch bekannt als Nervus vagus, ist der zehnte von zwölf Hirnnerven. Sein Name, abgeleitet vom lateinischen Wort "vagus" (umherschweifend), deutet auf seinen weit verzweigten Verlauf hin. Er beginnt im Hirnstamm und zieht sich über Hals und Brust bis in den Bauchraum, wobei er sich in zahlreiche Äste aufteilt.

Funktion und Bedeutung des Vagusnervs

Als Teil des Parasympathikus ist der Vagusnerv an der Funktion fast jedes inneren Organs beteiligt. Er ist vereinfacht gesagt für Erholung, Ruhe und Verdauung zuständig. Sein Gegenspieler, der Sympathikus, fördert hingegen unsere Leistungs- und Kampfbereitschaft. Der Vagusnerv fungiert als regulierende Schaltstelle zwischen Gehirn und Organen, hat einen dämpfenden und ausgleichenden Einfluss auf verschiedene Körperfunktionen und beeinflusst auch unser Befinden.

Der Parasympathikus: Das "Ruhe- und Erholungs"-System

Der Parasympathikus, dessen zentraler Bestandteil der Vagusnerv ist, steuert unbewusst die meisten inneren Organe und den Blutkreislauf. Er wird auch als "Ruhenerv" oder "Erholungsnerv" bezeichnet, da er dafür sorgt, dass sich der Körper erholt und Energie speichert. Die vegetativen Zentren des Parasympathikus befinden sich im Hirnstamm und im sakralen Teil des Rückenmarks (Kreuzmark). Die Nerven aus dem Hirnstamm steuern die inneren Augenmuskeln, die Tränen- und Speicheldrüsen sowie die meisten inneren Organe über den Vagusnerv. Die Nerven aus dem Kreuzmark beeinflussen den unteren Teil des Dickdarms, die Harnblase und die Genitalien. Wegen der Lage der Nervenzellen wird der Parasympathikus auch als kraniosakrales System bezeichnet.

Der Sympathikus: Das "Kampf-oder-Flucht"-System

Der Sympathikus hingegen übernimmt die Kontrolle, wenn der Körper unter Stress steht und mehr leisten muss. Die sympathischen Nervenzellen befinden sich im Brust- und Lendenbereich des Rückenmarks. Höhere Zentren des Sympathikus, wie der Hypothalamus und der Hirnstamm senden Signale an diese sympathischen Nervenzellen im Rückenmark. Diese Nervenzellen liegen im Seitenhorn des Rückenmarks. Sie senden ihre Fasern zu Nervenzellgruppen neben der Wirbelsäule, die miteinander verbunden sind und zusammen den sympathischen Grenzstrang (Truncus sympathicus) bilden. Dieser erstreckt sich auch bis in den Halsbereich (dort als Halssympathikus bezeichnet) und das Kreuzbein. Sympathikus und Parasympathikus arbeiten zusammen und balancieren sich aus, um unsere Organe zu steuern.

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Der dritte Teil: Das enterische Nervensystem

Der dritte Teil des vegetativen Nervensystems ist das enterische Nervensystem, welches den Darmtrakt kontrolliert. Es ist ein eigenständiges Nervensystem und befindet sich als dünne Schicht zwischen den Muskeln des Verdauungstrakts. Seine Hauptaufgabe ist es, die Verdauung zu steuern. Der Magen-Darm-Trakt und das Gehirn stehen in ständigem Austausch, man spricht hier auch von der Darm-Hirn-Achse. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Vagusnerv. Unter anderem wird so das Sättigungsgefühl und der Blutzuckerspiegel während der Nahrungsaufnahme reguliert.

Forschung und medizinische Anwendung

Der Vagusnerv ist Gegenstand vielfältiger Forschungen. In der Medizin wird die Aktivierung des Vagusnervs bereits gezielt genutzt, zum Beispiel bei Depressionen. Dabei wird mithilfe von Elektroden der Nerv durch Strom gereizt. In Zukunft könnten eventuell auch bestimmte Formen der Epilepsie, Migräne oder chronische Schmerzen so behandelt werden.

Stimulation des Vagusnervs im Alltag

Wie wichtig der Vagusnerv ist, um bei uns Reserven gegen Stress aufzubauen, und wie stark er die Erholung fördert, ist lange Zeit unterschätzt worden. In puncto Entspannung scheint der "Ruhe-Nerv" ein besonderes Potenzial zu haben, wenn man ihn richtig zu stimulieren weiß. Das funktioniert zum Beispiel durch tiefes Durchatmen, wie Sie es wahrscheinlich schon ganz intuitiv von selbst tun, wenn Ihr Stresslevel steigt. Es gibt noch weitere kleine Übungen, die als "Erste Hilfe" bei Stress gute Dienste leisten können.

  • Selbstmassage: Seitlich beide Handflächen außen an den Hals legen und mit sanften Bewegungen zwischen Ohr und Schulterübergang kreisend über die Haut streichen. Der Vagusnerv verläuft seitlich am Hals entlang. Das ist auch die ideale Stelle, um ihn von außen durch leichten Druck anzuregen.
  • Kopf drehen: Den Kopf einmal langsam nach links drehen, mit den Augen etwas in nächster Nähe fixieren. Dann den Kopf langsam nach rechts drehen, ebenfalls kurz einen Gegenstand mit den Augen scharf stellen.
  • Augenbrauen heben: Die Augenbrauen heben und dabei die Ohren bewegen. Der Schläfenmuskel aktiviert den siebten Hirnnerv (N. facialis), der wiederum den Vagusnerv beeinflusst.
  • Gurgeln: Die beiden Äste des Vagusnervs verlaufen auf beiden Seiten des Halses entlang von Kehlkopf und Luftröhre.
  • Singen: Singen Sie Ihre Lieblingslieder. Und Lieder, die vor allem Vokale wie A, O und U enthalten. Meditierende Mönche machen dies seit Jahrhunderten mit dem altbekannten "Ooommmm". Einen ähnlichen Effekt auf den Vagusnerv haben Weihnachtslieder wie "O du fröhliche" oder auch Wiegenlieder wie "Der Mond ist aufgegangen".
  • Kältereize setzen: Wer wach und gleichzeitig gelassen in den Tag starten möchte, kann es mit einer kurzen kalten Dusche am Morgen probieren. Das kalte Wasser erst langsam über Arme und Beine laufen lassen und dann vor allem den Hals entlang über den ganzen Körper. Kälte dämpft den Sympathikus, den anregenden Teil unseres Nervensystems.
  • Akkommodieren: Akkommodation beschreibt die Fähigkeit des Auges, Gegenstände in unterschiedlichen Entfernungen scharf zu sehen. Mit dieser Übung trainieren Sie Ihre Augenmuskeln und regen gleichzeitig den Vagusnerv an. Strecken Sie jeweils einen Finger der rechten und einen Finger der linken Hand unterschiedlich weit von sich weg und versuchen Sie, diese mit den Augen abwechselnd scharf zu stellen. Wenn das gut funktioniert, dann können Sie auch mit den Augen "Achten" um die beiden Finger beschreiben. Das verstärkt den Trainingseffekt. Zum Scharfstellen der Linse sind beim Sehen drei Muskeln sehr wichtig: die haarfeinen, ringförmig an der Augenlinse ansetzenden Ziliarmuskeln, der Pupillenschließmuskel und die äußeren Augenmuskeln. Alle drei kommunizieren mit dem Vagusnerv.
  • Box-Breathing: Auch als Vier-Quadrat-Atmung bekannt. Sie nennt sich so, weil alles mit der Zahl Vier zu tun hat. Beim Atmen stellt man sich den Körper wie eine Box vor, die sich beim Einatmen mit Luft füllt und beim Ausatmen wieder zusammensinkt. Die gesamte Übung sollte mehrfach wiederholt werden:- Einatmen (4 Sekunden)- Luft anhalten (4 Sekunden)- Ausatmen (4 Sekunden)- Luft anhalten (4 Sekunden). Bewusst tief ein- und ausatmen, vor allem in den Bauchraum hinein, senkt die Herzfrequenz und das Stresslevel. Die vertieften Atemzüge erhöhen die Empfindlichkeit von sogenannten Barorezeptoren, Drucksinneszellen in den Gefäßwänden.
  • Akupressur: Für eine Selbst-Akupressur den Punkt in der Ohrmuschel, der mit dem Vagusnerv in Verbindung steht, 30 Sekunden drücken und wieder loslassen. Mehrmals wiederholen. In der Vorstellung der Traditionellen Chinesischen Medizin kann der Druck auf bestimmte Punkte am Körper Blockaden lösen, die den Energiefluss im Körper stören.
  • Ausgleich mit Lavendel: Ätherisches Lavendelöl hilft in stressigen Zeiten, abzuschalten. Eine fertige ölige Lavendellösung zum Einreiben bekommen Sie ebenfalls bei uns. Dafür einige Tropfen auf die Handgelenke oder auf die Brust auftragen und einatmen.

Stress und der Vagusnerv

Wie du siehst, spielt für deinen Vagusnerv dein Stresslevel eine sehr große Rolle. Für deine allgemeine Gesundheit ist es deshalb sinnvoll, wenn du regelmäßig für einen Ausgleich zwischen Sympathikus und Parasympathikus sorgst. Denn wenn nur das System des Sympathikus ständig unter Strom steht, kommt der Körper in eine Überforderung. Viele Menschen sind heutzutage vorwiegend im Stressmodus - die Entspannung kommt zu kurz. Es bleibt keine Zeit für den Abbau der Stresshormone, das kann den Körper auf Dauer schädigen. Laut der Seuchenschutzbehörde in Atlanta entstehen 90% aller Krankheiten aufgrund von Stress. Eine Forschungsarbeit von Dr. Lipton (Stanford University) erhöht diese Anzahl nochmals auf 95%. Die restlichen 5% sind genetisch veranlagt. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Studien, die belegen, dass Krankheit eine Erscheinungsform von dauerhaftem Stress ist.

Kein Wunder also, dass Stress der Histamintrigger Nummer 1 ist. Bei Stress schüttet der Körper das Hormon Cortisol aus, das das Nervensystem (hauptsächlich den Sympathikus) aktiviert und den Körper in den „Kampf-oder-Flucht“-Modus versetzt. In diesem Zustand schaltet der Körper auf Energiesparmodus um, wodurch alle nicht unmittelbar überlebenswichtigen Funktionen wie Verdauung und Zellreparatur eingestellt werden, beispielsweise auch unsere Verdauung und Entgiftung. Gleichzeitig werden Neurotransmitter wie Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt, um den Körper in Alarmbereitschaft zu halten und das Immunsystem zu aktivieren. Das Immunsystem reagiert auf den Alarmzustand, indem es Mastzellen triggert, die Histamin freisetzen. Histamin unterstützt das Immunsystem, erhöht den Puls und weitet die Blutgefäße, was den Körper weiterhin im Alarmzustand hält. Der „Kampf-oder-Flucht“-Modus kann in Gefahrensituationen lebensrettend sein, führt aber bei dauerhafter Aktivierung zu ernsthaften Problemen. Diesen anhaltenden Stress nennt man physiologischen Stress. Chronischer physiologischer Stress verursacht eine kontinuierliche Histaminausschüttung, die das Immunsystem und andere Organsysteme überlastet und schwächt, was die Selbstheilung des Körpers verhindert. Wenn das „Stressfass“ überläuft, können schwache Bereiche im Körper wie Darm, Herz, Haut oder Psyche krank werden, was zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Histaminintoleranz, Allergien und anderen Krankheiten führen kann.

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Diverse Forschungen zeigen, dass der „Kampf-oder-Flucht“-Modus durch unbewusste Erinnerungen ausgelöst wird. Diese Erinnerungen sind in allen Körperzellen gespeichert, nicht nur im Gehirn. Etwa 90% unserer Erinnerungen sind unbewusst und können in bestimmten Situationen das Nervensystem aktivieren und den „Kampf-oder-Flucht“-Modus einschalten, ohne dass wir es kontrollieren können. In diesem Zustand übernimmt der reaktive Verstand die Führung und umgeht das logische Denken. Der amerikanische Neurowissenschaftler Stephen Porges ordnet den beiden Ästen des Vagusnervs nicht nur bestimmte Körperregionen und Organfunktionen, sondern auch verschiedene emotionale Zustände zu. Jeder dieser Nervenwege führt zu unterschiedlichen Verhaltensweisen. Zusammen mit der Sympathikus-Aktivität unterscheidet Porges drei hierarchisch aufgebaute, vegetative Schaltkreise, die ständig in uns aktiv sind. Die Traumatherapeutin Deb Dana beschreibt diese Hierarchie in ihrem Buch zur Polyvagaltheorie als „autonome Leiter“, da die Zustände sowohl aufeinander aufbauen als auch abgebaut werden können.

  1. Sicherheit und Wohlbefinden: Im ersten Modus der autonomen Leiter ist der ventrale Vagus aktiv, und wir fühlen uns sicher. Dies sollte unser bevorzugter, „normaler“ Zustand sein. Ohne Bedrohung fühlen wir uns wohl, sind anderen Menschen zugewandt und kommunizieren offen. Positive Gefühle wie Freude, Liebe und Zufriedenheit haben Raum.
  2. Mobilisierung von Energie: Das autonome Nervensystem überwacht ständig unsere Sicherheit. Schon das kleinste Unbehagen aktiviert den Sympathikus im zweiten vegetativen Schaltkreis, oft unbewusst. Die Aktivität des ventralen Vagus wird gedrosselt: Das Herz schlägt schneller, die Atmung wird flacher, der Blutdruck steigt, um mehr Blut in die Muskeln zu pumpen. Wir bereiten uns darauf vor, auf die Situation zu reagieren, indem wir zusätzliche Energie mobilisieren. Unser Verhalten verändert sich - wir fühlen uns angespannt, gestresst und weniger verbindungsfähig. Starke Emotionen wie Zorn oder Angst können zu Kampf- oder Fluchtreaktionen führen.
  3. Abschottung und Trennung: Wenn die Situation so intensiv wird, dass weder Kampf noch Flucht eine Option sind, aktiviert sich die dritte Verteidigungsstrategie: der dorsale Vagus. Dieser reagiert auf extreme Gefahr, indem er jedes Gefühl der Verbundenheit und des Bewusstseins unterbricht, was zu einem Zustand der „Empfindungslosigkeit“ führt, der uns schützen soll. Es kommt zu einem Verlust des Muskeltonus und einem Abfall des Blutdrucks, was bis zur Ohnmacht führen kann.

Die vegetativen Schaltkreise und ihre unterschiedlichen emotional-körperlichen Zustände wechseln sich im Alltag ab und halten das dynamische System des Körpers im Gleichgewicht (Homöostase). Solange diese Zustände abwechseln und wir immer wieder in den bevorzugten ventralen Vagus-Zustand der sozialen Zugewandtheit zurückkehren, bleiben wir gesund. Verharren wir jedoch im aktivierten sympathischen System oder im hinteren Vagus-Ast, kann dies langfristig zu Unwohlsein und deutlichen Symptomen führen.

Da der vordere Vagus das System beruhigt, können vielfältige Beschwerden auftreten, wenn diese Nervenbahn nicht regelmäßig aktiv wird und stattdessen der Sympathikus oder hintere Vagus dominiert. Dazu gehören:

  • chronische Verspannungen, wie verhärtete Muskeln, zusammengebissene Zähne, nächtliches Zähneknirschen, verspannte Gesichts-, Nacken- und Schultermuskulatur
  • kalte Hände und Füße oder grundloses Schwitzen
  • wandernde Schmerzen im Körper (deuten auf einen dauerhaft aktivierten hinteren Vagus hin)
  • Herz- und Lungenbeschwerden wie Brustschmerzen, Asthma, Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck
  • Magen-Darm-Probleme wie Durchfall, Verstopfung, Sodbrennen
  • Appetitlosigkeit oder übermäßiges Essen
  • Migräne oder Spannungskopfschmerzen aufgrund ungesunder Schlafmuster

Auch seelisch-geistige Probleme können auf ein aus der Balance geratenes vegetatives Nervensystem zurückzuführen sein, wie Groll, Energiemangel, Weinerlichkeit, Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen, übermäßige Besorgnis oder Entscheidungsunfähigkeit. Ein chronisch, aber nicht extrem aktiver hinterer Vagus kann depressive Gefühle hervorrufen, was zu verminderter Lebensfreude, Produktivität und Klarheit führt. Traumatherapeuten sehen in einem Schockerlebnis oft den Grund dafür, dass die Aktivierungsfähigkeit des ventralen Vagus-Asts stark reduziert ist, was zu entsprechenden Dysregulationen im Nervensystem führt.

Wie bereits erwähnt gibt es glücklicherweise einige Dinge, die du hier selbst unternehmen kannst, um dein Wohlbefinden zu steigern!

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  1. Atemübungen: Tiefes, langsames Atmen aktiviert den Vagusnerv und fördert Entspannung. Atemübungen eignen sich zu jeder Tageszeit. Vor allem wenn du kurz vor dem Essen unter Stress bist, ist es sinnvoll, vor Beginn der Nahrungsaufnahme kurz inne zu halten und ein paar tiefe Atemzüge zu nehmen, um deine Nerven zu beruhigen und dein Verdauungssystem vorzubereiten.
  2. Meditation und Achtsamkeit: Regelmäßige Meditation und Achtsamkeitsübungen können dein parasympathisches System aktivieren. Setze dich beispielsweise an einen ruhigen Ort, konzentriere dich auf deinen Atem und lasse Gedanken wie Wolken an dir vorbeiziehen, ohne ihnen nachzugehen. Du kannst dies beispielsweise auch mit Yogaübungen kombinieren.
  3. Bewegungsübungen: Drehe den Kopf langsam nach links und fixiere dabei mit den Augen einen nahen Gegenstand. Drehe dann den Kopf langsam nach rechts und stelle ebenfalls einen Gegenstand scharf. Wiederhole diese Bewegung mehrmals. Diese Übung stimuliert nicht nur den Vagusnerv, sondern auch die Ziliarmuskulatur der Augen, die mit dem Vagusnerv verbunden ist. Eine weitere Übung: Hebe die Augenbrauen und versuche gleichzeitig, die Ohren zu bewegen. So wird der Schläfenmuskel und der siebte Hirnnerv (Nervus facialis) aktiviert, der wiederum den Vagusnerv beeinflusst.
  4. Kältereiz: Kälteanwendungen können beruhigend wirken. Hier kannst du zum Beispiel einen kalten Umschlag auf deine Stirn legen. Eine weitere Option sind Wechselduschen. Passt sich unser Körper an Kälte an, übernimmt der Parasympathikus, wir entspannen also. Hier solltest du dich allerdings vorsichtig herantasten. Gerade, wenn deine Histaminintoleranz sehr ausgeprägt ist oder du Probleme mit deinen Mastzellen hast (z. B. Mastzellaktivierungssyndrom) kann dies deine Zellen durch zu starke Reize triggern und zur Histaminausschüttung führen.
  5. Gesang und Summen: Singen, Summen oder Gurgeln kann den Vagusnerv durch Vibrationen im Halsbereich stimulieren. Singe oder summe deine Lieblingslieder oder gurgle täglich für ein paar Minuten.
  6. Gesunde Ernährung: Nicht nur eine allgemein ausgewogene Ernährung ist hier gemeint. Besonders mit Intoleranzen, egal welcher Art, solltest du versuchen, unnötige Trigger aus der Nahrung zu vermeiden. Achte darauf, dass du ausreichend stilles Wasser über den Tag verteilt trinkst. Außerdem bieten sich (histaminarme) Kräutertees an. Nicht nur das Ritual des Tee Trinkens kann eine beruhigende Wirkung haben, auch ausgewählte Teezutaten wie beispielsweise Passionsblume wirken entspannend auf das Nervensystem.
  7. Massagen: Sanftes Streichen mit den Fingern entlang der Seiten des Halses kann entspannend wirken. Leichte, kreisende Fingerbewegungen am Kiefergelenk können dabei helfen, Verspannungen im Nacken zu lösen. Auch Ohrmassagen können helfen, insbesondere eine Massage der sogenannten Ohrtasche, das Hautareal an der Innenseite der Ohrmuschel unterhalb der charakteristischen Knorpelfalte.

Der Ischiasnerv: Der stärkste Nerv des Körpers

Der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) wird auch Hüftnerv, Sitzbeinnerv oder kurz Ischias genannt. Er ist der stärkste Nerv des menschlichen Körpers und bildet ein Nervengeflecht, das aus den letzten Lendensegmenten und den ersten drei Kreuzbeinsegmenten des Rückenmarks entspringt.

Verlauf des Ischiasnervs

Der Ischiasnerv verlässt den Wirbelkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins. Dann verläuft er über das Gesäß und die Hinterseite des Oberschenkels bis in die Kniekehle, wo er sich verzweigt. Im Bereich des Beckens verläuft der Ischiasnerv durch das Foramen ischiadicum majus und zieht dann in den Oberschenkel. An der Kniekehle teilt er sich in zwei Hauptäste auf, den Nervus tibialis und den Nervus fibularis communis, die ihrerseits das Bein und den Fuß versorgen.

Funktion des Ischiasnervs

Der Ischiasnerv ist für die motorische und sensible Innervation des Beins und des Fußes verantwortlich. Er steuert die Muskeln der Oberschenkelrückseite, des Unterschenkels und des Fußes und ist für die Sensibilität der Haut an der Außenseite des Unterschenkels und des Fußes zuständig.

Ischialgie: Schmerzen im Versorgungsgebiet des Ischiasnervs

Schmerzen, die aufgrund einer Ischiasreizung entstehen, bezeichnet man als Ischialgie (umgangssprachlich auch kurz: Ischias). Eine Beteiligung des Ischiasnerven an den Schmerzbeschwerden weist der sogenannte Lasègue-Test nach: Der Patient liegt mit gestreckten Beinen und Füßen in neutraler Lage auf dem Rücken. Das passive Anheben eines Beines löst Schmerzen auf der erkrankten Seite aus.

Ursachen von Ischiasschmerzen

Schmerzen im Ischiasnerv entstehen durch Einklemmungen, Verletzungen oder Reizungen des Ischiasnervs oder seiner Wurzeln. Mögliche Ursachen können ein Bandscheibenvorfall, Verletzungen eines Wirbelkörpers oder Entzündungen sein. Auch Becken- oder Oberschenkelbrüche sowie Erkrankungen des Iliosakralgelenkes können den Nerven in seiner Funktion stören oder sogar lähmen.

Das Piriformis-Syndrom

Das Piriformis-Syndrom verursacht Schmerzen im unteren Rücken und im Gesäß, die bis in die Beine ausstrahlen können. Vom Piriformis-Syndrom spricht man, wenn der in der tiefen Hüftmuskulatur lokalisierte Piriformis-Muskel verkürzt oder verspannt ist. Da unterhalb dieses birnenförmigen Muskels der Ischiasnerv verläuft, kann eine Verhärtung des Muskels zu Schmerzen im unteren Rücken und Gesäß führen, die in einigen Fällen bis ins Bein ausstrahlen. Die häufigste Ursache des Piriformis-Syndroms ist eine Überlastung. Daher zielt die Behandlung auf eine Entspannung des Piriformis-Muskels ab. In der Regel sind konservative Maßnahmen wie Physiotherapie, spezielle Dehnübungen, Massage oder Stoßwellentherapie ausreichend.

Rückenschmerzen und der Ischiasnerv

Mit den richtigen Maßnahmen und einer rückenfreundlichen Lebensweise kann man selbst einiges gegen Rückenschmerzen tun. In den meisten Fällen handelt es sich bei Rückenschmerzen um sogenannte unspezifische Rückenschmerzen. Sie beruhen vor allem auf einer lang andauernden, ungünstigen Belastung des Rückens, die zu muskulären Verspannungen und Verkürzungen sowie verkümmerten Faszien oder Bändern führt. Dazu gehören einseitige und übermäßige Belastungen, z. B. durch Fließbandarbeit oder körperlich schwere Tätigkeiten. Je nach Diagnose verschreibt der Rückenspezialist auch spezifische konservative Therapien, Medikamente oder Operationen.

Das Iliosakralgelenk (ISG)

Das Iliosakralgelenk (Kreuz-Darmbein-Gelenk) verbindet auf der rechten und linken Seite der Wirbelsäule das Kreuzbein mit dem Darmbein. Das Iliosakralgelenk dient der Kraftübertragung vom Rücken auf Becken und untere Extremitäten. Die Ursachen für Schmerzen im Iliosakralgelenk (ISG-Syndrom) sind vielfältig: Bereits starke Erschütterungen, ein Fehltritt auf der Treppe oder eine ungewohnte Belastung können ein ISG-Syndrom zur Folge haben. Auch arthrotische Verschleißerscheinungen, Stressfrakturen und chronische Erkrankungen wie Rheuma können kleinste Verschiebungen im Iliosakralgelenk (Kreuzdarmbeingelenk) verursachen. Eine gezielte und sorgfältige Diagnostik durch einen orthopädischen Spezialisten ist deshalb wichtig, um das ISG als Schmerzursache eindeutig zu identifizieren und eine Fehlinterpretation zu vermeiden. Wenn die Diagnose fehlerhaft ist, kann die Therapie nicht greifen.

Therapie bei Ischiasschmerzen

  • Konservative Therapie: Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS) ist ein konservatives Verfahren zur Behandlung akuter und chronischer Schmerzen. Die elektrische Reizung von Hautarealen erfolgt über Oberflächenelektroden. Dabei unterbindet der elektrische Reiz die Schmerzübertragung der Nerven zwischen Gehirn und Entstehungsort des Schmerzes.
  • Wärme- oder Kälteanwendungen: Bei Ischiasschmerzen infolge einer muskulären Verspannung kann Wärme angezeigt sein, um den Nerv und das ihn umgebende Gewebe zu beruhigen und die Muskelregeneration durch eine Aktivierung der Durchblutung anzuregen. Ist die Ischialgie durch eine Entzündung oder Verletzung des Nervs entstanden, können Kälteanwendungen die Durchblutung, Schwellung und Schmerzwahrnehmung verringern.
  • Manuelle Therapie: Häufig kann bei einer Ischialgie eine manuelle Therapie Schmerzlinderung verschaffen und zu einer Vergrößerung der Mobilität beitragen.
  • Medikamentöse Therapie: Unabhängig von der Diagnose sollte ein starker Ischiasschmerz zumindest kurzfristig medikamentös gelindert werden, wenn keine Gründe (z. B. Schmerzmittelunverträglichkeit oder Arzneimittelabhängigkeit) dagegensprechen. Zunächst können bei Ischiasschmerzen sogenannte Nicht-Opioid-Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika (z. B. Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen) oder Analgetika (z. B. Paracetamol) eingesetzt werden. Sind diese nicht wirksam genug, können stärkere Schmerzmittel in Form von schwachen Opioiden sowie bei starken Muskelverspannungen auch Muskelrelaxanzien verschrieben werden. Erst, wenn diese auch keine Linderung mehr verschaffen, werden hochdosierte Opioide eingesetzt. Da diese Medikamente starke Nebenwirkungen und ein hohes Suchtrisiko haben, sollten sie nur kurzzeitig und unter einer engmaschigen ärztlichen Kontrolle angewendet werden.

Bewegung und rückenfreundlicher Alltag

Ischiasschmerzen können die Bewegungsfähigkeit zwar extrem einschränken, dennoch sollten Sie sich mit „Ischias“ nicht sofort und für unbestimmte Zeit aufs Sofa legen. Egal, ob Verspannungen, ein Bandscheibenvorfall oder andere degenerative Prozesse in der Wirbelsäule die Schmerzen auslösen, sollte die Muskulatur in Rücken, Gesäß, Hüfte und Beinen schnell wieder mobilisiert werden. Regelmäßige rückengerechte Bewegung, ein Fokus auf rückenfreundliches Schlafen und Maßnahmen zur Stressbewältigung sind wichtige Bestandteile eines rückenfreundlichen Alltags.

Ischias in der Schwangerschaft

Wenn sich im Laufe einer Schwangerschaft die Körperhaltung verändert, um das höhere Eigengewicht und das des Kindes besser tragen zu können, nehmen Schwangere häufig eine Fehlhaltung (z. B. ein Hohlkreuz) ein. Kommen dann noch eine zunehmende Unbeweglichkeit, Druck auf den Ischiasnerv oder die untere Hohlvene durch die Gebärmutter und ein hormonell bedingter Stabilitätsverlust der Wirbelsäule hinzu, kann es schnell zu Rückenschmerzen in Form z. B. einer Ischialgie kommen. Auch eine natürliche Geburt kann zu einer Reizung des Ischiasnervs führen. Und das Leben mit Baby und Kleinkind ist ebenfalls sehr herausfordernd für den Rücken.

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